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loquebatur toti populo fidelium ex persona Dei, quasi de novo legem proponens, alii vero prophetae loquebantur ad populum in persona Dei quasi inducentes ad observantiam legis Moysi secundum illud Maleachi 4, 4 Mementote legis Moysi servi mei. Wir stellen daneben einfach Stücke aus More II, 39: Aus der einzigartigen Wahrnehmung des Göttlichen, die Mose hatte, folgt die Berufung zum Gesetze, und zwar so, dass vor der Berufung zum Gesetze durch Moses keine andre ähnliche, so viel wir wissen, vorausgegangen ist von Adam bis auf ihn, und dass nach ihm keine ähnliche durch irgend einen von unsern Propheten erfolgt ist.1 Hier finden wir die Vorlegung des Gesetzes quasi de novo. denn Abraham gab auch ein Gesetz der Beschneidung, wie Maimonides weiter ausführt, das aber vom mosaischen verschieden ist. Wenn nun Moses ex persona Dei nach Thomas redet, so hat er dies nicht begründet, Maimonides aber gibt die Begründung: Was Moses betrifft, weisst du, was ihm gesagt ist und was er gesagt hat, und was das ganze Volk zu ihm sagte: Heute haben wir gesehen, dass Gott mit einem Menschen, der lebendig geblieben ist, geredet hat Deutr. 5, 24. Von den spätern Propheten kennst du den Text aller Erzählungen über sie. und weisst, dass sie Mahner gewesen sind für die Menschen, welche sie zum Gesetze Mosis gerufen haben, indem sie die Widerspänstigen bedrohten und denen, die auf seiner Befolgung beharrten, Verheissungen machten. 2

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Die Stelle Deutr. 5, 24 begründet das ex persona Dei loqui, die weitere Bemerkung über den Mahnberuf der Propheten, das inducere ad observantiam legis Moysi; - für Thomas bleibt als eigenthümlich nur die Herbeiziehung von Mal. 4, 4 Vulg. 3, 22 Hebr.

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Die ganze Theorie des Prophetismus bei Thomas erweist sich so als auf Maimonides begründet, in den Einzelnheiten wie in dem Grundgedanken der Parallelisierung der Prophetie mit der gewönlichen menschlichen Erkenntniss, Thomas hat die fundamentalen Abschnitte des More

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ען דיך אלאדראך וחדה לזמת אלדעוה אלי פג .More II, 39 fol (1 אלשריעה: ודלך אן הוה דעוה משה רבנו לנא לם תתקדם מתלהא לאחד ממן עלמנאה מן אדם אליה ולא תאכרת בעדה דעוה מתלהא לאחד מן .אנביאינא:

ואמא משה פקד עלמת מא קיל לה ומא קאל וקול אלכאפה :Text (2 לה היום הזה ראינו כי ידבר אלהים וגו' אמא כל נבי מנא תאכר בעד משה רבנו פקד עלמת נץ קצצהם כלהא וכונהם במנזלת אלועאט לכנאס דאעין לשריעה משה יתואעדון אלראגב ענהא ויועדון מן אסתקאם פי הבעהא :

über die Prophetie vollständig in seine Summa hineingearbeitet und nur da geändert, wo er dies mit Rücksicht auf das kirchliche Dogma absolut thun musste, wie in der Lehre vom heiligen Geiste. Dies eingehend zu beweisen erschien uns um so nothwendiger, als die neuste, sehr umfangreiche Darstellung des Thomas von Werner (Der heilige Thomas von Aquin, Regensburg 1858-59, 3 Bände) von diesem Verhältniss nichts ahnen lässt und sich mit ganz äusserlichen Notizen begnügt. I, 579, 35. Dagegen ist von Saisset in der Revue des deux mondes, 1862, Janv. 15 das nahe Verhältniss beider im Allgemeinen erkannt und behauptet. Auch Jourdain La philosophie de St. Thomas, Paris 1858, geht auf diese Details nicht ein.

Die thomistische Umarbeitung schlägt übrigens dabei nicht zum Vortheile der Theorie aus, denn die ungelenke Form, den Gegenstand in Quaestionen auseinanderzureissen, lässt den bei Maimonides so grossartigen systematischen Zusammenhang und die allein schon in der Reihenfolge der Untersuchungen liegende feine psychologische Motivierung gänzlich fallen und erschwert damit das tiefere Verständniss so wie die wahre Schätzung dieser ältesten umfassenden und geistvollen Lehre von der Prophetie. Endlich aber erregt es geschichtliche Betrachtungen betrübendster Art, wenn man sieht, wie der Dominikaner und kirchliche Hauptdogmatiker ein Werk ausbeutet, ohne es zu nennen, das seine. Ordensbrüder gleichzeitig in Paris öffentlich verbrennen lassen, während der hervorragendste Theil seines Inhaltes zur Ordensdogmatik gestempelt wurde. Wir haben vor Augen die verdeckte Ausnutzung und schmähliche Misshandlung einer Leistung, deren Tragweite so bedeutend war, dass auch ihre Gegner sich ihrem Einflusse nicht zu entziehen vermochten.

