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trifft. Hinsichtlich der Talkerde ergiebt es sich aus ihren Verbindungen mit Thonerde im Spinell und mit Boraxsäure im Boracit; und dafs die Bildungskraft der Kohlensäure, in welcher der Kohlenstoff ebenfalls blos auf der zweiten Oxydationsstufe steht, sich nicht innerhalb der Gränzen der Indifferenz befinde, geht aus ihrer Verbindung mit regelmäfsig geformten Basen, z, B. mit Strontian, Baryt, Blei hervor, aus welcher eine unregelmässige Form entspringt. Warum den letztgenannten Oxyden eine indifferente formelle Kraft zu geschrieben werden müsse, habe ich schon an einem andern Orte gezeigt. Ausserdem wird das Mangan auf dieser Stufe der Oxydation von der Natur in regelmässigen Krystallen geliefert, nnd das Eisenoxydul verlässt diese Form nicht einmal, wenn es sich mit zwei Antheilen vollkommenen Eisenoxyds zum Magneteisenstein verbunden hat. Es bekommt aber dabei auf eine sehr ausgezeichnete, aber eben dadurch erklärli che Weise heterogene Polarität.

Bei eiuer Vereinigung mit den Antheilen Sauerstoff scheinen sich nur einige der positiv magnetischen Metalle in der regelmässigen Form zu erhalten, wie besonders der weifse Arsenik, vielleicht auch das weifse Spiesglanzoxyd. Die Oxyde des Siliciums, des Argilliums, des Eisens, des Mangans sind dagegen bei diesem Grade der Oxydation offenbar von unre›elmäfsiger Form, Bei noch höherm Grade derselben möchte wohl kein einziges Metall die regelmässige Form behaupten; wohl aber sehen wir, dafs der Stickstoff wegen des Gegensatzes der formenden Kraft, die zwi schen der seinigen und der des Sauerstoffs besteht, selbst mit sechs Antheilen des letztern einen regelmäfsig gebildeten Körper darstellt.

Ergiebt sich aus diesen Thatsacheu nichts weiter, so ist doch daraus vollkommen klar, dafs die Krystallgestalt der Oxyde eben so wenig, als manche andere ihrer Eigenschaften z. B. die Eigenschaft Säuren zu bilden, in einem genauen Verhältnifs zu den stöchiometrischen Antheilen von Sauerstoff stehe, dafs vielmehr auf sehr hohen Stufen der Oxydation noch re. gelmässige Formen, so gut wie auf der niedrigsten vorkommen, und dafs insbesondere von jenen acht Metallen dem Zinkoxyde uud der Talkerde eine unre. gelmässige, dem Eisen- und Manganoxydule dagegen eine regelmässige Form zugeschrieben werden müsse.

Auch in andern Fällen bemerken wir kein genaues Verhältnifs zwischen den stöchiometrischen Mengen und der Krystallisation. Das schwefeligsaure Kali hat z. B. dieselben Krystallisationsflächen, welche wir am schwefelsauren bemerken, obgleich dort der Schwefel blos mit zwei und hier mit drei Theilen Sauerstoff verbunden ist. Eben so wenig ändert sich die Lage jener Flächen, wenn man das Kali mit zwei Theilen Schwefelsäure verbindet, und ein saures schwefelsaures Kali darstellt. Und dafs es auch nicht immer auf das stöchiometrische Verhältnifs des Wassers hiebei ankomme, dafür spricht schon die Uebereinstimmung der Form des wasserfreien schwefelsauren Kalis mit der des wasserhaltigen schwefelsauren Ammoniaks. Hiermit will ich übrigens nichts weniger, als allen Einfluss der stöchiometrischen Verhältnisse auf die Krystallisation leugnen; ich bin vielmehr davon vollkommen überzeugt, und hàbe in meinen Vorlesungen seit mehreren Jahren auf eine Menge solcher Uebereinstimmungen aufmerksam gemacht. Nur so viel will ich behaupten, dafs die Krystallisation nicht überalt

mit den stöchiometrischen Verhältnissen in Parallele steht, und dass die Aufstellung allgemeiner Sätze viel Umsicht erfodert.

