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in den Garten des Jokastus mit einer Schaar Elfen und während er mit einigen die Bäume besteigt, um die Taschen zu füllen, müssen die anderen eine Elfenmelodie in fremder Zunge singen. Dieser Gesang ist lateinisch*). Während Jokastus von der himmlischen Har monie entzückt ist, meint sein Diener Bromius, daß,,diese jungen Schurken, diese Schotenschäler“**) seinen Herrn betrügen, und er möchte ihnen lieber mit Peitschenhieben dienen. Wagst du, Nachteule, sagt Jokastus zu Mopsus, mit deinem rohen Gekrächz ihre Musik zu unterbrechen, deren Melodie die Sphären vermocht hat ihre himmlischen Lauten bei Seite zu legen, einzig um ihren (der Elfen) bezaubernderen Tönen zu horchen ***). Von den heftigen

*) Nos beati fauni proles,

Quibus non est magna moles,
Quamvis lunam incolamus,
Hortos saepe frequentamus.

Furto cuncta magis bella,
Furto dulcior puella,
Furto omnia decora;

Furto poma dulciora.

Cum mortales licto jacent,
Nobis poma noctu placent!
Illa tamen sunt ingrata,

Nisi furto sint parata.

**) These young rascalls, the pescod-shelers do so cheat my master (Halliwell p. 243). Sollte der Dichter hier nicht an den Elfen der Titania gedacht haben, welcher im Sommernachtstraum (3, 1) den Namen Erbsenblüthe (peas-blossom; nicht Bohnenblüthe, wie Schlegel überseßt) führt, und zu welchem Zettel sagt: I pray you, commend me to mistress Squash, your mother and to master Peascod, your father? Der Ausdruck a sheal'd peascod fommt in Lear bildlich vor (1, 4).

Die

***) Halliw. 243. Dar'st thou, screetch-owle, with thy rude croaking interrupt their musique, whose melody hath made the spheares to lay their heavenly lutes aside, only to listen to their more charming notes? Sphärenmusik erinnert an die Stelle im Kaufmann von Venedig (5, 1): There's not the smallest orb, which thou beholst,

But in his motion like an angel sings,

Still quiring to the young-eyd cherubims.
Such harmony is in immortal souls;
But whilst this muddy vesture of decay

Doth grossly close it in, we cannot hear it.

Drohungen des Bromius bestürmt, verkündet sich Dorylas dem Jokastus als Oberon mit der Bemerkung, daß er vor allen Gärten den seinigen gewählt habe, ihn zu beglücken durch Tänze, leichte luftige Takte und phantastische Ringe, während undankbare Sterbliche ihm so vergölten wegen eines Apfels! Jokastus ist nun auf den Bromius sehr ungehalten und die Elfen des Dorylas rufen Ti-ti-ta-tie, wodurch sie nach des Dorylas Erklärung in der Elfensprache ihre Dankbarkeit ausdrücken, wodurch sie ferner um Erlaubniß bitten um den Bromius einen Elfenring zu tanzen und ihn wegen seiner Beleidigungen zu zwicken!*) Der gezwickte Bromius entfernt sich, Dorylas steigt von dem Baume und Jokastus fällt vor ihm auf die Kniee! Stch auf, sagt zu ihm Dorylas, als unser theurer Ritter **); hängt ihm, ruft er seinen Elfen zu, die heilige Glocke um seinen Nacken als ein Zeichen seiner Ritterschaft. Wir nennen sie die honigsüßtönende Tingle-Tangle (in der That eine Schafglocke von seinem eignen fetten Widder gestohlen, sagt er bei Seite zu sich selbst): ,,Herr Jokaftus, wir erinnern uns, wir versprachen Euch seit lange die Aufsicht über unsere Tanzpläge; wir sind jezt geneigt es Euch zu bestätigen. Gebt ihm hier, ruft er seinen Elfen zu, den Stab seiner Würde." Jokastus fühlt sich als der Dienstmann (liegeman) des Dorylas sehr geehrt und nimmt Abschied. Dorylas theilt darauf mit seinen Elfen die gestohlenen Aepfel. Haben wir ihn nicht tüchtig geschnellt? frägt er seine Genossen; seht, ihr Schurken, das sind die Früchte kluger Schelmerei."

Schlegel übersetzt unrichtig:

So voller Harmonie sind ew'ge Geister,

Nur wir, weil dieß hinfäll'ge Kleid von Staub,
Ihn grob umhüllt, wir können sie nicht hören.

