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Und das ist es alles was ich von seinem Leben sagen kann. Eine Kleinigkeit will ich noch beyfügen, welche wenigstens ihres Lächerlichen wegen angemerkt zu werden verdienet. Huart hat das Unglück gehabt unter die Wahnwißigen gerechnet zu werden, und zwar von dem D. Seligman welcher in seiner sciagraphia virium imaginationis, von ihm schreibt: Huartus Hispanus se regem in delirio arbitratus prudentissimos de regimine faciebat discursus. Diesen wunderlichen Irrthum zu widerlegen darf ich den Leser nur auf das verweisen was Huart auf der 56 Seite von einem wahnwißigen Pagen erzehlt; und sogleich wird man ohne mein Erinnern sehen, daß der welcher erzehlt mit dem von welchem erzehlt wird, entweder von dem D. Seligman selbst, oder dem le Grand auf dessen natürliche Geschichte er sich beruft, sey verwechselt worden.

So wenig ich von des Huarts Leben zu sagen gehabt, so viel würde ich von seinem Werke sagen können, wann es die Zeit und die Grenzen einer Vorrede erlaubten. Er hat es in seiner Sprache Examen de Ingenios para las sciencias überschrieben. In Deutschland ist es unter dem Namen Scrutinium ingeniorum bekannt geworden. Dieses nämlich ist der Titel der lateinischen Uebersetzung welche Joachim Cäsar, oder, wie er sich durch die Buchstabenverseßung nennt, Aeschacius Major, 1612. herausgegeben. Dieser Mann hat seine Sachen allzugut machen wollen, indem er die spanischen Ausgaben, so viel er deren habhaft werden können, nicht allein mit einander verglichen, sondern auch alle zugleich zum Grunde seiner Uebersetzung gelegt hat. Huart war einer von denjenigen Gelehrten welche von ihren Schriften niemals die Hand abzuziehen wissen. So oft seine Prüfung aufgelegt wurde, so oft sahe sich die eine Ausgabe der andern fast nicht mehr ähnlich. Er änderte, er strich aus, er zog ins Enge, er feste hinzu. Anstatt nun, daß sich der lateinische Uebersetzer blos nach der letzten Ausgabe hätte richten sollen, so hat er alle in eine zusammen geworffen, und an den meisten Orten das Werk so dunkel, verwirrt und widersprechend gemacht, daß man es nicht anders als mit Eckel lesen kann. Darf man sich also wundern, daß er sich durch dieses Verfahren sogar in den Verdacht gesetzt, als habe er sein Original verfälscht und von dem seinigen vieles hinzugesetzt? Ich würde ihm über dieses noch Schuld geben, daß er an unzählichen Orten den Sinn des Spaniers verfehlt habe, wenn man dieses nicht für einen Kunstgrif, meiner Arbeit

dadurch einen Vorzug zu geben, ansehen möchte. Wenigstens aber wird mir dieses zu sagen vergönnt seyn, daß eine von den vornehmsten Ursachen, warum ich mich an eine deutsche Uebersetzung gemacht, eben der geringe Werth der lateinischen an der man sich bisher hat müssen begnügen lassen, gewesen sey. Das Buch an sich selbst hat seine Vortreflichkeit noch nicht verloren, ob gleich die Art zu philosophiren welche man darinnen antrift jezo ziemlich aus der Mode gekommen ist. Es ist immer noch das einzige welches wir von dieser Materie, deren Einfluß in die ganze Gelehrsamkeit ganz unbeschreiblich ist, haben. Und so gewiß es ist, daß Väter und Lehrer unzählige Wahrheiten, welche viel zu sein sind als daß sie durchgängig bekannt seyn sollten, daraus lernen können, so gewiß ist es auch, daß man mir nicht etwas überflüßiges gethan zu haben vorwerfen kann.

Wann übrigens Huart auf der 88. Seite dieses Werks behauptet, daß es nur den grossen und erfindenden Genies erlaubt seyn solle, Bücher zu schreiben, so muß er sich ohne Zweifel selbst für ein solches gehalten haben. Sollte man ihn nun nach seinen eignen Grundsäßen beschreiben, so würde man von ihm sagen müssen; er ist kühn, er verfährt nie nach ... den gemeinen Meinungen, er beurtheilt und treibt alles auf eine besondre Art, er entdecket alle seine Gedanken frey und ist sich selbst sein eigner Führer. Man weiß aber wohl daß solche Geister auch auf unzählige Paradora verfallen; und der billige Leser wird sich deren eine ziemliche Anzahl auch hier anzutreffen, nicht wundern. Man' überlege das Jahrhundert des Verfassers, man überlege seine Religion, so wird man auch von seinen Irrthümern nicht anders als gut urtheilen können. Mit den allzugroben aber, welche so beschaffen sind, daß sie bey der jetzt weit erleuchtetern Zeit gleich in die Augen fallen und daher der Kürze wegen hier übergangen werden, wird man Mitleiden haben. Ich vergleiche ihn übrigens einem muthigen Pferde, das niemals mehr Feuer aus den Steinen schlägt, als wenn es stolpert.

Schreiben [Bweytes Schreiben, Drittes Schreiben] an das Publicum.

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An impartial Foreigner's Remarks upon the present Dispute between England and Prussia, in a Letter from a Gentleman at the Hague to his Friend in London.

