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Bunde (dem schwäbischen) traten. Was aber des Adels wahre Gesinnung war, geht zum Theile aus dem hervor, was eben der schwäbische Bund in nächster Frist zu thun bekam, zum Theile aus der bisher bekannten Stellung des Adels zu den unternommenen Reformen, deren Kern, der gemeine Pfenning, bekanntlich an dem Adel einen Widerstand fand, welcher selbst der renitirenden Fürstenpartei zum Rückhalte diente.

Es muss jedoch hierbei auch auf Verhandlungen Rücksicht genommen werden, welche, bisher unbekannt, zur Schilderung des inneren Zustandes der republikanischen Partei im Reiche nicht umgangen werden dürfen.

Es war am Freitage S. Peterstage ad vincula 1494, dass sich die fränkische Ritterschaft in Neustadt an der Aisch „aus gegründeten, merklichen und nothdurftigen Ursachen gemeinem Adel in Ehren, Nutz und gut, zufurkommen zukünftigen nachtheil, Smach Verachtung und Schaden," versammelte und zu diesem Endzwecke in 18 Artikeln übereinkam, die die Grundlage einer besseren Verfassung des deutschen Adels werden sollten. 1. Alle Bundesverwandte wollten einander vor Gericht stehen und nicht mehr mit Gewaltthaten wider einander verfahren. 2. In Sachen der Ehre und des Glimpfes sollte ein Gericht von 7 Bundesverwandten ohne Appellation entscheiden. 3. Dieses Gericht (ein Hauptmann oder Richter und 6 Urtheilsprecher), sollte ein Jahr lang sitzen. 4. Der Verlierende die Unterhaltskosten bestreiten müssen. 5. Jedes Jahr sollte das Gericht erneuert werden. 6. Das müsse die Kosten verrechnen, treu urtheilen zu wollen schwören. 7. Wem das Recht zuerkannt worden, der solle auch das mit der That erfordern dürfen. 8. Wer aber geverlich mit der That (gewaltthätig) zu handeln sich erdreiste, der solle für un tauglich gelten, niemand mit ihm essen, trinken oder Gemeinschaft haben. 9. Gegen diejenigen, welche wider diese Vereinigung wider Ehre thun würde, wollten alle mit allem Vermögen Hülfe leisten. 10. Ebenso wenn gegen einen wider sein rechtlich Erbieten Gewalt vorgenommen würde. 11. Wer es höre, dass einer gefangen oder beraubt würde, sollte es zur Anzeige bringen. 12. Sie selbst wollten weder selbst eine verlangende oder verbergende Räuberei üben, noch bei ihren Knechten dulden. 13. Nicht minder wollten sie, in diesem Larde in Herbergen oder Wirthshäusern zu halben und ganzen nit zutrinken. 14. Ferner sollte keiner vom Adel noch sunst von keines Fürsten oder Herren wegen den andern an Leib oder gut beschedigen. 15. Schulden einzufordern sei jedem unbenommen. 16. Müssten sie wegen vertragsmässiger Hülfe Lehen aufsagen, so solle alsdann kein bericht auf oder angenommen werden, „den jhenen sein dann ihr lehen wieder geliehen." 17. Der Vertrag soll währen (?) Jahre lang 1), und 18. In mittlerer Zeit jeder seine Vettern und Freunde damit bekannt machen.

Es war dieses ein überaus anerkennungswerther Versuch, die inneren Angelegenheiten im Sinne der Reformen zu regeln, sich selbst zu constituiren und zugleich das fürstliche Patrocinium allmählich abzustreifen. Wurde auf diesem Wege fortgefahren, so hörten die immerwährenden Fehden, und zwar zunächst auf dem Gebiete auf, wo man sie bisher als Standesvorrecht und Ehrensache behandelt hatte; ein neuer Geist belebte die Ritterschaft, und wie es unnöthig

1) Darüber scheint man zu keinem definitiven Beschlusse gekommen zu sein.

