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VI.

Fundatio monasterii in Walderbach,

nebst

Vorerinnerungen

über

die Familie der Regensburger Burggrafen,

Grafen von Stevening und Ridenburg.

Von

Theodor Mayer,

Bibliothekar in Melk.

Dass ich die Untersuchung eines zunächst bairischen Gegenstandes in die Hand nahm, davon war Ursache der nachfolgende, in der Melker Bibliothek abschriftlich befindliche Aufsatz über die Gründung des Cistercienserklosters Walderbach am Regenflusse, welcher Aufsatz mich fast verpflichtete, über die Gründer etwas genauer nachzuforschen, besonders da jene Familie mit den österreichischen Babenbergern in mehrfachen Verhältnissen stand. Denn nebstdem, dass beide Häuser nicht unwahrscheinlich, jedoch für mich nicht nachweisbar, stammverwandt waren, und Leopold, der Erlauchte, und Babo von Stevening beide zu gleicher Zeit (976) nach Burkard's Absetzung oder Tod, jener sein Markgrafen- dieser sein Burggrafen-Amt antraten, haben später zwei Heirathen Babenbergischer Töchter in jene Familie, und dadurch andere eingeleitete Verhältnisse die Enkel Babo's in die österreichischen Geschichten verflochten. Von bairischen Forschern ist mir hierüber nichts seit dem gelehrten Roman Zirngibl1) bekannt geworden, dessen Fussstapfen allerdings gebührend zu beachten sind, aber sich zuletzt ganz verwirren. Aber bei Auffinden von Daten hat mich v. Meiller's ausgezeichnetes Regestenwerk vorzüglich geleitet, ein Schatz, den Geschichtsforscher und Geschichtschreiber, wie sehr sie daraus schöpfen, nicht erschöpfen werden; in der Verwendung der Daten wünschte ich, wo ich von seiner Ansicht abweiche, seine Beistimmung oder Zurechtführung.

Der alte Aufsatz, den ich hier veröffentliche, ist erst gegen das Ende des 13., vielleicht im Anfang des 14. Jahrhunderts geschrieben, denn der Verfasser meldet, dass das Haus schon länger erloschen sei, was um 1200 geschah, und kennt utrumque districtum ducum Bavariae, welche Theilung in Ober- und Niederbaiern 1253 zuerst Herzog Otto's Söhnen Ludwig und Heinrich beliebte; aber er war Archivar seines Klosters, und schrieb aus den Urkunden desselben eben in der Absicht, Kenntniss über die Hergänge zu verbreiten, ohne die Documente selbst allen profanen Händen preis zu geben.

Bei den Zeiten, die dem Inhalte des Aufsatzes voran gehen, treten sogleich die gewohnten Schwierigkeiten über Herstammung und über Zusammenhang der Familie mit anderen entgegen, Fragen, in denen ich bei den Genealogisten lieber Mitleid mit eingestandener Unwissenheit, als Hader über einen Fehler, begangen entweder gegen die Wahrheit oder doch gegen die augenscheinliche Apodeixis genealogischer Tabellen, finden will.

Wenn wir den Namen Pabo über das zehnte Jahrhundert hinauf verfolgen, so erscheint ein Pabo mit Werinhar schon um 844-847, er, nach Rapoto's

1) Über Babo von Abensberg und seine dreissig Söhne. München 1814.v. Lang, Baierns alte Grafschaften und Gaue, Nürnberg 1831, behandelt den Gegenstand kurz und nicht genau.

Ungnade als Graf in Regensburg 1); gleichzeitig erscheinen beide Namen als die der karantanischen Grenzgrafen in Sachen und Schenkungen des Fürsten Priwina. 864 unterzeichnen bei Anamot die Zeugen Otacher, Papo, item Papo, Patager 2). 869 unterzeichnen eine Urkunde für Erzbischof Luitpram als Zeugen: Ernst, Ratbod, Wernher, Pabo 3). — 879 folgt auf Alpraht als Regensburger Graf Engildeo, der um 890 auch östlicher Markgraf gegen die Böhmen, und als dieser 895 aller Würden entsetzt wurde, folgte wieder ein Pabo bis 904 *).

Von da schweigen die Regensburger Urkunden über die Grafen des Donaugaues - denn unbestimmte Erwähnungen übergehen wir 5) — bis auf Burkard, an dessen Stelle sodann 976 Babo, Herr von Stevening, als Burggraf eintrat. Zwar eine Stelle der von mir veröffentlichten Passio S. Quirini von Wernher lässt vermuthen, dass dieser Babo mit seinen Amtsvorgängern wenigstens seit Herzog Arnulf dem Bösen - nennen wir ihn immer so, es wird ihm nicht schaden (907-937) aus Einer Familie war, und dies nimmt auch Huschberg (Geschichte von Scheyrn-Wittelsbach S. 274) an 6); denn im 7. Mirakel heisst

1) Juvav. S. 89.

2) Der in allen seinen Hypothesen wunderbar verunglückte Freiherr von Hormayr wollte aus einer Schenkung von 835 einen Otaker mehr gewinnen, indem er Patager in Otager verwandelte, als ob jener Name so selten wäre. In der oben angeführten Urkunde stehen beide Namen neben einander. Patager erscheint wieder 848 (bei Ried S. 42), und 834 schenken Cunzo mit seinem Sohne Patacho an St. Gallen (Neugart, Cod. Alemann. S. 218); ein Patacho (vielleicht derselbe) und sein Bruder Sigibert geben 846 dahin Güter am Bodensee (S. 256). Patger ist Zeuge in einer Fuldaer Urkunde von 826 (Dronke, Dipl. S. 207, Nr. 470), Patacho Zeuge und abermals 907 (Neugart 511 und 545).

