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Mißlicher steht es noch mit der Heilung solcher Stellen, die durch gewaltsame Wortversehung, schwerfälligen Periodenbau oder weitschichtige Parenthesen das Verständniß erschweren. Kann hier nicht mit einem leichten Federstrich geholfen werden und dies ist bisweilen der Fall - so verzichte man lieber darauf, aus Furcht, dem feltnen Schmetterlinge den Farbenschmelz abzustreifen.

Gine in diesem Sinne veranstaltete Ausgabe der Kulmann'schen Gedichte würde etwa zwei Bändchen, die auch einzeln käuflich sein müßten, liefern. Von diesen Bändchen, die wir uns hübsch ausgestattet und mit dem Portrait und der Abbildung des Grabmonuments der Dichterin von kundiger Hand geziert denken, würde das erste einen Lebensabriß Elisabeth's und das Beste der Gemäldesammlung, Das zweite den größten Theil der Versuche, die Wunderlampe, die Griechenlieder und einige Proben ihrer italienischen Gedichte, mit wenigen nur durchaus nothwendigen Anmerkungen enthalten. Hierdurch würde, hoffen wir, auch noch in anderem Sinne das Wort auf ihrem Denkmal zur Wahrheit werden:

„Sie ist nicht todt, sie schlummert_nur.“

Dr. K. A. Mayer.

Ausführliche theoretisch-praktische Grammatik der französischen Sprache für den Schul- und Privatgebrauch. () Nach einem neuen Lehrplan bearbeitet von Louis Reignier. In drei Abtheilungen. Nürnberg 1850. Verlag von J. L. Lozbeck.

Der Verfasser dieses 354 Seiten Großoctav umfassenden Buches hat dasselbe, wie der Titel zeigt, für den Schul- und Privatgebrauch bestimmt. Wenn man aber mit Recht von einem Schulbuche verlangen kann, daß es grammatisch und stilistisch richtig geschrieben sei, so muß vorliegender Grammatik der Eingang in Schulen durchaus versagt werden, es sei denn, daß man sie zu dem Zwecke gebrauchen wollte, die Schüler sich daran im Verbessern des Unrichtigen üben zu lassen. Von den vielen Verstößen gegen den guten Stil und gegen grammatische Richtigkeit, mit denen das Buch angefüllt ist, mögen einige als Belege der aufgestellten Behauptungen hier Plaß finden. §. 9 sind zwei Säße so zusammengezogen, daß dasselbe Wort in dem ersten als Object, in dem zweiten als Subject erscheint: „Die Consonanten nennt man nach dem Organ, womit sie gebildet werden, und geben demnach folgende einfache Classification.” §. 13 ist dadurch,, auf eine verkehrte Weise gebraucht: „Das e fermé ist masculin, am Ende eines Adjectivs oder Particips, indem es dadurch das männliche Geschlecht zn erkennen gibt.“ §. 27 steht „Vocalen“ statt „Vocale“: „mit einem der tieferen Vocalen.“ §. 46 fautet: ,,Der sogenannte son nasal wird dadurch gebildet, wenn der Schlußbuchstabe n zu dem voranstehenden Vocal gehört." §. 50 kommt der Ausdruck vor „das Wort von diesem Schluß n“, anstatt „dieses mit einem n schließende Wort." §. 78 ist ein Prädicat im Singular auf ein Subject im Plural bezogen: „Abweichungen davon, und wenn sie für sich freie Endbildung annehmen, macht sie unregelmäBig." S. 104 würde als Muster unrichtiger Construction unübertrefflich sein : „Das Substantiv ist in der Rede das, was die Substanzen in der Natur sind; es ist das vorzüglichste Wort, von dem alles abgeleitet wird; auf das sich alles bezicht, und die Person oder Sache benennt, die wirklich vorhanden ist, oder in der Sinnenwelt gedacht wird." §. 193 findet sich: „dieselben regulative Pronomen," und §. 204 steht nach französischer Weise die doppelte Negation: „Kein eigent liches verbe passif gibt es nicht wie im Lateinischen.“ Manchen deutschen Wörtern sind falsche Bedeutungen beigelegt. §. 3 sagt, daß jedes erste Wort eines Sapes, einer Zeile (alinéa), eines Verses 2c. einen großen Anfangsbuchstaben bekomine, wo, wie das eingeklammerte französische Wort zeigt, Zeile für Absatz gesezt ist. §. 5 In Briefen, oder irgend einer Schrift werden die Ehrentitel: Roi, Prince 2. groß geschrieben,“ wo Schrift offenbar für Bittschrift steht. §. 163

