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Proportionsbeweis finden wir, unabhängig von den Indern, erst in der Practica geometriae (1220) des LEONARDO VON PISA wieder, 1087 Im siebzehnten Jahrhundert ist er von dem Engländer WALLIS (1616 bis 1703; Prof. der Geometrie in Oxford) neu aufgestellt worden. 1088 In indischen Quellen findet man auch zuerst einen Anschauungsbeweis mit der untenstehenden Fig. 10:1089 das ganze Quadrat (c2) besteht aus vier Dreiecken (je žab) und einem kleinen Quadrat (a — b)2; sonach ist c2 = 4. ab + (a - b)2 = a2+b2. Der verwandte Be

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weis auf Grund der Gleichung c2-4.ab + (a+b)2, den man aus der oberen Hälfte der Figur 11 durch die Verbindungslinie hb

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a b

2

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2

Trapez hxab = hxg+hgb + abg [

und der oft GARFIELDS Beweis genannt wurde, geht im wesentlichen auf SAUNDERSON 1089a (1770) zurück.

Von den Indern entlehnen die Araber diesen Beweis. Eine Nachschrift der Vorlesungen ABU'LWAFA'S (940-998, Bagdad) bietet

1087 Scritti II1489, S. 32. 1088 WALLIS, A treatise of angular sections, London 1684 (Anhang zur Algebra, 1685)1478, S. 50; De sectionibus angularibus tractatus, Opera II1478, Oxoniae 1693, S. 576. 1089 COLEBROOKE 185, S. 222. 1089 N. SAUNDERSON, Elements of algebra, Cambridge 1740; siehe die französische Ausgabe von E. DE JONCOURT, Amsterdam 1756, II, S. 138-139.

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uns genau dieselbe Zeichnung.1090 Übersichtlicher ist die Anordnung des TABIT IBN KURRAH (836-901, Bagdad) bei ALNAIRĪZĪ,1091 der vor den Augen des Schülers direkt die Verwandlung des Hypotenusenquadrates in die Summe der beiden Kathetenquadrate vornimmt. Dazu ist nur nötig (Fig. 11), von dem Hypotenusenquadrat hkb g das Dreieck htk wegzunehmen und als gab wieder anzulegen, ferner

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das Dreieck kdb an die Stelle von hxg zu bringen. Mit der Zerlegung des ANARITIUS ist im Grunde identisch ein moderner Beweis (Fig. 12), der 1824 von A. GÖPEL 1092 angegeben wurde. Durch ähnliche Zerlegung (Fig. 13) läßt sich auch die Gleichheit eines Kathetenquadrats mit dem aus der Hypotenuse und der Kathetenprojektion gebildeten Rechteck durch Anschauung zeigen.

Andere Zerlegungsbeweise geben G. MAHLER (1905), 1093 P. EPSTEIN (1906), 1094 H. WEBER und J. WELLSTEIN (1907), 1095 N. NIELSEN 1090 Buch der geometrischen Konstruktionen; Journ. Asiatique 5,648, Paris 1855, F. WOEPCKE, Extrait du traité des constructions géométriques par Aboûl Wafâ, S. 346. 1091 ANARITIUS II 353, S. 84-86 (S. 84: quod sequitur, addidit Thabir). 1092 Arch. Math. Phys. 4, 1844, S. 237. 1093 Ebene Geometrie, Leipzig 1905, Sammlung Göschen S. 94. 1094 Z. math. nat. Unt. 37, 1906, S. 27. 1095 Encyklopädie der Elementarmathematik, II. Elementare Geometrie, 2. Aufl. Leipzig 1907, S. 259.

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(1908 und 1909),1096 CLAVIUS (1574) fügt seiner Euklidbearbeitung einen Beweis hinzu, der ein Sonderfall des für den Parallelogrammsatz des PAPPOS gegebenen ist. 1097 H. BRANDES bewies in seiner Dissertation (Halle 1908), daß eine geringere Zahl als 7 (wie bei ANARITIUSGÖPEL) für die Anzahl der Dreiecke, in welche das Hypotenusenquadrat zerlegt werden muß, unmöglich ist.

Rechnerische Anwendungen des Pythagoreischen Lehrsatzes sind ebenso alt wie der Satz selbst. In der ältesten chi

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nesischen Arithmetik (s. o. S. 141) und an den verschiedensten Stellen von HERONS Schriften treffen wir auf solche Rechnungen, in denen aus irgend zwei Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks die dritte hergeleitet wird. 1098

Die Verallgemeinerung des Pythagoreischen Lehrsatzes auf ähnliche und ähnlich liegende Figuren, die über der

1096 Unterrichtsbl. f. Math. u. Nat. 14, 1908, S. 79; 15, 1909, S. 38; 17, 1911, S. 17. Vgl. auch J. E. BÖTTCHER, Z. math. nat. Unt. 52, Leipzig 1921, S. 153 ff.; W. LIETZMANN, Math. Bibl. 3, Leipzig 1912. 1097 Geom. 243, I, 47; Scholion, Opera 1482, I, S. 76. 1098 Z. B. HERON, Opera 41488, ed. HEIBERG, S. 212-217 (Geometrica, spätere byzantinische Bearbeitung einer Heronischen Schrift).

