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Punkt concentrirte, ins Kurze gedrängte Wissen, der Wiß im weiteren Sinne der deutschen Volkssprache, wird thätig. Reale Objecte rufen ihn hervor, realistischobjectiv ist sein Wesen und Ausdruck; das Enilegenste, Ungleichartige wird zum Ausdruck des Gleichartigen gezwungen, so daß aber der Sprechende oder Hörende die Beziehung sogleich macht und die Bedeutung versteht. Anschaulichkeit, Schlagkraft, Kürze, um es fest im Gedächtniß zu behälten, die Form des einfachen Sayes oder Spruches, ein Wort, das man getrost nach Hause tragen kann“, charakterisiren diese Production." Da_viele Sprichwörter Volkswiße und aus dem gesunden Humor des Volkes erzeugt find, wird sie der Komödiendichter trefflich_brauchen können. Es wirkt ästhetisch überaus glücklich, wenn in Shakspeare's Kaufmann von Benedig Nerissa die Niederlage des Prinzen von Marokko bei der Wahl des Kästchens mit den Worten begleitet (2, 9):

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Die alte Sag' ist keine Reßerei,

Daß Frey'n und Hängen eine Schickung sei.

Statt Sage" sollte in der Ueberseßung „Spruch, Sprichwort“ stehen, denn das bedeutet saying (The ancient saying is no heresy; Hanging and wiving goes by destiny). Daß wir es aber hier mit einem humoristischen Sprichwort zu thun haben, beweist die Erfahrung, wie gern das Sprichwort sich mit der Betrachtung der Ehe und Heirath beschäftigt, worüber der Verf. Seite 18 seine Bemerkungen macht. Er führt daselbst eine Anzahl Sprichwörter an, zu denen ich aus Shakspeare das gleichfalls in diese Kategorie gehörende Affen zur Hölle führen“ hinzufüge. Dieses Sprichwort kommt meines Wissens zwei Mal bei Shakspeare vor. Die Stelle in „Biel Lärmen um Nichts“ (2, 1) giebt eine deutliche Anschauung von seinem Sinne, Beatrice, welche aller Liebe und Ehe spottet und unverheirathet bleiben will, sagt: Wer mehr als ein Jüngling ist, taugt nicht für mich, und wer weniger als ein Mann ist, für den tauge ich nicht. Deshalb will ich lieber sechs Bazen Handgeld vom Bärenführer als Lohn nehmen und seine Affen zur Hölle führen.

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Leonato. Gut, geh also zur Hölle.

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Beatrice. Nein, nur an die Pforte. Da wird mir denn der Teufel entgegenkommen mit Hörnern auf dem Kopf, wie ein alter Hahnrei, und sagen: „Mach Dich fort und geh' zum Himmel, Beatrice, geh' zum Himmel, hier ist kein Plag für Euch Mädchen; darauf tiefere ich dann meinen Affen ab und nun flugs hinauf zu St. Peter am Himmelsthor; der zeigt mir, wo die Junggesellen sigen, und da leben wir so lustig, als der Tag lang ist." Man sieht, das Sprichwort wurde gebraucht von Jungfrauen, welche absichtlich oder unabsichtlich unverheiratbet blieben. In der zweiten Bedeutung gebraucht es Katharina in der „Zähmung der Widerspenstigen" 2, 1. Ueber die Entstehung des Sprichworts lassen die Interpreten im Stiche; Johnson macht eine triviale Bemerkung, während Steevens vermuthet, daß die Märchen, welche sich zu verheirathen weigerten, nach dem Volksglauben mit Affentragen in der Hölle bestraft würden. Dieser Erklärung widerspricht indessen die Art, wie in der „Zähmung der Widerspenstigen“ das Sprichwort Katharine braucht, welche sich verheirathen möchte, und ihr Schicksal, unverheirathet zu bleiben, beklagt. Daß gerade Hölle und Teufel im Sprichwort häufig vorkommen, kann man aus Körte, die Sprichwörter der Deutschen." S. 422 fg. und S. 214 sehen. So kann vielleicht auch die satirische Wendung, die Haulconbridge im König Johann (3, 1) gegen den Herzog von Desterreich gebraucht und durch welche er ihn als einen Narren bezeichnet, als eine sprichwörtliche ́ angesehen werden; wir meinen die öfter wiederholten Worte:

„Und hängt ein Kalbsfell um die schnöden Glieder."