ward, dass der schwäbische Bund den Zug nach Franken unternahm, die Schlösser des Adels zu brechen, konnte es auch nicht fehlen, dass bei einer derartigen Denkungsart der alte Groll gegen die Reichsstädte nachliess und dem Gebote des natürlichen Interesses Platz machte. Dieses aber lässt sich am einfachsten mit den Worten bezeichnen, welche in ihrer Klagschrift die beherzte Anna Marschalkin, geborene von Thüngen, wider den Markgrafen Friedrich von Brandenburg gebrauchte 1): Dann so die gemein Ritterschaft bei gleich recht und billigkeit bleiben wille, so müssen sie sich, wie dann längst profezeit ist, zu den Städten thun und verbinden zu handhabung, zu schutz und zu schirm bei gleich und recht und billigkeit zu bleiben; ein klarer Beweis, dass es nicht an Personen in Mitte des Adels fehlte, welche, was diesem Noth that, dringender und besser erkannten, als diejenigen Geschlechter, deren Namen wir als Fürstendiener regelmässig wiederkehren sehen, oder die, deren Burgruinen wie unwillig auf das befriedete Thal herabblicken. Der entscheidende Moment für die Reichsritterschaft und nicht bloss für diese allein war gekommen. Denn gelang es ihr, das zur That zu machen, was in Neustadt an der Aisch berathen war, so bildete sie für sich eine geschlossene Corporation, welche sich einerseits an die Städte anschliessen konnte, andererseits sich auf die geistlichen Fürstenthümer stützte, deren Regenten, die Domcapitularen, aus der Mitte der Reichsritterschaft, also durch gleiches Interesse mit dieser verbunden waren. Wie aber die Reichsstädte dadurch unerwartet einen Verbündeten erhielten, erlangte das republikanische Element im Reiche selbst erst hierdurch eine sichere, kraftvolle Stütze, eine dreifache Geschlossenheit, man kann wohl sagen in dem Herzen von Deutschland das Übergewicht, und dieses selbst ward in der Art gespalten, dass zwischen den fürstlichen Staaten im Norden und Südosten ein breiter Streif wohlgegliederter und enggeschlossener republikanischer Territorien sich hinzog, welcher einerseits nach den Niederlanden, andererseits nach Westphalen reichte, an den Hanseatischen Städten wie an den Diethmarsen im Norden festen Halt besass.

Diese Lage der Dinge war denn auch wohl geeignet, den benachbarten Fürsten gerechte Besorgnisse einzuflössen, namentlich den Brandenburgischen in Franken, deren Landschaften ja von geistlichen, reichsstädtischen und ritterschaftlichen Besitzungen theils umgeben, theils durchzogen waren. Ebendesshalb bot dann auch M. Friedrich v. Brandenburg Alles auf, diese Einigung in den ihm unbequemen Puncten zu verhindern.

,,An unsern gnädig Herrn, heisst es daher in der Instruction an H. Ludwig von Eyb und H. Conrat von Berlichingen von Seiten des M. Friedrich und des damals noch lebenden M. Sigmund's, sey gelangt, dass die Ritterschaft zu Franken damit umbgee sich zusammen in verstendnuss und Eynung zu thun, das loben unser gnedig Herrn, damit die Ritterschaft dester friedlicher und gerwiger bei den Iren und Iren Freiheiten unvergewaltigt pleiben

1) Donnerstag nach Matthei Apos. 95.

und ihrem Herrn dester stattlicher gedien en mochten, doch so sey unser gnädiger Herren guttlichs ersuchen und bete, dass sie sich wider Ir gnad nymands bewegen lassen, oder ichts furnehmen das wider Ir gnad geen oder sein solt. Angesehen wie gnädiglich und getreulich ir Herr und Vater 1) sich bei der Ritterschaft des Lands zu Franken gehalten, die er allzeit geliebt und gehandhabt, also dass er das Wort in sein gruben bracht hab, dass er ein erzieher und ein auffenthalt des Adels gewesen sey. Denselben fusstapfen und furstenlichem gemut nachzuvolgen Ir genad gein dem Adel und sunderlich im land Franken, auch sind des vertrawens die Erber Ritterschaft hab sie auch in augen als ir elltern getan haben Vnd lassen sich in kein widerwillen noch widerwertigkeit gein iren gnaden Furen, noch in ichte das der Ritterschaft irn löblichen herkommen und freyen Dienste verhindern mocht, das wollen sie in unvergessen gemut und gedechtnus gein jne halten in gnaden gunstlich zu erkennen und zu beschulden. Item sollt ein verstentnus zwuschen der Ritterschaft gemacht werden, dass es gesetzt wurd auff der weysse, dass sie sich zusamen theten in erbern vertrag, dorin sie sich gein einander verschrieben und einer den andern bei seynem inhabenden gut gerwelig 1) pleiben zu lassen, dieweil einer den andern des mit recht nit entsetzt und dass sie einander vnder ine selbst und gein Andern, die in diesem Bund mit wern, hilff schuldig wern, wie man der eines wurd die gleich und zimlich wer vnd jr leydenlich genuss rechtlich ausstrag hatten umb was sie zu einander zu sprechen hetten oder gewonnen, doch dass ein yder seyn herren aussnem, damit wern sie bey einander und mochten sich dester bas bei Recht und dem Iren, auch bei jhren frenkischen Freiheiten behalten mit hilffe der frenkischen Fürsten, welche zu jm komen, das den selben vorbehalten were, welche zu jne in solchem vertrag wollten, das sie den oder dieselben zu in jne den vertrag nemen. Item, wo die Ritterschaft darauf geen wollt, dass sie sich zum Bischof zu Würzburg thun wollen, davor seyt; denn es wer merklich wider die Ritterschaft (?!), dadurch weren sie an dasselb und allein vertrickt und wer jne damit vbel geholffen gein des Bischofs puntgenossen, die der Bischof nit wurd dahinden lassen. Item jne ist auch furzuhalten der Handel der Eynung der Ritterschafft zu Swaben, wie daselbst zwuschen der Ritterschafft und des Reichs Steten gefasst ist und die Fürsten und herrn Österreich und Würtenberg zu denselben pund in Eynung komen seyn !"