sind die Ausdrücke „mittelbar“ und „unmittelbar“ verwechselt. Diese Ausstellungen, die sich leicht noch bedeutend vermehren ließen, werden genügen, um zu zeigen, daß es dem Verf. nicht gelungen ist, ein brauchbares Schulbuch zu liefern. Doch vielleicht erfüllt das Buch den andern Zweck, dem Privatgebrauche zu dienen, desto besser. Es fragt sich, an wen wir nach dem Sinne des Verf. bei diesem etwas vieldeutigen Ausdrucke zu denken haben, doch vermuthlich an solche Lernende, die mit oder ohne Hülfe eines Lehrers sich privatim mit der Sprache bekannt machen wollen. Vielleicht ist dabei vorzüglich an der Schule Entwachsene zu denken, die vers möge ihres gereifteren Verstandes troß der vielen Sprachmängel und undeutlichen Ausdrücke den Sinn des Verf. zu erkennen vermögen. Allein wir fürchten, daß auch Solche in dem Buche nur geringe Befriedigung finden werden, denn die Anordnung des Ganzen ist so unwissenschaftlich und zum Theil so seltsam verworren, daß der auf den Titel verheißene „neue Lehrplan“ in absichtlicher Planlosigkeit zu bestehen scheint. Da ist nirgends eine Eintheilung in Capitel oder eine geordnete Zusammenstellung des Zusammengehörigen, sondern Alles ist bunt an einander gereiht, oder vielmehr durch einander geworfen. Die einzige größere Eintheilung "ist die auf dem Titel angegebene in 3 Abtheilungen, von denen die beiden ersten die Grammatik und die dritte die gewöhnlichen Zutbaten solcher Bücher, Redensarten, Anekdoten u. dgl. enthalten. Der Verfasser läßt sich in dem Vorworte_in_seiner an zu großer Präcision keineswegs leidenden Ausdrucksweise über die erste Abtheilung etwas unklar also aus: „In der ersten Abtheilung sind meistens sämmtliche Recetheile nur praktisch durchgeführt, und in dieser Anschauung (?) ist der Verstand schon wirksam." Sieht man zu, worin diese praktische Durchführung meistens sämmtlicher Redetheile“ und diese „Wirksamkeit des Verstandes“ bestehen, so findet man, wenn man die 14 Seiten, die von der Aussprache handeln, durchgelesen hat, an der Spize des Abschnittes über den Artikel folgenden bedeutenden Saz: „Es gibt nur Einen Artikel und nicht mehrere in der französischen Sprache, denn da er als Bestimmungszeichen dient, so muß jede weitere Anführung desselben nur Verwirrung in der Begriffsanwendung dieses kleinen Redetheils zur Folge haben." Der Verf. scheint nach dem Beispiele Einiger unter seinen Vorgängern mit einem gewissen Wohlgefallen die Ansichten anderer Grammatiker zu bekämpfen, ja er scheut es nicht, gegen Academie und Grammaire des grammaires zu Felde zu ziehen. So enthält eine Anmerkung S. 18 für diejenigen, die troß des in dieser Anschauung schon wirksamen Verstandes“ den eben angeführten Saß vielleicht nicht verstanden baben, noch Folgendes: „Das Adjectiv un, une, ein, eine, wird unbegreiflicher Weise selbst von den besten Grammatikern als unbestimmten Artikel aufgeführt!!" S. 29 heißt es im Widerspruch mit den eben genannten Autoritäten: „Das g ist nicht stumm in Regnard, Régnauld (st. Regnauld), und ebenso wenig in le signet, das Blattzeichen, wie mehrere Grammatiker irrigerweise angeben." Daß der Berf. in beiden Fällen Unrecht hat, bedarf kaum des Beweises; denn, solange der Artikel überhaupt als besondere Wortart in den Grammatiken sich findet, gebührt dem unbestimmten dasselbe Recht wie dem bestimmten, und die Verschweigung des g in den genannten Wörtern, sowie in dem auffallender Weise übergangenen Clugny, be ruht auf einem so allgemeinen Sprachgebrauche, daß es vergebliche Mühe ist, das gegen zu protestiren. Auf den Artikel folgt unmittelbar die vollständige Conjugation der Hülfsverben und der regelmäßigen Zeitwörter, wobei die auf oir weggelassen find. Gegen diese Auslassung läßt sich zwar nichts einwenden, aber eine Bestäti gung der oben gerügten Planlosigkeit finden wir darin, daß ohne irgend eine Bemerkung über diese Verben bei den Regeln über die Ableitung der Tempora die Endung oir an der hergebrachten dritten Stelle steht, und daß das Verzeichniß der unregelmäßigen Verben ebenso ohne alle Erklärung auf die Annahme von 4 Conjugationen gegründet ist. Den Paradigmen der regelmäßigen Conjugationen folgen Regeln über den Gebrauch der Zeitformen, die man vielmehr in der zweiten Übe theilung erwarten sollte, da in dieser nach dem Vorworte die Begriffe mehr durch den Syntag entwickelt werden." Die weiterhin_beobachtete Ordnung erhellt am besten aus den Ueberschriften der Abschnitte, wie sie aufeinander folgen: Vom Substantiv. Mündliche Adjective auf at. Bildung der weiblichen Adjectiven.

