" Und ein Richter war wieder auf Erden. Nicht blind mehr waltet der eiserne Speer, Und der Kaiser ergreift den goldnen Pokal Und spricht mit zufriedenen Blicken : Wohl glänzet das Fest, wohl pranget das Mahl, Mein königlich Herz zu entzücken; 20 Doch den Sänger vermiss' ich, den Bringer der Lust, 25 Der mit füßem Klang mir bewege die Brust Und mit göttlich erhabenen Lehren. So hab' ich's gehalten von Jugend an, Und sieh! in der Fürsten umgebenden Kreis 30 Was das Herz sich wünscht, was der Sinn begehrt; Doch sage, was ist des Kaisers werth An seinem herrlichsten Feste?" 40 ,,Nicht gebieten werd' ich dem Sänger," spricht Der Herrscher mit lächelndem Munde, „Er steht in des größeren Herren Pflicht, Er gehorcht der gebietenden Stunde. Wie in den Lüften der Sturmwind saust, 45 Man weiß nicht, von wannen er kommt und braust, Wie der Quell aus verborgenen Tiefen, So des Sängers Lied aus dem Innern schallt, und wecket der dunkeln Gefühle Gewalt, Die im Herzen wunderbar schliefen.“ Und der Sänger rasch in die Saiten fällt 50 Ihm folgte der Knapp' mit dem Jägergeschoß, 55 Und als er auf seinem stattlichen Roß In eine Au kommt geritten, Ein Glöcklein hört er erklingen fern, Ein Priester wars mit dem Leib des Herrn, 60 Und der Graf zur Erde sich neiget hir, Zu verehren mit gläubigem Christensinn, Ein Bächlein aber rauschte durchs Feld, 65 Von des Gießbachs reißenden Fluten geschwellt, Das hemmte der Wanderer Tritte, Und beiseit legt jener das Sakrament, Von den Füßen zieht er die Schuhe behend, 70 Was schaffst du?" redet der Graf ihn an, Der ihn verwundert betrachtet.— Herr, ich walle zu einem sterbenden Mann, 75 Im Strudel der Wellen geriffen. Drum daß dem Lechzenden werde sein Heil, So will ich das Wäfferlein jezt in Eil' Da seht ihn der Graf auf sein ritterlich Pferd Daß er labe den Kranken, der sein begehrt, Und am nächsten Morgen, mit dankendem Blick, Nicht wolle das Gott," rief mit Demuthsinn Das meinen Schöpfer getragen! 80 85 90 Und magst du's nicht haben zu eignem Gewinnst, 95 So bleibt es gewidmet dem göttlichen Dienst: Denn ich hab' es Dem ja gegeben, Von dem ich Ehre und irdisches Gut Zu Lehen trage, und Leib und Blut " So mög' euch Gott, der allmächtige Hort, Der das Flehen der Schwachen erhöret, Zu Ehren euch bringen hier und dort, 100 Ihr seid ein mächtiger Graf, bekannt 105 Durch ritterlich Walten im Schweizerland, Euch blühn sechs liebliche Töchter. Und mit sinnendem Haupt saß der Kaiser da, Jezt, da er dem Sänger ins Auge sah, Und Alles blickte den Kaiser an, Uno erkannte den Grafen, der das gethan, Schiller. 18 Kaiser Rudolfs Bitt zum Grabe. (1291) Auf der Burg zu Germersheim, Und er spricht: „Ihr guten Meister! Und die Meister sprechen: „Herr, 5 ΙΟ 46 Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe. Auf nach Speier, auf nach Speier!" " Wo so mancher deutsche Held Liegt begraben, sei's vollendet! Blast die Hörner! bringt das Roß, Und das Schlachtroß wird gebracht. ,,Nicht zum Kampf, zum ew'gen Frieden," Weinend steht der Diener Schaar, Als der Greis auf hohem Rosse, 15 20 25 Rechts und links ein Kapellan, Zieht, halb Leich', aus seinem Schloffe. Aber nur von Himmelslust Spricht der Greis mit jenen zweien, |