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der Mode zu huldigen, Hirten auftreten, allein die neben ihnen erscheinenden Engel und Teufel, die heilige Jungfrau und allegorische Personen machen mit den ihnen in den Mund gelegten mystiften Trivialitäten auf uns einen widrigen Eindruck. Nichts als dialogisirte Novellen sind seine Comödien; feine Tragicomödien stehen den heroischen Comödien seiner Spanischen Nachahmer weit nach, allein seine Farcen, die unseren Lustspielen gleichen, enthalten viel natürliche Comik und gut gezeichnete Charactere, wenn ihnen auch, wie fast allen späteren Portugiesischen Stücken, verwickelte Intrigue ganz abgeht, wogegen bekanntlich die Spanier des Guten hierin zu viel thaten'). Während aber Gil Vincente mit seinen Nachahmungen, da er sich den religiösen Ideen und dem abenteuerlichen Character seiner Nation anzuschmiegen wußte, recht popular wurde, fonnte Sa de Miranda mit seinem im classischen Style der Alten und der Italiäner (Ariost und Machiavel) geschriebenen Lustspielen (Os Estrangeiros und Os Villalpandos), in deren leztem er die verhaßten Spanischen Soldaten nach dem Muster des miles gloriosus lächerlich macht, doch keinen entschiedenen Erfolg für seine classische Schule erringen). Dieß gelang aber auch seinem Verehrer, Ferreira3) eben so wenig, obwohl er in seinem Eifersüchtigen (Cioso), dem ersten Characterluftspiele des modernen Europas, einen faulen Fleckt seiner Nation berührte und in der Entwickelung der Folgen dieses Lafters viel Phantasie zeigte. Allein zum Verständniß des Stücks war schon zu viel Bildung nöthig, und diese hatte das Volf nicht, bedurfte sie auch zu seinen lieben Farças nicht, deren grobe Späße es ohne Mühe begriff. Daher blieb dieses und seine anderen Stücke auf die Darstellungen bei Hofe, auf den Universitäten und Schulen beschränkt, und konnte nicht ins Volk eindringen, was noch weit weniger mit seinem Trauer, spiele Ines de Castro der Fall war, der zweiten regelmäßigen Tragödie der neueren Zeit (die erste war Triffino's Sophonisbe), worin fich der Geist des mittelalterlichen Christenthums geschickt mit der griechischen Würde gepaart zeigt, aber leider der lebendigen Handlung und aller Theatereffecte ermangelt, wozu noch mehr seine Anwendung der Chöre beiträgt. Auch Camoens *) gab eine nicht miflungene Bearbeitung des Amphitruo und

wußte in seinem Filodemo die sonderbare Excentricität der Abenteurer seiner Zeit treffend zu malen, allein die in seinem Seleucus auftretenden Griechen find gute Portugiesen, wie sie damals lebten. Endlich war zu seiner Zeit auch Jeorge Ferreira de Vasconcellos († 1585) beliebt, allein seine 3 Luftspiele (Ufrosina, Ulissyppo und Autografia) find wegen ihrer pedantischen Gelehrtthuerei und ihres widerwärtigen Moralisirens jezt nicht mehr lesbar, und konnten auch damals schon nicht die Autos und Farças), die Portugiesische comedia dell'arte, verdrången, neben denen fich durch Simon Machado7) jene an Unwahrscheinlichkeit die Autos noch weit übertreffenden Zauberspiele (comedias magicas) einbürgerten, die bis ins 18te Jahrhundert beliebt blies ben, während jene durch die lateinischen Tragicomödien, welche die Jesuiten in ihren Collegien aufführten, und womit sie den großen Haufen noch mehr verdummten, immer weiter in den Hintergrund gedrängt wurden.

1) S. Barreto Fejo e J. G. Monteiro, Ensayo sobre a vida y escrito de G. V., vor f. Obras a. a. D. T. I. p. I-XXXIV. Beйlmann b. Prug Lit. hist. Tasch. 1843. p. 210 sq. Compilaçao de todas sus obras, a qual se reparte em cinco libros. Lisb. 1562. fol. 1586. 4. Obras, corr. e emend. Hamb. 1834. III. 8.

2) Comedias de Fr. de Sa' e Miranda. Coimbra 1569-80. 8. 3) Comedias. Lisb. 1622, 4. S. Ines de Castro in f. Poemas Lusit. Lisb. 1771, T. II.

4) Comedia dos Enfatrios y comedia de Filodemo. Lisb. 1615.4. 4. in f. Obras.

