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1751. in 8t. 9 Bogen. Es war eine Zeit, da ein schweizerischer Dichter ein Widerspruch zu seyn schien. Der einzige Haller hob ihn. Warum soll man nicht glauben, daß Haller, als er über den Titel seiner ewigen Gedichte bey sich eins geworden, ihren ganzen Werth empfunden, und nur aus Ueberzeugung dieses Werths sein Vaterland zum Mitgenossen seines Ruhms gemacht habe? Von dem Verfasser der Versuche in westphälischen Gedichten-eben das zu sagen, würde von einer Satyre eben so wenig unterschieden seyn, als er von dem Verfasser der poetischen Erzeh= lungen, die vor einem Jahre herauskamen, unterschieden ist. Seine Arbeit ist nicht die schlechteste; man wird Stellen darinne finden, die ein Genie verrathen, welches sich das mechanische der Poesie eigen gemacht hat. Ob ihn aber seine Landsleute zum Model des westphälischen Wißes annehmen möchten, daran zweifeln wir. Die Ode auf die Musik hat man schon in den Nacheiferungen in den zierlichen Wissenschaften gelesen. Warum aber der Verfasser dort F. A. Consbruch und hier E. Consbruch heißt das wissen wir nicht. Das leßte Gedicht in diesen Versuchen ist an sein Vaterland überschrieben. Es soll eine Wiederlegung des Verfassers der Epitres diverses seyn, welcher vielleicht alle Tugenden, nur die Liebe des Vaterlandes nicht befizet, wenn sie anders eine ist. Die Wahrheit zu gestehen; wenn wir entweder auf unser Vaterland sinnreich lästern, oder es elend vertheidigen sollten, wir wehlten das erste. Neugierigen Lesern zum Anbiß wollen wir folgende Erzehlung von der 118ten Seite hierher setzen.

Harpagon.

Als Harpagon, der sich zum reichen Mann gelogen,
Sein einzig Kind dem alten Veit versprach,

Ward Agnes nicht zu Rath gezogen;

Denn Beit ließ ihm den Brautschatz nach.

Man führt das arme Kind mit Thränen zum Altare,
Wo Veit sein Jawort keuchend sagt:

Ein Wort, das mancher viele Jahre

Mit Schmerz bezahlt und oft beklagt.

Sie schweigt bestürzt und weint, der Priester neigt sich hin,
Und fragt: Erkläret euch; ihr wollt den Bräutgam doch?
Ach, spricht sie, guter Freund! ihr seyd der erste noch,
Von dem ich dieserhalb um Rath gefraget bin!

Sonst nennt man die Erzehlungen nach der Hauptperson, und hier ist sie wenigstens nicht Harpagon. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 6 Gr.

(3. Nov.) Paris. Amusemens d'un Prisonnier. Parve, nec invideo, sine me liber ibis in urbem; Heu mihi! quod domino non licet ire tuo! OVID. en deux parties. 1751. in 12. Der erste Theil auf 124 Seiten, der zweite auf 104. Das Andenken tugendhafter Thaten und unschuldig gelebter Jahre ist der angenehmste Zeitvertreib, allein nur für einen philosophischen Geist, welcher sich an dem eignen Beyfalle, den er sich zu erkennt, zu ergößen gelernt hat. Das Andenken genossener Ergöhungen kan auch ein Zeitvertreib seyn, der aber nothwendig einem verwöhnten Geiste endlich zur Marter werden muß, wenn er sich in einem Stande sieht, der die Fortsetzung seiner Ergötzungen unterbricht. Gleichwohl hat ein Gefangener auf dem Schloffe von Amiens diesen lezten Zeitvertreib vorgezogen. Vorgezogen? Die Wahl wird vielleicht bey ihm nicht statt gefunden haben. Er erzehlt also, unter ange= führten Titel, einem seiner Freunde, weil er ihm nichts bessers von sich zu erzehlen weiß, die kleinen yerliebten Abentheuer, die ihn in den lezten Winterquartieren beschäftiget haben. Sein Gefängniß ist auf drey Jahr fest gesezt. „Wahrhaftig, sagt er, es wäre sehr närrisch, wenn ein jun„ger Mensch von zweh und zwanzig Jahren einer so kurzen Gefangen„schaft wegen verzweifeln wollte. Man muß sich in die Zeit schicken; ich „habe das, was mir wiederfährt, verdient; hier ist kein ander Mittel. „Laßt uns die Bande meiner Gefangenschaft mit Blumen umwinden. „Das Andenken meiner genoffenen Ergötzlichkeiten 2c. 2c." Wer hier einen armen Hahnreh, dort ein verführtes Frauenzimmer, hier einen bestraften Näscher, dort einen barbarischen Eifersüchtigen sehen will, der wird in diesen Belustigungen eines Gefangenen Nahrung finden. Wir würden zum Lobe derselben hinzu fügen, daß sie aufgeweckt geschrieben sind, daß man die Reinigkeit der Sprache darinne nicht vermissen wird, wenn es nicht schon bekannt wäre, daß die Französischen Witlinge dem gefährlichsten Gifte den angenehmsten Geschmack zu geben pflegten. Kostet in den Voßischen Buchläden hier und in Potsdam 8 Gr.

