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römischen Antikaglien grosse Eisenblöcke gefunden, über welche, namentlich noch über die ersten Funde, mancherlei gefabelt worden ist, indem man sie für Katapulten-Geschosse (500-Pfünder!) oder für Mauerbrecher ansah. In neuer Zeit wurden sie vom Mitverfasser dieses Berichtes Bd. XIV, pag. 317 sqq. unserer Annalen näher beschrieben und abgebildet, und, nachdem sie sich bei der Untersuchung als Schmiedeeisen ergeben, aus ihrer Form als Schmiedeambosse, beziehungsweise als Chabotten (Untersätze) von solchen erkannt.

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Allein man fand sie nicht unter Verhältnissen, welche auf diese Benutzung hingewiesen hätten, sondern theils mit allerlei römischen Trümmern im Brandschutt liegend, theils, und dies ist für die Bestimmung der Zeit, welcher sie angehören, massgebend eingebaut in römische Feuerungsanlagen, an Stellen, wo man ein Material bedurfte, welches von einer Seite sehr grossen Hitzgraden, von der andern der kalten. Zugluft ausgesetzt war, an Stellen, wo man sonst gern einen porösen Basalt anwandte, namentlich an den Schürlöchern der Hypokausten.

Eine dieser vor der Südseite des Castells gelegenen Heizanlagen war bei einer der vielen über das Castell gekommenen Zerstörungen 1,25 m hoch mit Brandschutt überdeckt und vergessen worden; denn man hat zwar die Mauern des betreffenden Gebäudes wieder aufgeführt, das Hypokaustum aber mit seinen eingebauten Eisenblöcken nicht wieder aufgedeckt, sondern auf dem Schutt über demselben eine neue Ziegelplättung angelegt. Bei einer späteren Zerstörung wurde auch diese wieder mit Schutt bedeckt und allmählich von Waldgräsern und Sträuchern in ihren Schutz genommen, unter dem sie dann 1500 Jahre geruht hat. Im Jahre 1856 wurden die Baureste aufgesucht und wieder freigelegt, jedoch nur bis auf jenen Ziegelboden, mit dem man schon auf dem ursprünglichen Niveau des Gebäudes angekommen zu sein glaubte. Erst im Jahre 1872, wo man das Gelände umher bis auf den gewachsenen Boden abhob und abfuhr, entdeckte man den Schürraum, zu welchem drei Stufen hinabführten und der das von drei Eisenblöcken umkleidete Schürloch zeigte. Man gelangte so an ein wohlerhaltenes und ausgebildetes Hypokaustum von 3,50 à 5 m Ausdehnung, dessen Beschreibung an einem andern Ort gegeben werden wird.

Wenn jene das Schürloch umkleidenden Blöcke auch auf der Feuerseite sehr zerfressen sind und vermuthen lassen, dass sie wohl sehr lange der Hitze ausgesetzt waren, so lassen sie doch noch an den Aussen- und Nebenseiten die Formen der Ambossblöcke erkennen, von welchen sie die Bruchstücke sind. Da nun nach der Römerzeit, d. h. hier ungefähr nach dem Jahre 280 n. Chr., die Saalburg als unbewohnte Ruine liegen blieb, indem dort keinerlei einer späteren Zeit angehörige Fund

stücke zum Vorschein gekommen sind und auch jener höhere Ziegelboden ganz der römischen Technik eigen, so ist umsomehr auch der römische, und zwar nicht der späteren Römerzeit angehörige, Ursprung jener Eisenblöcke erwiesen.

Wir erwähnen noch ein zweites Hypokaustum im Castell selbst, dessen Schürloch gleichfalls mit einem Stück Schmiedeeisen von 54 cm Länge, 20 cm Breite und 6 bis 8 cm Dicke überdeckt ist.

