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südlichen Ufer der Mur auf das nördliche nach Kraubat hinüberführt, und von welcher gegen Osten die Grafschaft Leoben begann.

Doch ist diese Schenkung unter zwei Einschränkungen zu verstehen. Erstens sagt H. Heinrich nicht, dass er diesen ganzen Landstrich dem Markgrafen Ottokar schenke, sondern nur das, was darin sein Eigen war. Zweitens muss man selbst von dem, was Heinrich einst darin besessen hatte, dasjenige abziehen, was er bereits der von ihm gestifteten Abtei St. Lambrecht geschenkt hatte. St. Lambrecht besass aber in der angegebenen Landstrecke von Lungau bis Stephansbruck bereits

a) die Besitzungen, welche man unter dem Namen der Herrschaft St. Lambrecht zusammenfassen kann;

b) die Pfarre und das Gut Grazluppa (Maria-Hof);
c) Judenburg;

d) Weisskirchen mit Baumkirchen;

e) St. Martin zu Lind zwischen Judenburg und Knittelfeld sammt dem Orte Cidelaren und den Seethal- und Schwalbenthal-Alpen. Da wir nun nicht wissen, was Herzog Heinrich vor der Gründung von St. Lambrecht in dem angegebenen Landstriche besessen habe, ja, da wir nicht einmal den Umfang der an St. Lambrecht geschenkten Güter kennen, so lässt sich nicht angeben, was Heinrich dem Ottokar zwischen Lungau und Stephansbruck vermacht habe. Mit Gewissheit kann jedoch angenommen werden, dass die Ministerialen des Herzogs mit ihren Lehengütern, da sie von der Schenkung an St. Lambrecht ausgenommen worden waren, an Ottokar übergegangen seien.

2. Alles, was der Herzog besessen hatte vom Ursprunge der Mürz bis zu ihrer Mündung in die Mur, so wie von der Wasserscheide des Semmering bis in die Mürz, natürlich wieder mit Ausnahme des bereits schon früher an St. Lambrecht Verschenkten. Dieses hatte aber im Mürzthale St. Georgen in Lomnick und St. Maria nebst dem dabei gelegenen Stadelhofe Schalchdorf bekommen. Auch hier können aus den oben angegebenen Gründen die an Ottokar übergegangenen Besitzungen nicht nachgewiesen werden, doch dürften sich darunter die Ministerialen und ihre Lehen befunden haben.

3. Was der Herzog besessen hatte von dem Zusammenflusse der Mur und Mürz (Bruck) bis Gestnick (Gösting). Auf dem rechten Ufer der Mur konnte der Herzog nur wenig mehr besessen haben. Denn von Bruck bis Röthelstein reichte die Grafschaft Leoben; Agriach war nach St. Lambrecht verschenkt worden, und Run a (Rein) schon längst ein Eigenthum einer Seitenlinie des herzoglichen Hauses, und damals dem Grafen Waldo gehörig. Die dem Markgrafen vermachten Güter mochten wohl auf dem linken Ufer der Mur gelegen sein.

4. Gestnick (Gösting) mit der ausdrücklichen Bemerkung: Swaz daz ist umb Gestnik, daz ist allez des selben aygens, d. i. die ganze Gegend um Gösting gehört ausschliesslich dem Herzoge (und hier hatte er noch nichts verschenkt). Gösting, d. i. das Gut, reichte damals bis Steindorf, südlich von Eggenberg, herab, und umfasste ohne Zweifel auch das linke Ufer der Mur in

entsprechender Länge, so dass die heutige Hauptstadt Gratz im einstigen Umfange des Gutes Gösting liegt.

Auf die obige Stelle folgt der Zusatz: bayde mit den Purcken (Burgen) vnd mit den Dienstmannen vnd mit den leuten, di darzuo geheren. Das Wort bayde bezeichnet einen Gegensatz zwischen dem oberen Murboden, dem Mürzthale und dem Murthale bis Gösting einer- und der Gegend um Gösting andererseits. Dort hatte er nur mehr zerstreute Besitzungen, hier gehörte Alles ihm. Beides nun, will der Zusatz sagen, sowohl jene zerstreuten Güter, wie dieses Zusammenhängende, schenkte der Herzog dem Markgrafen und zwar sammt den Burgen, den Dienstmannen (Ministerialen) und den dazu gehörenden Eigenleuten.

5. Darnach von dem Entrichemstein, daz geyn (gegen) Friesach leit, her nider vntz (bis) in di Muer, daz ist allez des selben aygens. Diese Bestimmung ist eine sehr unvollständige, indem sie nur eine Linie angibt, die übrigen aber unbestimmt lässt. Die blosse Angabe, dass H. Heinrich dem Markgrafen auch den Landstrich von Entrichemstein bei Friesach bis zur Mur geschenkt habe, lässt es nämlich unbestimmt

a) ob der geschenkte Landstrich rechts oder links von dieser Linie gelegen sei, und

b) wie weit er sich in die Breite erstreckt habe.