Hypotenuse und den Quadraten zu konstruieren sind, gibt PROKLOS 1099 als Eigentum EUKLIDS (VI, 31) an. Die Erweiterung auf Halbkreise, die zu dem sogenannten Satz von den Lunulae Hippocratis führt, ist nicht von HIPPOKRATES (um 440 v. Chr.), sondern erst anderthalb Jahrtausend später ausgesprochen worden. HIPPOKRATES 1100 stellt, wie uns SIMPLICIUS (erste Hälfte des sechsten Jahrhunderts n. Chr.) berichtet, den Satz nur für den Fall eines gleichschenkligrechtwinkligen Dreiecks auf und behauptet, daß das Möndchen auf einer Kathete gleich der Hälfte des Dreiecks ist. Den allgemeinen Satz, daß in jedem rechtwinkligen Dreiecke die Summe der Kathetenmonde gleich der Dreiecksfläche ist, lehrt erstmalig der Araber IBN ALHAITAM (965 Basra 1039 Kairo) in einer Schrift über die

Fig. 14.

Kreisquadratur. 1101 Von neuem erscheint er im siebzehnten Jahrhundert; ein Verbindungsfaden von dem alten Araber bis zu dem französischen Mathematiker G. PARDIES, der ihn 1671 in seinen Élémens de géométrie 1102 aufführt und beweist, ist nicht aufzufinden. PARDIES fügt hinzu: c'est ceci la quadrature des Lunes d'Hippocrate de Scio. Er wußte also, daß HIPPOKRATES gewisse Möndchen behandelt hatte; 1102a aber aus seinen Worten kann man nicht mit Sicherheit folgern, daß er diesem den angeführten allgemeinen Satz zuweisen wollte.

Jedenfalls haftet von jetzt ab dem allgemeinen Satz der falsche Name an. Anstandslos übernehmen ihn mit dem Namen: DE LA

1099 PROCLUS5, S. 426, Z. 9 ff. 1100 RUDIO II 706, Urkunden, S. 50. 1101 H. SUTER, Die Kreisquadratur des IBN EL HAITAM, Ztschr. Math. Phys. 44, 1899, hist.-lit. Abtlg. S. 37. 1102 Paris 1671418, Livre IV, § 63. 1102 Im siebzehnten Jahrhundert allgemein bekannt. Vgl. CLAVIUS, Geometria practica 1287, 1606, S. 317-320.

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TROPSKE, Geschichte. IV. 2. Aufl.

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10

CAILLE (1762),1103 BERTRAND (1778), 1104 ferner MICHELSEN (1780),493 GRÜSON (1800), 1104 a LEONHARDI (1810), 110 CRELLE (1826) II 485 u. a.; vorsichtiger sind und vermeiden den Namen: CEVA (1678),1105 LAMY (1692), 1106 BLAISE (1753) II 934, SEGNER (1773) 1091. KARSTEN allein (1760)1 1107 gibt den allgemeinen Satz ohne Namen, dann den speziellen Fall mit Nennung des HIPPOKRATES; 1108 MEINERT (1790) führt nur den besonderen Satz mit Namen an.1109 Unter den Neueren wahrt R. BALTZER 1110 die historische Treue.

Ein Ergebnis Pythagoreischer Untersuchungen scheint auch die Erweiterung des Quadratensatzes auf das schiefwinklige Dreieck zu sein. Über Vermutung geht indes nur hinaus, daß HIPPOKRATES Von Chios (um 440 n. Chr.) sich bei anderen Untersuchungen darauf beruft, das Quadrat der einem spitzen, bzw. stumpfen Winkel gegenüberliegenden Seite sei kleiner, bzw. größer als die Summe der anderen beiden Seitenquadrate. 1071 Bei EUKLID II, 12, 13 steht der Satz fertig vor uns; sein Beweis ist hier nicht die Abänderung des Euklidischen Beweises am rechtwinkligen Dreieck, wie wir ihn kennen, sondern er wird unter Hinzuziehung einer Höhe durch Anwendung des Pythagoreischen Satzes und des Satzes von dem Quadrat über der Summe zweier Strecken durchgeführt. Daß EUKLID die geometrische Beweisform, die erst GREGORIUS VON ST. VINCENTIUS (1647)1111 bringt, nicht gekannt hat, ist unwahrscheinlich; es muß Absicht vorliegen, daß er diesen mehr rechnerischen Beweis gebracht hat, und diese Absicht kann man dadurch erklären, daß das ganze zweite Buch der Elemente eigentlich eine Zusammenstellung algebraischer Operationen in geometrischer Einkleidung ist, wie es Bd. II, S. 92 geschildert wurde. Sehr verschieden ist die Form, die diesem verallgemeinerten Pythagoreischen Lehrsatz später von den einzelnen Schriftstellern gegeben wird. Bei HERON (erstes Jahrhundert v. Chr., Alexandria) tritt er auf in der Berechnung der Abschnitte, in die eine Seite durch die zugehörige Höhe zerlegt wird. Fällt diese Projektion der Nachbarseite auf die Dreiecksseite

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1103 Lectiones elementares II 778 § 614. 1104 Développement 11959, II, § 268. 1104 Grundriß182; Bd. II, Ebene und körperliche Geometrie, ebene und sphärische Trigonometrie, Halle 1800. 1105 De lineis rectis 923, 1678, Appendix Geometrica prop. V, th. V, S. 66. 1106 Nouveaux Élémens 504, V, 13, S. 331. 1107 Mathesis theoretica 154, Greifswald 1760, § 226. 1108 Lehrbegriff d. ges. Mathematik 1209, § 258, S. 387. 1109 Lehrbuch 131, II, § 198. Bd. II, Buch IV, § 12, 3, 3. Aufl., Leipzig 1870, S. 84. cum II 1184, I, 2 prop. 44 u. 45, S. 31--32.

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1110 Elemente 581, 1111 Opus geometri

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