XI. Albertus Magnus und Pseudo-Haymo mehr philosophisch als exegetisch von den Auslegern des frühern christlichen Mittelalters verschieden.

Nach der ganzen vorstehenden Untersuchung wird der Leser zu

der Ueberzeugung gekommen sein, dass entsprechend der allgemeinen Zeittendenz das Einströmen jüdischer Gedanken in die christliche Theologie nicht zuerst auf dem exegetischen, sondern auf dem religionsphilosophischen und speculativen Gebiete Statt gefunden hat. Thomas philosophische Entlehnungen gehen der exegetischen Thätigkeit des Lyra um

mehr denn sechzig Jahre voraus, und Lyra ist bereits in der Lage jüdische Theoreme, die Thomas verfochten hat, auf Grund seines kirchlichen Bewusstseins abzulehnen, denn das ist die wahre Bedeutung des Streites darüber, ob David oder Moses der höhere Prophet sei, den wir oben als eine kirchliche Reaction gegen einen jüdischen Lehrtropus bezeichnet haben. Vgl. S. 340. Wie sehr die Exegese hinter der systematischen Theologie zurückblieb, dass sehen wir endlich auch noch an Thomas' Zeitgenossen, Albertus magnus († 1280) nach beiden Seiten hin, nach der philosophischen wie nach der exegetischen. Philosophisch allen Einflüssen der in seiner Zeit mächtigen Strömungen vermöge seiner ausgebreiteten Gelehrsamkeit offen und daher mit der arabischen und jüdischen Philosophie vertraut, beharrt er als Exeget auf dem alten Standpunkt und operiert unbefangen mit dem allegorischen Sinne, den zu verlassen er freilich bei den Arabern und Juden, wie wir S. 256 f. gesehen, keine Ursache finden konnte.

Von den Beziehungen Alberts zu den Juden und in's Besondre zur Prophetentheorie des Maimonides brauchen wir hier nicht weiter zu reden, da Joel in seiner Untersuchung über das Verhältniss Alberts des Grossen zu Maimonides (Breslau 1863) vollkommen nachgewiesen hat, wie viel der Scholastiker dem Juden entlehnt hat.1 Aber bemerkenswerth ist dabei die ganz verschiedne Art der Benutzung bei Albert und bei Thomas; letzterer verarbeitet maimonideische Gedanken in sein theologisches Lehrgebäude, als integrierenden Bestandtheil, Albert dagegen benutzt Maimonides nur zur Erläuterung der natürlichen Divination und setzt seine Bemerkungen in eine Abhandlung de somno et vigilia, wobei er ausdrücklich bemerkt, dass er die Prophetie meine, die den Vorahnungen des Socrates entspreche, von der Prophetie aber, die die Theologen meinen, nicht handeln wolle, weil diese aus physischen Gründen nicht erklärt werden könne. Indem wir also diese philosophischen Beziehungen Albert's bei Seite lassen, characterisieren wir ihn nur als Exegeten. Sein Joelcommentar mag den Stoff liefern. Die Methode ist, abgesehen von dem unvermeidlichen Formalismus der Distinctionen, die die Worte des Textse paraphrastisch in die Erklärung einspinnende. Mit der Umschreibung verbinden sich vielfache Schriftbelege

1) Sighart Leben des Albertus Magnus, Regensburg 1857, hält sich an der Oberfläche und gibt von den wissenschaftlichen Zusammenhängen nur eine sehr ungenügende Vorstellung. Das Bild von Albert's Pallium und Stuhl verhilft uns zu keiner Einsicht, so wenig als das Käppchen oder die Zucchetta des Thomas, die mir in Orvieto ein freundlicher Dominicaner zu zeigen bereit war.

und kurze Excurse, in denen die verschiedenartigsten Dinge besprochen werden, und in denen die Zeitphilosophie, sowie die Theorie des Prophetismus nach Maimonides zum Ausdrucke kommt. Practisch bildet der sensus litteralis das erste und hauptsächlichste Object der Auslegung, neben dessen Erklärung die Tropologie nicht als gleichberechtigtes und regelmässig durchgeführtes Element auftritt, obwohl tropologische Deutungen nicht vermieden werden. Es macht sich entschieden ein Zug zur Einheit des Sinnes fühlbar, sofern die littera immer zuerst gedeutet wird, die Commentare sind nüchtern und verhältnissmässig gut, aber ihre Schwäche besteht bei dem compilatorischen Charakter in der noch zu grossen Connivenz gegen die ältern Methoden, die wir bei den Gelehrten des zwölften Jahrhunderts gefunden haben, und entsprechend in der Abhängigkeit, in der er zu der Glossa ordinaria verharrt. Indem wir aus Albert's Commentare die Erklärungen zu denselben Stellen ausheben, für die wir S. 191 die Bemerkungen der ältern christlichen Ausleger des Mittelalters vorgeführt haben, lassen wir Albert gleichzeitig in seinem Verhältniss zu diesen Vorgängern wie in seiner besondern Eigenthümlichkeit sich selbst charakterisieren, die wir eben kurz bezeichnet haben.

