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Einleitung.

Die Kämpfe, welche Cäsar in den Commentarien de bello Gallico erzählt, waren nicht die ersten, welche die Römer mit dem gallischen (keltischen) Volk zu bestehen hatten. Von dem heutigen Frankreich aus, wo die Nation der Kelten ihre Hauptsitze gefunden hatte, drangen schon sehr frühe (im 6. Jahrh. v. Chr. Geb.) einzelne Zweige derselben über die Alpen, liessen sich in der heutigen Lombardei nieder (Mediolanum Mailand gilt für die älteste keltische Ansiedlung in Italien) und nahmen nach und nach, da immer neue Schaaren nachrückten, das ganze Pothal in Besitz. Im Jahr 391 belagerte der gallische Stamm der Senonen die etruskische Stadt Clusium. Die Etrusker baten bei Rom um Hülfe. Dies war die Veranlassung zum ersten feindlichen Zusammenstoss zwischen Galliern und Römern. An der Allia siegreich, zogen die Gallier nach Rom und verbrannten die von Vertheidigern entblösste Stadt. Dies geschah im J. 390 v. Chr. Geb. dieser Zeit an haben beide Völker oftmals ihre Waffen im Streite mit einander erprobt. Bis zum J. 222 v. Chr. Geb. dauerte es, ehe es den Römern gelang, die in Oberitalien sesshaften Gallier gänzlich zu besiegen und ihr Land Gallia cisalpina sich zu unterwerfen.

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Von

In die Verhältnisse des eigentlichen Galliens (welches zum Unterschied von dem cisalpinischen das transalpinische genannt wird und sich zwischen den Pyrenäen und dem Rhein, dem atlantischen Ocean und dem Mittelmeer ausbreitet) sich einzumischen, erhielten die Römer durch Massilia (Marseille) Gelegenheit. Zwei Colonien dieser Stadt, Nicäa (Nizza) und Antipolis (Antibes), wurden um 154 v. Chr. von Ligurern überfallen und geplündert. Die Massilier schickten nach Rom um Hülfe. Der Consul Opimius besiegte die Ligurer und gab das ihnen abgenommene Gebiet an Massilia.

Im Jahr 125 waren es die Salluvier, gegen welche Rom die verbündeten Massilier in Schutz nehmen musste. Der Consul M. Fulvius Flaccus und dessen Nachfolger C. Sextius Calvinus unterwarfen die Salluvier; der letztere gründete im

J. 123 Aquae Sextiae (das heutige Aix), die erste römische Colonie jenseits der Alpen. Wie nun die Römer überall, wo sie einmal sich festgesetzt hatten, ihren Einfluss und ihre Macht zu erweitern theils Gelegenheit suchten, theils ungesucht fanden, so auch in Gallien. Die Allobroger, am linken Ufer der Rhone bis an den Genfersee hin wohnhaft, griffen in Verbindung mit den Arvernern (im heutigen Languedoc) die Aeduer an. Diesen gewährten die Römer, weil sie Bündniss mit ihnen hatten, natürlich Hülfe.

Die Allobroger wurden im J. 122 von Cn. Domitius Ahenobarbus und im J. 121 von Qu. Fabius Maximus geschlagen und der römischen Herrschaft unterworfen. Der Consul Qu. Marcius Rex fügte noch weitere Eroberungen hinzu (118) und gründete die Colonie Narbo Marcius (daher der spätere Name Gallia Narbonensis für diese Provinz). Die so gewonnene Provinz umfasste im Westen der Rhone ein Stück von Lyonnais und einen bedeutenden Theil von Languedoc bis nach Tolosa, im Osten die heutige Provence, die Dauphiné, einen Theil von Savoyen bis an den Genfersee und Genf selbst. Aber noch war ihr Besitz den Römern nicht gesichert. So drohte demselben Gefahr durch die Cimbern, die nach der Schlacht bei Noreia sich westwärts gewendet hatten und Gallien überflutheten; so machten sich die Tiguriner (helvetischen Stammes) auf, überschritten den Jura, gelangten bis an die Garonne und schlugen den römischen Consul Lucius Cassius Longinus, dessen Heer sie fast ganz aufrieben (im J. 107).

Doch gingen diese Gefahren an der Provinz vorüber, besonders nachdem Marius bei Vercellae in den raudischen Feldern die Cimbern aufs Haupt geschlagen hatte (101). Aber auch nach dieser Zeit ruhten die Waffen der Römer in ihren gallischen Besitzungen nur selten, zumal die Unzufriedenheit der Besiegten und der Groll gegen ihre Besieger immer neue Nahrung erhielt durch die Bedrückungen und Erpressungen, denen sie von Seiten der römischen Beamten und Wucherer. ausgesetzt waren. Namentlich war der Gau der Allobroger in steter Gährung. Im Jahr 63 schickten dieselben eine Gesandtschaft nach Rom, um über die Bedrückungen, unter denen sie zu leiden hätten, Klage zu führen und Abhülfe zu erbitten. Es geschah jedoch nichts zur Verbesserung ihrer Lage, und so brach eine Empörung aus, die nur mit Mühe von dem Statthalter Gaius Pomptinus unterdrückt wurde. Trotz aller Kämpfe wurden die Grenzen des römischen Gebiets jedoch nicht wesentlich erweitert: Tolosa, Vienna, Lugdunum Convenarum und Genava waren immer noch die äussersten Grenzen gegen Westen und Norden. Dabei war aber die Bedeutung dieser gallischen Besitzungen für Rom beständig