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Der Landstrich links oder westlich von der angegebenen Linie konnte nicht gemeint sein, denn diesen — von der Metniz bis zur Mur besass, vermöge der Stiftungsurkunde vom Jahre 1114, bereits die Abtei St. Lambrecht, sondern es konnte nur der Landstrich rechts oder östlich von der bezeichneten Linie gemeint sein, nämlich zunächst das Olsa-Thal von Friesach bis Neumarkt, mit der hinter diesem Orte sich erhebenden und gegen Scheifling an der Mur sich absenkenden Bergen, dann die ganze südliche Abdachung des unter dem Namen Judenburger-Alpen bekannten Alpenstockes, in sofern er seine Gewässer, wie eben die Olsa, mit den ihr zufliessenden Bächen, die Görtschiz und die Lavant, nicht der Mur, sondern mittelbar oder unmittelbar der Drau zusendet.

Die Grenze des in diesem 5. Puncte an Ottokar geschenkten Landes trifft genau mit der heutigen Grenze von Steiermark und Kärnten zusammen, was leicht begreiflich ist. Nach der ausdrücklichen Angabe gehörte der bezeichnete Landstrich früher ganz dem Herzoge, seit der Schenkung ganz dem Markgrafen, der, oder vielmehr dessen Sohn Leopold daher denselben seiner durch Heinrich's Vermächtniss ansehnlich vergrösserten Mark einverleibte. Als nun in der Folge aus der Mark Steier ein Herzogthum wurde, so umfasste dieses auch jenen Landstrich, der früher zu Kärnten gehört hatte, wodurch letzteres, das einst einen so grossen Umfang gehabt hatte, zu einem so kleinen Ländchen zusammenschrumpfte.

6. Bekam Markgraf Ottokar in Friaul und Istrien folgende Besitzungen: Portenau und das halbe Canalthal (die andere in Kärnten gelegene Hälfte gehörte dem Bisthume Bamberg), Tybein oder Duino und Spangenberg mit ihren Zugehörungen.

7. Erhielt Ottokar die Vogtei über die Abtei St. Lambrecht „da sein Pruder leit vnd ouch er selbe vnd ouch gestiftet hat daz chloster, daz dinget

er im also, daz deme niemen (Niemand) voyt were, noer der aine, der Herre ze Steyer were." Die Vogtei über St. Lambrecht sollte daher nur dem Markgrafen Ottokar und seinen Nachkommen zustehen.

Da der Herzog in seinen früheren Urkunden, so lange er noch Hoffnung auf Nachkommenschaft hatte, die Vogtei über St. Lambrecht sich und seinen Söhnen vorbehalten hatte, so ergibt sich, dass obige Schenkung von Land und Leuten und die Übertragung der Vogtei an Ottokar erst zu jener Zeit geschehen sei, wo Heinrich jene Hoffnung bereits aufgegeben hatte, also in seinem höheren Alter, vielleicht einige Jahre vor seinem Tode.

...

Ob sich der Herzog eine Gegenleistung ausbedungen habe, lässt sich, da wir nur eine Aufschreibung, nicht aber eine Urkunde vor uns haben, nicht entnehmen. Aus dem Ausdrucke: der Herzog dinget dem Markgrafen . . . kann die Forderung einer Gegenleistung noch nicht gefolgert werden. Da im longobardischen Rechte eine Schenkung thinx (things) genannt wird, SO sieht man, dass thingan auch so viel als schenken bedeutet, und jene Übertragung des Eigenthumes kann daher als eine Schenkung auf den Todesfall angesehen werden. Die Späteren nehmen es für ein Testament, und es mag vielleicht ein solches gewesen sein; was jedoch wir vor uns haben, ist nichts als eine blosse Aufschreibung, die uns kein weiteres Urtheil gestattet.

Aus der Schenkung so bedeutender Güter und aus der Übertragung der Vogtei über St. Lambrecht, lässt sich mit Recht schliessen, dass Herzog Heinrich in seinen späteren Jahren mit dem Markgrafen Ottokar VI. (IV.) auf einem guten Fusse gestanden sei, was früher nicht der Fall war, da der Herzog dem schismatischen Kaiser, Ottokar aber dem rechtmässigen Papste anhing. Das gute Verhältniss zwischen Beiden konnte sich demnach erst nach 1102 gestaltet haben. Jedenfalls wurde dasselbe noch stärker und inniger dadurch, dass Heinrich Ottokar's Schwägerin zur Gemahlin nahm. Denn Elisabeth, Ottokars Gemahlin, und Sophia, Heinrich's Gemahlin, waren Schwestern, nämlich beide Töchter des Markgrafen Leopold III. des Schönen von Österreich und dessen Gemahlin Itha oder Ida aus dem Welfischen Hause. Dem Alter nach mussten jedoch Elisabeth und Sophia bedeutend verschieden gewesen sein, oder es musste erstere sehr jung gestorben, die zweite aber sehr alt geworden sein; denn Elisabeth starb 1104, Sophia aber erst 1152.