Hierher gehören denn solche Wendungen des gewöhnlichen Lebens, die zu sprichwörtlichen Redensarten werden, wie das englische carry coals, womit Romeo und Julie beginnt, welches zu Wortwißen verbraucht wird, die Schlegel in ihrer Ausdehnung (coals, colliers, choler, collar) nicht wiedergiebt.

Bemerkungswerth_ist_ferner, daß manche dieser humoristischen Sprichwörter eine ganz eigenthümliche Form haben, indem das Sprichwort einer Person, øder

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wohl gar einem Thiere geliehen wird. Auch diese Form finden wir bet Shakspeare. Es gehören hierber_solche Wendungen, wie die des Dromio in der Komödie der Irrungen 4, 3: „Fliche den Stolz! sagt der Pfau;" oder die in Heinrich IV. 1, 2, 1. gebrauchten Worte: „Bei der Hand, sagt der Beutelschneider." Solche sprichwörtlichen Wendungen dienen namentlich dem Humor des gemeinen Lebens; man findet sie häufig in Simrocks Sammlung; ich führe aus den von Mechlenburg gesammelten_friesischen Sprichwörtern (Haupt's Zeitschrift für deutsches Alterthum VIII., 350 fg.) einige an, welche dieselbe Form haben. Nr. 120: „Jere Kleinigkeit hilft, sagte die Ameise, da pißte sie in den See.“ Nr. 143: Gin wenig für die Gesundheit, sagte der Dieb, da er gehängt werden sollte." Nr. 144: Es wird ein heißer Tag, sagte die Frau, sie sollte gebrannt werden.“ Nr. 190: „Ziehe mich hin, wo etwas ist, sagte der Blinde.“ Nr. 339: Sparsam, sagte Beßje, da zerbrach er ein Schwefelholz in vier Stücke und trauf einen Schnaps mehr." Diese Sprichwörter sind alle humoristisch; was sie aber zu Sprichwörtern macht, sind nicht die Worte, welche dem Pfau, der Ameise, den Personen in den Mund gelegt werden; sie sind zu allgemeiner, zu unbildlicher Natur; das Sprichwort aber ist keine Sentenz, keine Gnome, wie der Verf. dies mit großer Einsicht und Gründlichkeit gezeigt hat, das Sprichwort geht vielmehr ganz von dem concreten, dem wirklichen Leben angehörigen Falle aus, und das Poctische der zulezt angeführten Sprichwörter, was sie eben zu Sprichwörtern macht, liegt in der Eigenthümlichkeit, daß der ausgesprochene Satz an ein Thier, an eine Person geknüpft ist, daß der Saß eine lebendige Geschichte ist. Daß namentlich das humoristische Sprichwort in seiner Derbheit bis zum Cynismus herabsteigt, das können die von dem Verf. S. 11 mitgetheilten schlagenden Beispiele und bei Mechlenburg Nr. 26. 57. 58. 132. 140. 216. 237 beweisen. Auch in dieser Sphäre finden wir Shakspeare, dessen Zeitalter dergleichen Cynismen vertrug. Ich führe aus Ende gut, Alles gut“ (2, 2) eine Stelle an: It is like a barber's chair, that fits all buttocks; the pin-buttock, the quatch-buttock, the brawn-buttock, or any buttock. Diese Worte spricht der Narr zu der Gräfin von Russillon. Daß die sprichwörtliche Weisheit und der sprichwörtliche Wiß eine Domäne der Narren war, welche ja oft mehr Weisheit äußerten, als kluge Leute, ist aus Shakspeare hinreichend bekannt; mit welchem Tiefsinne, zu welcher Schönheit hat dieser Dichter die sprichwörtliche Weisheit im Lear verarbeitet, wo der Narr das bloß Didaktische durch die Freiheit vermeidet, mit welcher er sprichwörtliche Wendungen scheinbar harmlos, aber doch wie bedeutungsvoll hinwirft. Daß er aber Sprichwörter benutzt, zeigen folche Worte, wie (1, 4):

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1, 4:

2, 4:

Wer nicht Kruste hat, noch Krum',
Was er auch bittet, er gilt für stumm.