5) Comedia Ufrosina. Coimbra 1560. Lisb. 1616 1786. 8. Comedia Ulysipo. ib. 1619. 1787. 8. Comedia Autografia. ib. 1619. 1787. 8. 6) E. Samml. dav. spät. in d. Teatro comico portuguez. Lisb. 1744 -61. IV. 8.

7) Comedias portuguezas, p. Simao Fr. Bonav, Machado. Lisb. 1631. 4.

§. 577.

Der zweite Abschnitt der Geschichte der Portugtesischen Poesie in dieser Periode umfaßt den Zeitraum von 15801683, und obgleich ebenderselbe auch der der nationalen Ers niedrigung ist, so hat doch der Einfluß des Camoens das Uebergewicht behalten; denn der einmal von diesem gegebene Impuls riß eine nicht geringe Anzahl bedeutender Männer zu seiner

Nachahmung dahin, ohne daß diese jedoch bloße sclavische Schüler desselben gewesen wären. lleberwiegend an Talent waren jedoch nur die Epiker und Bukolifer. Erftere leiden freilich noch am Mangel der Einheit und eigentlichen Kunstform, ja fie übertreiben das an sich schon Wunderbare allzugern, allein dafür find ihre Darstellungen und Charactergemålde meisterhaft, und auch die Schilderung der tieferen Gefühle des menschlichen Herzens ist ihnen meist sehr gelungen; besonders aber in der Bes schreibung aller zur Nautik gehörigen Dinge haben sie sich als Söhne der damaligen Beherrscherin des Meeres gezeigt. An Ihrer Spize steht Jeronymo Cortereal, der, nachdem er Indien und Africa bereift, in der unglücklichen Schlacht bei Alcazar Kebir gefangen, erst spåt seine Freiheit erlangte und eine schon von Camoens berührte Episode von dem Unglücke des Manuel de Souza Sepulveda und seiner Gattin Leonora de Sa, sowie die Belagerung von Diu zu Gegenständen von Epopõen machte1). Dieselbe Leonora und die Schlacht bei Alcazar Kebir selbst besang sein Freund Luiz Pereira Brandams aus Porto, der aber an derselben Ungleichförmigkeit wie dieser, leidet, dabei ihm einzelne wunderschöne Stellen von matten Lången paralyfirt werden 2). Antike Energie und Würde vereinigen Mauzinho Quebedo von Setubal in seinem Alphons dem Africaner3) und Gabriel Pereira de Caftro (15721632) in seiner Ulyssea, worin er die fabelhafte Gründung Lissabons durch Ulyffes feiert"), was später auch Joad Gomes de Pego und Souza de Macedo5) thaten. Alle feine Vorgänger übertrifft aber Francisco Sa e Menezes aus Porto († 1644), der in seiner Eroberung von Malacca, worin er den großen Albuquerque ebenso besiegt wie Camoens in seiner Lufiade den Vasco de Gama, was die Anlage anlangt, Leßterem sehr nahe kommt 6). Nur an edlem Patriotis mus kann der tapfere Bras Mascarenhas (1596-1699) mit ihm verglichen werden, der die Freiheitsliebe seines großen Landsmannes Viriathus in einem großen Heldengedicht feierte"). Endlich sind noch Miguel de Sylveira aus Celorico († 1636), der allerdings einen fremden Stoff, den Judas Maccabăus wählte), und Francisco Botelho de Moraes e

Vasconcellos, der die Gründung des Reiches Portugal befang), als Epiker zu nennen.

1) Naufragio e lastimoso successo da perdiçam de Man. de Sousa et de S. el Dona Liador de Sá sva inolher et filhos, vindo da India para este reyno na nao chamada o galiaò grande S. Joao que se perdeo no cabo de Boa Esperança, na terra do Natal: e a peregrinaçao que tineraõ rodeando terras de Cafres mais de 300 legoas tè sua morte: comp. en verso heroico et octaua rima. Lisb. 1594. 4. 1783. 8. Successo do segundo Cerco de Diu, o año. d. M. D. XLVI. ib. 1574. 8. In spanischer Sprache dichtete er: Felicisima vitoria concedida del cielo al señor D. Juan de Austria en el golfo de Lepanto de la poderosa Armada Othomana en 1572. ib. 1578. 4.

2) Elegiada o Jornada da Africa. Lisb. 1588. 8. 1785. 8. 1785. 8. 3) Alfonso Africano, poema. Lisb. 1611. 8.

4) Ulyssea ou Lisboa edificada. Lisb. 1636. 4.