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Motion der Substantiva. Vergleichungsgrade. Bedeutung der Adjectiva. Zahlwörter. Demonstrative Beiwörter. Possessive Beiwörter. Pronomen. Verb. Bom Particip. Unregelmäßige Verba u. s. w. Bei den Fürwörtern findet sich S. 89 die offenbar wieder gegen alle anderen Grammatiker gerichtete Bemerkung: Die persönlichen Fürwörter sind zugleich relativ, man kann also nicht vernünftiger Weise den pronoms rélatifs (ft. relatifs) einen abgesonderten Begriff beilegen." Diese bedeutende Entdeckung hindert den Verf. jedoch keineswegs, die relativen Fürwörter ganz wie andere Grammatiker an ihrer gewöhnlichen Stelle besonders aufzuführen. Neu ist noch, daß §. 214 die impersonellen Verben importer und résulter zu den verbes défectifs gerechnet werden, und zwar als die einzigen der ersten Conjugation, weil diese beiden Neutralen (?) bloß den Infinitiv und die dritte Person in den übrigen (?) Zeiten haben." Man begreift nicht, wie diese Berwirrung noch möglich war, nachdem schon S. 30 il neige als Paradigma eines unpersönlichen Verbs durchconjugirt war. Auffallend ist, wie weit nach dem seltsamen Plane des Buches Zusammengehöriges von einander getrennt ist. So steht §. 83 die Regel über die Verdopplung des 1 und t in appeler und jeter, und erst §. 247 die Regel über den Accent grave in je mène und j'achète. Zum Beweise, wie ungenau und unvollständig die Regeln zum Theil abgefaßt sind, möge §. 256 dienen: „Die relativen Pronomen qui und que werden nicht vom Hauptsaße ge= trennt," soll heißen: haben kein Komma vor sich, was bekanntlich so allgemein ausgedrückt falsch ist. Ganz unverständlich ist die Angabe über die Bedeutung der Praposition contre. Nachdem von ihr gesagt ist, daß bei ihr „mehr die That im feindlichen Sinne ins Auge gefaßt" werde, heißt es weiter: Im Allgemeinen : Widerstand, von dem er ausgeht, und von dem, der diese Thätigkeit erleidet." Doch vollauf genug, um den Werth des Buches erkennen zu lassen. Die genauere Beurtheilung der zweiten, sowie der mit den Worten: „in der dritten Abtheilung felgen die vorzüglichsten Synonymen, neu und faßlich dargestellt, ausgesuchte Recensarten, Anekdoten und Charakterzüge“ angepriesenen dritten Abtheilung wird man dem Ref. wohl erlassen.

