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II. Geschichtschreibung,

in vollem Sinn dieses Worts lässt sich in diesem Zeitraum eben wenig voraussetzen. Pflegte man picht in den ältesten Zeiten überhaupt mehr durch mündliche Ueberlieferung, als durch schriftliche Aufzeichnung das Andenken an wichtige Ereignisse. fortzupflanzen? Die letztere geschah in der Folge zuerst nur von Wenigen und wurde auch nicht sorgfältig und lange genug erhalten. Die älteste Erzählung bestand in Sagen, durch Zusätze entstellt, und oft einander widersprechend. Man bezog sich zwar späterhin auf allerlei historische Schriften aus diesem Zeitraume; diese konnten aber höchstens nur kurze Anzeigen von den Hauptereignissen, und mehr eine Nomenclatur als eine Erzählung seyn. Jene angeblichen hist. Schriften waren etwan entweder öffentliche Familiendenkmäler, z. B. die Säule des Duilius, nach Erb. R. 260. oder die Jahrbücher der Priester (annales pontificum, auch annales maximi), die daher auch die heiligen Schriften hielsen *); oder Verzeichnisse der Consuln, nebst kurzen Bemerkungen der wichtigsten Vorfälle, **)

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*) S. Cicero de orat. II. C. 12. Die annal. pontificum wur. den vom jedesmaligen pontifex maximus jährlich, zum Theil poetisch entworfen und bei öffentlichen Feierlichkeiten abgesungen. Die Hauptvorfälle waren darin nur kurz bemerkt. Diese Jahrbücher wurden in der Wohnung der Oberpriester auf einer Tafel aufgestellt.

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**) Libri lintei, s. Livius B. IV. C. 7., vgl. C. 2 und B. X, C. 38. Dieses waren auf wahrscheinlich geleimter Leinwand, desgleichen auf dünne hölzerne Täfelchen geschriebene, d. i. mit einem Pinsel gemalte öffentliche Urkunden und im Tempel der Moneta verwahrte Jahrbücher: desgleichen Privaturkunden. Marc. Capella nennt diese Schreibmassen Carbasiana Volumina; s. G. Fr. Wehr: vom Papier. Ir Th. Hannov. 1788. S. 46 f.

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und alte Bündnisse und Verträge, z. E. mit den Lateinern, Gabiniern (Liv. B. IV, C. 58.), Ardeatern (ebendas. B. IV. C. 7. 12.) und Carthagern. Sie alle sind gröfstentheils zur Zeit, als die sennonischen Gallier unter Brennus im J. d. Stadt 364, vor Chr. G. 390 Rom einnahmen, plünderten und viele Häuser und Tempel, in welchen jene hist. Urkunden deponirt waren, in Brand steckten, durch das Feuer und nachher vollends mit allen übrigen Denkmälern und Staatsurkunden verloren gegangen, *) welches für die Gewissheit der nachherigen geschichtlichen Erzählung, besonders auf die Richtigkeit der Zeitbestimmung den nachtheiligsten Einflufs hatte. Die Geschichte würde völlig arm und fabelhaft seyn, wenn nicht damals das Capitolium, in welchem man die wichtigsten Staatsurkunden aufbewahrte,, erobert geblieben wäre.

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Vgl. C. J. B. (Beck's) Abh. über die Quellen der ältesten röm. Geschichte und ihren Werth, vor desselben teutsch. Uebers. von Ad. Ferguson's Gesch. des Fortganges und Unterganges der röm. Republik. Ir Band. (Leipz. 1784. gr. 8.) S. Ix-XXVIII.

Allein

III. für die Rechtskunde,

als einer Wissenschaft, leisteten die Römer schon jetzt und früher als die Griechen, doch nur mit jener Hülfe, Vieles. In diesem Stück und in der Staatsverwaltung zeigte sich das röm. Volk originell; vgl. m. Handb. 4ter B. S. 980 f. Denn schon unter den VII Königen sammelte man einige Gesetze, welche wahrscheinlich nur Gewohnheitsrechte enthielten.

*) S. Livius B. VI, C. 1.