Die grösseren und besser erhaltenen Eisenblöcke haben sich, wie wir schon gesagt haben, untermischt mit andern Antikaglien und Brandschutt an der Nord- und Westseite eines grossen villenartigen Gebäudes südlich des Castells gefunden und mögen zum Theil wohl auch schon zu Hypokausten bestimmt gewesen sein. Ihr ursprünglicher Zweck kann das natürlich nicht sein, da ihre Form hierfür nicht gewählt ist und das Material selbst in unserem eisernen Zeitalter viel zu kostbar hierfür wäre.

In Betreff ihrer Beschreibung und Untersuchung, welche ergab, dass sie aus Schmiedeeisen bestehen und theils für Ambosse, theils für Chabotten von solchen bestimmt waren, verweisen wir auf den oben citirten Aufsatz. Zu unserer Freude können wir noch beifügen, dass auch die damals noch in Darmstadt befindlichen Eisenblöcke nunmehr durch die Gnade Seiner Königlichen Hoheit des Grossherzogs gleichfalls wieder nach Homburg gebracht und im Saalburg-Museum aufgestellt worden sind. Kein Hüttenmann, der die Gegend bereist, möge diese merkwürdigen Erzeugnisse einer fünfzehn Jahrhunderte alten Industrie zu besichtigen versäumen.

Die Frage: Wo hat die Hütte gestanden und wie wurden diese gewaltigen Eisenblöcke hergestellt?, lag nahe; glücklicherweise lag auch die Antwort nicht fern. Seine Excellenz der damalige Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, Herr Dr. Achenbach, hatte mit Interesse von dem beregten Aufsatz Kenntniss genommen, die Verfasser unterm 24. October 1877 mit der weiteren Untersuchung beauftragt und hierfür die Mittel bewilligt.

Wir haben Eingangs des Dreimühlenborns erwähnt. Dessen Quellen liegen im Walde; es stehen namentlich über ihnen acht prachtvolle Buchen und geben dem Platz einen hohen poetischen Reiz. Die Stelle ist geebnet und durch einen kleinen Rain abgetheilt, weil hier noch zu Anfang des Jahrhunderts Schützenfeste abgehalten wurden. Da, wo die Quellen entspringen, erkennt man unter dem Waldboden alte Schlackenhalden, die sich über rundliche wenig erhabene Flächen verbreiten. Auf diese richtete sich die Untersuchung, welche mittelst Schürfgrabens und durch Abräumungen im Sommer 1878 vorgenommen wurde.

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Die Arbeiten wurden unter dem Beirath des Herrn Bergingenieur Trapp durch den Herrn Baumeister Jacobi geleitet und sind wir Beiden dankbar verpflichtet. Auch das dürfen wir erwähnen, dass die alte Waldschmiede von Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Frau Kronprinzessin und den Kronprinzlichen Kindern an einem schönen Sommertag auf blumenund beerenreichen Pfaden besucht und später auch noch von seiner Kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen mit eingehendem Interesse besichtigt worden ist.

Beiliegender Situationsplan, Taf. V, Fig. 1, gibt ein Bild der Lage der Quellen, der mächtigen Buchen, der Schlackenhalden, sowie der Röschen und Gräben, welche zur Untersuchung der alten Schmelzstätten angelegt worden sind. Das Hauptergebniss der Ausgrabung war die Aufdeckung von vier deutlich erkennbaren Schmelzöfen, A, B, C, D, sowie eines fünften zweifelhaften, E, einer Meilerstätte, F, zur Bereitung der Holzkohlen und einer Schutzhütte, G, für die Arbeiter.