(5. Nov.) London. Les Caracteres, par Madame de P*** 1751. in 8t auf 15 Bogen. Die Verfasserin dieser Charaktere ist eben diejenige, welche uns die Lehren der Freundschaft geliefert hat. Aus

diesen werden schon viele ihre Art zu denken kennen. Es ist zwar was neues ein Frauenzimmer unter den Sittenlehrern zu sehen; allein die Frau von P*** hatte uns noch eine ganz andere Neuigkeit vorbehalten; diese nemlich, sie unter den starken Geistern zu finden. Ihre Religion ist eine Aufgabe, die man, wenn man sie aus diesen Charakteren auflösen wollte, nur noch verwirrter machen würde. Die Höflichkeit gegen das Frauenzimmer erlaubt uns nicht, den Knoten zu zerhauen und zu sagen, sie habe gar keine. Doch wer weiß ob sie sich so gar sehr dadurch beleidiget finden würde, wenn man nur dazu setzte allein sie hat Wit. Dieses wird sie vielleicht eben so schadlos halten, als die meisten ihres Geschlechts auch der empfindlichsten Tadel wegen schadlos gehalten zu seyn glauben, wenn man nur am Ende gesteht, daß sie schöne sind. Sie hat diese Charaktere eigentlich zur Unterweisung eines jungen Menschen geschrieben. Und wenigstens diejenigen Väter, welche durchaus nicht wollen, daß ihre Kinder, wie sie sich auszudrücken belieben, bigott erzogen werden sollen, werden sie sehr bequem dazu finden. Sie müßten denn das auszusehen haben, daß sie manchmal Nachdenken erfordern. Allerdings haben fie diese Unbequemlichkeit für vornehme Leute; wir hoffen aber doch, daß sie sich dadurch nicht werden abschrecken lassen; weil sie nicht fürchten dürfen, nach vielen Nachdenken nichts als eine ernsthafte Wahrheit zu finden. Sie werden mehr finden als diese; Wit werden sie finden, und zwar von der feinsten Art, der zu seinem Probestücke nichts geringers als Tugend und Religion zu wehlen weiß. Kostet in den Voßischen Buchläden hier und in Potsdam 14 Gr.

(9. Nov.) Jena. Anweisung zur regelmäßigen Abfaffung teutscher Briefe, und besonders der Wohlstandsbriefe, herausgegeben von M. Joh. Wilh. Schaubert. Bey Th. Wilh. Ernst Güth. 1751. in 8t. Die Briefsteller und Heldendichter find jetzt die Modescribenten in Deutschland. Was brauchten unsere wißigen Köpfe mehr, als zu wissen, daß uns gute Briefe und Epopeen fehlen, um diesem Mangel abzuhelfen? Hätte man ihnen gleich zu Anfange dieses Jahrhunderts diesen Mangel zu Gemüthe geführt, so würde unser Vaterland jego wenigstens so viel Briefsammlungen als Gelegenheitscarmina, und eben so viel Heldengedichte als Postillen haben. Wie stolz könnten wir alsdann gegen die Ausländer seyn! Doch nur noch wenige zwanzig Jahre Gedult, meine Herren Balzacs, Bussys, Fontenells, Tassos,

Glovers, Miltons 2c. so werden sie sich durch unsere G** R** St** durch unsre B** N** und von Sch** verdunkelt sehen. Wir würden uns ein Vergnügen daraus machen den Herrn M. Schaubert unter diese Zahl zu setzen, wann wir wüßten, wem wir ihn von den Ausländern entgegen seßen sollten. Wo ist der wißige Kopf unter ihnen, der wenn er dichtet und wenn er Briefe schreibt, so systematisch ist, als nimmermehr kein Compendium der wolfischen Philosophie? Wir freuen uns recht inniglich über die neue Erweiterung des Reichs der mathematischen Lehrart, und ersuchen den Herrn Verfasser dieser Anweisung, ja bey einer neuen Auflage den Paragraphen die Ueberschriften, Erklärung, Heuschesaß, Aufgabe, Auflösung, Zusatz 2. beyfügen zu lassen; und in seinen eigenen Briefen, wenn er deren eine besondere Sammlung einmal heraus geben sollte, in Randnoten ja wohl anzuzeigen, welches der Hauptinhalt und Nebeninhalt, welches die Hauptgedanken und Nebengedanken derselben sind. Seine Arbeit hat übrigens einen ganz besondern Vorzug, diesen nemlich, daß man gleich aus dem Titel das gründlichste Urtheil davon fällen kann. Er will regelmäßige Briefe schreiben lernen. O wahrhaftig was wäre auch sonst schöne als das Regelmäßige! Er darf aber nicht meinen, daß auch wir nichts mehr als den Titel gelesen haben. Eben weil uns die Lesung seiner Bogen Zeit gekostet hat, und wir doch in nichts flüger daraus geworden sind, eben darum haben wir uns aus Verdruß die regelmäßige Freyheit genommen, unfre Meinung zu sagen. Kostet in den Voßischen Buchläden hier und Potsdam 6 Gr.

