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solchen: Gott habe ihn Gott habe ihn mit Weisheit und Verstand erfüllt. (Mos. II. B. XXXI. 2, 3. XXXVI. 1, 2.) Ueberhaupt erreichten die Künste im Judenland eine hohe Stufe, und der Lempel zu Jerusalem, den kein anderer je an Majestät, Umfang und Prachtverzierung übertraf, ist ein augenscheinlicher Beweis, daß auch in diesem Lande die Religion mit der Kunst im Bunde stand. Es war also weder Kunsthaß, noch Mangel an Kunstsinn, was die eigentlichen Bilder, sowohl gemalte als plastische, von dem Bereiche der Religion ausschloß. Nur der grelle Gegensatz zwischen der Vielgötterei und der Verehrung Eines Gottes war es, was alle auf Moses gefolgten Propheten, mit wie heiligem Eifer sie auch die stolzen und abergläubischen Mißdeutungen des mosaischen Geseßes bekämpften, fortwährend antrieb, den Bann gegen die Bilder inner dem Heiligthum Jehovah's ohne Nachsicht aufrecht zu halten. Die gewissenhafte Beobachtung des Verbots des Bilderdienstes, der bei andern Völkern so weit ausschweifte, daß man Menschen schlachtete, um sie den håßlichen Verkörpes rungen des Widersinnigsten, den angebeteten Chiergestalten" (sogar einer scheußlichen Meerkaße) zu opfern, sonderte die Juden ́ von allen Anhängern des Gößendienstes ab, machte sie aber über alle in ihrer Nachbarschaft siegreich. Jede Abweichung von diesem Verbote stürzte sie in Sittenverderbniß und in Sklaverei, 17) indem der Geist durch schnöden Sinnentrug knechtisch gefesselt wurde. Wenn indessen gleich Moses kein Bild zuließ, um den Einen ewigen Schöpfer und Herrn Himmels und der Erde zu bezeichnen; so bediente er sich doch nicht nur eines pomphaften

17) S. nebst hundert Stellen in den Propheten, besonders Isaias und Jeremias, Michaelis mosaisches Recht. Thl. I. §. 32, 33. Thl. V. §. 245

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und weitläufigen Zermoniels beim Gottesdienste, sondern auch großer, wundervoller Naturerscheinungen, um den Gemüthern durch den Sinneneindruck von der Macht und Herrlichkeit des höchsten Wesens hohe Ideen einzuprågen, und in seiner Sprache sind schon die Keime des Reichthums von erhabenen Bildern in den Büchern der spåtern jüdischen Propheten zu finden. 18) Wie herrlich sind die Worte des Jesaias 66, 1: "Der Allerhöchste wohnt nicht in Lempeln von Menschenhånden gemacht. Der Himmel ist mein Thron, die Erde mein Fußschemmel. Welches Haus wollet ihr mir bauen? spricht der Herr; oder welcher Ort könnte für mich ein beståndiger Wohnsiß seyn? Hat nicht meine Hand dieses Alles hervorgebracht? Doch immer mehr entfremdeten sich die Juden dem Geist ihrer Propheten. Blos den Buchstaben der Ueberlieferungen festhaltend, entfernte sich ihr Herz von Gott und wurde voll der Gößen, obgleich sie äusserlich uur Einen Gott anbeteten. Sie fuhren fort, die Aufstellung von Bildern als die höchste Verunreinigung des Tempels anzusehen. Aber sie beugten sich vor Gott nur, weil sie in ihm den dereinstigen Vollstrecker ihrer Wünsche und Träume von irdischer Größe zu erblicken wähnten.

18) Die Weisheit dieser Lehrmethode empfiehlt sich jedem Erzieher. ,,Das Erhabene, sagt Jean Paul (Levana S. 139) ist die Tempelstufe zur Religion, wie die Sterne zur Unermeßlichkeit. Wenn in die Natur das Große hineintritt, der Sturm, der Donner, der Sternenhimmel, der Tod; so sprecht das Wort Gott vor dem Kinde aus! Ein hohes Unglück, ein hohes Glück, eine große Uebelthat, eine Edelthat sind Bauståtten einer andern Kinderkirche." Vergl. Herder über die Hebr. Poesie. Die geschnittenen Steine der Hebråer beweisen übrigens, daß fie fich allmählig auch mit Ausübung schöner Kunst befreundeten. Eichhornii Comment. de Gemmis sculptis Hebr. in Comment. Göttingens. de an. 1813.

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Zweiter Abschnitt.

Moslemischer Abscheu vor den Bildern.

Mit den treffendsten Zügen ist die Geschichte der Abgötterei in den Worten des Apostels Paulus dargestellt: "Da die Menschen, sich selbst überlassen, sich weise dünkten, wurden sie Thoren, und vertauschten die Majeståt des unvergånglichen Gottes (in welchem wir doch leben, weben und sind) mit dem Bilde des vergånglichen Menschen, ja selbst der Vögel, der vierfüssigen und kriechenden Thiere." (Róm. I. 22, 23. Vergl. Buch der Weisheit XII. 23, 24.)