Dr. G. Petri.

C. E. d'Ariès in Stockholm, Anweisung das Genus der französ. Substantive an ihren Endungen, ohne Beihülfe einer weiteren Regel, sofort zu erkennen. Ein unentbehrlicher Anhang zu jeder bisher in Deutschland erschienenen französ. Grammatif. 3te für Deutsche bearbeitete Ausg. von J. F. Melzer (fl. 8. XX; 108 S.) Erlangen (Palm) 1850.

Seit etwa zwei Decennien vergehen nun kaum ein oder zwei Jahre, in welchen nicht wenigstens Ein Buch ähnlichen Inhalts, wie das obige erscheint. Der Herausgeber zählt deren selbst beinah ein Dußend auf, erklärt sie aber sämmtlich für unbrauchbar. Er so wie der Verfasser sind von der ungeheuren Schwierigkeit des Gegenstandes für den Lernenden so überzeugt, daß eine durchaus andere Methode erfunden werden mußte, die denn auch durch eine deutsche Bearbeitung_unseren vaterländischen Schulen zu Gute kommen sollte. Nicht sowohl wegen des Werthes, den obiges Buch hat, als der Wichtigkeit des Gegenstandes willen, wollen wir auf ersteres hier etwas näher uns einlassen.

Daß eine immer richtige Geschlechtsbezeichnung, zumal in einer fremden Sprache, ihre Schwierigkeit habe, und eine besondere Aufmerksamkeit von Seiten des Lehrenden und der Lernenden verdiene, wird niemand bestreiten; daß diese Schwierigkeiten aber nach solcher Methode, wie sie das Buch als neu und zweckmäßig ausgiebt, leichter überwunden werden sollten, will Ref. keineswegs einleuchten.

Nachdem nämlich auf etwa drei großgedruckten Seiten die allgemeinen GenusRegeln nach der Bedeutung ganz kurz abgemacht sind, folgt nun bis S. 92 ein

Archiv f. n. Sprachen. XI.

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alphabetisch geordnetes vollständiges Verzeichniß aller nur denkbaren Endungen, mit Angabe des vorherrschenden Geschlechts und Notirung der Ausnahmen. Diese soll der Schüler auswendig lernen, natürlich dabei nicht unterlassen, jedesmal le oder la, un oder une vor das betreffende Hauptwort zu sehen. So, meint der Herausgeber, würden am besten die Regeln nach der Bedeutung umgangen, die erst eine vorgängige „verwickelte Verstandesoperation“ (??) crheischten und der Schnelligkeit des Lernens und der Anwendung Abbruch thäten.

Darin besteht nun die ganze neue erleichternde Methode. Hätte der Verf. sich darauf beschränkt, die wirklich grammatischen Endungen aufzustellen, so möchte es hingehen. So aber soll der arme Schüler nicht weniger als circa 850 derselben auswendig lernen, bei jeder das vorherrschende Geschlecht und wieder alle möglichen Ausnahmen dazu. Da stehen denn „Endungen“ wie ergue, olfe, entre, ercle, arbre, auvre, alpes, oinfre u. v. a. Es ist etwas naiv, zu verlangen, der Schüler solle circa 850 Endungsregeln lernen, um aller weiteren Regeln" (f. Tit.) entbehren zu können. Zu geschweigen, daß sich oft Regeln und Ausnahmen numerisch das Gleichgewicht halten, daß ferner unter den lehteren Wörter mit ins Gedächtniß gepfropft werden sollen, wie hourqué, caté, guénon, passe-vogue, unsuple, morate, merde, prepuce, bagne, pagne, nebst hundert und aber hundert anderen. Das ist etwa so gescheidt, als wenn man Jemandem ein Englisches Aussprache - Wörterbuch zum Auswendiglernen aufgäbe, um ihn so aller „weiteren Regeln“ zu überheben. Da der Herausgeber am Schlusse der Vorrede mit einiger Zuversicht uns an das Horazische Candidus imperti erinnert, und der Gegenstand doch immer von einiger Wichtigkeit ist, so scheint es nicht unangemessen, hier in der Kürze anzuges ben, wie man auf besserem Wege zum Ziele kommen kann, und gewöhnlich kommt. Die Veranlassung liegt um so näher, wenn man sicht, wie auch bei so einfachen Dingen manche Lehrer auf solche didaktische Ab- und Irrwege gerathen können.

