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keinem Andern entlehnten - Formularen entnommen wurden : ich wählte sie aus dem Koncepte meiner bibliographischen Arbeiten, wie sie mir damals gerade vorlagen. Vorbild musste mir eine allgemeine Bibliothek sein, welche sämmtliche Wissenschaften umfasst, wie dies S. 2-14 sattsam darthun; denn dass meinem Buche eben die Idee eines umfassenden Planes zur Aufstellung fester Principien zu Grunde liegt, nach welchen eine öffentliche Bibliothek mit allen ihren Wissenschaftszweigen in organischer Gliederung logisch aufgestellt und zweckmässig katalogisirt werden kann, dies wird wohl dem Unbefangenen nicht entgehen. Was ich hierbei als Hauptpunkte erachte, sind: die Formirung von Hauptabtheilungen einer grossen Bibliothek, und ihre Aufstellung; die Bestimmung, welche Gattungen von Katalogen nothwendig oder zweckmässig seien, und die Art und Weise ihrer Verfassung. Dabei sind klare Vorschriften, wie die Büchertitel abgefasst werden sollen, und hier wiederum die Aushebung des Ordnungswortes gewiss von nicht geringer Bedeutung. Letzteres ist es, welches dem Titel seinen Platz in der alphabetischen Folge verleiht, und welches auf das sichere und schnelle Auffinden eines Buches den grössten Einfluss übt. Was kann also wichtiger sein, als bestimmte, feste Regeln, die allgemein gelten, zur Auswahl des Ordnungswortes? Während über diesen Kardinalpunkt fast alle [sonst selbst weitschweifige] Schriften, die von der Bibliothekswissenschaft handeln, entweder ganz schweigen oder nur weniges und nothdürftiges bringen, so können selbst die beiden Werkchen von Budik und Schrettinger (deren Vortrefflichkeit in mehrfacher Beziehung ich anerkenne) noch keineswegs vollkommen befriedigen. Um so mehr liess ich mir die Aufstellung von Normen für alle denkbaren, vorkommenden Fälle (besonders auch bei anonymen Schriften) angelegen sein, und zwar in kurzer, bündiger Weise zum Zwecke eines schnellen Ueberblickes. Wenn nun der Hr. Rec. glaubt, solche in's Einzelne gehenden Normen seien überflüssig, damit jede Anstalt nach Belieben sich selbst eigene und andere bilden könne, so ist er hierin sicher nicht im Fortschritt begriffen.

Ebenso wird nicht zu läugnen sein, dass die alphabetische Ordnung von nicht geringer Bedeutung ist. Daher hatte ich nicht ermangelt, auch hierauf mein besonderes Augenmerk zu richten. Ich habe (man lese S. 93) zwei Systeme aufgestellt: das erstere (S. 60-88) enthält lediglich einige vereinfachende Modificationen unseres gewöhnlichen Alphabets, während das andere (S. 89-93) in ähnlicher Weise gestaltet wurde, wie seit neuerer Zeit in grössern östreichischen Geschichtswerken die Register eingerichtet sind. Der Hr. Rec. hat ob absichtlich oder aus Versehen, möge dahingestellt bleibenin seiner Auslassung beide durcheinander geworfen,

woraus folgt, dass seine Kritik auch dieses Punktes nicht stichhaltig ist.

Gänzlich übersehen hat ferner der Hr. Rec. den Umstand, dass ich für die Einrichtung eines Real-Katalogs ganz andere Normen aufgestellt habe, als Budik und Schrettinger, Man vergleiche S. 46-52 und Formulare 12-42. Nicht minder unrichtig hat der Hr. Rec. meine Annahme, dass dieses Repertorium in der Muttersprache abzufassen sei, aufgefasst, denn das schliesst nicht aus was doch selbstverständlich ist, dass gewisse spezielle Bezeichnungen aus der Medizin, Jurisprudenz u. s. w. ihre fremden Namen, unter denen sie allgemein bekannt sind, behalten müssen, zumal gar manche nicht einmal entsprechend sich übertragen lassen.

Anlangend die abweichende Ansicht des Hrn. Rec. über die Ab- und Zutheilung von einigen Wissenschaftszweigen, so befremdet solche mich am allerwenigsten, indem diese eine sehr schwierige Aufgabe ist, und hierüber die verschiedensten Ansichten herrschen; indess muss ich mich auch heute wieder gegen die Annahme von Hülfswissenschaften erklären, und hierbei auf S. 13 meiues Buches zu verweisen so frei sein. Wenn er ferner verschiedene Zweige, als Alchymie, Hexenwesen, Schatzgräberei, Wahrsagerei u. s. w. unter Physik (wozu mehrere schlechterdings nicht passen:) oder unter dem Titel: Pseudophilosophie einreihen will, so sind sie S. 9 meiner Schrift unter dem Titel: Mysteriosophie zusammengestellt. Bezüglich seines Tadels über die Einreihung der Mythologie erlaube ich mir auf das S. 13 in Kürze Gesagte hinzuweisen.

