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Maaß und Maaß nur macht den Dichter;
Grundstein zwar ist der Gehalt,
Doch der Schlußstein die Gestalt.
Gebet ihr aus euren Schachten
Edelsteine mir und Gold:

Wenn ihr's roh mir geben wollt,
Werd' ich's nur als Stoff betrachten.

Gebt's in Form, so werd' ich's achten;
Denn das muß ich gelten lassen,

Was ich nicht kann besser fassen.

In diesem Abschnitte tritt zuerst die Lyrik in von den romanischen Bölkern Südeuropa's angeeigneter Form auf, welche aber nicht, wie dies in der Gedichtsammlung von P. Wackernagel so zweckmäßig geschehen, in die italienischen, spanischen u. s. w. geschieden ist. Die Gedichte stehen in folgender_Reihenfolge: Assonanz, Ritornell, Triolett, Rondeau, Glosse (Decime), Tenzon, Siciliane, Cancion, Madrigal, Canzone, Sonett (die meisten Poetiker schreiben nach der französischen Orthographie: Sonnet, und sie haben den historischen Grund für sich, daß die ersten Gedichte dieser Art, aus der Zeit der schlesischen Dichterschulen, Nachbildungen aus dem Französischen waren, wie schon der abwechselnd männliche Reim anzeigt), Sestine, Stanze oder Detave (warum nicht ottave Rime, da es bei Terzine auch Terza Rima beißt?). Als Anhang_tritt dann der Ghasel, die malayische Form, die künstliche Minneweise und der Stabreim auf, welche alle ein besonderes Kapitel bilden könnten, als solche Formen nordischen oder außercuropāiz schen Völkern entlehnt sind, in welchen wir auch noch ein paar andern eine Stelle angewiesen hätten.

Schließlich kommt die Lyrik in von den Griechen und Römern entlehnter Form, und zwar zuerst der dactylische Hexameter, das elegische Metrum (Distichon), welches uns wieder Gnomen, Epigramme, Votivtafeln 2. bringt, die, früher nach rem Inhalt geordnet, eine andere Stelle gefunden haben könnten; dann Oden (asklepiadeisches, sapphisches und alcäisches Metrum), und zum Schluß der Festhymnus.

Die ganze vollständige Sammlung, welche auf sechs Titelblättern finnig ge= wählte Lieder als Einladungszettel bringt, schließt ein Epilog, überschrieben: Dichter und Dichterehre, wie sie auch ein Prolog eröffnet, welcher Weihe und Vorbetrachtung benannt war, und giebt ein Bild der ganzen deutschen Lyrik, welches zwar eine Aussicht auf andere Gedichte gewährt, die Lyrik Elbst aber stets in den Vordergrund stellt; denn wenn auch zugegeben werden sollte, was wir übrigens gar nicht thun, daß der Sammler in verwandte Gattungen übergreift, so wird doch gewiß Niemand behaupten, daß er dies thue, um seiner Sammlung größern Umfang zu verschaffen, weil Jedem sich die Ueberzeugung aufdrängt, daß ein so belesener, denkender Poetiker seine Aufgabe darin finden mußte, Maaß zu halten und nicht Alles zu geben, wessen er habhaft werden konnte. Wir wollen gar kein Gewicht darauf legen, daß nach unserm Geschmack hier und da ein Gedicht hätte wegbleiben oder mit einem andern vertauscht werden können; eher dürfen wir rügen, daß einzelne zu wenig lyrisches Element haben, wie Bonaventura's (Schellings) Leßte Worte des Pfarrers von Drottning, die eine schön versificirte Erzählung ist, und andere durch die Classification in eine wenig passende Umgebung gerathen, wie die geharnischten Sonette, die unter dem Kampf für Deutschland gesucht werden müßten, wenn man nicht wüßte, welche Stelle ihnen die Form nothwendig anweist.