Zum Verständniss der Anlage wird es zweckmässig sein, in kurzen Zügen eine Schilderung der Eisengewinnung jener Zeit vorauszuschicken. Das Eisen wurde bis etwa zur Mitte des XV. Jahrhunderts nicht in flüssigem Zustand als Roheisen wie heutzutage aus den Erzen gewonnen, sondern als ein hämmerbares, unserem Schmiedeeisen oder Stahl mehr oder weniger ähnliches Product dargestellt. Dies geschah, weil vor Benutzung der Wasserkraft zur Winderzeugung den Alten das Mittel fehlte einen Hitzegrad zu erzielen, der hingereicht hätte, die Kohlung und Schmelzung des Roheisens herbeizuführen. Sie mussten sich mit einer unvollkommenen Reduction des Eisens aus seinen Erzen begnügen, welche eine weit niedere Temperatur als die Schmelzung von Roheisen erfordert. Dem entsprechend gestaltete sich der Betrieb als ein sehr kleinlicher. An eine Massenproduction, wie man sie in späterer Zeit durch Anwendung der Wasserkraft oder gar heutzutage mit Hülfe der Dampfmaschinen zu erreichen im Stande ist, war nicht zu denken. Die Schmelzvorrichtungen waren von der einfachsten, unvollkommensten Art, doch hatten sie den Vortheil, dass sie sich überall hinbringen und zurichten liessen. Holz und Eisenerz waren die beiden Erfordernisse. Da aber Eisenerze besonders in Deutschland überall verbreitet sind und die Waldungen in alter Zeit den grössten Theil des Bodens unseres Vaterlandes bedeckten, so war den Eisenschmelzern, den Waldschmieden", wie man sie im Mittelalter nannte, Gelegenheit gegeben, ihr mühseliges und dürftiges Gewerbe überall auszuüben. Daher finden wir denn auch aller Orten in Deutschland die Reste alter Eisengewinnungsstätten.

Die Wahl der Schmelzstätten war in erster Linie durch die Mög

lichkeit bequemer Beschaffung von Holzkohlen bedingt. Bei dem ärmlichen Betrieb und den unvollkommenen Vorrichtungen wurde ungefähr das vierfache Gewicht von Holzkohle zu dem einfachen Gewicht des Eisensteins erfordert, um ein brauchbares Schmiedeeisen herzustellen. Da aber das Eisenerz in Folge seines geringen Volumens im Verhältniss zum Gewicht viel leichter zu transportiren ist, so ergab es sich von selbst, dass man die Schmelzstätten weniger in die unmittelbare Nähe der Erzgruben als in die geeigneten Waldreviere legte. Ein anderes Bedürfniss für den Schmelzprozess war die Nähe eines Wasserlaufs oder einer Quelle, da bei der Arbeit die glühenden Werkzeuge im Wasser gekühlt, die Holzkohlen gelöscht, die Schlacken abgeschreckt werden mussten und auch der Arbeiter bei seiner beschwerlichen Thätigkeit eines kühlen Trunkes nicht entbehren konnte. Desshalb finden wir denn auch die alten Schmelzstätten stets in Walddistrikten, meist in nächster Nähe fliessenden Wassers und in nicht zu grosser Entfernung von Erzlagerstätten. Ein regelmässiger Bergbau auf Eisenstein ist hierbei nicht einmal nothwendige Voraussetzung, indem das Erz vielfach als Rollstücke gelesen und gesammelt und in Säcken den Schmelzwerken zugetragen wurde. Solches Erz nannte man Molterstein".

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Die Bedürfnisse der Erzeugung waren es aber nicht allein, welche die Wahl des Hüttenplatzes veranlassten, sondern auch die Gelegenheit für den Absatz; aus diesem Grunde finden sich die alten Waldschmieden am zahlreichsten in der Nähe grösserer Ansiedelungen oder wichtigerer Land- und Wasserstrassen.

Nach allen diesen Gesichtspunkten war der Dreimühlenborn zur Anlage einer Waldschmiede günstig gelegen. Hier war ein ausgedehntes Waldgebiet, eine reiche Quelle, Eisenerze mannichfaltiger Art fanden sich in der Nachbarschaft und für den Absatz war das Römercastell, sowie durch die Römerstrasse die fruchtbare Wetterau und Mainebene leicht erreichbar.

