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geltende Pergamenthandschrift K. III, 1. in gross Folio, mit einer der Maiuskelschrift ähnelnden Cursivschrift, die füglich dem 9. Jahrhundert zuzuweisen, enthält die Reden Gregors von Nazianz mit dem bisher ungedruckten, nur in lateinischer Uebersetzung von Billius publicirten Commentar des Elias, Metropoliten von Kreta. Der Codex enthält 372 Blätter, wovon die 3 ersten nicht numerirt sind und hier nur bibliographisch numerirt Folgendes enthalten. Auf fol. 1, rect. ist der Anfang der Oratio in pafcha et tarditatem, in der Reihenfolge der Ausgaben die 41ste. Fol. 1, vers. hat eine sehr werthvolle byzantische Malerei. Auf fol. 2, rect. ist der Titel des Werks: ἐξήγησις εἰς τοὺς λόγους τοῦ ἁγίου γρηγο ρίου τοῦ Θεολόγου, πονηθεῖσα τῷ εὐτελεῖ μητροπολίτη κρή της λίᾳ. ὑπερορίῳ τυγχάνοντι: προθεωρία. Fol. 2, vers. und fol. 3, rect. sind wieder zierlich bemalt. Fol. 3, vers. ist leer. Es folgen dann 369 numerirte Blätter mit dem Commentar zu 19 Reden Gregors, deren Textworte dem mit schwarzer Dinte geschriebenen Commentar mit Mennig eingetragen sind. Die Reihenfolge der commentierten Reden ist, nach derjenigen der gedruckten Ausgaben, im Codex folgende: Orat. 33, Cod. fol. 1, r. sqq.; Or. 34, f. 13, r. sqq.; Or. 29, f. 62, r. sqq.; Or. 35, f. 78, r. sqq.; Or. 36, f. 119, vs. sqq.; Or. 37, f. 148, r. sqq.; Or. 26, f. 186, r. sqq.; Ór. 12, f. 223, r. sqq.; Or. 13, f. 250, vs. sqq.; Or. 14, f. 267, vs. sqq.; Or. 25, f. 285, r. sqq.; Or. 28, f. 304, r. sqq.; Or. 27, f. 323, r. sqq.; Or. 2, f. 331, r. sqq.; Or. 7, f. 336, vf. sqq.; Or. 30, f. 342, vs. sqq.; Or.?, f. 347, vs. sqq.; Or. 17, f. 353, r. sqq.; Or. 5, f. 366, r. - 369, vs. (Schluss). Diese vom Ref. fleissig excerpirte Handschrift, welche übrigens schon ein Erasmus und Martinus Crusius in Händen gehabt, enthält, abgesehen von ihrem kritischen Werth für die Textconstitution der Reden Gregors v. Naz. einen wahren Schatz patristischer Erudition der edlern, mit hellenischer Bildung gepaarten Art, und verspricht sich Ref. noch einen guten Gebrauch von seinen Excerpten.

Wir haben diesem Berichte unsers Freundes nur Weniges in Betreff des Cod. F. VIII. 4. beizufügen. Das Fragment des Moschus, auf zwei Blättern, enthält Vers 24 bis 138 der zweiten Idylle (Europa) nach einer vorzüglichen Recension. Wir haben dasselbe mit sieben alten Ausgaben verglichen und die Varianten mitgetheilt in Schneidewins Philologus Bd. II. S. 378 ff. Gottfried Hermann hat diese Mittheilung für seine Ausgabe der Bukoliker sogleich benutzt. Man vergleiche jetzt darüber die neue Ausgabe der griechischen Bukoliker von J. L. Ahrens (Lipsiae 1855) praef. p. XXI und XLV. Was die Gedichte Gregors von Nazianz betrifft, so haben wir dieselben mit der Ausgabe von Dronke verglichen. Wir fanden eine grosse Zahl der in unserm Cod. enthaltenen bei

Dronke wieder, andere dagegen scheinen dem Cod. eigenthümlich zu sein. Die Gedichte folgen sich auch in anderer Ordnung und mit andern Ueberschriften als in der Basler Ausgabe von 1550.

