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Vacanz des erzbischöflichen Sitzes, oder wenn »divisiones, controversiae, lites in eadem sede, intrusiones ad eandem, aut alia legitima impedimenta vorliegen, das Recht, an Stelle des Erzbischofs die Licenz, den Titel, die doctoratus insignia, sowie die licentia docendi zu ertheilen.

2. Wien 1). Die vom H. Rudolph mit Urkunde vom 12. März 1365 geschehene Stiftung der Universität genehmigte Papst Urban V. mit Bulle »In supremae dignitatis« vom 18. Juni 1365, nahm aber die Theologie aus, bestätigte den Propst des Allerheiligen - Capitels (St. Stephanskirche), im Falle der Erledigung einen Delegaten des Capitels, als Canzler, welcher den ordentlich Geprüften die licentia docendi, Magister- und Doctors- Würde zu verleihen habe. Mit Bulle >> Dum generosus« vom 20. Febr. 1384 genehmigte Urban VI. die erneuerte Stiftung, da, abgesehen von der Artistenfacultät bis dahin die Universität nicht in's Leben getreten war, gestattete die Errichtung der theologischen Facultät. Im Uebrigen hatte die Universität gleiche Rechte wie andere.

3. Köln. Auf Bitten der Stadt genehmigte Urban VI. mit Bulle »In supremae dignitatis 2)« die Errichtung des Studium generale »tam in theologiae et juris canonici, quam alia qualibet licita facultate nach dem Muster des Pariser. Zur Leitung der Promotionen beauftragt er den Propst des Metropolitan-Capitels oder dessen Stellvertreter; ist die Propstei erledigt, so hat das Capitel Jemand abzuordnen. Die Vorschriften über Prüfungen u. dgl. sind die gewöhnlichen, ebenso die Rechte.

Da es hier nicht so sehr auf Vollständigkeit, als vielmehr nur darauf ankommt, den Charakter als einen überall gleichen nachzuweisen: so gehe ich auf andere Universitäten, die theils nicht mehr

1) Jos. Aschbach, Geschichte der Wiener Universität im ersten Jahrhundert ihres Bestehens. Wien 1865, referirt die Stiftung. Es ist jedoch merkwürdig, dass Aschbach S. 9. sagt:,,Weil die Theologie eigentlich den Schlussstein wissenschaftlicher Universitätsstudien bildete (!), und die Doctoren der Theologie wie die des can. Rechts nur als vom Papste bevollmächtigt ihre Wissenschaft lehren durften, so konnte keine vollstendige Universität ohne Mitwirkung des Papstes gestiftet werden," S. 13. wieder eine ganz vollständige Universität oder ein sogenanntes Studium generale" hat; dadurch ist gezeigt, dass Aschbach das Wesen eines stud. generale für jene Zeit nicht erkannt hat. Die Wiener Urkunden in Kink Gesch. der Univ. zu Wien. Bd. 2. Statutenbuch Nr. 1 ff.

2) Bullar. cit. IV. pag. 597 sqq. Dass die Domschule schon vorher man denke an Albertus Magnus und Duns Scotus, die ist als bekanut vorauszusetzen. Hier handelt es sich nicht um

grossen Ruf batte an ihr lehrten

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die Universitätsgeschichte; deshalb gebe ich auch die Literatur nicht weiter an.

existiren, theils keine katholischen mehr sind bez. ohne katholischtheologische Facultäten, nicht weiter ein und hebe nur noch ein Beispiel für Belgien und eins für Ungarn heraus.

4. Löwen. Mit Bulle »>Sapientiae immarcescibilis 1)« vom 9. Decbr. 1425 gründete Martin V. auf Bitten des Herzogs Johann von Brabant, des Capitels von St. Peter und der Stadt Löwen, welche versprachen für Herstellung der Gebäude, Dotationen zu sorgen, alle ihre Jurisdiction auf den Rector zu übertragen, allen Universitätsgenossen Ein- und Auszugs-Freiheit u. dgl. zu geben, ein Studium generale »in qualibet facultate praeterquam in theologia,« gab ihm die für Köln, Wien, Leipzig, Passau, Merseburg ertheilten Privilegien, bestellte den Propst des Capitels zum Canzler, in dessen Abwesenheit den Decan, ertheilte ihm das Promotionsrecht mit der gewöhnlichen Wirkung.

5. Fünfkirchen. Urban VI. errichtete auf Bitten König Ludwigs von Ungarn mit Bulle »In supremae dignitatis« vom 1. Sept. 13822) ein Studium generale in allen Facultäten ausser der theologischen, ertheilte das Promotionsrecht dem Bischof, bei Sedisvacanz dem Capitelsvicar mit den gewöhnlichen Befugnissen. Canonisches Recht ist aber schon vorher docirt worden, da 1371 Galvanus de Bononia einen Ruf dorthin angenommen hatte3).