Der Sinn ist vielmehr:,,Eine solche Harmonie (wie in der Sphärenmusik) ist (auch) in (unfern) unsterblichen Seelen; aber weil,,dieß hinfällige Kleid von Staub“ sie (die Harmonie) grob umhüllt, können wir sie nicht hören.

*) Die Elfen fingen hier wieder lateinisch :

Quoniam per te violamur,
Ungues hic experiamur!
Statim dices tibi datam

Cutem valde variatam.

**) And rise up, Sir Jocastus, our deare knight.

Nun kommt Mopsus, des Jokastus Bruder, herbei, Dorylas fürchtet Verrath und Mopsus bedroht ihn mit Schlägen; er verspricht seine Schwester Testylis dem Mopsus und dieser läßt sich begütigen. Dorylas zieht mit seinen Elfen, den edlen Pairs des Elfenreichs (noble peeres of Fairy) von dannen, um die Früchte mit seiner Königin Mab zu theilen. Die Genossen des Dorylas singen wieder einen lateinischen Elfengesang.

Jokastus erscheint darauf mit einem Mohrentanze, er selbst als Maikönigin und Bromius als der Clown*). Dorylas tritt dann auf als Elfenkönig, rühmt die Schönheit der Maikönigin, welcher die Elfenkönigin Mab nicht zu vergleichen sei. Er erklärt ihr seine Liebe:,,ja, schöne Jungfrau, jeder Theil von Dir hat einen Pfeil durch mein Herz geschossen! Dein flammendes Auge, Deine Lippe so dúnn, Deine Azurwange, Dein Crystallkinn, Deine Regenbogenstirn mit so mancher Rose, Deine Saphirohren und Deine Rubinnase**), Alles verwundet meine Seele! Sei gnädig oder Du wirst mich verderben! Jokastus erklärt, daß er kein Weib sei, wünscht

Now hang the hallowed bell about his neck

We call it mellisonant Tingle-Tangle

(Indeed a sheep-bell stol'n from's own fat weather)
The ensigne of his knight-hood, Sir Jocastus,
We call to mind we promis'd you long since
The president of our dances-place; we are now
Pleas'd to confirme it on you. Give him there
His staff of dignitie.

Aehnlich sagt Titania im Sommernachtstraum 3, 1 zu ihren Elfendienern in Bezug auf Zettel: Be kind and courteous to this gentleman etc.

*) Halliw. p. 230. Jocastus with a morrice, himselfe Maid Marian, Bromius the clown. Der Mohrentanz wurde im Freien aufgeführt, bei Volks festen, am ersten Mai. Die Personen, welche dabei auftraten, führt Nares an, Glossary s. v. morris-dance. Man vergleiche auch die Abhandlung Follets in der Ausgabe von Johnson und Steevens V, p. 441, wo sich auch eine Abbildung findet. Die Maid - Marian, aus der Sage von Robin Hood berühmt, war bei diesem Tanze die Maikönigin und wurde gewöhnlich, wie auch in unserer Stelle, von einem Manne gespielt. Oft spielte die Maikönigin auch eine weibliche Persönlichkeit, welche nicht immer von den reinsten Sitten war. Darauf wird angespielt in Heinr. IV. I, 3, 3: And for womanhood maid Marian may be the deputy's wife of the ward to thee. Auf den Morristanz wird von Shakspeare öfter angespielt, z. B. Ende gut, Alles gut 2, 2: A morris for may-day.

**) Yes beauteous Virgin, thy each part

Has shot an arrow through my heart!

aber von Oberon in ein Weib verwandelt zu werden. DorylasOberon erwiedert, er habe ein Kraut, das man Moly nenne, Jokastus möge nur dieses Moly kosten und er werde ein vollständiges Weib sein. Jokastus wünscht sich dann mit dem Elfenkönig zu vers mählen und wird von Dorylas - Oberon überredet, die Hälfte seines Vermögens ihm, die andere Hälfte dem Mopsus, der sich mit Thestylis verheirathet, zu schenken. Vergebens warnt Bromius, Jokastus meint genug im Elfenlande zu besigen und wünscht, daß seine Ritterschaft auf seinen Bruder Mopsus übertragen werde; denn er will sein ganzes Haus zu hohen Ehren fördern. Nun tritt Dorylas offen hervor und verhöhnt den Jokastus, die majestätische Königin: „auf Stühlen von Perlen sollst Du sizen, alle Kaiserinnen werden Dich beneiden, wenn sie auf unserem Throne werden sizen sehen die Jofasta mit ihrem Dorylas." Von Allen verlacht, merkt Jokastus, daß er betrogen ist. Dorylas giebt ihm das von ihm erhaltene Land zurück und will nur den Obstgarten behalten, für den Fall, daß die Königin Mab lüstern nach Aepfeln wäre. Mopsus und Theftylis geben ihm ihren Antheil ebenfalls zurück und Jokastus verspricht weiser zu werden.