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im Steigen. Das herrliche, dem italischen verwandte Klima, die günstigen Bodenverhältnisse, das dem Handel so förderliche grosse und reiche Hinterland mit seinen bis nach Britannien reichenden Handelsstrassen, der bequeme Land- und Seeverkehr mit der Heimat gaben rasch dem südlichen Keltenlande eine Wichtigkeit, die viel ältere Besitzungen, wie z. B. die spanischen, in Jahrhunderten nicht erreicht hatten. Die freiwilligen Auswanderer aus Italien zogen sich in dieser Zeit mehr und mehr an die Rhone und Garonne". So kam es, dass die Provinz Gallien,,voll war von Kaufleuten und von römischen Bürgern wimmelte. Kein Gallier machte ein Geschäft ohne Vermittelung eines Römers, jeder Pfennig, der in Gallien aus einer Hand in die andere kam, ging durch die Rechnungsbücher der römischen Bürger" (s. Mommsen, Röm. Gesch. III, S. 213 ff.). Bei dieser grossen Bedeutung, die die Provinz Gallien für Rom hatte, ist es natürlich, dass man immer ein genaues Augenmerk auf Alles hatte, wodurch dieselbe in Gefahr kommen konnte. Deshalb behielt man auch die Beziehungen und Verwickelungen sorgfältig im Auge, welche zwischen den Kelten und Germanen obwalteten. Die vordringenden Deutschen hatten die Kelten aus den Landschaften, die sie östlich vom Rhein bis in das Innere von Deutschland hinein besassen, allmälig zurückgedrängt und ihnen alles Land bis zum Rhein entrissen. Bald fand sich willkommene Gelegenheit über den Rhein zu ziehen und sich in die Angelegenheiten des gallischen Landes einzumischen. Von den Römern begünstigt, waren die Aeduer zu überwiegendem Einfluss in Gallien gelangt. Eifersüchtig auf deren Ansehen und wachsende Macht, sowie zugleich besorgt wegen des weiteren Vordringens der Römer sahen sich die Sequaner und Arverner nach Hülfe bei den Deutschen um und riefen, als zwischen ihnen und den Aeduern Streit ausbrach, um das J. 71 v. Chr. den deutschen Fürsten Ariovist, einen Führer suebischer Schaaren, zu Hülfe. Derselbe folgte dem Rufe und drang mit 15000 Mann über den Rhein. Bei Admagetobriga wurden in entscheidendem Kampfe die Aeduer geschlagen. Sie mussten ihre Hegemonie aufgeben, den Sequanern sich unterordnen und an dieselben oder vielmehr an Ariovist Tribut zahlen. Nach diesem um das J. 61 geschlossenen Frieden verwendete sich Divitiacus, das Haupt der römisch gesinnten Partei der Aeduer, persönlich in Rom um die Dazwischenkunft der Römer. Aber weit entfernt, die seitherigen Bundesgenossen zu schützen, gab der römische Senat, weil man nicht sofort eingreifen und gegen Ariovist feindlich auftreten wollte, demselben den Titel eines Königs und erklärte ihn sogar für einen Freund des römischen Volkes. Ariovist sah dies so an, als machten die Römer keine Ansprüche auf das noch nicht von ihnen in Besitz genommene Gallien, und gewöhnte sich,

das Land als Beute für sich und seine Schaaren (dieselben waren nach und nach bis auf 120000 Mann angewachsen) zu betrachten und demgemäss zu behandeln. Aber nicht blos von den Deutschen, sondern auch von den Helvetiern drohte der römischen Provinz Gefahr. Dieser streitbarste keltische Stamm, zwischen Rhone, Jura, Rhein und Alpen sesshaft, von den Germanen vielfach bedrängt und eingeengt, beschloss, das bisher besessene Gebiet zu verlassen, sich jenseits des Jura neue Wohnsitze zu gründen und zugleich wo möglich die Hegemonie im innern Gallien zu gewinnen. Schon im Jahr 61 drangen einzelne Abtheilungen der Helvetier über den Jura und sogar bis in die römische Provinz.

