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Wilhelm Traugott Krug,

Professor der Philosophie an der Universität zu Leipzig.

Dritter Band
N bis Sp.

Leipzig:

F. A. Brodhaus.

1 8 2 8.

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Bayenson
Staatsbikotek
MUNCHEN

N.

Na chaffung ist eigentlich Nachahmung des Menschen von Scie

ten des Affen, der, wenn er unter Menschen kommt, gern auch die Manieren derselben annimmt. Wie nun der Affe selbst gleichsam ein verzerrtes Abbild des Menschen ist, so pflegt er auch dessen Ma= nieren zu verzerren oder auf eine ungeschickte und daher ins Lächers liche fallende Weise nachzuahmen. Darum heißt dann jede ungeschickte und lächerliche Nachahmung, auch beim Menschen, eine Nach dffung. S. den folg. Art.

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Nachahmung (imitatio) ist Hervorbringung des Einen nach einem Andern, welches als Vorbild oder Muster von jenem betrach= tet wird. Dieß kann zuerst ohne Bewusstsein eines bestimmten Zwecks geschehen, mithin unabsichtlich oder unwillkürlich. So wer den ältere Thiere oder Menschen von jüngern, auch Menschen überhaupt von erwachsenen Thieren und Menschen, instinctartig nachgeahmt; weshalb man ihnen einen Nachahmungstrieb beilegt. Dieser Trieb ist eine Folge oder Modification des Geselligkeitstriebes. Denn zur Geselligkeit gehört eine gewisse Einstimmung in der Thås tigkeit. Indem also diejenigen, welche zusammenleben, einander nachahmen, so suchen sie sich dadurch in Einstimmung, gleichsam in socialen Rapport, zu sehen, ohne sich gerade dieses Zwecks be= wusst zu sein, weil sie die Natur selbst durch das Bedürfniß der Geselligkeit dazu antreibt. Es giebt aber auch eine höhere Art von Nachahmung, die mit Bewusstsein eines bestimmten Zwecks geschieht, folglich absichtlich und willkürlich ist; wie wenn ein Maler einen Gegenstand in der Natur oder ein andres Gemälde, ein Schaus spieler einen menschlichen Charakter, ein Abschreiber eine Handschrift, oder auch ein Schriftsteller den andern (durch Nachahmung seiner Denk und Schreibart) copirt. Eine solche Nachahmung kann mehr oder weniger treu und treffend sein, je nachdem es der Zweck oder das Geschick des Nachahmers mit sich bringt. So Krug's encyklopädisch - philos. Wörterb. B. III. 1

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könnte ein Abschreiber die ihm vorliegende Handschrift so genau Blatt für Blatt, Zeile für Zeile, Wort für Wort und Zug für Zug copiren, daß seine Copie dem Originale gerade so gleich und ähnlich wåre, wie ein gedrucktes Eremplar desselben Buchs und derselben Auflage dem andern. Doch werden dort immer noch viele kleinere Unterschiede sein, weil die menschliche Hand nicht alles so genau wiederzugeben vermag, wie eine Maschine. Darum unterscheidet man auch eine freie und ein sklavische Nachahmung. Bei jener folgt der Mensch, auch während er nachahmt, dem eignen Genius; hier aber unterwirft er sich ganz einem fremden. Im lehten Falle wird er sein Vorbild nicht einmal erreichen, weil er seine eigne Kraft lähmt, indem er ihr so annatürliche Fesseln anlegt; denn der Geist fodert überall Freiheit, wenn er Treffliches leisten soll. Im ersten Falle aber ist es wohl möglich, daß er sein Vorbild nicht bloß ers reiche, sondern sogar übertreffe, wenn sein Geist nur sonst mit hoher Energie ausgerüstet ist; denn das Vorbild kann alsdann selbst ein Reiz zur höchsten Kraftanstrengung werden. Daß alle menschliche Kunst, objectiv betrachtet, auf einer gewissen Nachahmung der Natur beruhe, wie schon Aristoteles in seiner Poetik bes hauptete, ist insofern richtig, als die Natur dem Menschen überall gewisse Vorbilder zur Nachahmung darbietet und ebendadurch seinen. Nachahmungstrieb zur Thätigkeit reizt. Aber subjectiv betrachtet, ist die Kunst doch mehr als bloße Nachahmung, indem sie auf einer höhern Schöpferkraft des menschlichen Geistes beruht, besonders wiefern sie schöne Kunst ist und als solche nach dem Idealischen strebt. S. Ideal, Kunst und schöne Kunst. Auch die Mode bee ruht größtentheils auf Nachahmung und zwar sowohl auf unab fichtlicher als auf absichtlicher. Durch die Herrschaft derselben kann der Nachahmungstrieb sogar bis zur Nachahmungssucht gesteigert werden. S. Mode. Den Nachahmungsgeist seht man dem Genie als einem Mustergeist entgegen. S. Genialitát. Auch vergl. Schwab's Abh. von dem Einflusse der Nachahmung fremder Werke in den vaterländischen Geschmack. Berl. 1788. S. (Eine von der Berl. Akad. der Wiss. gekrönte Preisschr.)