Es fällt vielleicht auf, dass obige Notizen auch Universitäten ohne theologische Facultäten berühren. Aber es war dies nöthig, wenn ein genügender Einblick in das Wesen der mittelalterlichen Universitäten gewonnen werden soll, soweit der hier behandelte Gegenstand in Frage kommt. Nebenbei dienen die Notizen zur Ergänzung bisheriger Darstellungen.

Aus den geschichtlichen Daten in ihrem Zusammenhange ergeben sich die folgenden Sätze unzweifelhaft):

1) Der Begriff einer Universität im modernen Sinne, wonach man darunter eine Gesammtheit verschiedener Facultäten 5) versteht, ist dem Mittelalter unbekannt.

2. Das Mittelalter bezeichnet mit Universitas eine Corporation,

1) Bullar. cit. IV. p. 723.

2) Bullar. cit. IV. p. 565.

3) Mein Lehrbuch des Kirchenrechts, 2. Aufl. Seite 85.

4) Ich brauche kaum zu sagen, dass manche der folgenden Punkte wiederholt von Anderen hervorgehoben sind.

5) Uebrigens gibt es noch jetzt Universitäten von blos drei Facultäten (z. B. Innsbruck, das bis vor Kurzem nur zwei hatte, Lemberg).

eine selbstständige, autonome Genossenschaft der Mitglieder einer oder mehrerer Facultäten.

3. Die Universität in diesem Sinne umfasste bald alle Mitglieder eines bestimmten Studienzweiges, Docenten und Scholaren, bald nur einen Theil, z. B. die Canonisten oder Civilisten der juristischen Facultät, bald an derselben Facultät einen engeren Kreis, z. B. die Angehörigen einer einzelnen Nation an ihr.

4. Die Einrichtung und Verfassung der Universitäten als solcher hat nichts zu thun mit dem Studium, liegt bis zu einem gewissen Grade ausserhalb desselben, geht auf die Stellung der Angehörigen in rechtlicher Beziehung als Individuen und Genossenschaft gegenüber den städtischen, staatlichen, kirchlichen Autoritäten.

5. Es war deshalb für das Studium als solches juristisch ohne Bedeutung, ob der Schwerpunkt der Universität in den Scholaren, wie in Bologna, oder in den Docenten, wie in Paris, lag.

6. Der Charakter der Verbindungen als Universitates galt aber für diese freie Form eines Studiums als wesentlich. Daher haben Schulen, welche von dieser Form abwichen (z. B. Neapel - vergl. v. Savigny III. S. 322 ff., das ganz unter königlicher unbeschränkter Direction stand), nie eine Bedeutung erlangt.

7. »Facultas<< bezeichnet technisch eine Disciplin, beziehentlich den Inbegriff von Disciplinen, welche man herkömmlich als zum Kreise der studia generalia gehörig ansah, deren Lehrer oder Jünger als Universität betrachtet wurden.

8. Als facultates licitae, d. h. als anerkannte Disciplinen, erscheinen gemeiniglich die theologia, jus canonicum, jus civile, medicina, artes liberales. Aber mit ihnen ist der Kreis nicht geschlossen. Es finden sich auch andere, z. B. ars notaria.

9. Weder die Zahl der Facultäten noch diese selbst hatte etwas zu thun mit dem Charakter der Universität; noch war von dem Einen oder Anderen die Bedeutung einer Schule als studium generale abhängig. So war es möglich, dass die Lehrer oder Schüler einer einzelnen Facultät gar keine selbstständige Universität bildeten, wie denn z. B. in Montpellier die Theologen zur juristischen gehörten. So findet man Bologna vorzugsweise als schola Juristarum, Paris als studium generale Theologorum bezeichnet.

10. Facultät und Universität fällt daher nicht zusammen; die Facultät als solche ist noch keine Corporation. Es kann an einem Orte eine Facultät bestehen, d. h. herkömmlich eine bestimmte Disciplin gelehrt werden, ohne dass eine Universität, oder ein studium generale besteht.

11. Studium generale bedeutet einen Ort, ein Institut mit dem Rechte: 1. dass an der oder den Facultäten desselben Jeder hören kann ohne Rücksicht auf Nation oder Land, welcher den Statuten der Facultät entspricht; 2. dass die an diesem erworbenen Kenntnisse an allen anderen in der Art anerkannt werden müssen, dass sie als Grundlage, in den Formen jedes einzelnen studium generale, für den Erwerb der academischen Würden anerkannt werden müssen; 3. dass die an einem studium generale erworbene Lehrbefähigung, ihr Grad u. s. w. an allen anderen anerkannt werden muss und eo ipso anerkannt ist. Somit bildet die cosmopolitische Natur dieser Anstalten: die Freizügigkeit von Lehrern und Schülern, die absolute Geltung aller academischen Würden überall, das Wesentliche dieser Anstalten.