Die Aehnlichkeit des Amyntas“ mit den luftigen Weibern von Windsor ist ganz unverkennbar, was die Benuzung des Elfenglaubens betrifft; in den,, lustigen Weibern" finden wir indessen eine ungleich poetischere Fülle und den schönen Gedanken, daß die Elfen als die Vollstrecker der Gerechtigkeit gebraucht werden gegen einen übermüthigen Lüstling wie Falstaff; in dem Amyntas dagegen ist der starke Aberglaube des Jokastus benußt, um ihn auf eine ziemlich plumpe Weise zu täuschen, obwohl der Ausgang befriedigend ist. Daß aber Randolfs Dichtung in Bezug auf die Erfindung von Shakspeare's lustigen Weibern und vom Sommernachtstraum abhängig ist, scheint uns außer allem Zweifel.

Thy blaring eye, thy lip so thin,
Thy azure cheek and christall chin,
Thy rainbow brow with many a rose,
Thy saphyre eares, and ruby nose

All wound my soule! O gentle be
Or lady, you will ruin me!

Aehnliches im Sommernachtstraum, wo Thisbe die Reize des Pyramus beschreibt 8, 1:

These lilly brows,

This cherry nose,

These yellow cowslip cheeks.

Indem wir zu den deutschen Dichtungen übergehen, welche von dem Sommernachtstraum abhängig geworden sind, bietet uns die erste derselben, der Peter Squenz von Andreas Gryphius einen andern Gesichtspunkt dar, von welchem aus Shakspeare's Dichtung angesehen wurde. Nicht die zarten Elfen erscheinen im Peter Squenz, sondern einzig und allein die lustigen Handwerker, welche Deutsche geworden sind. Um diese Eigenheit zu verstehen, werfe man erst einen flüchtigen Blick auf das englische Theater im 17. Jahrhundert.

Die Blüthe des englischen Drama's, die in Shakspeare's Zeit so bewunderungswürdig sich entwickelt hatte, ging im Laufe des Fiebzehnten Jahrhunderts unter politischen Kämpfen und Verwirrungen zu Grunde. Damit verlor sich auch der Geschmack für die unSterblichen Dichtungen Shakspeare's und die Urtheile, welche über den Sommernachtstraum in dieser Zeit von Engländern abgegeben worden sind, haben nichts Schmeichelhaftes für den Dichter. So bemerkt Pepys bei Gelegenheit einer Aufführung des Sommernachtstraums am 29. Sept. 1662, daß er dieses Stück niemals vorher gesehen habe und nicht wieder sehen wolle, da es das abgeschmackteste Stück sei, das er je gesehen habe. Nicht so hart, aber doch ungünstig war das Urtheil, welches eine Kritik über den Sommernachtstraum fällte, als er am 23. Nov. 1763 durch Garrik auf die Bühne gebracht worden war. Das Lustspiel wird ein wunderliches romantisches Werk genannt, das mehr eine Maske als ein Schauspiel sei und ein lebhaftes Gemälde der ungezügelten Einbildungskraft des großen Dichters gewähre. Wie wenig man im Stande war den Sommernachtstraum in seiner Totalität zu fassen, geht schon aus dem Umstande hervor, daß man die Elfenpartien besonders bearbeitete, wie wir früher gesehen haben. Eine Zeitlang sah man den Weber Zettel für die Hauptperson an; man sonderte daher die Handwerkerpartien von dem Ganzen ab und gab sie als ein besonderes Lustspiel oder vielmehr als eine Farce und stellte ste in Scheunen (on the sty), seitdem die Theater unterdrückt waren, unter dem Titel dar,, die lustigen Späße Bottoms des Webers“*). Dieses Stück fand Eingang in Deutschland. Daniel Schwenter, ein Mathematiker aus Nürnberg, ließ es in Altorf aufführen, durch die

*) The merry conceited humours of Bottom the Weaver, as it hath been often publikely acted by some of his Majesties comedians and lately priArchiv f. n. Sprachen. XI.

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