Um nun auf den eigentlichen Gegenstand unserer Untersuchung wieder zurück zu kommen, so haben wir durch das bisher Gesagte die Meinung des Herrn Dr. Mitscherlich, dafs die Krystallform der oben genannten sieben schwefelsauren Salze im wasserfreien Zustande identisch sey, nicht völlig widerlegt, sondern nur sehr zweifelhaft gemacht, ob diese Erklä. rungsart die richtigere sey. Es sind in der That drei Hypothesen zulässig, welche anfangs, ohne Berücksichtigung anderer Beobachtungen, jene Thatsachen gleich gut zu erklären scheinen. Man kann nämlich fürs Erste annehmen, jene Salze besäfsen einerlei Grundform, und das Wasser modificire sie bloss, je nachdem es in gröfserer oder geringerer Menge beitrete. Oder zweitens, das Wasser ist es, welches in jenen Salzen die Grundform bestimmt, und diese wird nur durch die Art und die verhältnifsmässige Menge des erstern Bestandtheils zu dem letztern verschiedentlich abgeändert. Oder drittens: das Wasser und das Salz haben dieselbe primitive Gestalt, und die Art des letztern, so wie seine relative Menge bestimmt die secundäre. Da indessen aus dem früher Gesagten erhellt, dafs dem Wasser die Grundform des Kalkspaths zugeschrieben werden müsse, und da die Krystallisation des Bittersalzes offenbar beweiset, dafs hier jene Form zu Grunde liege, so kann man bei näherer Ueberlegung der ersten Hypothese keinen Beifall schenken, sonder mufs dem Wasser durchaus eine Rolle bei der Bildung jener Salzkrystalle zugestehen; und es fragt sich daher nur noch, ob nicht auch das Salz

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dieselbe Grundform besitze, und daher gemeinschaftlich mit dem Wasser sie bestimme. Die Erfahrung lehrt in der That, dafs nicht nur wasserhaltigem, sondern auch wasserfreiem Salze die Grundform des Wassers zukommt, wie dem kohlensauren Kalk, dem salpetersauren Silber etc. Auch bin ich geneigt zu glauben, dafs in manchen wasserreichen Salzen, wie im Borax, die Form von beiden Bestandtheilen bestimmt werde. Hinsichtlich der genannten Salze ist mir dies aber nicht wahrscheinlich, worauf ich weiter unten noch einmal zurückkommen werde.

Wir haben so eben behauptet, dafs das Wasser die Grundform des Kalkspaths besitze und in den wasserreichen Salzen keine blofse Nebenrolle spiele; einige Umstände scheinen indessen dieser Annahme doch nicht sehr günstig zu seyn, und diese wollen wir jetzt näher kennen lernen.

Fürs Erste dürften diejenigen, welche der Hauy'. schen Hypothese von Moleculen zugethan sind, einen bedeutenden Anstofs an der neuen Lehre deshalb nehmen, weil damit eine noch ungleich gröfsere Anzahl von Substanzen, die im Hauy'schen Sinne verschiedene Molekulen besitzen, aus derselben Grundform abgeleitet werden muss. Gegen diese Anhänger der Hauy'schen Lehre dienen alle die Gründe, womit ich sie schon früher bestritten habe. Mit leichter Mühe könnte ich noch neue hinzufügen, und selbst von der angeführten Entdeckung des Hrn. D, Mitscherlich würde sich ein sehr bedeutender hernehmen lassen; allein es möchte uns dies jetzt zu weit abführen, und vietleicht auch von wenig Nutzen seyn, denn wer aus den bereits angeführten wichtigen Gründen sich nicht von Journ, f. Chem, u Phys. 2, Bd, 1. left,

der Unwahrheit der Hauy'schen Voraussetzungen über. zeugt hat, an dem ist auch zu zweifeln, dafs er durch die doppelte Anzahl sollte bekehrt werden. Ueberdies dürfte die Zahl der eifrigen Anhänger an Hauy's Theorie in Deutschland so grofs nicht seyn.

Eine weit wichtigere Einwendung gegen unsere Lehre scheint sich aus der Erfahrung hernehmen zu lassen. Die Krystallisation einiger sehr wasserreicher Salze ist nämlich durchaus nicht aus der Grundform des Wassers abzuleiten, wovon der Alaun das bekannteste Beispiel giebt. Die Grundform dieses Doppelsalzes, das 48 stöchiometrische Antheile Wasser enthält, ist nämlich unverkennbar regelmässig, und damit die absolute Unmöglichkeit gegeben, ihren Ursprung in der primitiven Form des Wassers oder in der des darin enthaltenen schwefelsauren Kalis und schwefelsauren Ammoniaks zu suchen. Allein, was man kaum glauben sollte, diese Thatsache, welche sogleich unsere Voraussetzung zu vernichten scheint, mufs gerade dazu dienen, sie in einem noch helleren Lichte zu zeigen. Es erklärt sich nämlich die regelmässige Form des Alauns vollkommen aus dem Umstande, dafs die Grundformen der Kali- und Ammoniaksulphate identisch sind, und ans der dem Wasser entgegengesetzten entspringen. Die Vereinigung dieser beiden Salze mit dem Wasser in gehöriger Menge zu einem krystallisirten Körper, müsste daher, wenn sie möglich wäre, wegen des Gegensatzes der bildenden Kräfte schon an sich, ohne allen Zusatz von schwefelsaurer Thonerde, eine regelmässige Form geben. Auf diese Weise wird dann auch klar, warum die Gestalt des Salzes, welches Hr. Dr. Mitscherlich aus der Verbindung von schwefelsaurem rothen Eisenoxyd mit

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