Nachdenken kann in zweierlei Bedeutung genommen wer den, 1. einem Andern nachdenken d. h. einem fremden Ges dankengange folgen, wie es beim Hören und Lesen stattfindet, 2. sich selbst nachdenken d. h. feinem eignen Gedankengange folgen, wie es der Fall ist, wenn man etwas innerlich verarbeitet, um es nachher mündlich oder schriftlich Andern kund zu geben. Jenes kann man auch das mittelbare, diefes das unmittelbare Nachdenken nennen. Das lehtere muß zum erstern stets hinzukommen, wenn das Hören und Lesen von Nuhen sein soll. Denn indem man über das Gehörte oder Gelesene weiter nachdenkt, so verarbeitet man

Nachdruck

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es in sich selbst und verwandelt es dadurch nicht nur in sein geisti ges Eigenthum (in Saft und Blut), sondern man erhöht auch dess. sen Werth, indem man es berichtigt, vollkommner macht, entwickelt, erweitert, wichtige Folgerungen daraus zieht vorausgesezt, daß man dazu Talent und Uebung genug besize. Ein solches Nachdenken heißt auch wissenschaftlich, weil nur dadurch in uns echte Wissenschaft entstehen kann, nicht durch bloßes Auswendiglernen des. uns Vorgesagten oder des Gelesenen. Eben dieses wissenschaftliche Nachdenken heißt auch vorzugsweise Meditation. Das Medititen gehört also nothwendig zum Studiren (studium absque meditatione nullum).

Nachdruck hat zwei höchst verschiedne Bedeutungen, indem es sowohl etwas Gutes als etwas Schlechtes bedeutet. In der ersten Bedeutung bezieht es sich auf den Ausdruck unsrer Gedans ken und Empfindungen mittels des articulirten oder unarticulirten Tons. Man kann dieß daher auch den künstlerischen Nachdruck nennen, weil die tónenden und also auch die redenden Künste davon hauptsächlich Gebrauch machen. Der Nachdruck in dieser Bedeutung ist also eigentlich eine Verstärkung des Ausdrucks (wo dem ersten Drucke gleichsam noch ein zweiter folgt) und folglich auch des Eindrucks, den dasjenige machen soll, was man eben ausdrückt. S. Ausdruc. Eine vollständige Theorie des Ausdrucks würde mithin auch eine Theorie dieses Nachdrucks sein. Sie würde zeigen müssen, wie man bald durch eine bloße Wiederholung (repetitio) bald durch Steigerung (gradatio, zhua§) bald durch Frage oder Ausruf (interrogatio vel exclamatio) bald durch Umwendung oder Umkehrung (inversio) bald durch schnelle Anhaltung und Abbrechung (inhibitio, anoσiwnŋois) bald durch starke Bilder oder lebhafte Gleichnisse (imagines, similitudines) bald auch nur durch eine stärkere oder leisere Betonung (accentuatio) etwas nachdrücklich machen könne. Diese Theorie gehört aber nicht weiter hieher. - In der zweiten Bedeutung bezieht sich jenes Wort auf die Vervielfältigung der Geisteswerke mittels des Abdrucks durch die Presse für den Handelsverkehr. Nachdruck heißt also dann soviel als Wiederdruck oder neuer Abdruck gegen den Willen und zum Schaden derer, welche den ersten oder Originaldruck veranstalteten; denn wenn diese selbst einen neuen Abdruck veranstalten oder veranstalten lassen, weil der alte bereits vergriffen ist, so nennt man dieß nicht Nachdruck, sondern eine neue Auflage oder Ausgabe. Daß nun das Nachdrucken in diesem Sinne eine unerlaubte Handlung sei und zwar nicht bloß in sittlicher Hinsicht, weil man sich dadurch unbilliger Weise auf Unkosten Andrer zu bereichern sucht, indem man ihnen allein die Gefahr der ersten Unternehmung überlässt und sich den sichern

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