Ottokar erlebte aber den Anfall der ihm von H. Heinrich geschenkten Güter und der Vogtei über St. Lambrecht nicht, indem er am 26. oder 25. November 1222, Heinrich aber am 4. December 1122 297) starb, so dass das 297 genealogische Manuscript von Vorau allerdings Recht hat, wenn es sagt, dass Markgraf Leopold der Tapfere von Steier, vermöge Testamentes, Erbe geworden sei der Besitzungen und Ministerialen des Herzogs Heinrich von Eppenstein; er war ja Ottokar's VI. (IV.) Sohn.

Wir fahren nun in der Besprechung der Besitzungen H. Heinrich's fort.

In der Schenkung an Ottokar kommt von Afflenz, Piberthal und der Grafschaft Hengist nichts vor. Nun was A fflenz betrifft, so war diese Herrschaft sammt 3 Ministerialen an St. Lambrecht geschenkt; ebenso die Herrschaft Piberthal, jedoch mit Ausnahme der Ministerialen. Wem nun

diese und die in der Grafschaft Hengist gelegenen herzoglichen Besitzungen zugefallen seien, darüber findet sich nirgends eine Angabe. Ich glaube jedoch nicht unrecht zu haben, wenn ich annehme, dass der Herzog diese Besitzungen, oder wenigstens einen ansehnlichen Theil derselben, seiner Gemahlin Sophia als Witwengut bestimmt habe. Denn dass er ihr ein solches und zwar ein ihrem Stande angemessenes angewiesen haben werde, kann keinem Zweifel unterliegen, so wie es zugleich begreiflich ist, dass er es ihr nur dort könne angewiesen haben, wo er noch Güter besass, über welche er noch keine Verfügung getroffen hatte. Und dies war eben die Gegend westlich von Wildon und Leibnitz, zwischen den Flüssen Kainach, Mur und Sullm und der Koralpe, denn dort hatte weder St. Lambrecht noch der Markgraf Ottokar etwas bekommen.

Nimmt man noch an, dass er vielleicht ein oder das andere Gut, wie namentlich seine Besitzungen in Baiern, seinen Seitenverwandten, den Nachkommen der Brüder seines Grossvaters, des Herzogs Adalbero, denn dass sowohl Eberhard als auch Ernst Söhne gehabt haben, wurde schon in der 2. Abtheilung gezeigt oder seinen natürlichen Kindern, wenn er etwa solche hatte, hinterlassen habe, so dürfte selbst der letzte Rest der Güter H. Heinrich's seinen Mann gefunden haben, wenn überhaupt ein solcher noch geblieben sein sollte.

Dies mögen diejenigen bedenken, welche behaupten, dass Hedwig, des Grafen Engelbert I. von Sponheim und Lavantthal Gemahlin, eine Tochter des Herzogs Heinrich gewesen sei. Wäre sie wirklich seine Tochter und demnach ihre Söhne Engelbert II., Bernhard, Heinrich u. s. w., seine Enkel gewesen, so würde er jene bedeutenden Allode und Dienstmannen, die wir oben angeführt haben, gewiss nicht seinem Schwager Ottokar, sondern vielmehr ohne Zweifel seinen Enk eln vermacht haben. Da man nun nirgends aufgezeichnet findet, dass er den Söhnen Engelbert I. etwas vermacht habe, ja da er vielmehr seine Güter theils zur Gründung von St. Lambrecht verwendet, theils dem Markgrafen Ottokar geschenkt, und theils seiner dritten Gemahlin als Witwengut bestimmt hat, und da nach dieser Vertheilung kaum etwas Namhaftes übergeblieben sein dürfte, was er den Sponheimern hätte schenken können, so wird man doch einmal die irrige Meinung aufgeben müssen, dass Hedwig Heinrich's Tochter gewesen sei. Dass Heinrich ein Sohn des Grafen Engelbert I. von Sponheim und Lavantthal, unserem Heinrich in Herzogthume Kärnten nachgefolgt sei, beweist noch keineswegs eine so enge Verwandtschaft beider. Die Verleihung eines Herzogthums nach dem Erlöschen einer Dynastie, welche dasselbe bisher besessen hatte, hing lediglich von dem Gutdünken des Kaisers ab. Warum nun Kaiser Heinrich V. Kärnten dem Sponheimer Heinrich und nicht dem Traungauer Leopold, Ottokar's VI. (IV.) Sohne, verlieben habe, wer weiss es? Vielleicht weil dem Kaiser jener grössere Dienste geleistet hatte, zur Regierung tauglicher schien, vielleicht auch nur angenehmer war als dieser. Vielleicht weil das Geschlecht der Sponheimer, damals aus so vielen blühenden, kräftigen Sprossen bestehend, eine grössere Wahrscheinlichkeit längeren Bestandes darbot, als das Traungauische, das eben nur auf Leopold, Ottokar's einzig em Sohne, beruhte; vielleicht auch, weil Engelbert II. nach seines Schwagers Popo Tode sich der Mark Istrien bemächtiget hatte und