Wir glauben aus der Mittheilung über den Inhalt unfern Lesern die Ueberzeugung gegeben zu haben, daß es sich um ein schäzenswerthes, in seiner Art eins ziges Buch handelt, welches allen Lehrern und auch den Schülern zu empfehlen ist, wenn sie in solchem Umfange einer Gattung der Poesie Zeit widmen können; bes sonders aber allen Freunden des Schönen als geistvolle Lecture, als ein Familienbuch, in welchem man für jede Stimmung des Gemüths und für jede Zeit einen Ausdruck eines vaterländischen Sängers findet.

Für diese Leser, wie auch für Schulen, ist das Verzeichniß der Dichter nebst biographischen Notizen eine dankenswerthe Zugabe. In einer folgenden Auflage wünschten wir einzelne Berichtigungen und Vervollständigungen, die natürlich bei lebenden Dichtern stets nöthig werden. In drei Jahren hat sich auch in der Literatur Manches geändert: Lenau ist seinem Wahnsinn erlegen und Neubeck vor kur zem in Salzbrunn in seinem 87sten Jahre gestorben; Kinkels Schicksal ist in ganz Deutschland bekannt. Auch möchte der Herausgeber sich nach nähern Angaben über einzelne Dichter, wie Berthel, Bercht 2c., deren Gedichte ihm zu den schönsten zu gehören scheinen, umsehen; den ehemaligen Redacteur des rheinischen Beobachters möchte z. B. nicht jeder Leser aus den freiheitathmenden Liedern erkennen, die hier den Namen Bercht tragen, wenn er sich nicht schon daran gewöhnt hat, daß früher aufstrebende Männer nur von der Freiheit sprachen, die sie meinten, die aber das in der Weltentwicklung lebende Volk nicht als solche anerkennt. Um ihm zur Ergänzung an die Hand zu gehen, führen wir nur an, daß Immermann nicht Regierungs, sondern Landgerichtsrath in Düsseldorf war, Freiligrath seit 1848 nicht mehr in London lebt, sondern in Düsseldorf privatisirte, bis ihn die Verhält nisse nach London zurückführten, und Kugler jezt vortragender Rath_im Ministerium der geistlichen und Unterrichts- Angelegenheiten ist. Dr. Kruse. Praktisches Elementarbuch der französischen Sprache für Gymnasien und höhere Realschulen. Von H. Barbieur. Bielefeld, 1848. 167 S. 8.

Erster Cursus.