5) Ulissipo, poema. Lisb. 1640. 8.

6) Malaca conquistada, poema. Lisb. 1634. 16.

7) Viriato tragico, em poema heroico. Coimbra 1699. 4.

8) El Machabeo. Napol. 1638. 4.

9) El Alfonso. Paris 1712. 12. El Nuovo Mundo. Barcel, 1701. 4.

S. 578.

Obgleich die Thaten des Großconnetable von Portugal Nuno Alvarez Pereira den Francisco Rodriguez Lobo') aus Leiria (ertrank nach 1617 im Tajo) zu einem Heldengedichte begeistert hatten, so würde doch dieses prosaische Machwerk feinen Namen nicht auf uns fortgepflanzt haben, hätten nicht feine Hirtengedichte dieses so schon beliebte Genre noch mehr in die Mode gebracht. Er hinterließ drei Schäferromane, den Primavera, Pastor peregrino und Desenganado, die ihm jes doch nur als Unterlage für seine Hirtenlieder und Canzonen, von denen einzelne die Anwendung der Assonanzen auch in Portugal nachweisen, dienten, und einige didactische Eclogen, worin er rein philosophisch moralische Reflexionen vorträgt, da er nun einmal wie seine Vorgänger sich in den Kopf gesezt hatte, das einförmige matte Hirtenleben eigne sich am Besten, das eigentliche Treiben der großen Welt darzustellen. Zu seiner Schule ge= hören Antonio Ribeira Chiado) und Manuel de Veija (geb. 1599), der seiner Geliebten zu Gefallen, die als eine zweite Heloise in ein Kloster gegangen war, die Mönchs.

futte wählte und in dieser seine berühmten Oden schrieb3), sowie Pedro de Padilla, der sich aber faft nur der Spanischen Sprache zu seinen Dichtungen bediente).

1) Obras politicas e pastoriz. Lisb. 1723. fol. 1774. IV. 8. O Condestabre de Portugal Don Nuno Alvarez Pereyra. Lisb. 1610. 1627. 8. 1785. 8. Romances. Coimbra 1596. II. 16. Lisb. 1654. 8. Primavera. ib. 1619. O Pastor peregrino. ib. 1608. O desenganado. ib. 1614 4. Für die Prosa sind von höchster Wichtigkeit seine philosophifchen Unterhaltungen eines Weltmannes: Corte na aldea o Noites de inverno. Lisb. 1619. 4. 1750. 8.

2) Bucolica de dez eglogas pastoris. Lisb. 1586. 8. Collecçao dos obras em verso de Ant. R. Ch. ord. p. Bente Jose de Sousa Farinha. Lisb. 1783. 8.

3) Laura de Anfriso, poesias. Evora 1627. 4.

4) Thesoro de varias poesias, Madr. 1580. 4. 1585. 8. Eglogas pastoriles y juntamente con ellas algunos sonetos. Sevilla 1582. 4. Romancero en el qual se contienen algunos successos que en la jornada de Flandres los Españoles hizieron, con otras historias y poesias differentes, Madr. 1583. 8. C. Ecloga im Parn. Esp. T.IV. p.230sq.

§. 579.

Neben den angeführten Dichtern find noch einige Lyriker zu nennen, so zuerst der Vielschreiber Manuel de Faria e Souza (1590-1649)'), dessen Sonette und Eclogen lange zum Muster für eine große Anzahl von jüngeren Dichtern dienten, obgleich er sich in seiner Abhandlung über das Hirtengedicht nur als langweiligen Schematiker zeigt, und der P. Francisco de Macedo (1596 — 1687), der angeblich mehrere Tausende von Gedichten hinterlassen haben soll2). Dann folgen die Gongoristen, die jedoch im Ganzen der Spanischen gleichnamigen Scule vorzuziehen find, Antonio Barbosa Bacellar (1610-63) mit seinen Saudades, Liebesklagen aus der Einfamkeit, an der Spize3), Simas Torezas Coelho), Duarte Ribeira de Macedo3), Fernan Correa de la Cerda), Jeronymo Bahia, dessen Polyphemische Elegieen sehr zahl reich find), und mehrere Andere), zu denen man noch das Seitenstück der obengenannten Nonne aus Mexico Ines de la Cruz, die Donna Violante do Ceo (geb. 1601) rechnen. kann, deren mystischen Lieder eben nur aus dem Herzen einer hinter vier enge Wände eingesperrten hysterischen Jungfrau kommen konnten). Andere mystische Gedichte verfaßten der Jesuit

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