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die

Von ihrem späteren Sammler, dem Pontifex Maximus Cajus Publius Papirius (unter dem jünge ren Tarquinius) wurde der Inbegriff derselben jus [civile] Papirianum genannt. Auch betrafen rescripta pontificum Religionssachen. Eine Menge neuer Verordnungen musste durch das zu wenig hestimmte Verhältnifs zwischen Patriziern u. Plebejern und durch die deshalb veranlafsten beständigen Streitigkeiten entstehen. Im J. R. 300 ordneten die Römer nach Athen und Grofsgriechenland eine Gesandtschaft ab, nach deren Rückkehr, auf Betrieb der Volkstribunen und mit Hülfe des Griechen Hermodorus aus Ephesus die Gesetze der XII Tafeln (leges XII tabularum) im J. R. 302, vor Chr. G. 452. durch die Decemvirn in lat. Sprache entworfen, in Erz eingegraben und öffentlich aufgehangen wurden. *) Diesen Hauptschritt in der röm. literärischen Bildung darf man nicht übersehen. Durch diesen Tafelcodex erhielt die röm. Rechtspflege eine grössere Bestimmtheit. Die Ausbreitung der Herrschaft der Römer und die Veränderung der Zeiten machten aber nachher eine Menge neuer Gesetze nothwendig, die theils von den Urhebern derselben, theils von ihrem Inhalt den Namen erhielten, auf eherne Tafeln geschrieben und in's Archiv gelegt wurden. Gleich nach Abfassung der XII Tafeln entwarf man auch Formeln zur Einleitung und Führung der Prozesse

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*) S. Livius B. III. C. 31 f. Ausg. Leges XII tabularum is, quotquot reperiri potuerunt, fragmentis restitutae et observatt, critico - antiquariis illustratae a Jo. Nic. Funccio. Rintelii 1744. 4.; commentaire sur la loi des XII Tables, par M. A. Bouchaud. Paris 1787. gr. 4; nouvelle édition revue et consid. augm. Ebend. 1803. 4. 2 Voll. 24 Franc., und Abb. Ludov. Valerianus in: leggi delle XII Tavole, efaminate secondo i principi del diritto pubblico e lo stato della Republ. Rom. Vol. I. Rom 1796. 4.

(formulas actionum), welche Appius Claudius Caecus im J. R. 304 sammelte und der Sekretär desselben Cnejus Flavius (J. R. 449, vor Chr. 305) öffentlich bekannt machte oder mittheilte. Diesem zur Ehre erhielten dieselben den Namen jus civile Flavianum, Seitdem bildete sich allmählich der Stand der Rechtsgelehrten (jure consulti), die zugleich die eigent lichen Gelehrten (prudentes) jener Zeit ausmachten. Sie gaben Rath über das Formelle bei gerichtlichen Verhandlungen, (respondere de jure, cavere in jure ) Vgl. die in m, Handb. 4r B. S. 979 angeführten Schriften über die Geschichte der röm, Rechtsgelehrsamkeit.

Zweiter Zeitraum.

Vom Aufblühen der Literatur der Römer bis auf des Luc. Cornelius Sulla Einnahme Athens, oder vom Anfange der römischen Literatur bis zur völligen Aufnahme und Nachahmung der Lit. der Griechen; von Erb. R. 513-676, oder vor Chr. Geb. 241-86.

I. Allgemeine Bemerkungen und Ueberblick dieses Zeitraums.

1) Was die Eroberung von dem unteren Italien, (Grofsgriechenland und Siziliens *) zu bewirken angefangen hatte, das gedieh seit dem Ende des ersten punischen Krieges, (nach Erb. R. 490-513, vor Chr. G. 264-240.) mächtiger empor die nähere Bekanntschaft mit der griech. Cultur und die Aufnahme der griech. Lit. Nach jenem Kriege zeigten sich in Rom schon gleich Spuren von griech. Aufklärung und Verfeinerung, weil die Mächtigen und Vornehmen in Rom griechisch gebildete Sclaven hielten, welche die Kinder der edelsten Familien erzogen, und weil man das Theater der Griechen kennen lernte. Bald nach

*) S. das oben S. 15 No. 4 Bemerkte.

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