Diese Sprache ist verständlich genug und die nachfolgende Verhinderung der im besten Wege begriffenen Einigung lässt über die wahre Absicht keinen Zweifel aufkommen. Viel lieber sah man noch den Eintritt in den schwäbischen Bund, in welchem sich Fürsten (unter ihnen der Oheim der Markgrafen von Brandenburg Erzbischof Berthold von Mainz) Prälaten, Ritter und Städte befanden, als eine Conföderation unter sich, die instinctmässig zum Anschlusse an einen geistlichen Fürsten geführt hätte, die ja bereits im Lande zu Franken aus der Mitte der Reichsritterschaft gewählt wurden. Sie konnte verhindert

1) Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg.

2) geruhelig.

werden; aber von diesem Momente an, beginnt aber auch die Oppositionsstellung der deutschen Ritterschaft. Schon im Jahre 1495 verweigern sie jeden Antheil an Errichtung des gemeinen Pfennings; das alte wüste Treiben gesellt sich noch stärker als je hinzu. Schon 1499 treibt ihr Benehmen die Bauern in Schwaben zur Empörung und fürchtet man in Franken bereits dasselbe. Zwei Jahrzehente später wetteifern sie mit den Städten in Erhebung von Klagen gegen alle Stände des Reiches, Beschwerden aus denen der Ärger, hinter den Städten zurückbleiben zu müssen, klar hervortritt. Dann muss der schwäbische Bund nach Franken ziehen, die adeligen Schlösser zu zerbrechen, und indem er dieses thut, beraubt er Franz von Sickingen seiner Bundesgenossen, wird dieser um so leichter von den Fürsten besiegt und damit das geträumte, ritterschaftliche Herzogthum Franken als Embryo vernichtet.

Obwohl hiedurch, so wie durch Stiftung des schwäbischen Bundes die sonst so nahe gelegene Vereinigung des gesammten republikanischen Elementes im Reiche aufgehalten wurde, hatten diese Ereignisse doch für die Entwickelung des Städtewesens keinen nachtheiligen Einfluss, sondern gelangte dieses gerade jetzt auf den Gipfel seines Glanzes, wenn auch zum Theile in Folge der eingetretenen ausserordentlichen Ereignisse der Zeit. Es fand ein neuer Aufschwung Statt, zwar nicht für alle, doch für die grösseren Städte, wie denn überhaupt aristokratische, um nicht zu sagen oligarchische Interessen sich von dieser Zeit an sehr bemerkbar machen. Die Entdeckung einer neuen Welt, noch mehr des Seeweges nach Süd- und Ostasien fand aber an ihnen keine müssigen Zuschauer. Die lang gesparrten Capitalien, der Fleiss reichsstädtischer Haushaltung, wurden im Seehandel angelegt, und bald ist es dahin gekommen, dass deutsche Schiffe die von Lissabon aus nach Ostindien segelnde portugiesische Flotte begleiten. Antwerpen wird die Brücke, durch welche das Kaiserreich mit Portugal, Mitteleuropa mit Mittelasien in Verbindung treten. Eine deutsche Colonie wurde in Mittelamerika gegründet. Der Gewürzhandel fiel in die Hände deutscher Handelsgesellschaften und wurde bald in einer Art betrieben, dass die in Folge der Entdeckung neuer Welten eingetretene Wohlfeilheit derselben, schnell einer doppelt empfindlichen Theurung weichen musste. Schon im Jahre 1512 musste sich die Reichsgesetzgebung gebieterisch in die Handelsverhältnisse Deutschlands einmischen und es ist für unsere Zustände äusserst charakteristisch, dass, während die deutsche Hansa 50 Jahre später durch die sogenannten,,marchands avanturiers und andere Monopolisten" (englische Handelsgesellschaften) den englischen Tuch- und Wollenhandel verlor, allmälig aus England verdrängt wurde, im deutschen Reiche, als der Welthandel kaum an dasselbe gekettet worden, die grossen Handelsgesellschaften, welche allein denselben mit Vortheil betreiben konnten und denen die grossen Handelsstände ihren Reichthum, Deutschland seinen Antheil an dem Welthandel verdankte, schon 1512 strengstens verboten, ein Kaufmann Bartholomäus Rein, ,,der in gar kurzer Zeit mit so wenig Hauptgut in der Hochstetter Gesellschaft all sein merkliches Gut gewonnen hat," (etwas später) deshalb eingekerkert wurde.