Sowie Hasenpfeffer einen Hasen vorausseßt, so sind Regeln erst da möglich, wo es etwas zu regeln giebt. Soll hier heißen: Man verschone im Französischen den Schüler mit wirklichen Genus regeln so lange, bis es an der Zeit ist, mit ihm über das Genus und die Motion der Substantiva umständlicher zu sprechen. Bis dahin wird er schon eine nicht unerhebliche Anzahl von lezteren im Kopfe haben, und hat man dafür gesorgt, daß bei jedem vorkommenden gesprochenen, gelesenen oder geschriebenen Substantiv auch immer das Geschlecht richtig bezeichnet werde, so wird man auch bald in das Gelernte Ordnung, Regeln, bringen können. Inzwischen wird sich schon von selbst beim Anfänger ein richtiges Gefühl für Analogie nach dem Gehör einstellen, er wird in vielen Fällen in der Geschlechtsbezeichnung unbewußt das Richtige treffen, da im Ganzen den Wörtern mit weichen Endungen das weibliche, denen mit harten das männliche Geschlecht beigelegt wird. Nebenher und gelegentlich werden natürlich schon einige Winke für die Geschlechtsbildung mit gegeben, wie bei ami und amie, premier und première, paysan und paysanne, lion und lionne, Européen und Européenne u. tgl. m. So fallen schon viele sogenannter Endungen weg, die der Schüler nach des Verfassers Methode besonders erst lernen mußte. Wozu auch alle solche Gudungen, wenn durch die eine einzige Regel vom angeschobenem stummen e die Sache abgethan ist? Die Verdoppelung des Endconsonanten ganz nach derselben Regel bei Adjectiven bonne, folle, belle, und bei Verben wie appelle, jettent, prennent, viennent u. f. w. Ist überdies die Bedeutung bekannt, so sind_vollends alle Endungsmerkmale überflüssig. Wozu ferner noch den Schüler bei der Endung oire, wie der Verf. thut, mit Ausnahmen quälen, wie le boire, wenn er ein für allemal lernen kann, daß jedes fubstantivirte Wort männlich ist, gleichviel ob Infinitiv, Conjunctiv oder was sonst? Weiter verstehen sich Sachen wie le gruyère (= le fromage de Gruyère) so gut von selbst wie le Champagne, le Bourgogne, un vigogne. Läßt sich dieses und dergleichen mehr nicht mit einer Regel abmachen, oder erheischt das etwa eine zu „verwickelte Verstandesoperation?” Auf der Grundlage einer relativ großen copia vocabulorum, sowie eines schon angeregten Gefühls für Analogie kann man dann seiner Zeit getrost ein festes Regelgerüft bauen, wie es jede gute Grammatik bietet.' Bes

fondere Anhänge, die wie das vorliegende Buch Ansprüche auf Unentbehrlichkeit machen (laut Titel), bedarf es dann nicht.