Grasmücke so lange den Kuckuk speist,

Bis sein Junges ihr endlich den Kopf abreißt.

Der Winter ist noch nicht vorbei, wenn die wilden Gänse nach der
Seite ziehen.

Auch die an Cynismus streifenden Verse des Narren (3, 2) haben Sprichwörtliches zu ihrer Grundlage. Aus dem Keime des Sprichworts entwickelten sich jene Verse, in denen der Narr seine Treue ausspricht (2, 4); der sprichwörtliche Keim entfaltete sich hier zu einer duftig erquickenden lyrischen Blüthe:

Herr, der Euch dient um Gut und Geld

Und nur geborcht zum Schein,

Packt ein, sobald ein Regen fällt,

Läßt Euch im Sturm allein.

Doch ich bin treu; der Narr verweilt

Läßt flieh'n der Weisen Schaar:

Der Schelm wird Narr, der falsch enteilt,

Der Narr tein Schelm, fürwähr!

Die zweite Hälfte der köstlichen Strophe hat den tiefen Sinn, „daß die Weisen der Welt Thoren und Narren vor Gott, die Narren vor der Welt aber vor einem Höheren gerechtfertigt werden.“ Es scheint, daß der Dichter tiefsinnige Worte des neuen Testamentes hier im Sinne hatte. Viele Sprüche des alten und neuen Testamentes sind aber entweder selbst Sprichwörter, oder haben eine sprichwörtliche Geltung erhalten, da die Bibel in Deutschland das ächteste Volksbuch geworden ist, worüber der Verf. schöne Bemerkungen macht S. 11. Der erste Theil der Strophe dagegen ist ganz in dem Sinne gedichtet, wie das Sprichwort von Freunden und Freundschaft spricht, namentlich aber haben die Verse: Packt ein, sobald ein Regen fällt, läßt Euch im Sturm allein!" einen sprichwörtlichen Charakter. Wie das Sprichwort die Seltenheit der ächten Freundschaft und Treue bezeichnet, kann die reiche Sammlung bei Körte Nr. 1529 - 1579 lehren, woraus ich nur hervors hebe Nr. 1554: Freund' in der Noth

Gehen zehn auf ein Loth;

Und so sie sollen behülflich sein,
Gehn zehne auf ein Quentelein.

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Oder, wie sich das friesische Sprichwort ausdrückt (Mechlenburg Nr. 254):
Freunde in der Noth

Gehen zweiunddreißig auf ein Loth.

Wie reich das Mittelalter an Sprichwörtern über die Freundschaft war, be: weist Bridankes Bescheidenheit (Von W. Grimm. Göttingen 1834). Man vergleiche S. 86, 7, und dazu Grimm p. CVI:

Manec man vil vriunde hât,
die wile sîn dinc ebene gât:
unt hat doch undr in allen
vil lützel not gestallen.

Man vergleiche noch Simrock Nro. 2702-2778.

Die übrigen didaktischen

Sprüche des Narren im Lear tragen gleichfalls einen sprichwörtligen Charakter. Er schreibt vor (1, 4):

Halt, was Du verheiß’st,
Verschweig', was Du weißt;
Hab' mehr, als Du_leih'st,
Reit' nimmer zumeist;
Sei wachsam im Geist,
Nicht würfle zu dreist;
Laß Dirnen und Wein
Und Tanz und Schalmein,
So find'st Du den Stein
Der Weisen allein.

Er äußert (3, 2), „wer ein Haus habe, seinen Kopf hineinzustecken, der habe einen guten Kopflag" und führt diesen Sah in einigen Versen weiter aus. Er prophezeit mit absichtlicher Confusion (3, 2), daß das Reich von Albion in große Berwirrung gerathen werde, wenn Priester Worte, nicht Werke häufen, wenn Richter ohne Falsch und Tadel, wenn Lästerung nicht auf Zungen wohnt, wenn die Bucherer ihr Gold im Felde beschauen 2c. Er sagt von der Wahrheit, sie sei ein Hund, der ins Loch müsse und hinausgepeitscht werde (1, 4). Die sprichwörtliche Wendung dieses letzten Sazes fällt sogleich auf, in ähnlicher Form findet sich der Saß auch unter den deutschen Sprichwörtern: Wahrheit muß ins Hundloch“ (Simrock Nr. 11146). Aber auch die angeführten Verse tragen den sprichwörtlichen Charakter; denn das Sprichwort liebt es, sich in Reimen auszudrücken und verschiedene Lebensregeln in scharf bestimmten, kurzen Säßen zusammenzustellen.

