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Wenn er nun dabei von dem richtigen Saß ausgeht, daß die Sprache einen noth wendigen Organismus bildet, so müßten wir allerdings erwarten, daß alle Erscheinungen eben aus dem Denk-Organismus des französischen Geistes, oder wenn derselbe, wie es hier den Anschein hat, mit dem des deutschen Geistes gleichgesezt wird, als aus den allgemeinen Denkgeseßen fließend ihre Erklärung finden. Das ist aber eine völlige Unmöglichkeit, und unser Verfasser hat es auch nicht so gemeint. Er hat vielmehr bloß das Beckersche Formwesen zum Grunde gelegt, und nur dargestellt, wie fern die Erscheinungen der französischen Sprache nach demselben Fachwerk betrachtet werden können. Gine wissenschaftliche Erklärung der Worte und Redeformen, wie §. 1 verspricht, ist aber diese Sprachlehre keinesweges, dazu hätte es schon vieler geschichtlichen Grörterungen bedurft, wie sie Becker selbst fürs Deutsche in seiner umfänglichern Sprachlehre zu geben strebte, wovon sich aber hier höchst selten einmal eine Andeutung findet.

Indem wir nun in der angegebenen Beziehung dem Verf. Sachkenntniß und Fleiß gern zugestehen, indem wir die ungeheure Mühe einer völligen Umstürzung der gewöhnlichen Anschauungsweise anerkennen, fragen wir uns: gewinnt die Uebersicht und Durchsicht des Sprachbaues durch die Anschauung des Verf. für die zu belehrende Jugend an Klarheit und Zusammenhang? Wir haben das Werk mit redlichem Fleiße durchgenommen, ja zu unsrer eigenen Belehrung danach gestrebt, uns recht hineinzudenken. Es ist uns nicht gelungen, diese Frage zu bejahen; vielleicht deßhalb, weil der Verf. überall es verschmäht, die systematische Fügung der einzelnen Glieder darzustellen, und sich bloß mit Ueberschriften begnügt, denen alsdann trockene Regeln folgen, oft im Ausdruck hart und schwerfällig, so daß er dem Unterrichte es vorbehalten zu haben scheint, diesen wirklich torten Körper zu beleben.

Wir wollen diese Aeußerung mit einigen Beispielen erläutern, vielleicht hat das den Erfolg, daß eine zweite Auflage manche zweckmäßige Aenderung aufweist.

S. 17 heißt es: Die Wortarten und ihre Flexion. A. Das Geschlecht der Substantiven. Wir finden schon hierin eine Gilfertigkeit. Es war nämlich, da es in der Einleitung nicht geschehen ist, eine kurze Uebersicht der Wortarten herzusetzen, wie sie nach diesem Systeme sich als besondere Formen unterscheiten lassen. So aber muß man sie aus der Einleitung zusammensuchen und bleibt ungewiß über den Begriff Wortart. Dann auch tritt plößlich das Gc = schlecht hervor, che noch die Rede ist von dem, was die Flexion überhaupt am Substantiv bezeichnet. Auch vermissen wir die Erklärung des Begriffes der Flexion, denn was in der Einleitung §. 12 gesagt ist: „Flexion und Formwörter (Ueberschrift). Beiderlei (!) Ausdruck hat gleichen Zweck und gleiche Bedeutung," ist durchaus unverständlich (was heißt das: Zweck eines Ausdrucks?) und ungenů: gend. Becker drückt sich darüber klar aus. Die nun folgende Darstellung sagt uns ebenso wenig zu; sie lautet: „Der Unterschied des Persönlichen und Sächlichen im Begriff des Seins, wird im Fr. durch zwei Geschlechter bezeichnet." Sieht das nicht aus, als ob man sagen wolle, m. bezeichne Person und f. Sache?

,,An der Endung ist nur das m. mit größerer Bestimmtheit zu erkennen, nicht so das f., bei welchem Regel und Ausnahme sich ziemlich die Wage halten." Abgesehen von der seltsamen Ausdrucksweise, fehlt hier wieder die Eintheilung: das Geschlecht erkennt man theils an der Wortform (Gudung ist hier nicht richtig, denn eau, chaux, chair, faim u. f. w. find Bildungsformen, nicht Endungen), theils an der Bedeutung, welches leztere nachher auch besonders herausgestellt wird.

Die Acußerung, S. 18, daß das lateinische n. zum m. geschlagen wurde, und daß arbor das Geschlecht der Species annahm, was auf eine absichtliche Umwandlung deutet, können wir nicht billigen. Schwerlich ist das genus von arbre erst dem der Species gefolgt.