Damit ist freilich noch bei weitem nicht für jedes französische Substantiv das Geschlecht mit gelernt. Das ist auch weder möglich noch nöthig, ebenso wenig als der Schüler absolut jedes französische Substantiv an sich zu lernen haben wird. Man lasse nur die übrigen, die sich etwa nicht nach allgemeinen oder Endungsregeln fügen, jedesmal wie sie vorgekommen, richtig bezeichnen, nöthigenfalls auch mit einem mobilen und für das Gehör geschlechtlich unterscheidbaren Attribut oder Prädicat versehen, wobei natürlich auf diejenigen Wörter besonders streng_geachtet werden muß, die von der deutschen Geschlechtsbezeichnung abweichen, wie la circulaire, la dispute, le cierge, un hémisphère, un uniforme, une idole ut. f. f., nicht minder auf diejenigen, die je nach der Bedeutung verschiedenes Genus haben. Damit hat man das Mögliche, Erreichbare und selbst Nöthige gethan, ohne mechanische Gedächtnißqual für den Schüler. Hat man Lateinisch- oder gar GriechischLernende vor sich, so merken sich manche Regeln und wirkliche oder scheinbare Ausnahmen desto leichter, wie Wörter auf ence, als la prudence, la sentence, aber le silence. Dann kann man Seiten lange „Ausnahmen" auf oire sparen, da der Schüler bei victoire, gloire, ivoire, ciboire, observatoire je nach der entsprechenden latein. Endung sicherlich das Geschlecht richtig bezeichnen wird. So wird er bei les iles (masc.) leicht an ilia denken, oder, um ein griechisches Beispiel anzuführen, der Artikel le bei cimetière wird ihm troß der Endang nicht auffallen, wegen xoιμητýgiov. Kommen dann noch wirkliche etymologische Ausnahmen vor, wie 3. B. le lierre (vom weiblichen hedera, aber mit verwachsenem Artikel, wie in lendemain), so sind solche leicht gemerkt oder erklärt.

Somit lassen wir's denn, was diesen Punkt betrifft, lieber halter beim Alten. Wer das Buch dennoch anschaffen will, kann es füglich und bequem zum Nachschlagen gebrauchen.

Dr. L. A. Berglein.

Englisches Vokabularium, nach einer Anordnung, wodurch es als Hülfsbuch der Conversation brauchbar wird, mit Bezeich nung der Aussprache für Schulen und zum Privatgebrauche von C. F. Haupt. 287 S. Berlin, (Herbig) 1850,

Dieses Buch kann als Pendant zu dem bekannten französischen Vocabulaire systématique von Ploeß betrachtet werden, an welches Herr Haupt sich eng und Seite für Seite angeschlossen hat, ohne, was man hätte wohl erwarten dürfen, sein Vorbild zu nennen. Vermöge der gleichmäßigen Anlage mit dem französischen Buche verdient das obige Vokabularium im Allgemeinen dasselbe Lob, was auch jenes schon gefunden. (Die zweite Aufl. von Ploch erschien 1830 und nicht lange nach der ersten.) Dagegen giebt aber auch das mit großem Fleiße bearbeitete französische Vocabulaire einen Maßstab in die Hand bei der Beurtheilung der Nachabmung. Auch Herr Haupt wollte wie sein Vorgänger fürs Französische, so fürs Englische ein Hülfsbuch liefern, das den selbständigen Gebrauch der Sprache, und speciell die Sprechsertigkeit, durch Zusammenstellung des Sprachmaterials nach Ma terien förderte. Es ist nicht zu verkennen, daß diese Art der Erlernung von Wörtern und Redensarten ein wesentliches Mittel für den fraglichen Zweck ist; aber es ist eben nur ein Mittel, und an sich keineswegs ein neues, da schon die jogenannten praktischen Grammatiker vor mindestens 50 Jahren, Meidinger, Devonale, Mozin u. A. sich desselben bedienten. Nur war die Methode des Vokabellernens bei leßteren einseitig und planlos. Man ließ z. B. die Substantiva nach Materien, die Adjectiva dagegen, Verba 2c. wieder in alphabetischer (!) Ordnung lernen, und behandelte ein paar ein für allemal ausgewählte Synonyma wieder für sich; neben oder hinterher wurden auch wohl ein paar kleine Dialoge auswendig

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