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zehnten Jahrhunderte als bestehend erwähnt wird. Sie war dem heiligen Erzengel Michael und den heiligen Märtyrern Cosmus, Damian, Alexander und Theodor und andern geweiht. Ihr erster Ursprung aber soll sich aus der Zeit Herzogs Heinrichs des Vogelstellers herschreiben. Es besaget nämlich ein alter Schriftsteller): es habe schon dieser Herzog der Sachsen, nachmaliger deutscher König, ein früher vom Herzoge Wittekind gegründetes Collegiat- oder Domstift (collegium canonicorum) nach Fallersleben verlegt und es sei ein dort angesetzter Bischof, Namens Marco, auch daselbst gestorben. Allein dies Stift sei nachgehends von Heinrichs Sohne, dem Kaiser Otto I, wieder aufgehoben und dessen Güter dem von diesem neu gegründeten Erzstifte Magdeburg einverleibt worden.

Inzwischen ist diese Nachricht nicht urkundlich beglaubigt.

Dagegen findet sich doch eine, von Kaiser Otto zu Magdeburg im Jahre 966 den 5. October ausgestellte Urkunde, worin er, zum Besten des Seelenheils seiner Gemahlin Adelheid und seines Sohnes Ludolf, der St. Michaelis-Kirche zu Valeresleve, welcher der ehrwürdige Marco vorstehet, von seinem Eigenthum fünf Hufen Land und eben so viel Familien, Leute im Dorfe Gimyn, im Darlingau belegen, übergiebt, nebst allem Zubehör an Waffern, Wiesen, Aeckern, Wegen, Weiden und Holzungen. (S. Gerken cod. dipl. Brandenb. t. IV. p. 431.)

Das hier erwähnte Dorf Gimyn ist das, unweit Fallersleben belegene, noch vorhandene Dorf Ehmen. Dieser Ort ist, seiner ersten Namensbildung nach, Wendischen Ursprungs, wie denn auch der Einfall der Wenden in die Gegend von Fallersleben, Sec. 10, erwähnt wird 2).

Das Dorf Ehmen, ehemals gewöhnlich Imen genannt, hatte schon im dreizehnten Jahrhundert eine eigene Kirche, die unter dem Patronate des St. Ludgeri-Klosters zu Helmstädt

1) Alberti Crantzii Metropol. lib. 3 c. 11.

2) Bünting in seiner Braunschw. Chronik. B. 1.

stand und in diesem Verhältnisse wahrscheinlich auch dem heil. Ludgerus, diesem Apostel der Sachsen, gewidmet war 1). Sie wird erwähnt in einem Güter-Verzeichnisse dieses Klosters, welches um das Jahr 1160 zur Zeit des Abts Wilhelm angefertiget, noch in der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel unter dem Titel: Registrum Helmstadiense Sec. XII vorhanden ist. Unter der Aufzählung der Güter der Patronatkirchen des Klosters kommt auch vor:

Ad Ecclesiam in Imen pertinent duo mansi et dimidius, in ipsa villa IIII solidi de dimidio manso et in Otbredtinerothe VIII de duobus mansis.

Das hier erwähnte Otbredtinerothe scheint ein in der nächsten Umgegend damals belegen gewesenes, jetzt wüstes Dorf zu bezeichnen.

Derjenige Theil des Amtes Fallersleben, welcher unter dem Namen „der Hasenwinkel" sich zwischen Herzogl. Braunschweigischen Besitzungen bis in die Nähe des Klosters Marienthal unweit Helmstedt herabziehet und den ich, als einstiger Anwohner der Gegend, im Pfarramte zu Volkmarsdorf vom Jahre 1800 bis Anfang 1807, zum Theil näher kennen zu lernen Gelegenheit gehabt habe, begreift die Pfarrdörfer Heiligendorf, Neindorf, Ochsendorf und Rhode mit den zugehörigen Orten.

A. Heiligendorf (urkundlich Sec. 10 Helegenthorp).

Dieser Ort ist, gleich andern, deren Name mit Dorf endigt, Sächsischen Ursprungs, und hat sein Entstehen wahrscheinlich einer schon Sec. 10 gegründeten Kapelle oder Kirche, welche dem heiligen Adrian 2) gewidmet worden, zu danken, indem die Um

1) Man sehe das von mir im Jahre 1843 (zu Neuhaldensleben bei Ehraub) herausgegebene Leben des heiligen Ludgerus, Apostels der Sachsen und Geschichte des ehemaligen Kaiserlichen freien Reichsklosters St. Ludgeri zu Helmstädt, aus archivalischen Quellen bearbeitet." S. 76.

2) Der h. Adrian lebte im neunten Jahrhundert, als Bischof zu St. Andrews in Schottland und wurde bei einem Ueberfall der heidnischen Dänen, im Jahre 874, mit vielen andern Christen erschlagen.

wohner sich dort bei dem verehrten Heiligen gottesdienstlich versammelten, und die Stätte danach bezeichneten.

Es bildete sich allmählich ein Groß- und ein Klein-Heiligendorf.

Die St. Adrians-Kirche steht in dem noch vorhandenen Groß-Heiligendorf. Ihre Parochie begriff anfangs viele umliegende Orte, als Klein-Heiligendorf, Goswinkel, Honstedt, (welche drei jetzt wüste) und Barnsdorf; Filiale derselben waren die Kirchen zu Hattorf und Hehlingen 1).

Das Patronatrecht der Heiligendorfer Kirche gehörte in dem zwölften Jahrhunderte dem St. Chriacsstifte zu Braunschweig und dem St. Johanniskloster zu Halberstadt.