Es liegt auf der Hand, dass dieser Charakter der mittelalterlichen studia generalia lediglich Folge war von der einheitlichen Gestaltung der abendländischen Gesellschaft in der Kirche, dem Gebrauche einer und derselben der lateinischen Sprache im Unterrichte, der wesentlich gleichen Methode, gleicher Zwecke, Anforderungen und deshalb auch des wesentlich gleichen Resultates der Studien, endlich und ganz besonders der vollen Freiheit der Wissenschaft, deren Aneignung in einer bestimmten Weise nicht als Mittel erschien, um ein Amt in Staat und Kirche zu erwerben. Hieraus erklärt sich aber zur Genüge

12. ein studium generale setzt seit dem Anfange des 13. Jahrhunderts unzweifelhaft ein päpstliches Privileg voraus. Es gibt seitdem kein studium generale ohne ein solches. Weil aber der Papst dem Institute diesen Charakter gibt, Form, Sprache, Methode, Inhalt einheitlich und allgemein gleich die christliche beziehungsweise kirchliche war, und trotz aller Besonderheiten der Universitäten blieb, deshalb hatte

13. der einzelne Bischof als solcher, als Ordinarius nichts mit der Universität, der facultas, dem studium generale zu thun, waren Lehrer und Schüler, wenn das Studium anerkannt war, regelmässig von ihm vollständig eximirt, unter Jurisdiction ihrer selbstgewählten Vorsteher, hatten sogar für die Streitigkeiten mit Dritten regelmässig eigene Conservatoren. Hatte ein Bischof Rechte gegenüber der Universität u. s. w., so hatte er sie als besonderer päpstlicher Delegat, wie in Bologna, Padua, Pisa, Ferrara, Fermo, Montpellier, Prag u. s. w. Aber ebensogut konnte dieselben Rechte ein anderer päpstlicher Delegat haben, wie in Bologna bezüglich der nichttheologischen Facultäten, allgemein in Paris, Toulouse, Bourges, Wien u. s. w.

Ob es sich um theologische oder andere Facultäten handelte, war dabei ganz gleichgültig, weil man auch für die theologischen anderen als den Bischöfen die Befugniss gab, wie denn rücksichtlich der berühmtesten theologischen Facultät, Paris, niemals der Bischof irgend ein Recht besass. Somit war der universale Charakter auch in dieser Beziehung vollständig gewahrt.

14. Die verschiedenen Grade der academischen Würden (baccalaureus, magister, doctor u. a.) tragen, seitdem die Universitäten festere juristische Organisation erlangt hatten, sammt und sonders den Charakter an sich, dass sie formelle Anerkennungen und Uebertragungen der Lehrbefähigung und Lehrbefugniss sind. Sie gehen hier von der, wenn ich mich so ausdrücken soll, probeweisen Anerkennung (im Baccalaureate) bis zur förmlichen Lehrermächtigung (im Magisterium) und zur feierlichen Lehrbefähigung mit dem Rechte: dem Studium generale und den damit verbundenen Universitäten als in jeder Beziehung vollberechtigtes Mitglied angehören zu können und die weltlichen und kirchlichen damit eo ipso verbundenen Rechte zu erwerben und auszuüben.

15. Es haben deshalb die studia generalia, seitdem ihre Ausbildung den bezeichneten Gang genommen hatte, unbestritten seit dem Anfange des 13. Jahrhunderts, das Recht der Promotionen nur deshalb, weil es ihnen der Papst verliehen hatte. Haben es auch einzelne (Bologna) früher geübt, so hatten jene Promotionen nur locale Bedeutung, für Bologna, erst durch die päpstlichen Privilegien bildete sich der Charakter der studia generalia; erst damit nahmen die Promotionen einen universalen Charakter an. Daraus aber folgt

16. das Promotionsrecht war nicht ein auschliessliches Vorrecht der studia generalia, sondern streng juristich eine Folge päpstlicher Verleihung. Deshalb stand juristisch nichts im Wege, dass der Papst dies Recht, für welche Facultät immer, auch anderen Instituten, ja selbst Privaten verlieh. Letzteres ist schon früh geschehen. [Man vergleiche die Notizen in meinem Lehrb. des Kirchenr. §. 19. nota 6.]. Es hat also in der mittelalterlichen Anschauung das Promotionsrecht nichts zu thun mit der Sachkenntniss. Daher promovirt die medicinische, philosophische, civilistische Facultät gerade so gut als die theologische oder canonistische nur aus päpstlicher Ermächtigung. Aber deshalb erscheint natürlich das Promotionsrecht als Vollendung eines studium generale, und dieserhalb von letzterem unzertrennlich. Deshalb finden wir dasselbe allen studiis generalibus bewilligt. Ja man darf sagen, die Ertheilung des Promotionsrechts an andere Institute als die studia generalia und an Private

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