S. 18 wird gesagt eur aus or sei mit Ausnahme der angegebenen, durchweg f. Das ist nicht richtig. Schon tor teur mußte bemerkt werden; wir haben aber auch eine Menge anderer auf eur, die m. sind, wie außer den Personennamen intérieur, extérieur u. f. w.

Außerdem ist die ganze Regel höchst dürftig ausgestattet. Es fehlen darin die wichtigsten Angaben, die aus Girauld-Duvivier u. A. leicht herbeizuschaffen waren.

S. 23. Vom Artikel heißt es: „Vor Personennamen hat er gewöhnlich den Zweck der Hervorhebung ausgezeichneter Individualität; z. B. le Dante, le Tasse." Benn das wahr wäre, müßte er sich doch viel häufiger auch bei Nicht-Italienern so finden, während der Verf. selbst S. 26 nur zehn Namen angiebt, die den Artikel haben. Es ist dies augenscheinlich nur eine von Italien hergenommene Bezeichnungsart, eine bloße Unregelmäßigkeit, die Beschränkung auf 10, worunter Canove, der immer Canova heißt, mit Unrecht aufgeführt ist, und Pétrarque den Artikel nicht immer hat, muß als ein Irrtbum bezeichnet werden, denn es giebt noch sehr viele italienische Dichter- und Künstlernamen mit dem Artikel. Uebrigens ist nur trockene Regel gegeben, ohne alle Begründung, während gerade beim Artikel die innerste Anschauung scharf bezeichnet werden kann. Es wird zwar am Ende auf die Syntax verwiesen, dort aber ist vom Artikel als solchem gar nicht die Rede.

S. 28 wiederholt sich die Bemerkung, daß bei Stoffnamen u. s. w. die Funktion des Artikels keine andere sein kann, als Geschlecht und Casus zu bezeichnen. Dies ist nun aber durchaus nicht der Fall, denn im Plural unterscheidet sich ja kein Geschlecht, und der Gasus liegt ja auch nicht im Artikel, sondern wird durch Präpositionen verdeutlicht. Der ganze Begriff des article partitif paßt auch nicht ins Beckersche System.

S. 29 ist die Regel seltsam genug: „Das Geschlecht der Adjektiven“ beschrieben. Dann heißt es: „Der Form nach ist das Geschlecht der Adj. nur bei denen (!) darstellbar, die nicht schon im m. ein stummes e haben, da eben dieses stumme e als Zeichen des f. betrachtet wird. Sonach wären die adj. agréable... als geschlechtslos anzusehen.“ Kann man wohl diese einfache Sache ungeschickter ausdrücken?

S. 31. Der Numerus. Hier ist von den Formwörtern, die der Verf. §. 46 als Adj. betrachtet, gar nichts erwähnt, obwohl es m System gehörte. Dafür stehen sie §. 54 bei den Zahlwörtern.

Bei der Comparation, die der Verf. erst auf plus scheint auf derselben Seite auch moins und le moins. der Positiv stehe außer der Vergleichung, und der gleichung.

und le plus beschränkt, erSeltsam ist die Erklärung: Superlativ ohne alle Ver

S. 32 heißt es, plus petit betreffe den Umfang, und moindre den Werth; statt Umfang war hier zu sehen, das Größen - Maß. Majeur und mineur nennt der Verf. Comparative mit eingeschränkter Bedeutung; dann hätte er auch intérieur und extérieur u. f. w. angeben müssen; es sind dies aber nur herübergenommene und durch Form eingebürgerte Fremdwörter, in denen der comparative Begriff zurückgetreten ist.

Bei den Zahlwörtern finden wir S. 33 die Bruch zahlen angegeben, aber in der Ausführung, S. 35, sind sie vergessen.

Bom Pronomen, S. 35, §. 55, heißt es: „Unter den Formwörtern ist das Pronomen am meisten individualisirt (uns unverständlich!), indem es den Gegensatz von Person und Sache in dem Dem. Int. und Rel.-Pr. zugleich als räumlichen Gegensatz darstellt.“ (Unbegreiflich. Person und Sache im Gegensatz zugleich räumlicher Gegensatz?)

