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Sitten geschichte

vom

Ursprunge volksthümlicher Gestaltungen
bis auf unsere Zeit

'von

Wilhelm Wachsmuth.

Fünften Theils zweite Abtheilung.

Das Zeitalter der unumschränkten Fürstenmacht und das
Revolutionszeitalter.

Leipzig 1839

bei Friedrich Christian Wilhelm Vogel.

Leipzig, Druck von W. Vogel, Sohn.

Vorrede.

Bei dem Beschlusse eines Werkes, das eine ansehnliche Reihe von Jahren hindurch Sinnen und Arbeiten begehrt hat, pflegt der Verfasser wenig mehr auf dem Herzen zu haben. Aber so natürlich die Freude, nicht in der Mühe stecken geblieben zu seyn, eben so gebührlich die Erinnerung an das erste Wollen und der messende und prüfende Rückblick auf das, was zwischen dem Anfangs- und Endpunkte liegt. Wer es mit wissenschaftlichen Leistungen ernstlich meint und nicht vom Wahne der Selbstgefälligkeit befangen ist, wird sicherlich bei solchem Rückblicke gestehen, daß manches hätte anders und, wie sich versteht, besser seyn sollen. So der Verfasser gegenwärtigen Buches.

Wo ein massenhaftes Material nicht in seiner ganzen Fülle bis zu dem Geringften hervortreten soll, sondern mo von einem gewissen, so zú sagen, einseitigen Standpunkte aus eine Norm aufgestellt wird, nach der die Auswahl des Gehörigen geschehen soll; liegt es nahe, wo nicht von dem ursprünglichen Standpunkte abzuweichen, doch in der Anwendung der Norm bei Auswahl des Einzelnen zu fehlen. Dies um so mehr, je gewissenhafter das rechte Mittelmaß des Umfangs für die gesamte Leistung ins Auge gefaßt wird. Dem kann bei einer so umfänglichen Aufgabe, wo dennoch aber zum Theil nur angedeutet, nicht ausgeführt werden soll, schwerlich entgangen werden. Ob nun aber der Verfasser seinen ursprünglichen Gesichtspunkt festgehalten habe, eine Frage, die er für wichtiger nimmt, als jene, wünscht er nicht ohne Erwägung der Natur des Stoffes beurtheilt zu sehen. In der Zeit, welche in den beiden ersten Bånden behandelt worden ist, mangelt das Gemeinsame; es ist die Zeit der Vorbereitung, der Zusammenbringung verschiedenartiger Stoffe; ein gemeinsames Bedingniß tritt ein mit der Hierarchie des Papstthums und den sie begleitenden

Geschichten der einzelnen Völker und Staaten Eurepa's im hierarchischen Zeitalter eine allgemeine Uebersicht vorausgesandt werden und diese behauptet ihr Recht auch in der Zeit des Verfalls mittelalterlicher Zustände, noch mehr in den beiden folgenden Zeiträumen. Gern aber erkennt der Verfasser an, daß außerdem einzelne Abtheilungen seines Buches einander ungleichartig sind; die erste erscheint nur als Einleitung; ausführliche Darstellung volksthümlicher Zustände füllt die zweite; in den folgenden tritt mehr und mehr die bedingende Macht, zunächst der Kirche, zuleht der fürstlichen Autokratie hervor. Es ist für eine Geschichte des Volksthums in den europäischen Staaten dies, nicht eine Culturgeschichte, hat der Verfasser beabsichtigt nicht günstig, daß in der neuern Zeit die bedingenden Formen des Staats eine so auspruchsvolle Stellung einnehmen und die Auto= nomie des Volkslebens so sehr in den Hintergrund gedrängt wird; wer aus dem Auge verliert, daß dem Bedingenden nicht minder als dem Bedingten seine Stelle in einer Geschichte des Volksthums gebührt,

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