Anmerkungen eines unpartheyischen Fremden über die gegenwärtige Streitigkeit zwischen England und Preussen; in einem Briefe eines Edelmanns in dem Haag an seinen Freund in London. Aus dem Englischen. 1753.2

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1.Jedes, den Titel mitgerechnet, 16 S. klein 8. Sie kamen einzeln heraus, das Erste wurde am 10 März, das Zweyte am 17 März, und am 20 März alle Drei in der Berlinischen (Voffischen) Zeitung 1753, angekündigt, und kosteten 3 Ggr. Die Originale Lettres au public sind in der neusten Ausgabe der Oeuvres de Frédéric le Grand Tome XV. S. 65–79. abgedruckt. Vergl. Band XII den Brief v. 29 Mai 1753.

2 So ist der Titel in der Berlinischen (Vossischen) Zeitung vom 15 May 1753, angegeben. Sie kostete 2 Gr. in Quart gedruckt, Englisch und Französisch Gr. Vergl. Band XII den eben genannten Brief.

Des Abts von Marigny Geschichte der Araber unter der Regierung der Califen.

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Die Ursachen, welche der Abt von Marigny gehabt hat, diese Geschichte der Araber zu schreiben, sind eben die Ursachen, welche mich be= wogen haben, seine Arbeit zu überseßen.

Er fand in seiner Sprache sehr wenig Nachrichten von einem Volke, dessen Thaten unsrer Neugierde nicht unwürdiger find, als die Thaten der Griechen und Römer: ich fand in der meinigen fast gar keine.

Was er in andern, besonders in den gelehrten, Sprachen davon fand, waren zerstreuete Glieder. Er gerieth auf den Einfall, ein Ganzes daraus zu machen; und vielleicht würde ich selbst darauf gerathen seyn, wann er mir nicht zuvor gekommen wäre.

Er stellte sich dabey einen Rollin zum Muster vor. Und schon dieses Muster kan ein gutes Vorurtheil für ihn erwecken. Er suchte die bequemsten Quellen; er zog nichts daraus, was er nicht für eben so ergößend als lehrreich hielt; er brachte alles in eine Ordnung, welche den Leser nirgends den Faden der Geschichte verlieren läßt; er vermied alle gelehrte Untersuchungen, die nur denen angenehm seyn können, welche die Historie als ihr Hauptwerk treiben. Daß er über dieses die Kunst wohl zu erzehlen, und die edle Einfalt in Worten und Ausdrücken, werde in seiner Gewalt gehabt haben, läßt sich schon daraus schließen, weil er ein Franzose ist. Man lasse uns dieser Nation wenigstens den Ruhm nicht streitig machen, daß die allermeisten von ihren Schriften, wann sie schon mit keiner schweren Gelehrsamkeit prahlen, dennoch von einem guten Geschmacke zeigen.

Hieraus wird man also leicht sehen, für wen unser Abt eigentlich geschrieben. Er schrieb nicht, um selbst eine Quelle in der arabischen

1 Berlin und Potsdam, bey Christian Friedrich Voß, 1753.

Geschichte zu werden. Und wie hätte er dieses werden können, da er seine Unwissenheit in der arabischen Sprache selbst gestehet? Er schrieb nicht, um sein Werk zu einer Vorrathskammer aller chronologischen Widersprüche, aller verschiednen Erzehlungen, aller auch der geringsten Umstände zu machen, mit welchen eine Begebenheit zwar in den Zeitungen, nicht aber in vernünftig geschriebnen Geschichtbüchern, aufgezeichnet wird.

Er schrieb nur für die, welche aus der Geschichte jene groffe Veränderungen, die einen Einfluß auf die ganze Welt gehabt, und jene groffe Männer, die diese Veränderungen verursacht, auf eine Art wollen kennen lernen, die nicht nur die Neugierde und das Gedächtniß, sondern auch den Verstand beschäftiget. Er schrieb insbesondre für Leute, welche deßwegen, weil sie keine Gelehrte von Profeßion sind, von Lesung der Bücher, und besonders historischer Schriften, eben nicht wollen ausgeschlossen seyn. Er schrieb für die Jugend, bey welcher man damit anfangen muß, daß man ihr erst das wesentlichste bey den wichtigsten Epochen bekannt macht.

Alles dieses giebt unser Verfasser in seiner Vorrede deutlich genug zu verstehen; und es hat an Männern nicht gefehlt, welche seine Absicht, und die Art, wie er sie zu erreichen gesucht, gelobt haben.

Diese Lobsprüche anzuführen, würde man einem Uebersetzer, welcher fein Original gerne geltend machen will, erlauben müssen. Allein ich habe nicht Lust, mir diese Begünstigung zu Nuße zu machen; ich will vielmehr gleich das Gegentheil thun, und dasjenige anführen, was man an dieser Geschichte der Araber unter der Regierung der Califen ausgesetzt hat.

Der Herr D. Baumgarten, ein Mann, welcher sich mit Recht beynahe ein dictatorisches Ansehen in der Geschichte, und in der Beurtheilung ihrer Schriftsteller erworben, hat bey Gelegenheit seine Gedanken über den Abt von Marigny auf eine Art entdeckt, welche für ihn nichts weniger als vortheilhaft ist. Beynahe hätte mich der Tadel dieses Gelehrten, dessen Verdienste vielleicht niemand höher schäßt als ich, mitten in meiner Uebersetzung zurückgehalten; und ohne Zweifel denkt mancher, daß es sehr gut gewesen wäre. Muß ich mich nicht also rechtfertigen, wenn man mich nicht für einen Menschen halten soll, dem es nur darum zu thun ist, daß er übersetzt, es mag nun das, was er übersetzt, erbärmlich oder gut seyn?

Der Herr D. Baumgarten legt in dem 34sten Stücke der Hällischen Anzeigen vom Jahre 1751., unserm Verfasser dreyerley zur Last.

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