Die S. 97-98 berührte Frage: in welcher Verbindung oder in welchem Verhältnisse die verschiedenen Bibliotheken eines Landes zu einander stehen sollen? hat den Hrn. Rec. in grauses Missbehagen versetzt!

Indem ich hier wiederhole, was in der Vorrede meiner Schrift schon gesagt ist, dass nämlich Belehrungen und Verbesserungen (deren unser Hr. Rec. keine gegeben!) in objectiver Weise vorgebracht, mir immer recht willkommen sein werden, drängt schliesslich sich mir der Wunsch auf, es möchten alle geehrten Leser des Serapeums meine Schrift zur Hand nehmen, lesen und selbst prüfen. I. Thess. 5, 21. Prüfet alles und das Beste wählet!

Nürnberg im Sept. 1856.

J. G. Seizinger.

Milites literati.

Dass im Mittelalter die Doktoren ritterlichen Rang in Anspruch nahmen und meist auch zugestanden erhielten, ist bekannt. Dennoch mag äusserer Widerspruch und innerer Zweifel nicht ausgeblieben sein und es scheint im 15. Jahrhunderte, zur Zeit der Wiederbelebung der Wissenschaften, diese Angelegenheit unter diejenigen gehört zu haben, welche vorzugsweise besprochen zu werden pflegten.

Der Schrift des Blondus Flavius über diese damalige Tagesfrage, de militia et jurisprudentia, ist in Nr. 15. des Jahrgangs 1854. kürzlich gedacht worden.

Auch der liber militaris des Leonhardus Brunus Aretinus, eine der noch ungedruckten Schriften dieses Mannes, von welcher der aus Italien stammende Kodex C. 159. der Dresdner Bibliothek eine ziemlich gleichzeitige Abschrift enthält, behandelt eigentlich diese Präcedenzfrage, nämlich den dem Verfasser beigegangenen Zweifel über den wesentlichen Gehalt der modernen militia, que dignitatis honorisque loco preftantibus viris tribui folet."

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In dieser dem Rainaldus Albicius zugeeigneten Abhandlung erwähnt Brunus zugleich einer dritten ähnlichen Schrift. Er sagt nämlich im Eingange: qua de re ut ad te aliquid fcriberem, excitavit non modo flagitatio tua, cui refragari non poffum, verum et libelli cujusdam infpectio, tibi ab optimo quodam viro ut dicebas transmiffi, qui de principiis ejus profeffionis fe dicturum pollicitus, idque unum profecto haberi preftarique a fe poffe non ambigue proteftatus, nil poftea jam, quod equidem intelligam, ad vivum refecat nullamque ejus neque naturam neque originem tradit, fed re ipsa in qua perfiftendum exiliter porro jejuneque percurfa nomenque dumtaxat militie aurique ac corone interpretationes quasdam fuperfluo magis quam neceffario confectatur.

Weiteres über diesen hier angeführten Traktat zu ermitteln ist nicht gelungen. Hat die litterargeschichtliche Angabe ihre Richtigkeit, dass Brunus den liber militaris 1421. herausgegeben habe, so kann wenigstens mit der darin erwähnten Schrift nicht die des Kataldinus von 1431. gemeint sein, welche die Dresdner Handschrift ebenfalls enthält.

Dieses vierte Werkchen, welches bisher noch unbekannt geblieben zu sein scheint (vergl. Mazzuchelli fcrittori d'Italia vol. II. part. IV. pag. 2369.) ist eine aus zwei Abschnitten bestehende Gelegenheitsschrift, in welcher mit unmässigem Aufwande von Citaten aus dem römischen und kanonischen Rechte, ingleichen aus den Klassikern, die Frage sehr pedantisch behandelt wird. Zu einiger Beurtheilung folgen hier ein Paar Stellen, aus welchen zugleich des Kataldinus Abstimmung hervorgeht.

Die Aufschrift lautet: Ad generofum et infignem virum, dominum Andream de Gathego de Navaria, utriusque juris doctorem doctiffimum. Confutatio voti in affumendo habitum militarem, cum talis gradus dignitatis non exiftat et perito doctori potius cedat dedecori quam honori, que conveniant militi et doctori fingulariter difcurrendo h. d. 1431. die feptimo Septembris aput Viffum in lapidea regione. Kataldinus de Bon compagnis. Die Schrift selbst aber beginnt: Militaris discipline, clariffime frater, precepta ad te infcribere inftitui, ut qui ex genere prestantiffimo juris utriusque fummus interpres exiftis, decurtatis veftibus toghe cedere dedigneris onerofumque nomen aborreas, ad quod te videre videor fuspirare: ftomaceris pariter miles fieri noftri temporis brodialis; utque fciamus, quantum militi debeatur, quia ex fignis cognofcimus fignatum in authentica; fed jam neceffe in gloffa codicis de donationibus ante nuptias (V. 14.) incipiam. Miles quinque literarum figuris defcribitur, ut detur intelligi, quod quinque virtutibus debet inter ceteros ornatior prefulgere, ut reliquum genus hominum fua dignitate prefulgeat antecellens. M. enim fignificat, quod debet effe mitis, manfuetus, magnificus, munificus, moralis et modeftus: quarum fplendore virtutum amicos fibi benivolos manuteneat et confervet et inimicos alliciet ad amorem. Per I. datur intelligi, quod debet effe integer, jocundus etc.