So sehr wir den Verf., der sich als geschmackvoller und gewandter Ueberseßer deutscher Pocfieen in französische Verse einen Namen gemacht hat, achten, so viel Beifall wir seiner oft scharfsinnigen und stets gründlichen Behandlung der Geseße der französischen Sprache, wie sie in dem vorliegenden Werkchen niedergelegt ist, schenken müssen, so können wir demselben doch das Verdienst, ein durchweg zweckmäßiges Elementarbuch zum Erlernen des Französischen geliefert zu haben, nicht cinräumen. Bezeichnend für das Werk ist es, daß der oben angeführte Titel noch den Zusah enthält: „Mit grammatischen Excursen, einer Lautlehre und einem Lesebuche. Der Verf. hätte hinzufügen können: „Mit zwei Wörterbüchern, einem deutsch französischen und einem französisch- deutschen." Das Alles findet sich in einem Büchlein von 167 Seiten, und die grammatischen Excurse in einem Elementarbuche, das weit über die Elemente hinausgeht und z. B. syntaktische Erscheinungen, wie les années que mon père a vécu, les dangers qu'il a courus etc. " dem Leser vorführt. Es herrscht übrigens bis zum 6ten Abschnitte des Buches (S. 38) die schon bei dem vorigen Werke gerügte Einrichtung, daß die Vocabeln fich unmittelbar bei den zu überseßenden Nebungsstücken und noch außerdem in einem Wörterbuche befinden. Als Zweck des Buches giebt der Verf. selbst an, „in möglichst scharfen und anschaulichen Umrissen die Formlehre in Verbindung mit den Hauptgefeßen der Syntag, soweit solche die Fassungskraft elf- bis zwölfjähriger Knaben nicht übersteigen, darzustellen und durch hinlängliche Uebungen zur bewußten Fertigkeit zu bringen." Was der Verf. bier zu leisten verspricht, das könnte man für unausgeführt betrachten, wenn nicht dabei die Fassungskraft eines zwölfjährigen Knaben zu hoch angeschlagen wäre, wie dieses in der Darstellung der Conjugationen (S. 72 f.), sowie in den Capiteln vom Theilungssinne (S. 83 ff.) und von der Congruenz der beiden Participien (S. 94 ff.) besonders auffallend ist. Auch die geringe Zahl von Beispielen, die zur Einübung der Regeln dienen sollen, ist eine Schwäche des Buches, die durch den Rath, den der Verf. giebt, um diesem Vorwurfe zuvorzukommen, nicht gehoben wird. So beachtungswerth das Buch des Herrn Barbieur für Lehrer des Französischen ist, fo müssen wir an demselben doch noch einige andere Ausstellungen machen. Nachdem Herr Callin der dritten Conjugation schon ein einsames Pläßchen angewiesen hatte, verwirst Herr Barbieux sie in seinem Elementarbuche ganz. Wir wissen wohl, daß er hierbei die Autorität von Diez und von Drelli (Altfranzösische Grammatik, zweite Ausgabe, Zürich 1848) für sich hat. Aber das Recht, welches der Sprach

forscher in Bezug auf eine alte, von ihm wissenschaftlich dargestellte Sprache hat, kann dem Sprachlehrer in Bezug auf eine neue, lebende und namentlich in dem fremden Lande zur Ausbildung gediehene Sprache nicht in demselben Umfange cingeräumt werden. Der letztere hat auf das, was in der Heimath der Sprache als bewußte Norm gilt, Rücksicht zu nehmen *), so viel Freiheit er zu gleicher Zeit auch haben mag, um die innern Geseße, nach denen sich die Spracherscheinungen entwickelt haben, zu erklären. Nach dem Verf. gehören die Verba mit der Endung oir zu der zweiten Conjugation, da als Kennzeichen der leßtern nicht die InfinitivEndung ir, sondern r angegeben wird. Zugleich wird aber auch bemerkt: „Die Infinitive auf oir, wie voir, savoir, entstanden aus der zweiten und dritten lateiz nischen Conjugation: videre, sapere (pouvoir ven posse), daher ihre bunte Conjugation; doch sind die sieben von debere und capere gebildeten: devoir, redevoir, recevoir, décevoir, apercevoir, concevoir, percevoir, als Uebergang zu der sogenannten unregelmäßigen anzusehn.“ Der Verf. war, troß seiner Neuerung, noch insofern conservativ, daß er die Conjugation der auf_r_endigenden Verben noch als zweite Conjugation bezeichnet, ohne in diesem Punkte Diez zu folgen, nach welchem die Infinitive auf er als der ersten, die auf re als der zweiten, und die auf ir als der dritten Conjugation angehörig betrachtet werden müssen. Der zweiten aber (mit dem Infinitiv auf re), und nicht der Conjugation auf ir oder r, ordnet er die Verba mit der Infinitiv- Endung oir unter, und Drelli (in dem angeführten Werke) stimmt ihm bei, indem er sagt: „oir entspricht dem lateinischen ĕre, das sich zuerst in er verkürzte, sodann in eir überging und darauf die jebige Form annahm; re aber repräsentirt ere. Schen wir nun, daß erstens schon im Lateinischen selbst ein Schwanken und eine Mischung der Form mit langem und kurzem e vorkam, daß zweitens die Conjugation auf oir theils Zeitwörter auf ere, theils auf ĕre umfaßt (z. B. debere, recipere); daß drittens in den romanischen Sprachen, z. B. der spanischen und portugiesischen, vender statt vendre, und in gewissen altfranzösischen Werfen render, deffender u. f. w. sich vorfinden: so ist es unstreitig rathsam, oir und re als Form einer einzigen Conjugation zu behandeln und ihre Verwandtschaft anzuerkennen. So wird man sich also für drei Conjugationen entscheiden:

1) er.