S. 38. Bisweilen wird auch monsieur als dritte Person zur Anrede gebraucht, dann folgt als Beispiel auch madame. Warum nicht überhaupt Würdenamen? Weiter ist von einem Pronominaladverb, en, und von y die Rede, beide aber stehen nicht in der Uebersicht S. 36. Sie stehen jedoch bei der Ausführung S. 45, wo wir die der Zeit, lors, alors u. a. vermissen.

leber lui und soi wird S. 39 nichts weiter bemerkt, als soi-même und luimême werden wie Objekt und Subjekt unterschieden, was auch unrichtig ist, denn in on ne doit pas se louer soi-même, ist dies ja auch Subjekt. S. 47 wire über soi besonders gesprochen. Dort heißt es: Dem Cajus nach ist es nur bisweilen Nom., 3. B. être soi, sein Selbst behaupten. Bei dem Infinitiv anArchiv f. u. Sprachen. X

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derer Berben wird dieser Nomin. mit même verbunden. Was hat der Infinitiv damit zu thun? Jede Sprachlehre giebt über soi bessere Auskunft.

Die Erklärung S. 49. Das verbe subjectif bezeichne eine richtungslos ge= dachte Thätigkeit, und das verbe objectif könne nicht ohne Richtung gedacht werden, - ist offenbar nicht angemessen, denn appartenir, pénétrer und dergl. ers fordern immer eine Richtung ohne tranfitiv zu sein. Richtung ist nicht leidender Gegenstand, wie der Verf. selbst S. 102 anerkennt.

-

Warum hier überhaupt Beckers Eintheilung und Ordnung verlassen wird, begreifen wir ohnehin nicht, da das Verb gerade den Nerv des ganzen Systems ausmacht. Wie konnte unser Verf. auch nur denken, daß man den §. Arten des Verbums in 8 Zeilen erschöpfend darstellen könne?

Bei Durchführung der Conjugation finden wir plößlich S. 61 régime direct und indirect erwähnt, wovon vorher nichts vorkommt. Eine Anmerkung, welche dem Schema des Passivs folgt, möge zeigen, wie der Verf. verfährt; sie lautet wörtlich also:

„Der passiven Flexion sind nur die transitiven Verben fähig, d. h. diejenigen, welche im Actif ein régime direct = Accusativ fordern; daher être obéi (Gehors sam erhalten () wegen des im Actif stattfindenden rég. indirect obéir à qn.

als Ausnahme von der Regel zu betrachten ist. Nur gegen den deutschen Sprachgebrauch sind die Passiva: être précédé, être suivi, da sie im Actif ein rég. dir. bei sich haben und auch mit avoir conjugirt werden.“

-

Erstens gehört der Gegenstand in eine Hauptregel, nicht aber in eine nachziehende Bemerkung; denn er betrifft das Wesen des Verbal-Begriffes; zweitens aber erscheint hier die Verschiedenheit der Bedeutungen in der deutschen und der französischen Sprache auf zwei Verba eingeschränkt, während es viele sind. Die ganze Darstellung ist unrichtig. Schüler sollen eigentlich aufmerksam gemacht werden, daß sie aus der Rection des deutschen Verbs nicht immer das französische errathen können, indem hier rég. dir. eintritt, wo ein deutscher Dat. gefordert wird. In der Syntar ist auch wirklich einiges Nähere darüber zu finden. Ueberhaupt stoßen wir hier öfters auf Anmerkungen und Zusäße, deren Stelle im System sich gar nicht rechtfertigt, und deren unwahrheit zum Theil_auffallend hervortritt. 3. B. S. 63. Das unpersönliche il est steht bei Zeitbestimmun gen: il est tems, midi. Also sonst nicht? Ebendas. zu: Il me faut écrire. ,,Da aber me Subj. und Obj. sein kann, so ist die Unbestimmtheit durch veränderte Stellung des Pronoms zu vermeiden: Il lui faut parler, Il faut lui parler." Das sieht aus, als ob die Wahl gegeben sei, und man so oder so in jedem Sinne schreiben dürfte.

S. 64 steht folgende Regel: „Jedes Aktivum eines verbe transitif wird mit avoir und das Passivum mit être conjugirt. Dieser allgemeinen Regel schließen sich auch die verbes neutres an, indem nur einige derselben être zu ihrem Hülfsverbum nehmen." Wie verworren! statt, auch die meisten v. n. haben avoir.

Nun hat der Verf. aber S. 51 zu den Hülfsverben pouvoir, vouloir, devoir, falloir u. f. w. gerechnet. Hier im Abschnitt: Gebräuch der Hülfsverben, ist von diesen gar nicht die Rede.

Alles, was weiter im etymologischen Theile folgt, ist eben so flüchtig und unordentlich zusammengewürfelt.