Joel 1, 1 Prophetia haec primo in tres partes dividitur, scilicet in titulum, excitationem ad auditum et prophetiae contextum. Titulus est iste Verbum Domini, quod ideo dicitur verbum singulariter, quia cum sit unicum et increatum, secundum quod in Deo est, tamen ratio et causa et forma multorum est verborum, quibus scilicet secundum diversos effectus exprimitur, de qua unitate dicitur Job 33 Semel loquitur Deus et secundo idipsum non repetit. Quod factum est, Glossa: non quantum ad se, sicut in praecedentibus dictum est, eo quod factio non ponitur circa verbum, et ideo addit ad Joel ut in anima Prophetae factio per inspirationem esse intelligatur. Et subdit de parente filium Phatuel, ut sicut carnaliter ita spiritualiter a tanto patre descendisse sciatur. Eccl. 44 Cum semine ipsorum permanent bona. Zum Verständniss des Schlusses erinnere ich an die jüdische Theorie, dass die Väter der Propheten, wenn ihre Namen genannt werden, gleichfalls Propheten gewesen sein sollen. Daher sagt Albert a tanto patre.

So weit reicht der titulus, die excitatio ad auditum folgt nun, und der prophetiae contextus beginnt mit Residuum erucae. Hier commentiert er nun ganz kurz und theilt sein eignes Verständniss des Sinnes nicht mit, erst gelegentlich des Nördlings, qui ab Aquilone est, äussert sich dies, er versteht darunter mit Hieronymus den Sanherib. Er theilt die Prophetie ein: Primo enim describit poenae magnitudinem et quia metaphorice locutus est secundo describit metaphorae explicatio

Merx, die Prophetie des Joel.

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nem ibi Gens enim ascendet. Nun sollte man doch zu 1, 7 gens ascendet erwarten, dass er angebe, welche gens oder gentes der Prophet meine, aber Albert schweigt und setzt die einfache paraphrastische Erklärung fort. Seine Auslegung verläuft daher unter Anführung einiger Parallelstellen so:

Residuum erucae, scilicet quod eruca non comedit, comedit locusta. Jes. 14 Subter te sternetur tinea et operimentum erunt vermes. Exod. 10 Ecce ego inducam cras locustas in fines tuos etc. Residuum locustae comedit bruchus. Ps. 104 venit locusta et bruchus cujus non erat numerus, et residuum bruchi comedit rubigo. Ps. 77 Dedit aerugini fructus eorum et labores eorum locustae. Aerugo et rubigo pro eodem hic sumuntur. Jacob. 5 Divitiae vestrae aeruginaverunt etc. Nun führt er ohne Urtheil zu geben an: Haec quatuor exponens Hieronymus litteraliter dicit: Per erucam Assyrii, Caldaei et Babylonii significantur etc. Dicit etiam Hieronymus, quod Hebraei dicunt, quod ante captivitatem his quatuor plagis ad litteram Judaea vastata fuerit. Gregorius explanat moraliter (folgen die vier Leidenschaften libido, vana gloria etc.) Hieronymus moraliter sic exponit (folgt die Deutung von tristitia, gaudium, timor, spes) Adhuc Gregorius aliam ponit, expositionem sic dicens: Ego reor erucam esse incipientem in animo passionem, . . . locusta quae avolat... significat opus instabile, ... bruchus qui insidet consuetudinem ... rubigo, quae omnia consumit, desperationem. Von einer principiellen Stellung gegenüber diesem multiplex sensus ist keine Spur vorhanden. Nur die exegetische Praxis zieht den Erklärer zur littera, er nennt aber des Hieronymus Deutung der Symbole selbst schon wieder litteralis, und ist dann mit symbo- * lischen Auslegungen bei der Hand, wo sie gar nicht hingehören. Z. B. Posuit vineam in desertum Vinea Domini domus Israel est, unde animae fideles germinantes spiritualia gaudia vineae dicuntur etc. Et ficum meum decorticavit ficus stipitem virtutum significat, qui est caritas u. dgl. m.

Weiter betrachten wir die Pfingstelle, wo nachdem ein Breites über effundam gesagt ist, fortgefahren wird: Spiritum, qui principium vitae est et princip. illuminationis et princip. operis, et sic operatur vitam in gratia, illuminationen in revelatione et virtutem in opere. Es folgen biblische Belege, dann heisst es: Hac omnia operatur unus atque idem spiritus. Et attende quod non dicit de spiritu,1 quia quod

1) Diese so zunächst unverständlicher Aesserung enthält eine Reflexion über die Septuaginta, welche hier anò τоù лνεúματós μov bietet. Auch sonst

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