2) re mit der Nebenform oir. Diez ertheilt der leßtern nochmals eine Doppelform zu, nämlich:

a. einfach.
partir

b. gemischt.
florir (floresco).

3) ir.

Auch die Herren Callin und Barbieur nehmen diese doppelte zweite Conjugation an, doch weicht letterer dadurch von Diez ab, daß er in der Form, welche Diez als die normale betrachtet, ein Ausfallen des i annimmt, während Diez sich be müht, die Einfügung des i bei der unter b bezeichneten Classe von Verben zu erz flären. Diez sagt über diesen Punkt: „Für diese (Conjugation mit ire) müssen zwei Glassen angenommen werden, eine reine oder einfache und eine gemischte. Lettere, die nur dem Südwesten unbekannt ist, schiebt im Präsens aller drei Modi rie Sylbe isc (esc) zwischen Stamm und Flexion, z. B. ital. fiorisco, franz. fleur-is.... Der Ursprung dieser Bildung aus dem latein. Inchoativum liegt am Tage. Ich erkläre mir ihre Einmischung aus dem Streben nach ausdrucksvoller Formation, welches überall, wo Gelegenheit gegeben war, sich offenbarte. Zahlreichen Verben der zweiten lateinischen Conjugation standen Inchoativa zur

*) Weiter sind die französischen Grammatiker in Bezug auf die dritte Conjugation, so viel uns bekannt ist, noch nicht gegangen, als Dessiaur, welcher sagt: On a coutume de donner pour modèle de la troisième conjugaison un des verbes en cevoir (recevoir, apercevoir); mais ces verbes, rebelles à la formation des temps, forment une famille et non une conjugaison. Il faut le reconnaître, les verbes en oir, au nombre d'une trentaine, sont fous irréguliers. On peut douter qu'il y ait une troisième conjugaison. S. Abrégé de la Grammaire nation.

Seite. allmählich gesellten sich ihnen verschiedene ungleichartige, meist nengebildete und unlateinische Verba zu."

Auch den über die Aussprache gemachten Bemerkungen durch Barbieux wagt der Referent einige Gegenbemerkungen, das Resultat seiner Beobachtungen in den besten Kreisen der Hauptstadt, entgegenzustellen. Herr Barbieug (der sehr richtig zwischen einem offnen und geschlossenen eu, sowie zwischen einem offnen und geschlossenen o unterscheidet) sagt: noch länger als in dem Singular erscheine die Länge des o in dem Plural der Werte lot, pot, sabot, während nach der Ansicht des Referenten weder mit noch ohne Bewußtsein dieses o von den Franzosen im Plural verlängert wird. Es wird ferner als mit dem offnen, hier hellem, genann ten o (wie in Rolle, Norm) auszusprechen bezeichnet das o in fossé, fosse, chose, während der Ref. in diesen Worten stets das geschlossene o (wie in Rose) bat sprechen hören. Auch die Bezeichnung eines dritten o, welches dem englischen a in fall ähnlich tönen soll, scheint ihm sehr gewagt. Dagegen hält er die Aussprache ven harnois, roide, roideur nicht für schwankend, sondern hat ohne Ausnahmien stets harnais, raide, raideur sprechen hören, so sehr auch die Schreibart mit oi in diesen Werten noch gebräuchlich ist. Das s wird, nach seiner Ansicht, nicht schwach oder sanft ausgesprochen in den Worten consécutif, consister, persister, persécuter, sondern geschärft; nur in Bezug auf Alsace und balsamique kann er dem Bers. beistimmen. Auch der Name der Blume balsamine gehört hierher. Sehr treffende Bemerkungen findet man unter dem Abschnitte: Bom Lesen der Wörter im Zusammenhange; dagegen können wir dem Verf. nicht beistimmen, wenn er (§. 31) sagt: Der Ton fällt entweder auf die lehte oder vorletzte Sylbe eines Wortes: enfánt, demain, envirónne, appélle, und müssen statt dessen mit Hrn. Callin (a. a. D. S. 132) sagen: „Der Sylbenton, welcher im Deutschen immer die Stammsylbe trifft, fehlt im Französischen, so daß alle Sylben eines Wortes mit gleicher Stärke ausgesprochen werden müssen;“ indem wir nur noch hinzufügen, daß das stumme e in Prosa keine, das accentlose trübe e (wie in de main) eine unbetonte Sylbe bildet, sowie das i vor einem andern Vokal (action, avanturier) fast als Gonsonant gesprochen wird.