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Man vergleiche mit den angeführten Säßen des Narren die deutschen Sprichwörter (bei Simrock Nr. 173. 1543. 2945. 3667. 5070):

Almosengeben armet nicht,
Kirchengeben fäumet nicht,
Wagenschmieren hindert nicht,
Unrecht Gut wuchert nicht,
Gottes Wort trügt nicht.

Denk nichts, was nicht alle Leute wissen dürfen,
Rede nichts, was nicht alle Leute hören dürfen,
Thu' nichts, was nicht alle Leute sehen dürfen.
Fürstengunst, Aprilenwetter,
Frauenlieb' und Rosenblätter,
Würfelspiel und Kartenglück
Wechseln jeden Augenblick.

Hätten wir Alle einen Glauben,

Gott und das gemeine Beste vor Augen,
Guten Frieden und recht Gericht,
Eine Elle, Maaß und Gewicht,
Gleiche Münze und gutes Geld,
So stånd' es wohl in aller Welt.

An der Hunde Hinken,
An der Huren Winken,
An der Weiber Zähren
Und der Krämer Schwören
Soll sich Niemand kehren.

Man wird in diesen sprichwörtlichen Gedichten, deren man noch eine große Anzahl bei Simrock (ich verweise namentlich noch auf Nr. 2430) finden kann, die formelle Aehnlichkeit mit den Sprichwörtern des Narren im Lear leicht erkennen.

Was wir bei Shakspeare bemerkt haben, können wir unter andern Umständen auch bei Göthe wahrnehmen. Auch er hatte einen lebendigen Sinn für die Sprichwörter des Volkes und benußte den poetischen Werth derselben. Dies konnte freilich nicht geschehen in seinen idealen Dramen JIphigenie und Tasso, in denen die Feinheit der Darstellung, wie die Beschaffenheit der Personen, die Berührung mit dem Volksleben ausschloß. An einem Beispiele aus der Iphigenie_kann_man_recht wahrnehmen, wie sehr die ideale, auf der Höhe der Bildung schwebende Darstellung fich von der Derbheit und sinnlichen Kraft des Sprichworts unterscheidet. Iphigenie sagt von der Lüge (4, 1):

weh der Lüge! Sie befreiet nicht

Wie jedes andre, wahrgesproch'ne Wort,

Die Brust; sie macht uns nicht getrost, sie ängstet
Den, der sie heimlich schmiedet, und sie kehrt,
Ein losgedrückter Pfeil, von einem Gotte
Gewendet und versagend, sich zurück
Und trifft den Schüßen.

Hier hätte der Dichter sprichwörtliche Wendungen gebrauchen können, denn das Sprichwort sagt: „Lügen haben kurze Beine!" (vgl. Körte Nr. 3959—3983); oder wie das friesische Sprichwort heißt (Mechlenburg Nr. 21): „Auf Lügen läßt fich kein Kohl kochen"; oder das schon bei den Römern gebräuchliche (Mendacem memorem esse oportet): „Der Lügner muß ein gutes Gedächtniß haben.“ Aber wie sehr würde eine Anwendung solcher Sprichwörter den idealen Gang der Rede gestört haben. Wie aber Göthe in anderen Dramen, wie im Göß und Egmont, das Volksleben mit außerordentlichem Verständniß und Glück dargestellt hat, wie