Der erste Abschnitt endet mit den Worten: Viri tamen fortes in acie non fentiunt vulnera, vel fentiunt fet mori malunt, quam tanto dignitatis gradu demoveri, fecundum Ciceronem in Tufculanis in fine fecundi.

Der zweite Abschnitt hebt an: Vidimus fupra, que militari officio et dignitati conveniant. Confequenter videamus, que dignitati conveniunt doctorali. In cujus discurfu patebit, doctorem preftantiorem dignitatem habere nec militi cingulo prepollere: ut illorum denotefcat ignavia et garrulitas conquiefcat, qui exiftentes doctores ad militiam afpirant etc.

Zuletzt ergeht sich Kataldinus in einer gelehrten Auseinandersetzung der urgeschichtlichen, durch Bacchus vermittelten Entstehung der militia und schliesst: Sunt alie militie doctorum et advocatorum ac etiam presbiteratus, que funt ad fimilitudinem adinvente, de quibus codex de fabricenfibus (XI. 9.) per totum librum undecimum et de hiis eft in fuperioribus fatis dictum. Jam igitur finem facio in dicendis. Vale faufte.

Hec eft mea intentio, vir infignis, ut gradu poftergato fcientie, que te clarum reddidit, militiam affequi detefteris, ne priorem famam tuam evacuet pariter et extinguat. Iterum dico, vale, crede mihi, vendica te tibi, hanc meam capefce fententiam confili fanioris. Tuus Kataldinus de Boncompagnis; in laribus propriis apud Viffum in lapidea regione confcriptum.

Kataldinus zeigt sonach eine ehrenwerthe, von der Würde der Wissenschaft durchdrungene Gesinnung. Weniger leidenschaftlich, aber klarer und gewandter fasst Leonhardus Brunus die Frage auf und es ist nur zu beklagen, dass die vorliegende Handschrift keineswegs fehlerfrei scheint, nachstehende Auszüge sonach nicht überall den richtigen Text darbieten mögen.

Brunus legt sich die Angelegenheit folgenderweise auseinander. Sermo totus fic a nobis inftituetur, ut primo, quenam fuerit hujus preclari juvenis (nämlich der militia) origo et inftitutio apperiamus: ex quo et fiet, quid fit militia et miles; deinde quemadmodum natura hec militie primeve illi vetufteque inftitutionem congruant (?) oftendamus; tertio fi id videbitur, de auro ornatuque militari et an ullum fit in pace militis officium differemus. His enim discuffis quid amplius requiram non admodum erit.

Zur Beantwortung der ersten Frage geht der Verfasser aristotelisch vom Begriffe des Gemeinwesens aus. Primum ergo, cum homo civile fit animal, miles autem homo, cuncia militaris inftitutio a civitate tanquam a capite repetenda eft. Civitas enim totius vite cunctorumque humanorum munerum princeps eft et perfectrix. Hec enim officia inter cives diftribuit, neceffaria providet, aliena repellit ac ex multorum cetu fingulorum defectus fupplementum inducit, ut illa demum fint recta hominum officia ex(if)timanda, que ab illius ordine inftitutoque procefferint. Forma vero civitatis duplex eft: una limitatio (?) a fapientibus cogitata, literis folum et ingenio conftans: altera, qualem ufu et revera civitatem videmus. In utraque ergo iftarum principia militaris discipline funt a nobis perquirenda etc. Vorzugsweise wird nun auf die Kriegsverfassung Roms hingewiesen, wogegen alttestamentarischer Einrichtungen keine Erwähnung geschieht.

Im zweiten Abschnitte hebt Brunus, worauf eigentlich alles ankommt, die Eigenthümlichkeit der modernen Ritterschaft scharf hervor: Nam cum fit quidem miles et qui pedibus et qui equo militat et fit excellentia permagna in equite, malo equidem eo nomine compellare, in quo eft precellentia dignitatis proprie, quam eo, quod eft utriusque commune. Velud enim fi quis priores alloquens noftros non priores eos fet cives compellaret, verum quidem diceret fed eorum honori non fatisfaceret Sunt enim non cives modo fet etiam dignitate fupra cives pofiti. Sic qui iftos milites appellat, vere quidem dicit fet eorum honori non fatisfacit. Sunt enim non milites modo fed equeftri dignitate preftantes.

Der dritte Punkt wird, vornehmlich mit Hinblick auf die Stellung der römischen Ritter, bejahend beantwortet und Brunus scheint sonach auch die feudale Ritterwürde für eine mit der Wissenschaft nicht unvereinbare Auszeichnung zu erklären,

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