Der Mann, der in Rom für geeignet befunden wurde, die in Gallien drohenden Gefahren abzuwenden, war Gajus Julius Cäsar. Derselbe ist geboren im Monat Juli des Jahres 100 v. Chr. Geb. Es war eine ernste und gefährliche Zeit für den römischen Staat, in welche seine Jugend fiel; die Zerrüttung der öffentlichen Verhältnisse, der erbitterte Gegensatz zwischen der Partei der Vornehmen (Optimates, Nobiles), die im Besitze der Regierungsgewalt war, und dem Volk, zwischen den Besitzenden und Besitzlosen hatte zum blutigen Bürgerkrieg geführt. Marius und Sulla rangen mit einander um die Herrschaft in Rom; die Marianer erlagen, Sulla ordnete den Staat und stellte die Macht der Optimaten wieder her. Cäsar, mit Marius, der seines Vaters Schwester geheirathet hatte, verwandt und mit der Tochter des Cinna, eines der einflussreichsten Mitglieder der Marianischen Partei, vermählt, kam auf diese Weise schon früh mit der Volkspartei in Verbindung und blieb deswegen auch von den Verfolgungen Sulla's nicht verschont. Dieser befahl ihm, seine Gattin zu verstossen. Er weigerte sich, ward desshalb geächtet und verlor sein Priesteramt (Marius hatte ihn im J. 87 zum Flamen Dialis wählen lassen), die Mitgift seiner Frau und sein eigenes Vermögen. Auf die Bitte einflussreicher Verwandten begnadigte ihn Sulla, doch mussten die, die für ihn baten, aus dem Munde des Dictators die Worte hören: Ihr wisst nicht, was ihr thut; in ihm steckt mehr als Ein Marius, und die Optimaten mögen sich vor dem schlecht gegürteten Knaben hüten. Cäsar begab sich nun nach Asien, wo er erst unter dem Proprätor der Provinz Asien, dann auf der Flotte des Proconsuls Servilius Isauricus, der gegen die cilicischen Seeräuber kämpfte, Kriegsdienste that. Nach Sulla's Tod († 78) kehrte er nach Rom zurück und zeigte unverhohlen durch die Anklage gegen den Optimaten Dolabella, der sich bei Verwaltung der Provinz Macedonien Erpressungen hatte zu Schulden kommen lassen, dass er nicht die Gunst der herrschenden Optimatenpartei suche, sondern auf das Volk sich stützen und durch dieses steigen wolle. Es liegt nahe, diese Parteistellung Cäsars

aus dem frühen Einfluss des Marius auf ihn und aus den Verfolgungen Sulla's zu erklären; aber darum, weil ein Grund nahe liegt, ist er noch nicht der richtige. Männer wie Cäsar überlassen es nicht dem sogenannten Zufall, wohin er sie stellen werde, noch gestatten sie den Umständen einen überwiegenden Einfluss auf sich und ihr Handeln; sie gestalten sich, so weit dies überhaupt dem Menschen vergönnt ist, ihr Schicksal selbständig, stecken sich mit Bewusstsein ihr Ziel und wählen mit Ueberlegung den Weg, der geeignet scheint, sie, wenn nicht am schnellsten, doch am sichersten zu demselben zu führen. Cäsars hervorragendem Scharfsinne und unbefangenem Blicke konnte es nicht verborgen bleiben, dass der Zustand Roms die Herrschaft eines Einzelnen, also die Monarchie, nicht bloss begünstige, sondern geradezu verlange. Und nach diesem Ziele strebte er mit kluger Berechnung und ausdauernder Energie hin. Die Alleinherrschaft aber war nicht zu gewinnen mit Hülfe der Optimaten: diese wollten keinen Herrn über sich; das Volk aber wollte lieber Einen Herrn, als Viele ertragen, vorausgesetzt, dass es von diesem Einen mehr für sich zu hoffen hatte, als von den Vielen. Das bedachte Cäsar und danach handelte er.

Nach der Anklage des Dolabella begab er sich nach Rhodus, um daselbst bei dem berühmten Rhetor Molo seine so vorzügliche Anlage zur Beredtsamkeit weiter auszubilden. Durch den dritten Mithridatischen Krieg veranlasst, ging er abermals nach Kleinasien und sammelte, ohne Auftrag dazu zu haben, Truppen, mit denen er die kleinasiatischen Städte in Gehorsam hielt. Nach Rom zurückgekehrt, sah er bald, dass er sich zunächst an Pompejus (geb. 106) anschliessen müsse, der damals den meisten Einfluss in Rom hatte und denselben noch dadurch zu vermehren suchte, dass er als Consul des J. 70 für die Interessen des Volkes thätig war. So stellte er namentlich die Macht der Tribunen, die von Sulla so sehr beschränkt worden war, wieder her. Hierbei unterstützte ihn Cäsar, da Erweiterung der tribunicischen Gewalt und folglich auch der Macht des Volkes ja auch in seinem Interesse lag. In den Jahren 67 und 66 sprach Cäsar für die Gesetzvorschläge des Gabinius und Manilius, durch welche Pompejus den Oberbefehl in dem Seeräuber- und Mithridatischen Kriege erhielt; auch heirathete er im J. 67 eine nahe Verwandte des Pompejus. So bildete sich zwischen beiden Männern eine Verbindung, bei welcher Cäsar hauptsächlich im Interesse des Pompejus thätig zu sein schien, in der That aber für seine Pläne arbeitete. Schon dies war ja für ihn von Vortheil, dass er Pompejus der Partei des Senates einigermaassen entfremdete und das Misstrauen derselben gegen diesen ihren Führer, von dem sie nicht frei war, noch steigerte. Aber Cäsar vergass auch nicht, Manches zu thun, was ihm

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