Die angefügten Leseübungen sind in der That sehr geeignet, um Ohr und Sprachorgan der Schüler zu üben. Dieselben enthalten, nach einigen Anekdoten, als größere Erzählungen die drei Männer im Monde, die unglücklichen Pantoffeln, die wohl richtiger die verhängnißvollen Pantoffeln hießen, eine Glephantenjagd aus Levaillants Reise, Valentin Duvals Leben u. a. m. Der Preis ist mäßig und Druck und Papier einem Schulbuche angemessen.

Dr. Philippi.

Elementarische Vorübungen zur praktischen Erlernung der französischen Sprache. Von Fr. Herrmann, Prof. in Berlin. 101 S. in 8. Zweite Auflage. Berlin, 1849.

Gin recht zweckmäßiges, reichhaltiges, mannigfaltiges und zugleich das Gelernte ost wiederholendes, endlich auf der Stufe der Kindheit verbleibendes Lehrmittel; das bekennen wir nach sorgfältiger Prüfung dieses Buches. Es ist ein verjüngter Meidinger, aber ohne dessen Fehler, und wir nennen diesen oft mit. Unrecht verhöhnten Namen gern als den Urheber der Lehrweise, die sich am Ende als bequem und erfolgreich erweist, wenn man sie mit Verstand anwendet. Wir sind auch das durch einer Beschreibung des gegenwärtigen Buches überhoben, welches alle die Zuthaten der Meidingerschen Lehrbücher enthält, aber geschmackvoller gewählt und besser geordnet.

Während wir über Plan und Einrichtung nichts Wichtiges zu sagen haben, richten wir unsre Aufmerksamkeit zunächst auf die einzelnen Uebungen, um hierbei Einiges zu bemerken, was unsrer Ansicht zufolge noch eine nähere Erwägung verdient.

Im Allgemeinen sind wir nicht ganz čamit einverstanden, daß solche Vorübungen sich einzig und allein auf kurze Säße und Sahtheile zu beschränken haben.

Mindestens sollten gegen das Ende immer mehr zusammengeseßte Säße vorkommen, wäre es auch nur, um Fügewörter, Präpositionen und Adverbien, sowie manche unentbehrliche und jeden Augenblick vorkommende Wendungen geläufig zu machen. Uns will es auch nicht recht einleuchten, daß es gut sei, Jahre hindurch nichts vorzunehmen, als abgerissene Säße, die der Denkkraft nichts zu thun geben. Darüber kann man allerdings verschiedener Meinung sein, besonders wenn das Alter und die Bildungsstufe der zu unterrichtenden Lehrlinge nicht näher bestimmt find. Die vorliegenden Uebungen gehören zwar der ersten Bildungsstufe an, allein wahrscheinlich der ersten in der Gewerbschule und der Realschule zu Berlin, und für diese, wenn sich nicht etwa jezt ganz kleine Kinder von 6–8 Jahren darin befinden, halten wir den Stoff für gar zu trocken, und die Wiederholungen der allereinfachsten Ausdrücke nicht so sehr Bedürfniß, zumal fie andern Stoff ver drängen. Nur bei den Zeitwörtern sind zusammengesezte Säße häufiger, aber meist ohne Inhalt.

