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drücklich sagen. Nun ist aber auch später keine Reinigung des Volkes oder des Ortes erwähnt, sondern nur von Ezechiel rücksichtlich des ganzen todten Meeres, in dessen Gebiet Sittim gehört, in Aussicht genommen. Hierüber hat denn der Midrasch reflectiert und zwar auf

כל אותן מ' שנה לא סרחו במדבר :Grund unsrer Joelstelle, denn es heisst עד שבאו כשטים לכך כתיב וישב ישראל בשטים ויחל העם לזנות • שטים שעשו שטות ונואף אשה חסר לב • ויחל העם לזכות • יש מעיינות שמגדלין גבורים ויש חלשים ויש באין ויש מכוערין ויש צנועין ויש שטופין בזמה • ומעיין שטים של זנות היה והוא משקה לסדום. אתה מוצא שאמרו. איה ולפי שנתקלל אותו מעיין האנשים אשר באו אליך הוציאם אלינו וגו' . עתיד הק"בה לייבשו שנאמר ומעיין מבית ה' יצא והשקה את נחל השטים: מימות אברהם לא נפרץ אחד בזנות כיון שבאו לשטים ושתו מימיו נפרצו d. h. Alle die vierzig Jahre haben בזנות ויחל העם לזנות אל בנות מואב:

sie nicht gebuhlt in der Wüste, bis sie nach Sittim kamen, darum heisst es Israel sass in Sittim und das Volk begann zu huren Num. 25, 1. bow ist der Ort genannt, weil sie n Thorheit begiengen, denn wer mit einem Weibe ehebrecherisch umgeht, ist ein Thor (Sprüch. 6, 32). Einige Quellen ziehen Helden gross, andere Schwächliche, einige Schöne, andere Hässliche, einige Bescheidne, andre Frevler. Die Quelle von Sittim aber ist eine Quelle der Hurerei, sie bewässerte Sodom. Du findest, dass es heisst: Wo sind die Männer, die zu dir gekommen sind, bring sie uns heraus, dass wir sie erkennen Gen. 19, 5. Damit diese Quelle unterdrückt (gemindert) werde, wird sie Gott dereinst vertrocknen lassen, denn es heisst bei Joel: Eine Quelle wird vom Hause Jahve's ausgehen und das Thal von Siṭṭim tränken. Seit den Tagen Abrahams ist Niemand der Hurerei ergeben gewesen, da sie nach Siṭṭim kamen und sein Wasser tranken, ergaben sie sich der Hurerei, denn es heisst: Das Volk fieng an mit den Moabiterinnen zu huren.

Nun ist freilich nicht zu erweisen, dass Joel genau dieselbe Betrachtung angestellt hat, aber dieser Midrasch führt uns in die Sphaere der Gedanken ein, welche Joel zu der speciellen Wendung veranlasst haben, die er der Ezechielischen Endschilderung rücksichtlich der Quelle gegeben hat. Reflexionen verwandter Art müssen der Wahl des Sittimthales zu Grunde liegen, da sicher kein Zufall die Wahl gerade dieses Namens bestimmt hat, den zu erklären unter den neuesten Auslegern sich keiner die Mühe genommen hat, obwohl er in seiner Absonderlichkeit die Auslegung geradezu herausfordert. Stünde Ezechiel zeitlich

1) Wajikra rabba Seder Balaq, Par. 20 fol. 2 Columne 1 der Stettiner Ausgabe.

nach Joel, und wäre letzterer, wie jetzt gewöhnlich angenommen wird, das Original, so wäre wunderbar, dass Ezechiel diesen Zug des Originales verwischt hätte, umgekehrt aber wird die Einfügung dieses speciellen Zuges begreiflich, wenn man Ezechiel als Original voraussetzt, dem hier noch ein neues Moment beigefügt ist, das als Product eigentlichen Schriftstudiums vollkommen im Charakter des Midrasch gehalten ist. Diese Natur unsrer Stelle hat schon Raschi erkannt, denn zu der wörtlichen Fassung, die er gelten lässt, setzt er hinzu 777777 7 d. i. der tiefere Sinn der Stelle ist, die Sünde mit Pe3or wird gesühnt. Specieller wird sich der Gedanke Joels nicht mehr bestimmen lassen. Dass aber bei dem ganzen Charakter der Stelle die weitere über den Wortlaut hinausgehende Ausdeutung der Quelle als Symbol der vom Tempel ausgehenden Lehre, wie alte Ausleger wollten, nicht im Sinne des Propheten ist, ist völlig sicher. Lehre würde nicht durch einen Bach, der ein bestimmtes einzelnes Thal bewässert, symbolisiert werden, sondern durch eine Quelle, welche nach allen Seiten hin Leben strömt, Zacharja 14, 8 geht sie nach West und Ost, die Beschränkung der Bewässerung auf ein bestimmtes Thal schliesst die Deutung auf die Lehre aus. Der Sinn der Stelle ist denn in Wahrheit auch rein mystisch geographisch, es wird geschildert, wie sich das benachbarte Gebiet, die Gefilde Moabs, Num. 33, 49, in der Endzeit verhalten wird, woran sich die entsprechenden Aussagen über Aegypten und Edom lehnen, am Schlusse aber Juda's besondre Herrlichkeit beigefügt wird. So vollendet sich das räumliche Bild der im messianischen Zeitalter wieder von den gesammelten und geheiligten Judäern bewohnten Landschaft, deren nächste Nachbarschaft bewässert, die fernere aber zur Strafe der Bewohner wüste liegen wird.