Wie sieht es in der Syntar aus? Becker überall in Eintheilungen, Herrs mann in der Ausführung. S. 84 steht die Bemerkung:

„Unter den Formwörtern haben nur die Pronomina, die Zahlen und adverbialen Formwörter eine grammatische Bedeutung, indem die übrigen (welche?) nicht als eigentliche Glieder des Sages gelten." Was soll man denken? Sind die Hülfsverba, die hier Formwörter genannt werden, nicht Glieder des Sahes? Und warum ist Pronomina bervorgehoben?

S. 87. Das prädikative Adj. und Subst. congruirt, wie das Verb mit dem Subjekt in Zahl und Geschlecht. Wo congruirt denn ein französisches Verb im Geschlecht?

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S. 88. Ob ein mit avoir conjugirtes Part. deklinirt oder nicht deklinirt wire.-- Wie kommt Deklination hierher? S. 89 steht wieder, das Part. wird nie verwandelt, wenn der Infinitiv ausgelassen ist.

Die Unordnung der Darstellung ist überall bemerkbar. Auch Widersprüche fehlen nicht. S. 86 heißt es: Wenn ce auf ein im pluriel stehendes logisches Subjekt dritter Person geht, so steht das Verbe regelmäßig im pluriel: ce sont. Bei neuern Schriftstellern ist dagegen fut-ce, sera-ce gebräuchlich. S. 92 heißt es wieder: Ueberhaupt machen die Schriftsteller des Siècle de Louis XIV. häu figern Gebrauch von c'est vor einem pluriel.

Mon lese nun noch folgende Erklärungen, um sich zu überzeugen, wie unklar der Berf. die wesentlichsten Gedanken ausdrückt:

S. 94. Das Defini drückt Handlung von kürzerer oder längerer Dauer aus und ist als tems historique vom relatif- tems descriptif dadurch unterschieden, daß dieses einen Zustand bezeichnet. — Kurz vorher steht aber: Von zwei vergangenen Handlungen steht die längere im relatif, die fürzere im défini. Bas sagt überhaupt der Ausdruck: von längerer oder kürzerer Dauer? Was ist das anters als jede Handlung?

S. 95 wird eine weitläufige Darstellung der Modus-Verhältnisse gegeben (bei Beder klar), die wir nicht durchdringen konnten. Was die Schüler daraus machen sollen, ficht dahin. Man vernehme nur den Anfang:

Im Modus, als dem Beziehungsverhältnisse des Gedankens zur Wirklichkeit, d. i. der in einem Gedanken des Sprechenden prädikativen Einheit von Sein und Thätigkeit, individualisirt sich der Gedanke zuerst nach den Denkformen des Gegensages und der Causalität. — Der so als Modus des Gedachten des Verhältnisses der Begriffe zu einander aufgefaßte Begriff der Wirklichkeit, wird als Modus des Prädikates unterschieden und in der Sprache gewöhnlich durch Formwörter ausgedrückt.

Arme Schüler, was wird euch zugemuthet!

S. 102. Der Subjonctif ist Modus der logischen Möglichkeit des Nebensaßes. Diese findet im Französischen statt, wenn der Gedanke des Nebensaßes nur im gramm. Berhältnisse zum Hauptsage steht, d. h. sich wie ein Casus oder Attribut zu ihm verbålt, und daher vom Sprechenden nur wie ein bloß angeschauter (!) Gedanke in den Saß aufgenommen ist. Da die Adverbialfäße (von dies

sen war aber bisher keine Rede!) in einem logischen Verhältnisse zum Hauptsage (also nicht auch zu Nebensäßen?) stehen, d. h. anschauende Gedanken des SpreSenden sind u. s. w. - Wir sind nicht im Stande, den Unterschied zwischen angeschauten und anschauenden Gedanken (abgesehen von der Richtigkeit des Austrucks) zu begreifen.

Dies

S. 105. Da die attributiven Nebensäße seltener in einem grammatischen,_als vielmehr in einem logischen Verhältnisse zum Hauptsaße stehen u. s. w. widerspricht dem Vorhergehenden.

S. 118. Im objektiven Sagverhältnisse werden Sein und Thätigkeit gaum Begriffe einer Thätigkeit verbunden. (Uns unverständlich !)

S. 121. Der Accusativ (régime direct) ist die ergänzende Beziehung eines auf die Frage wohin die Thätigkeit leidenden Objekts. (Also: der Schüler leidet, wenn der Lehrer ihn schlägt, wohin? also ist der körperliche Theil hier régime direct?) Beispiele creuser, raffraichir, dorer u. a. als kausative; frägt nun wohl irgend ein Mensch hier: wohin?