3) Um 880 leben ein Papo und Werinher, Söhne der östlichen Markgrafen Wilhelm und Engilschalk. Und da ich im Verlaufe dieser Vorerinnerung um 1000 einen Ruprecht, Babo's Sohn und Amtsnachfolger, aufführen werde, so bemerke ich hier einen früheren (887) Grafen in regno Carentano an der Gurk in loco Sellesen (Juvav. S. 110), vielleicht denselben, von dem es Annal. Alemann. 893 heisst: Arnolfus in Maraha, Wilhelm occisus. Engilscale occecatur, Ruodpertus occiditur. Ussermann merkt an: Videtur esse ignotus frater Wilhelmi a Zwenteboldo interfectus. Demzufolge ist der Rupert, dilectus noster comes terminalis, der 898 im 9. Jahre Arnulf's intercedirt (Pez I, P. III, S. 32), wieder ein anderer.

4) Engildeo als marchio orientalis ist so gut von der österreichischen Mark zu scheiden, als Eberhard Bruder des Königs Konrad, der in den Annal. Laurisham. 912 marchio orientalis heisst, nämlich Franciae orientalis, und dort, nicht bei Wels, wie Roman Zirngibl vermuthet, hatte er 912 mit den Ungern zu thun. 5) Z. B. 930 erscheint ein Pabo als Zeuge (Juvav. S. 166). Bestimmte Anführungen sind: 900 Liutpald comes, Pabo comes. 901 intercediren die Grafen,

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Pabo und Isengrin. Wieder Pabo 903 (Mon. boic. 31, 1, S. 165–168).

6) Arnulf (sagt er) hatte Buch den Vorältern des Burggrafen Otto von Regensburg übergeben; nach Arnulf's Tode war es wahrscheinlich durch Kaiser Otto I. den Burggrafen in der Eigenschaft eines Reichslehens wieder verliehen."

es vom Gute Buoch im Donaugau ober Straubing 1): dieses - einst tegernseeisch dux tyranissimus Arnoldus destructor ecclesiarum deinceps (von da an) praefecto Ratisponensi in beneficium mortis tradidit. Rapina ad heredes concessit, hine sequenti tempore (1140) praefectus (nefanda hereditas per successionem devenerat) in concambio illam vendidit, sicque postmodum coenobio S. Georii (Prüvening) possessio illa obvenit. Indessen bleibt immer die Frage übrig: ob die Successionen im Amte auch die Succession der Familie im Amte einschloss? Burkard wenigstens gehörte schwerlich zur Familie der Babone. Dass aber Buoch wenigstens seit dem Babo von 976 im Besitz der Familie war, erhellt aus der mehrfach merkwürdigen Urkunde Herzog Leopolds von 1140, betreffend die Übergabe jenes Gutes, durch den damaligen Burggrafen Otto Habuit Otto beneficium quoddam ad ius regni pertinens 2), cui Buocha vocabulum est, quod longo retro tempore per decessionem avorum suorum et legitimam concessionem praedecessorum nostrorum et nostram ad eum beneficiario iure pervenerat. Venerandus Erbo abbas — obtinuit apud praefatum comitem, ut ipsum beneficium cum omnibus suis pertinentiis per concessionem nostram et auctoritatem in ius ecclesiae S. Georgii transfunderet, recepta plena recompensatione praedio apud Manegoltingen.

Auf einen genealogischen Zusammenhang der Familie, aus der Babo, mit der Babenbergischen, scheint vieles hinzudeuten: 1) die Nachbarschaft der Grafschaften Stevening, Kalmünz, Rietenburg und der schweinfurtischen Besitze Kastel, Ammertal, Kreussen u. a. ; 2) zu geschweigen die gleichzeitige Anstellung Leopold's und Babo's nach vereinten Diensten, und die in beiden Familien gleichen Namen Heinrich, Otto so hatten Leopold und seine Söhne im Donaugau eine dem Babo benachbarte Grafschaft; 3) auffallend ist, dass das erwähnte Buoch, welches urkundlich als Lehen der Regensburger Grafen genannt wird, doch in den wichtigen Aufzeichnungen der von Tegernsee abhanden gekommenen Güter, und zwar in der um 1030 als von Markgraf Adalbert, und in der um 1060 gemachten als von Markgraf Ernest besessen aufgeführt wird3), was auf frühe und nahe Familienbeziehungen hindeutet. Endlich 4) die nordgauischen Besitzungen längs dem Nordwald herab erstreckten sich, wie die der nachmaligen Vormbacher, wie die der österreichischen Babenberger, so auch der Steveninge, bis ins Mühlviertel und bis an die niederösterreichische Grenze des Machlandes herab, wovon nachher zum Jahre 1160 zu reden Gelegenheit sein wird. Ältere Genealogen und Forscher haben sie als mit den Grafen von Burghausen, von Neuburg, mit den Herren (oder wie man sie freigebig nannte) Grafen vom Machland,

1) Zirngibl, S. 40.

2) Also war es auch an Tegernsee nur verlehnt worden. Die Burggrafen besassen es als bleibendes Amtslehen. Die Urkunde sehe man M. B. XIII. pag. 169.

3) Diese historisch wichtigen Verzeichnisse hat (nach Hier. Pez und den M. B.), zuerst beide v. Freiburg (Älteste Geschichte von Tegernsee, S. 64), aber in verkehrter Ordnung, edirt, so dass man sieht, dass er ihre Wichtigkeit und die Zeit ihrer Abfassung noch nicht würdigte.

Archiv XII.

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