Die Schmelzvorrichtungen selbst liessen sich, wie erwähnt, überall herrichten. Der Schmelzapparat bestand selbst noch zu Zeiten Agricolas (de re metallica ed. Frankfurt. 1540, Lib. IX, pag. 348) entweder aus einem niedrigen Herd von etwa 40 cm Tiefe oder aus einem schachtförmigen Ofen, selten über Manneshöhe, sodass er vom Boden aus ohne besondere Vorrichtungen bequem beschickt werden konnte. Die Blasebälge waren aus Thierhäuten zugerichtet, mit einem einfachen schlitz- oder klappenartigen Verschluss versehen und wurden mittelst Hand oder Fuss in Bewegung gesetzt. Der Betrieb des Ofens war kein continuirlicher, indem nach jeder Schmelzung der Herd oder die

Ofenbrust aufgebrochen und der Eisenklumpen, Luppe oder Wolf" genannt, herausgezogen werden musste.

Wenden wir uns nun nach dieser allgemeinen Betrachtung zu den Ergebnissen der Aufdeckungsarbeiten am Dreimühlenborn. Wie erwähnt, wurden die Reste von vier deutlich erkennbaren Schmelzöfen blosgelegt. Dieselben lagen annähernd in einer von West nach Ost streichenden Linie in gleicher Richtung mit den beiden Quellen, der westlichste Ofen, A, 13-14 m von der westlichen, H, der östliche Ofen, D, 23 m von der östlichen Quelle I entfernt. Entsprechend drei Schmelzstätten fanden sich vier, oder wohl richtiger fünf Schlackenhalden, indem die westliche, ausgedehnte Schlackenanhäufung wohl aus zwei verschiedenen Halden gebildet ist. An der unteren, westlichen Halde lag eine Schutzhütte, G, in deren Nähe dann auch wahrscheinlich ein fünfter Ofen, E, gestanden haben wird.

Die Ofenreste fanden sich etwa 30-50 cm von dem Waldboden bedeckt. Sie sind zu erkennen durch eine Anhäufung grösserer Quarzitblöcke, die nicht dem Untergrund angehören, indem die Quellen im Thonschiefer entspringen, sondern der sandsteinartigen Varietät, auf welche noch heute ein grosser Steinbruch am Südabhang des Fröhlichenmannskopfs, 500 Schritt von der Saalburg, betrieben wird. Die Steinblöcke liegen in einem Cirkel von etwa 1,6-2 m Durchmesser. Sie scheinen einen elliptischen oder viereckigen Raum umschlossen zu haben, der durch Brandlehm, Schlacken und Holzkohlenreste sich als den inneren Ofenboden darstellt. Dieser von Quarzitstücken umschlossene Boden besteht aus zusammengesinterten Schlacken. Die Steine bildeten keine regelmässige Mauer, sondern waren lose neben und übereinander gelegt als Stützpunkt, so zu sagen als Gerippe des Ofens, dessen Inneres aus einer durchgearbeiteten Thonmasse hergestellt wurde. In der unteren Lage von Steinen, die nicht unverrückt erscheinen, lassen sich mehrere, gewöhnlich drei, in einem Fall vier Lücken erkennen, welche sich an entgegengesetzten Ofenseiten befinden und einerseits das Schlacken- und Ziehloch („Brust“), andererseits die Windöffnungen („Formlöcher“) darstellen.

In Taf. V, Fig. 2 und 3, sind die aufgedeckten Ueberreste zweier dieser Schmelzöfen dargestellt. Die Rückwand des Ofens lehnt sich an den Hügel an, der an dieser Seite etwas eingeschnitten war, während sich vornen nach der Thalseite die Ofenbrust befand, aus der Schlacken und Eisen ausflossen und ausgezogen wurden.

Die Zeichnung Taf. V, Fig. 5, 6 und 7, gibt ein Bild, wie man sich einen solchen Ofen in seiner ursprünglichen Gestalt vorzustellen haben wird. Der ungefähre Durchmesser desselben betrug 0,50 m, die Höhe

Annalen f. Nass. Alterthumsk. u. Geschichtsf. XV. Bd.

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