Eine zweite Bemerkung erscheint uns wichtiger. Obwohl wir anerkennen, daß bei Nebungen, welche Wortformen betreffen, der Stoff nicht immer sehr sorgfältig aus dem Leben der Jugend gegriffen werden kann, so dürfte doch die Anforderung gerecht sein, daß überall, wo in den Worten selbst nichts Fremdartiges liegt, alle Der Jugend einzuübenden Beispiele für die Anwendung gewählt sein sollen, also keine seltsame, ungeschickte und unpassende Ausdrücke darbieten dürfen. Wozu föll ein Kind Ungereimtheiten ins Gedächtniß einprägen?

Für solche erklären wir folgende Ausdrücke:

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S. 6: Le bon pain du brave chien, la bonne pomme du cousin, donne la pomme au cousin, le chien à la soeur et le pain au père, donne la maison à la mère et à la bonne cousine. Gieb den Hund des Hauses rem Vater. Die Schwester spricht von dem guten Apfel und von den braven Hunden. S. 7: Mes jolies fleurs du jardin Les grands chiens de la petite maison les petites maisons des grands chiens. Gieb die schlech ten Blumen den schlechten Knaben. Il aime le roi et parle de la reine nous avons envoyé les livres du roi à la reine. S. 8: Die Geschichte des Gebrauchs des Silbers. S. 9: Il parle d'un soldat courageux du roi le prix d'un peuple appliqué S. 10: l'histoire est un ouvrage difficile. Man findet oft die Spißbuben in den großen Städten (ist sogar zweideutig). Die Juwelen der Könige sind glänzend. Man hört schon die jungen Kuckuks (!). Die Kirchenfenster des Tempels sind sehr schön. S. 11: Die Kater des Hauses sind noch klein. — Man sieht oft die schönen Pferde der Feldherren. G. 12: L'habitude est douce, elle est plus douce que l'usage (uns unklar!). In den Uebungen über die Zeitwörter, worunter jedoch nur avoir und être fleißig durchgenommen, die eigentlichen verbes aber mit einer einzigen Seite abgefunden werden, enthalten bessere Säße, so auch die, welche zu den folgenden Vocabeln gesezt sind. Wir wundern uns darüber, daß bei diesen nur französische Säge stehen, nicht auch deutsche. Nun noch ein Wort über den weitern Inhalt! Bon Seite 55 an folgen 1. Anfangsgründe der Grammatik, d. h. Parádigmen der Declinationen, denn die Conjugationen stehen schon vor den Uebungen; freilich eine seltsame Einrichtung; 2. von S. 68 an kleine Lesestücke; 3. von S. 81 an Gespräche. Den Schluß machen die Wörter zu den Lesestücken.

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Obwohl an diese Kleinigkeiten gerade nicht Ansprüche gemacht werden können, so wäre es roch wünschenswerth, daß die einzupflanzenden Begriffe klar und richtig wären. Es heißt S. 55:

Der Artikel (article) bezeichnet das Geschlecht und die Zahl des substantif (Hauptworts). Abgesehen von der Sonderbarkeit, das erstere Wort durch den franzêsischen und das zweite durch den deutschen Ausdruck zu erklären, ist es doch durchaus unrichtig, dem Artikel diese Bestimmung zuzuweisen und von vorn herein von dems felben einen falschen Begriff zu geben. S. 56 steht: Der unbestimmte Artikel u. f. w., während vorher gar nicht gesagt ist, daß es zwei Artikel gebe; nache her kommt der Theilungsartikel noch dazu, mit der Bemerkung, er sei eins mit dem genitif des bestimmten. Wie reimt sich dieses zu dem folgenden de pain?

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