Wenden wir uns nun nach allem, was gesagt ist, noch einmal zur Erwähnung der Tyrier, Sidonier und Philister 4, 3, so wird jetzt wohl einleuchten, dass wir es hier nicht mit Reflexionen über jüngst vergangne Ereignisse zu thun haben, wie diejenigen voraussetzen, welche aus dieser Stelle die Zeitbestimmung Joels ableiten wollten, von der wir in unsern Betrachtungen ausgegangen sind, sondern dass es sich um allgemeine abschliessende Anschauungen handelt. In dem Gericht soll das Schuldbuch dieser Völker geöffnet werden und die Abrechnung erfolgen; oft haben sie die Judäer bedrängt, die einen im Kampf, die andern durch den Sclavenhandel, jetzt trifft sie das gleiche Schicksal, sie sind für Gott Nichts, Israel ist ihm Alles. Interessant aber ist es dabei zu sehen, wie eng der geographische Gesichtskreis Joels ist. Phönicien, Philistäa, Edom, die Gefilde Moabs, Aegypten und Griechenland, das

ist seine Welt, kein Assur mehr oder Babel in dem Stillleben der Perserzeit. Die Sabäer, das ferne Volk, das er nennt, um dorthin die Phönicier verkauft werden zu lassen, die soviel verkauft hatten, sind Textfehler.

Dies führt uns dann auf die naturnothwendige Schranke, welche Joels apokalyptisches Gemälde an sich trägt. Er redet zwar von der Versammlung aller Völker, aber er denkt eigentlich doch nur an die Nachbarvölker; daher verkündigt er deren Endgeschick, lässt aber das der übrigen Menschheit im Unklaren, und das muss er thun, weil er gemäss der spätern jüdischen Tendenz ein scharfer Particularist ist. Nur für Juda ist die selige Endzeit bestimmt, das in seinem Lande gesammelt ist; was soll da nun mit allen andern werden? Dass die Feinde Strafe leiden, das versteht sich, und das sagt er auch, aber die andern Völker ignoriert er und weiss damit nichts anzufangen. Das ist die Schranke im Gemälde, die übrigens auch bei ältern Propheten vorliegt, welche über das einstige Verhältniss der Heidenvölker sich schwankend äussern, weil der universale Heilsplan, den Jesus geoffenbart hat, den Propheten noch unenthüllt war.

Wenn wir nun noch einen Blick auf die Sprache Joels werfen, so müssen wir erwarten, dass gegen seinen nachexilischen Ursprung eben die glatte und schwungvolle Ausdrucksweise geltend gemacht wird, die man an ihm lobt, und deren leichter Fluss wahrscheinlich die hauptsächliche Ursache dafür ist, dass so viele Ausleger für die grossen inneren Schwierigkeiten seiner Prophetie die Augen nicht offen gehabt haben. Wir weisen dagegen zurück auf den S. 12 in der Anmerkung gegebnen Nachweis, dass sich Joel der spätesten Ausdrücke bedient und dass demzufolge die Glätte ein Ergebniss seiner Studien, eine Renaissanceerscheinung ist, wie sie die jüngsten Psalmen, z. B. Ps. 44, ebenfalls darbieten, eine Stylgewandtheit die mehr der Sprache der jüdischen Liturgie in dem Maḥzor als der eines Amos und Hosea gleicht. Uebrigens schreibt Joel Prosa, und Strophik ist in ihm nicht vorhanden.