In einem Inventar des genannten Chriacsstiftes, welches um das Jahr 1200 vom Herzoge Heinrich, Pfalzgrafen am Rhein, beglaubigt ist, findet sich hierüber folgende Erwähnung 2): ,,Sancte Crucis et sancti Cyriaci martyris Decaniae bona sunt hec. In majori Helegenthorp VI mans. qui solvunt III den. In minori Helegenthorp III mans. qui solvunt VII sol. et III den. In Hattorp III mans. qui solvunt. sol. In Horne unum sol. Ecclesia in majori Helegenthorp in beneficianda est a nostro Decano et a Preposito Sancti Johannis de Halberstad3).

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Quicunque temeraria presumtione bec omnia infringere non formidaverit, sit Anathema Maranatha.

1) Im 15. Jahrhunderte (namentlich 1474) wurde das Dorf Gr. Hilgendorf, nebst Hattorf, Klein-Helingen und einigen andern, zu den Braunschw.-Lüneb. Lehen der von denen von Bartensleben zur Wolfsburg besessenen ehemaligen Burg Rothehof unweit der Wolf8= burg gerechnet. Siehe Daneil, das Geschlecht der von der Schulenburg. B. I. Salzwedel 1847. S. 514.

2) Scheidii Origg. Guelf. III. p. 613.

3) Das St. Johannis - Kloster zu Halberstadt besaß schon im Jahre

1153 auch die Zehnten in Heiligendorf (urk. in helgenthorp). Siehe Niemanns Geschichte von Halberstadt. S. 244.

Die Pfarre zu Heiligendorf besitzt merkwürdiger Weise, als eine Auszeichnung vor vielen andern besonders in der weitern Umgegend, noch Urkunden aus dem 13ten bis 15ten Jahrhunderte, und zwar zum Theil selbst noch in Driginalen, woraus hervorgeht, daß sie, wenigstens seit 500 Jahren, lauter in diesem Stücke Ordnung liebende Pfarrer gehabt hat, welche sich durch die Aufbewahrung dieser Urkunden ein großes Verdienst um die Geschichte der Gegend erworben haben. Der im Jahre 1834 verstorbene Pfarrer Teichmüller erlaubte mir, zum historischen Gebrauch eine Abschrift davon zu nehmen, und ich theile fie daher, weil sie noch ungedruckt sind, auch andern Alterthumsfreunden hier mit.

1.

Eine Urkunde des Bischofs Volrad von Halberstadt, wodurch er die Abtrennung der Filialkirche zu Hattorf von der Mutterkirche in Heiligendorf bestätiget, im Jahre 1244 den 1. März. (Aus einer Abschrift.)

Volradus Dei gratia Halberstadensis ecclesie episcopus omnibus in perpetuum. Ne ea, que aguntur in tempore, simul labantur cum tempore, debent scriptis et testibus perhennari. Hinc est, quod universis Christi fidelibus audituris presentia et visuris volumus esse notum: Quod ecclesia in villa Hattorp ecclesie in Hilligendorp tanquam filia conjuncta fuisset, parochiales ville Hattorp propter divini nominis cultum ampliandum intendebant habere in sua villa proprium sacerdotem, et nostro ac venerabilis viri domini Wickeri decani nostre Halberstadensis ecclesie archidiaconi loci illius accedente consensu a matrice ecclesia in Hilligendorp se libere exemerunt, tali conditione adjecta, quod parochiales de Hattorp in signum exemptionis plebano in Hilligendorp, qui nunc est vel pro tempore fuerit, septem choros mensure Brunsvicensis siliginis singulis annis dabunt vel dari de certis reditibus procurabunt. Preterea ad utilitatem ecclesie Hilligendorpe quatuor solidos Helmstadiensis monete et totidem solidos campanario loci istius dare

annis singulis tenebuntur. Et sic ecclesia in Hattorp ab ecclesia in Hilligendorp ab omni jure et debito subjectionis, qua eidem fuit alligata, manebit jugiter absoluta. Nec plebanus in Hilligendorp, qui nunc est, postquam ecclesiam in Hattorp sic exemptam resignaverit, tunc ipse neque suus successor in ecclesia Hattorp sibi quicquam juris poterit vindicare nec vindicare debebit. In cujus rei testimonium presens scriptum nostro et domini Wickeri decani predicti sigillorum munimine fecimus roborari, subscriptis testibus, quorum hec sunt nomina: comes Henricus de Blankenburg, dominus Johannes portenarius, dominus Didericus de Amforde, canonicus Halberstadensis ecclesie, Guntzelinus de Berwinckel, Henricus de Kattensted milites, Johannes de Hilligendorp custos, Jacobus noster notarius, canonicus ecclesie beate Marie Halberstadensis, et alii quam plures clerici et laici fide digni. Actum et datum Halberstad. anno Domini MCCLXXVII. Kalend. Martii, pontificatus nostri anno XXI.

2.

Der Bischof Volrad von Halberstadt übereignet der Kirche zu Heiligendorf gewisse Korn- und Geldgefälle aus Schliestedt, welche die Gemeinde Hattorf ihm für die Abtrennung ihrer Kirche angewiesen hatte, im Jahre 1280 am Montage nach Invocavit. (Aus einer Abschrift.)

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Volradus, Dei gratia Halberstadensis ecclesie episcopus, omnibus hanc litteram inspecturis salutem in Domino. Cum cives de Hattorp a matrice ecclesia Hilligendorp se exemerunt, et ne dicta matrix ecclesia fraudetur suo jure, septem quadrantes siliginis in Slistede 1) et octo solidos, quorum quatuor debebunt

1) Das Dorf Schliestedt liegt dicht unter dem Elme, eine halbe Stunde von Schöppensledt, und hat einen Ritterstz und eine Pfarrfirche, deren Tochter Warte ist.

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