Wie unser Freund angegeben hat, sind die verschiedenen Schriften, die der Cod. enthält, in Folge des Einbindens sehr durcheinander gekommen. Auf den Dialog Phlorentius folgt das Fragment aus Platons Phädrus auf 12 Blättern, dann das Fragment des Moschus auf 2 Blättern, dann Gedichte Gregors von Nazianz auf 16 Blättern, dann wieder 6 Blätter aus dem Dialog Phlorentius, worauf abermals Gedichte Gregors von Nazianz auf 38 Blättern, nachdem das abgebrochene letzte Gedicht vervollständigt worden war. Nun kommen 6 Blätter, welche etwas Grammatisches enthalten, dann Briefe des Libanius auf 42 Blättern, hierauf ein Traktat, an dessen Rande steht: Latini alicuius ὑποβαρβαρίζον. In Concilio Basiliensi 1433. Mágr. Koovoios acon, über die Vereinigung der abendländischen und morgenländischen Kirche, 16 Blätter. Es folgen eine Anzahl weisser Blätter, dann nochmals Gedichte Gregors von Nazianz, und am Schlusse 5 Blätter mit der Unterschrift: Μ. Κρούσιος αφοη (1578) ἀνέγνωκε ἐν Τυβίγγη. (Fortsetzung folgt.)

Christoph von Grimmelshausen.

Der abenteuerliche Simplicissimus ist eine der lebensvollsten Erscheinungen in der deutschen Litteratur des siebzehnten Jahrhunderts und wird vielleicht jetzt wieder mehr gelesen und anerkannt werden, seit die in der Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart (Bd. 33 und 34) enthaltene Ausgabe versucht hat, den ursprünglichen einfachen Bau von späteren geschmacklosem Schnörkelwerk zu reinigen und in seiner ächten Klarheit neu vorzuführen. Die grosse Verbreitung des Buches um die Zeit seines ersten Auftretens war es, was frühe andere Schriftsteller, ja vielleicht schon den Verfasser selbst verführte, durch Erweiterungen und Einschiebsel dasselbe immer neu aufzustutzen; aber diese Zusätze überJuden und überwucherten das ursprüngliche Werk mit der Zeit so sehr, dass es für unsern Geschmack geradezu verschlossen bleiben musste.

Man hat viel gestritten über die Confession, welcher der Verfasser des Romans angehörte. Die S. 1130 beigebrachten Zeugnisse weisen mit ziemlicher Sicherheit darauf hin, dass Grimmelshausen als Angehöriger der katholischen Kirche gestorben ist. Dass er aber derselben weder ursprünglich an

gehörte noch auch später mit Entschiedenheit ergeben war, scheint aus den hinterlassenen Schriften unwidersprechlich hervorzugehen. Der Geist, der sie durchweht, ist ein vorherrschend protestantischer; aber tiefe und nachhaltige religiöse Bedürfnisse kannte der Verfasser überhaupt wohl nicht und mochte auch den Uebertritt aus dem angestammten Bekenntniss zu einem von äussern Umgebungen und Vortheilen empfohlenen neuen so schwer nicht nehmen. Kläden weist mir eine hierhergehörige Stelle aus Grimmelshausens ewigwährendem Kalender (Fulda, 1670. S. 89) nach, wo Simplicius (in der Ausgabe von 1677 Simplicissimus) sagt: Ich vermeine ihr Catholische seyt alle über einen leist geschlagen, und also, dass man dannenhero so wenig Calendermacher unter euch findet weder bey uns Evangelischen, welche ihre Talenta dem Nebenmenschen lieber mittheilen." Auch giebt mir Jacob Grimm Unrecht, dass ich den Grimmelshausen zu einem katholischen Schriftsteller gestempelt habe. Alles was er schrieb, sagt er, sieht sich protestantisch an, wenn er auch wild in den Tag gelebt haben sollte; seine Anschauungen, meint er, seien in protestantischer Luft geschöpft und es sei dafür gleichgiltig, dass er selbst in den letzten Jahren seines Lebens übergetreten.

Der Simplicissimus ist zuerst 1669 erschienen, angeblich bei Johann Fillion in Mömpelgart. Derselbe Name steht auch auf dem Titel der mit der gleichen Jahrszahl versehenen Continuation, EF, noch in der Ausgabe D von 1670 und unter dem wunderbarlichen Vogelnest, 1673, M. Der 1682 erschienene französische Kriegssimplicissimus trägt die Firma J. J. Fillion in Freyburg. Die andern ältern Ausgaben der grimmelshausischen Werke nennen Johann Jonathan Felsecker in Nürnberg als Verleger, spätere Ausgaben von 1713 an einen Adam Jonathan Felsecker ebendaselbst, vielleicht Sohn und Nachfolger des ersteren. Noch ein Dritter, Wolf Eberhard Felsecker, geb. 1626, wird als Buchdrucker in Nürnberg genannt, unter dessen Bildniss Grimmelshausen ein Epigramm geschrieben hat. In welchem Verhältniss dieser zum Verleger des Simplicissimus gestanden, muss dahingestellt bleiben. Sicher scheint mir nun aber, worauf mich J. Grimm aufmerksam macht, dass die Namen Fillion, Mömpelgart und Freiburg fingirt sind. Als Druckort und Verleger auch der ersten Ausgaben wird Nürnberg und Felsecker anzusehen sein. Hieraus wird dann auch die Keckheit erklärlich, womit der Nachdrucker der ersten Ausgabe (AF. Vgl. meine Ausgabe S. 1137) sogar die Firma des Druckers und den Druckort mit abdruckt, da er sich zu Führung dieser angenommenen Namen ebenso gut berechtigt glauben mochte, als der zuerst dahinter versteckte Herausgeber.