Endlich noch eine Bemerkung über den Namen Jo'el ben Petu'el. Die Form ist kritisch unsicher, da die beiden ältesten Zeugen,

בתואל als פתואל ausdrücken, aber sowohl בתואל Septuaginta und Syrer

ist etymologisch undurchsichtig, da die Annahme, es sei beides gleich Mann Gottes, sich nicht begründen lässt. Der Name kommt öfter vor, ist aber doppelsinnig, denn neben der Bedeutung Jahve ist Gott, kann es Jussiv von sein, und steht wie. Dann bedeutet möge er (Gott) Hand an's Werk legen, möge er beginnen. Ob der Name symbolisch ist und mit Bezug auf den Inhalt

Was der Midrasch aus

gewählt, weiss ich ebenso wenig wie im ähnlichen Falle, ob
Eigenname ist oder aus Mal. 3, 1 entnommen.
Egedeutet hat, vgl. bei Raschi, er hat

überredet Gott

in diesem Namen gefunden, und auch dies würde sich zur Symbolik des Namens sehr wohl schicken.

Die Stellung des Büchleins in der Reihe der kleinen Propheten ist bekanntlich in der LXX anders als im masorethischen Texte, weil die ersten sechs der kleinen Propheten verschieden geordnet sind:

LXX: Hosca, Amos, Micha, Joel, Obadja, Jona, Nahum.

HEBR.: Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum.

Der Leser wird bemerken, dass diejenigen Propheten deren Stellung schwankt nämlich Joel, Obadja und Jona die chronologische Ordnung der kleinen Propheten stören, die sonst richtig verläuft, Hosea, Amos, Micha, Nahum u. s. w., und hierin drückt sich die alte Unsicherheit aus, in der man sich über diese drei Propheten befand und bis in die Gegenwart befindet. Denn die Ordnung des hebr. Textes ist nach historischen Combinationen gemacht. Joel musste hinauf, weil seine Hungersnoth die des Elias sein sollte, Jonas weil er mit dem Jona des Jerobeam 2 Kön. 14, 25 identisch gedacht wurde, und da diese Combinationen falsch sind, übrigens aber auch nicht allgemein anerkannt wurden, wie die LXX zeigt, so sieht man, dass schon das höchste Alterthum diesen Schriften gegenüber sich unsicher fühlte. Möchte es der vorstehenden Untersuchung gelungen sein dieser Unsicherheit über die Zeit und den allgemeinen Sinn wenigstens des Joel endlich ein Ende gemacht zu haben.

IV. Text und Uebersetzung.

Vorbemerkung.

Die nachfolgende Textbearbeitung soll den Zustand des Textes

durch Beifügung der wichtigsten Ueberlieferungszeugnisse übersichtlich zur Anschauung bringen und die geübte Textkritik begründen.

Zu diesem Zwecke ist dem masorethischen Texte (M) aus De Rossi Var. lectiones Veter. Testam. das bedeutendste beigefügt. Man sieht daraus, dass die hebr. Handschriften für wirkliche Schäden nichts mehr liefern.

Es folgt sodann die Columne I der Septuaginta. Dieser sind als Zeugen für ihre Ueberlieferung beigegeben:

1) Die alte lateinische Uebersetzung Vet. Lat. aus Ranke Latinae
Vet. Test. versionis antehieronymianae fragmentorum fascicu-
lus III. Marburger Programm 1858. Die Fragmente umfas-
sen Joel 1, 1—14; 2, 3—5; 4, 2—4; 4, 15—17.
Sabatier (V.Lat.Sabat.) Biblior. sacr. versiones antiquae Remis
1751 II. 911.

Dazu

2) Die armenische Uebersetzung Arm. nach der Ausgabe der Mechitaristen, Venedig 1860.

3) Die syrisch - hexaplarische Uebersetzung, Syr. aus Ceriani's Ausgabe der mailänder Handschrift.

4) Die äthiopische Uebersetzung, Aeth. nach der im vorliegenden
Werke gedruckten Bearbeitung Dillmann's.

5) Die arabische Uebersetzung, Arab. in der Londoner Polygl.
6) Beigefügt sind dieser Columne die Reste der übrigen griechi-
schen Uebersetzungen von Aquila (Aq.), Theodotion (Theodt.),
Symmachus (Sym.) nach Field's Ausgabe der Ueberbleibsel von
Origenes Hexapla.

Sodann enthält Columne II die Vergleichung der syrischen Kirchenübersetzung Pęš. Mir steht nur die Ausgabe Lee's London 1823 zu Gebote.

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