er einen tiefen Sinn hatte für die anspruchslose Schönheit des Volksliedes, das er benußte und in der Kargheit seines Ausdrucks, in der Freiheit seiner Constructionen nachahmte, so konnte ihm auch der poetische Gehalt des Volkssprichworts nicht fremd bleiben; die_schlagende Kraft, die humoristischen Lichter des Sprichworts mußten ihn ansprechen und zur poetischen Bearbeitung reizen. Er bewies dieses in dem Cyclus kleiner Spruchgedichte, die er „Sprichwörtlich“ überschreibt. Diese Göthe'schen Sprüche sind auch dem Verf. begreiflicher Weise nicht fremd geblieben. Er macht über den Styl der Sprichwörter S. 11 die treffende Bemerkung: „Aus der Beschäftigung, der Geschichte (mehr bei den Alten, als bei uns), der Umgebung werden die Bilder genommen, und so wird aus diesen Sprüchen der Gesichtskreis des Volkes deutlich; wie die Natur gewisse Bahnen in ihren Formationen einschlägt, so lassen sich auch in der Volkssprache bestimmte Gänge nachweisen und die Beob achtung dieses, so zu sagen, Volksinstinctes gehört mit zu dem Interessantesten_für den treuen Beobachter. An den stehenden Bildern oder Typen dieses Lapidarstyls bat man ein Kriterium für die Sprichwörter.“ Nachdem der Verf. treffliche Belege für seine Bemerkung mitgetheilt hat, vergleicht er Sprüche von Göthe, Schiller, Rückert, und bemerkt von denselben S. 12: „Entweder fehlt das Bild ganz, oder es ist nicht volksthümlich; sodann fehlt der kurze, prägnante Lapidarstyl_des Sprichworts, und endlich ist Sprache und Gehalt nur seiner gebildeten und sich in einem höheren Gedankenkreise bewegenden Menschen ganz verständlich. Manche unter den „Sprichwörtlich" überschriebenen Sprüchen nähern sich den Volkssprichwörtern." Was Schiller betrifft, so bemerke ich hier beiläufig, daß dieser Dichter im Wallenstein ein Sprichwort auf das glücklichste angewandt hat, welches mit den römischen (Nescis, quid serus vesper vehat und Nondum omnium dierum sol occidit) ein und denselben Sinn hat und auch im Mittelalter in verschiedenen Formen ausgedrückt ist (Vespere laudari debet amoena dies und nieman zu vruo sal prîsen mit lobe den liehten tac. J. Grimm, Reinhart Fuchs p. XCII).

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Gordon hält dem Wallenstein (5, 4), der, vor dem Abgründe stehend, seines Glücks sich rühmt, die Worte entgegen:

Und doch erinnr ich an den alten Spruch:

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
Nicht Hoffnung möcht' ich schöpfen aus dem langen Glück:
Dem Unglück ist die Hoffnung zugesendet,

Furcht soll das Haupt des Glücklichen umschweben,
Denn ewig wanket des Geschickes Wage.

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Wie glücklich dieses antiken Geist athmende Sprichwort mit einer antiken Anschauung vom Glücke in Verbindung gebracht ist, bedarf keiner weitern Entwicklung. Auch in andern Dramen_trifft Schiller den sprichwörtlichen Ausdruck trefflich, z. B. in dem Sahe Tells: „Es kann der Beste nicht im Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt," den Simrock als Sprichwort in der Form hat (2789): „Man kann nicht länger Frieden halten, als der Nachbar will." Eben so führt Simrock als Sprichwört an (1992), was im Tell vorkommt: ,,Vereint sind auch die Schwachen mächtig." Uebrigens passen die Bemerkungen des Verf. auf die von ihm angeführten Sprüche Schillers und Rückerts vollkommen; mit Göthe's „Sprichwörtlich" verhält es sich nach meiner Ansicht anders. Die meisten sind allerdings Sprüche, keine Sprichwörter; aber viele haben das Volkssprichwort zur Grundlage; der Dichter spricht es aus, er stellt das Bild des Volkssprichworts bin und umzieht es mit der zierlichen Arabeske eigener Production. Aus dem Sprichwort wird ein sprichwörtliches Gedicht. Das kann schon durch folgenden, von dem Verf. angeführten Sah Göthe's außer Zweifel gesezt werden:

Wer sich nicht nach der Decke streckt,

Dem bleiben die Füße unbedeckt.

Ich füge noch folgende Säße hinzu, in denen Göthe in der angedeuteten Beise ganz die finnliche Kraft des Volkssprichworts beibehält:

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