Der Hauptmangel in einer vielgötterischen Religion ist der Mangel an Einheit des innern Lebens. Der Mensch, blosgestellt den tausendfachen Angriffen der Feinde in seinem eigenen Herzen, wie in der Welt, umringt von Sünde, Irrthum und Jammer, bedarf ein vertrautes, mitfühlendes Herz, vor dem er allen seinen Schmerz ausschütten, dem er alle seine Noth klagen könne. Er bedarf einer unsichtbaren Hand, stärker als alle sichtbaren, der er vertrauen könne: daß sie ihn halte und hebe in allen Stürmen, in allen Kämpfen des vielfach sich wendenden Lebens. Ein solches vertrautes Freundesherz jenseits der Wolken, eine solche unsichtbare, allmächtige Hand hatte der arme Heide nicht. 1) Wenn die Bilder des Göttlichen die Vorstellung dieses Einen Freundes verdunkeln oder gar entrücken, dann geht die Religion

1) A. Neander Denkw. aus der Gesch. des Christenth. I. B. 2. Heft. S. 67. Berlin. 1823.

im Bilderdienst unter. Allem Verderben, das diese Vielgötterei erzeugt hat, liegt Selbstabgötterei (Vergötterung der bösen Begierden) zum Grunde, oder vielmehr darin besteht gerade ihr Verderben.

Merkwürdig ist, wie der Moslemismus den ganzen Abscheu des Mosaismus vor dem Bilderdienste sich aneignete. Da es Mahomeds Hauptabsicht war, die verschiedenartigsten Stämme in Arabien, die theils den jüdischen, theils mehreren heidnischen Meinungen und Gebräuchen anhiengen, zugleich durch religiöse und politische Bande zu vereinigen; so hielt er für nöthig, daß alle die sinnlichen Symbole der einzelnen Partheien wegfielen, die der Vereinigung hinderlich gewesen wären. Sogar das Aussprechen der Namen der griechischen Götter ward daher vom Islam verboten; damit auch das Lesen der griechischen Dichter; wie viel mehr der Gebrauch der Bilder!2) Weil aber Mahomed, der auch in Einführung einer Menge von religiösen Uebungen und Gebräuchen gleichsam zum Ersaß für die Bilder mit Moses zu wetteifern suchte, den Arabern verboten hatte, Menschen und Thiere abzubilden, so gebrauchten sie Sonne, Mond, Sterne, Schnörkel, Blumenzüge 2c. zu Verzierungen, dergleichen man an den meisten Kirchen und andern großen Gebäuden aus dem mittlern Zeitalter antrifft. Und dies ist die Ursache, warum man dergleichen regellose Erzeugnisse einer ausschweifenden Phantasie in den nachfolgenden Zeiten Arabesken, bisweilen Moresken genannt hat. 3) Der arabische Geschmack in solchen Verzierungen

2) Mahomed v. Delsner. Frankfurt. 1810. S. VIII. und 162. 3) Ueber den Gebrauch der Grotesken und Arabesken. Leipzig. 1790.

S. 22, flg. Fiorillo Geschichte der zeichnenden Künste. I. Einl. 59. Grotesken oder seltsame Zusammensetzungen von wirk= lichen oder phantastischen Thieren und Pflanzen finden sich schon in den ältesten orientalischen Tapeten.

verbreitete sich zuerst von Bagdad, wo unter den Abassiden Pracht und Ueppigkeit den höchsten Gipfel erreichten, nach Constantinopel, und später aus den maurischen Residenzen der spanischen Halbinsel in alle zur Kultur aufstrebenden Lånder. 4) Die prächtigen Tempel der Araber und Mauren bezeugen ihre Kunstliebe, und es bestätigte sich auch hier die Eitelkeit des Bestrebens, alle Kunst und sinnliche Darstellung aus dem Gebiete der Religion zu verbannen. Ein Beweis, daß nur die völlige Einung der Gestalt mit dem Wesen (dem Geist) der Glaubenslehre zur vollendeten Bildung hinführt. Die Einung ist aber nur dann erreichbar, wenn der Werth des Aeussern, des Bildlichen nicht überschäßt wird, sondern dasselbe sich demüthig und dienstbar dem Göttlichen anschmiegt, um seine Offenbarung zu befördern.

Dritter Abschnitt.

Gößendienst ohne Bilder, und Verhältniß der Bilder zum Christenthum.

Es gibt indessen auch Völker, bei denen wir Gößendienst ohne Bilder antreffen. So kannten die alten Perser ausser dem Bilde Gottes in menschlicher Gestalt dem Menschen selbst kein Bild für die Gottheit, als die auf Erden Alles belebende Sonne. Sie gaben aber nach Anleitung des Zendavesta den

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