S. 122. Ginige objektive oder objektiv gebrauchte Verben, z. B. devenir u. a. Be wird denn devenir objektiv gebraucht?

S. 131. Hier erscheinen endlich Adverbialfäße, von denen die Eintheilung S. 84 gar nichts weiß.

Alles Weitere wird sehr kurz abgehandelt, wie wir dies auch bei vielen, das Buch sonst erfüllenden Bemerkungen gefunden haben.

Bir können nicht umhin, geradezu auszusprechen, daß der vorliegende Versuch, rie Bedersche Anschauung auf den Unterricht im Französischen anzuwenden, durchand versehlt erscheint. Wir thun dies mit Bedauern, denn es hätte uns Freude

gemacht, eine gelungene Arbeit dieser Art vor uns zu sehen, weil es an eigentlich wissenschaftlichen Sprachlehren für neuere Sprachen immer noch mangelt.

Gestehen aber wollen wir, daß wir das Beckersche System, oder, wenn man lieber will, seinen Organismus der Sprache nicht für geeignet halten, dem Unterricht in romanischen oder halbromanischen Sprachen als Grundriß zu dienen, wie wir überhaupt nicht glauben, daß ein Sprachbau mit Erfolg auf dem Grundriß einer andern, dem Geiste nach verschiedenen, errichtet werden könne. Der bisherige lateinische Kram hat schon beim Studium der griechischen Sprache aufgegeben werden müssen, und ist bei neuern Sprachen mit Recht gänzlich verlassen worden. Für ihn aber wieder einen andern gleichmäßigen Zuschnitt zu erfinden, erscheint uns als eine Verfündigung an dem Sprachgeiste. Man gebe lieber daran, jede Sprache nach ihrem eigenen Organismus darzustellen, und thue das für andere, was Becker für unsre Muttersprache geleistet hat.

J. M. Jost.

1. Englischer Liederschaß, herausgegeben von Karl Elze. Dessau bei M. Kaz. 1851.

2. Albion und Erin, in Liedern; herausgeg. von Victor v. Arentsschild. Mainz bei V. v. Zabern. 1851.

Gs ist eine erfreuliche Erscheinung, daß in der neueren Zeit das Studium der englischen Sprache immer mehr Freunde findet, und jeder neue Beitrag, welcher dasselbe wahrhaft fördern kann, verdient deshalb an diesem Orte Berücksichtigung. Ref. kann die beiden obigen Werke freudig begrüßen und sie den Lesern dieser Zeitschrift bestens empfehlen. Herr Elze giebt einen stofflich geordneten Abriß der gegenwärtigen lyrischen Welt- und Lebensanschauung der Engländer und Anglo-Amerikaner; die wirklich geschmackvoll ausgewählten herrlichen Lieder sind unter folgende Abschnitte vertheilt: Vaterland und Heimath, Welt und Natur, das Leben, die Liebe, Episches. In einem Anhange finden wir noch eine ziemlich lange Reihe von Gedichten, welche aus dem Deutschen ins Englische übertragen sind, und endlich kurze Nachrichten über die Verfasser der in der Sammlung enthaltenen Dichtungen.

Das Werk des Hrn. von Arentsschild enthält eine Auswahl aus den besten Gedichten von Th. Moore, Byron, Burns, Shelley, Campbell und Thomson, nebst fieben größern Stücken aus Percy's Reliques Die einzelnen Stücke sind nach den Verfassern geordnet; dem Englischen steht immer die deutsche Ueberseßung gegenüber, welche von Hrn. A. im Versmaße des Originals wiedergegeben ist. Einzelne Härten abgerechnet, ist die Uebersetzung bei großer Treue recht fließend, und läßt durch ihre Lieblichkeit das Original oft vergessen.

Die Ausstattung beider Werke ist sehr schön und sie eignen sich ganz vorzüglich zu Geschenken.

Französische Sprachlehre. I. Cursus. Von J. P. Heyl. Coblenz bei 3. Hölscher. 1851.

Dieses kleine Büchlein, welches nur 78 Seiten umfaßt, ist von dem Verf. für die untere Klasse einer Realschule bestimmt; es giebt auf den ersten 12 Seiten ganz kleine kindliche Erzählungen mit Interlinearübersehung, denen sich verschiedene kurze Aufgaben in Fragen anschließen, welche zugleich passende Winke über den Gebrauch des Buches geben. Nachdem die Schüler auf diese Weise recht praktisch in die Sprache eingeführt sind, die Leseregeln gelernt, und einen ziemlichen Vorrath von Wörtern und Wendungen erworben haben, folgen die Paradigmen und Regeln der Formenlehre über die einzelnen Redetheile. Warum auch diese Regeln in die

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