(18. Nov.) Hannover. D. Christoph Aug. Heumanns Erklärung des neuen Testaments. Dritter Theil, in welchem die erste Helfte der Geschichte des Herrn, wie sie Johannes beschreibet, betrachtet und erläutert wird. In Verlag Försters Erben. 1751. in 8t. 1 Alph. 16 Bogen. Man kan von diesem dritten Theile nichts sagen, als was schon unzählige von den ersten beyden gesagt haben: daß nemlich die Arbeit des Herrn D. Heumanns eine der vollständigsten gründlichsten und lehrreichsten in ihrer Art werden wird. Er ist so weit von der Art gemeiner Exegeten entfernet, daß bekannte Erklärungen, wenn sie nichts als das Alter und die Allgemeinheit vor sich haben, niemals bey ihm von Ansehen sind, und daß ihn der Vorwurff erzwungener Neuerungen niemals abschreckt, mit seinen eigenen Augen zu sehen. Es wäre Schade, wenn er in der Auslegung dieser

und jener Stelle einen allgemeinen Beyfall erhalten sollte. Den Gottesgelehrten von Profeßion würde dadurch auf einmal ein. fruchtbarer Stof zu Zänkereyen, worinne sie ihre Gelehrsamkeit eben so unwiedersprechlich, als ihre Hartnäckigkeit zeigen können, benommen werden. Dieser dritte Theil enthält die ersten eilf Hauptstücke des Evangelisten Johannes, und kostet in den Voßischen Buchläden hier und in Potsdam 16 Gr.

(23. Nov.) Amsterdam. Le Prince les delices des coeurs, ou traité des qualités d'un grand Roi et sistéme général d'un sagé Gouvernement par Mrs. M*** en II. Tomes. Maxima, quae mentes dominatur amore, potestas, à Amsterdam, aux depens de la Compagnie. 1751. in 8t. Der 1te Theil 10 Bogen, der 2te Theil 13 Bogen. Abermals ein Werk eines Gelehrten von der Regierungskunst, das recht gut seyn würde, wenn die Regierungskunst ein Gegenstand wäre, dem ein Gelehrter gewachsen wäre; oder vielmehr, wenn sie nicht etwas wäre, welches hundert Umstände so oft verändern, daß der= jenige, der sich ein System daraus zu ́machen unterfängt, weiter nichts beweiset, als daß er aus der Schule ganz artige Gedanken von der Glückseligkeit der Völker, von der wahren Gröffe eines Regenten, und dergleichen, gebracht hat. Man überlasse einen solchen Stoff denen, welche die Vorsicht erwehlte ihn auszuüben; demjenigen Geiste insbesondere, den die Natur auch zum Weltweisen machen mußte, weil sie ihn zu einem Urbilde der Könige machen wollte. Doch auch dieser würde nur für die eine vollkommene Regierungskunst schreiben können, die sich in allen seinen Umständen befinden; seine Arbeit würde für die unbrauchbar seyn, die minder erhaben denken, die in veränderter Zeit und nicht über eben dieselben Völker regieren. Der Herr von M*** hat seine Arbeit in vier Abtheilungen gesondert, und handelt in der Einleitung von der obersten Gewalt. Die erste Abtheilung betrachtet hierauf den Fürsten als einen Bürger, die zweite als eine obrigkeitliche Person, die dritte als einen Staatskundigen, die vierte als einen Kriegsmann. Man wird überall Regeln, Vorschläge und Betrachtungen antreffen, wie man sie in den so genannten politischen Collegiis auf hohen Schulen höret, und uns wundert nichts, als daß sich der Verfasser in der Vorrede die Falschheit des Sprichworts: alles ist schon gesagt, so zuvorsichtlich zu behaupten wagt. Allenfalls hat man es ja schon gewußt, daß die Projectmacher nicht mit darunter begriffen sind. Gleichwohl muß man gestehen, daß in

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