Es ist nothwendig von den deshalb getroffenen Massregeln, wie von den laut gewordenen Beschwerden das Erheblichste mitzutheilen.

Nachdem, heisst es in dem Antrage auf dem Reichstage zu Köln (22. Mai 1512) „etlich viele Gesellschaften in Kaufmannsschaften in kurzen Jahren im Reiche aufgestanden, und etlich sonder Personen sein, die viel Waare und Kaufmannsgüter als Specerey, Erz, Wollentuch u. d. gl. in ihre Hände und Gewalt allein zu bringen unterstehen, Fürkauf damit zu treiben, setzen und machen ihnen zu Vortheil solche Güter, den Werth ihres Gefallens, fügen damit dem heiligen Reich und allen Ständen desselben merklich Schaden wider gemeines geschriebenes kaiserliches Recht und alle Ehrbarkeit, ist bedacht inn selben auch merklich Nutz und Noth sein Ordnung und Fürsehung zu thun. Demselben nach sollen solch schädliche Handtierungen hinfort verboten und absein und die hinfort Niemand treiben oder üben. Welche aber herwider solches thun würden, derer habe und Güter sollen confisciret und der Obrigkeit jeglichs Orts verfallen sein, auch dieselben Gesellschaften und Kaufleute hinfort durch keine Obrigkeit im Reich geleitet werden, sie auch desselben nicht fähig sein, mit was Worten, Meinungen oder Clauseln solches Geleit gegeben würde. - Doch soll hiedurch Niemanden verboten sein, sich mit Jemanden in Gellschaft zu thun, Waare, wo ihnen gefällt, zu kaufen und zu verhandtiren, dann allein dass er die Waare nicht unterstehe in eine Hand zu bringen und derselben Waare nicht einen Werth nach seinen Willen und Gefallen zu setzen oder den Käufer oder Verkäufer an ding solche Niemanden dann ihm zu kaufen zu geben oder zu behalten oder dass er sie nicht näher geben wollte, wann wie er mit ihm überkommen hätte." etc.

Man sieht nun daraus, dass auch die Hansa, in deren Händen der Handel mit Wollentuch und theilweise selbst mit Erz, schwedischem Eisen und Kupfer lag, gleichwie die Handelsunternehmungen der Fugger von Augsburg die durch ihren monopolisirenden Bergwerkbetrieb nicht wenig zu den revolutionären Bewegungen des J. 1525 beitrugen, wie die grossen Gesellschaften, die nach Portugal handelten, unter dem Verbote begriffen waren. Neu und für Deutschland sehr eigenthümlich aber war, dass als ein Hauptanlass zu diesem den Welthandel und den Reichthum der Nation berührenden Verbote unter anderen auch die Verordnungen der Kaiser Theodosius, Honorius und Justinian angeführt wurden. Als Maria und Elisabeth von England die 100jährigen Privilegien der Hansa in London brachen, wurde, um ihnen die Concessionen 14 englischer Könige zu entziehen weder Theodosius noch Justinianus citirt. Man erhöhte von Seiten des Parlamentes die Zölle, gestattete die Bildung neuer Monopolien (Handelsgesellschaften), welche die alten (fremden) aus dem Lande trieben und liess diese in Emden auf damals deutscher Erde - festen Fuss fassen, den Feind im eigenen Lande zu bekämpfen. Man merkt an der Verordnung des Kölner Reichstages den matten Flügelschlag einer neuen Zeit, in welcher zwar Nationalgeist, Nationalreichthum und Nationalgrösse untergingen, aber das Studium des justinianischen Rechtes in Deutschland grosse Fortschritte machte, und Hand in Hand mit den Zerwürfnissen der Zeit gehend, theilweise sie nährend, theilweise sie ausbeutend, die alte Grösse vernichtete. Mochten übrigens der Kölner Reichstag und nach ihm noch 5 andere die Monopolien verbieten, der Adel nicht genug Worte finden, das Schädliche derselben hervorzuheben, der Kaufmann schloss noch wie vor seine

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