ein Bürgerkrieg zu befürchten stand, wenn Kärnten an Leopold, nicht an Heinrich verliehen worden wäre.

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An allen von Herzog Heinrich ausgehenden Urkunden ist sein Siegel von Wachs befestiget. Es ist ein sogenanntes Reiter-Siegel, indem es nämlich den Herzog ob gewappnet oder in festlichem Anzuge, ist schwer zu entnehmen zu Pferde, in der Linken den Schild, in der Rechten fast wagrecht die herzogliche Fahne haltend, mit der Umschrift: HEINRICVS DEI GRATIA CARINTHIAE DVX darstellt. Leider, ganz entgegen ähnlichen Siegeln späterer Zeit, stellt es den Herzog von der rechten Seite dar, wodurch die äussere Seite des Schildes, auf welcher sonst das Wappen angebracht zu sein pflegt, unsichtbar wird, was ohne Ausnahme bei allen seinen Urkunden der Fall ist, so dass man, da auch auf der Fahne kein Wappen bemerkbar ist, von diesem gar nichts sagen kann. Trotz dem liess ich, da Siegel aus einer so frühen Zeit eben nicht häufig sind, zwei derselben abzeichnen, weil ich glaubte, dass sie für die Siegelkunde denn doch von einigem Interesse sein dürften, und trug dem Zeichner auf, dabei auf nichts anderes als auf die möglich grösste Ähnlichkeit der Zeichnung mit dem Originale zu sehen, welche Aufgabe derselbe auch zu meiner vollen Zufriedenheit löste. Auch entspricht die Zeichnung, was ich ebenfalls forderte, an Grösse genau dem Originale, und damit die Zeichnung so viel als möglich die Anschauung des Originals ersetze, ist auch die Farbe des Wachses angegeben, das bei der Urkunde vom Jahre 1103 (Nr. 1) braun, bei jener vom Jahre 1114 (Nr. II) schwarzgrau ist.

Diese wächsernen Siegel hängen etwa nicht an Pergamentstreifen oder seidenen Schnüren von der Urkunde herab, sondern sind auf eine eigenthümliche Art auf der Urkunde befestiget. Es sind nämlich zwei gleich grosse Wachsscheiben, die eine auf der vorderen, die andere auf der hinteren Seite der Urkunde, welche, da sie in erweichtem Zustande aufgetragen wurden, nicht nur auf dem Pergamente fest haften, sondern durch eine vorher im Pergamente ausgeschnittene runde Öffnung auch unter sich fest zusammen halten. Sie bilden daher gleichsam eine Rolle, zwischen deren Scheiben um die Achse herum das Pergament sich befindet. Die vordere Scheibe ist flach und enthält den Abdruck des Siegels, die hintere dagegen ist etwas convex und ohne Abdruck.

Rücksichtlich der beiden hier in Abzeichnungen mitgetheilten Siegel muss ich jedoch aufrichtig bemerken, dass nur das Siegel Nr. I echt, jenes Nr. II aber in soferne unecht sei, als die Urkunde selbst unterschoben ist, indem sie statt des wahren Jahres 1114, welches sie tragen sollte, nur die falsche Jahreszahl 1104 trägt. Es ist dies nämlich die im hiesigen st. st. Joanneum befindliche Urkunde 298), von welcher ich aus ihrem Inhalte erwiesen habe, 298 dass sie nur das Datum des Jahres 1114 tragen könne, und dass sie daher, da sie ohne Spur einer Radirung oder Correctur vom Jahre 1104 datirt ist, unterschoben worden sei. Doch diese Unterschiebung schadet dem Siegel nicht. Denn wer jene beging, wird wohl so klug gewesen sein, sich einen Abdruck des Siegels der echten Urkunde, die sich im Archive des Stiftes St. Lambrecht befindet, und worin eben in der Jahrzahl M.C.XIV das X ausradirt worden ist. zu verschaffen. Der Unterschied des Siegels auf dieser echten Urkunde und Archiv XII. 12

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