Von der ältesten Ausgabe des ewigwährenden Kalenders

(vgl. S. 1145 und 1150), die mir nirgend zugänglich gewesen ist, befindet sich ein Exemplar im Besitze des Herrn Altlandammann Nef in Herisau. Es ist gedruckt 1670, Fulda, bei Marcus Bloss, Titel, Seitenzahl und Verleger wie bei der S. 1150 beschriebenen Ausgabe vom J. 1677. So versichert der Besitzer.

Zu meiner simplicianischen Bibliographie habe ich ferner berichtigend nachzutragen, dass die S. 1150 erwähnte Ausgabe des simplicianischen Welt-Kuckers von Jan (nicht Jean) Rebhu (d. h. wohl Huber) nach einer Mittheilueg Klädens nicht 3, sondern 4 Theile hat. Der erste ist ohne Jahrszahl, der zweite von 1678, die beiden folgenden von 1679. Nach der Vorrede zum zweiten Theil wird der erste bereits 1677 gedruckt sein. Der Verfasser schreibt sich unter der Vorrede des ersten Theils Jan Rebhu von Plerz auss Vklipa. Auf dem Titel des Buchs: Printz ADIMANTUS und der Königlichen Princessin ORMIZELLA Liebes-Geschicht. 1678. 12. nennt er sich, wenn beide Bücher von gleichem Verfasser stammen, schon den allenthalben bekannten Jan Rebhu von Wolffs-Egg aus Österreich."

Tübingen.

Prof. Dr. A. v. Keller.

Bibliothek chronik und Miscellaneen.

Das Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts im Königreiche Sachsen hat bereits unter dem 2. November des vorigen Jahres die sehr dankenswerthe Verordnung erlassen, dass die hier und da im Lande vorhandenen Kirchenbibliotheken inventirt und katalogisirt werden sollen. Es kann dadurch gewiss manche, jetzt der Vergessenheit anheimgefallene litterarische Merkwürdigkeit zu Tage gefördert werden. Ueber eine solche fast vergessene Kirchenbibliothek, die zu Pirna, und ein paar aus der Reformationszeit stammende Merkwürdigkeiten derselben berichtet ein Aufsatz des Director Schubert in Pirna, im Sächsischen Kirchen- und Schulblatt, 1856. Num. 4. Seite 31. und 32.

Verantwortlicher Redacteur: Dr. Robert Naumann. Verleger: T. O. Weigel. Druck von C. P. Melzer in Leipzig.

SERAPEUM.

Zeitschrift

für

Bibliothek wissenschaft, Handschriftenkunde und ältere Litteratur.

Im Vereine mit Bibliothekaren und Litteraturfreunden

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Gregor von Nazianz und Elias von Kreta.
(Früher K. III. 1, jetzt AN. I. 8.)

Wir kommen auf die erwähnte Handschrift, dieses Unicum der Basler Bibliothek, welche die Reden Gregors von Nazianz mit den Commentaren des Elias, Metropoliten von Kreta, enthält, ausführlicher zurück.

Unser Freund hat gesagt, dass die Commentare des Elias sich nur lateinisch in der Ausgabe von Bill vorfänden. Diess ist für die nach dem Tode des Abbé de Billy († 1581) erschienenen vermehrten und verbesserten Ausgaben Gregors von Nazianz (Paris 1583; 1609-1611) richtig; allein das Verdienst der ersten Uebersetzung und Veröffentlichung gebührt nicht dem Abbé de Billy, sondern dem Johann Löwenklau.

Dieser merkwürdige Mann, mit seinem lateinischen Namen Leunclavius oder Levvenklaius genannt, war 1533 XVII. Jahrgang.

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