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Acten, so werden wir unserem Buchstab die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dass er das Seinige that, eine kitzliche Sache zu vertheidigen; er kämpfte nicht ungeschickt gegen die tüchtigsten reformatorischen Streiter und beschämte durch.seine Unerschrockenheit viele seiner Genossen, die aus Verzagtheit nicht in die Lücke zu treten wagten. Freilich, die Niederlage konnte er nicht abwenden, und bald machten sich auch für ihn die Folgen des Berner Gespräches bemerkbar. Am 2. Februar schon wurde die Reformation von der Regierung in ihren sämmtlichen Landen anbefohlen. Auch in Zofingen entschieden sich nun die bisherigen schwankenden Verhältnisse. Im März ward hier die Messe abgeschafft; ein erregter Volkshaufe riss die Bilder aus der Kirche des heiligen Mauritius und verbrannte sie. Das Chorherrenstift selbst, schon seit Jahresfrist von der Regierung bevogtet, wurde aufgehoben. Unter solchen Verhältnissen konnte Buchstab nicht mehr länger in Zofingen bleiben. Im April siedelte er nach Freiburg im Uechtland über 1). Dort war für ihn bereits die Schulmeisterstelle offen, zu welcher ihn sehr wahrscheinlich der bei der Berner Disputation mit ihm bekannt gewordene Augustiner-Provinzial Konrad Träger 2) empfohlen hatte. Schon am 13. Februar hatte ihm der Grosse Rath von Freiburg die Stelle übertragen. Man gestattete ihm damals eine Frist bis Pfingsten (31. Mai); aber bereits am 24. April wurde er förmlich in sein Amt eingesetzt 3). Seine Besoldung war eine für jene Zeit sehr bedeutende: sie betrug 60 Pfund (= 1200 Franken) jährlich 4). Leider erfreute er sich derselben nicht lange, denn am 15. October des gleichen Jahres wird er bereits als gestorben erwähnt 5). Aus Freiburger Rechnungen ergibt sich, dass

1) In der Schrift gegen Zwingli ist die Widmung (Bl. 5b) datiert: ,,Geben im Aprillen in dem Jar 1528. In meinem abscheydt von Zofingen.“

2) Auch Treger, Treiger, Treyer oder Trejer geschrieben. Er stammte aus Freiburg und war bei der Disputation in Baden als Zuhörer gegenwärtig; in Bern bekämpfte er die erste These: „Die heil. christliche Kirche, deren einig Haupt Christus, ist aus dem Worte Gottes geboren." Vgl. Ruchata. a. O I. 366; II. 49-69. Herzog's Real-Encyclopädie II. 85. 3) Im Freiburger Rathsbuche No. 45 lautet der Beschluss des Grossen Rathes vom 13. Februar: „Der Schulmeister von Zoffingen soll bitz Pfingsten angenommen werden"; der vom 24. April: ,,Johannes Buchstab (Lücke) ist zu Scholmeister empfangen."

von ...

1) Das Pfund

eines heutigen Franken.

20 Schillinge (sols), der Schilling etwa im Werthe

5) Das Freiburger Rathsbuch No. 46 enthält bei Gelegenheit einer am 15. October stattgefundenen Sitzung des Kleinen Rathes (Regierungsrathes) den Eintrag: ,,Heinrich Buchstab ist von wegen Joans Buchstab sines Bruders seligen dry Kronen zugeben geordnet zu Stür des Harzugs bemelts sins Bruders", und die Seckelmeister-Rechnung (compte des trésoriers) des gleichen Jahres verzeichnet diesen Posten mit den Worten: ,,Denne so min Herren" (die Regierung) „dem Schulmeister Joan Buchstab seligen an sin Harzug zu Stür geordnet ... X Pfund 15 Pfenning."

sein Tod während der Monate Juli bis September, wahrscheinlich aber in letzterem erfolgte 1). Obwohl Geistlicher, hinterliess er doch ein Kind. Wer die Verhältnisse jener Zeit kennt, wird sich kaum darüber verwundern und ihm diesen Verstoss gegen den Cölibat nicht allzu hoch anrechnen.

Was Buchstab's gelehrte Bildung betrifft, so war sie, wie aus seinen Schriften und aus den Acten hervorgeht, für jene Zeit keine unbedeutende. Zwar die Hebräische Sprache war ihm unbekannt 2) und wohl auch die Griechische; aber er besass eine genaue Kenntniss der Lateinischen Bibel und der Kirchenväter, deren er in seinem Büchlein eine ansehnliche Menge anführt. Sein Deutsch freilich ist holperig genug; aber auch Zwingli und Andere schrieben kein besseres. Es besitzt eben nicht Jeder die Sprachgewalt eines Luther.

Auf den ersten Blick könnte die beträchtliche Zahl seiner in den Jahren 1527 und 1528 gedruckten Schriften in Erstaunen setzen; doch ergibt sich aus Buchstab's eigenen Worten 3), dass die einzelnen Büchlein, mit Ausnahme desjenigen über Zwingli, ursprünglich ein Ganzes bildeten, das schon zu Bremgarten abgefasst wurde und zwar ohne Frage infolge des am 29. Januar 1523 in Zürich gehaltenen Religionsgespräches. Denn Buchstab vertheidigt zum Theil die gleichen Sätze, welche Zwingli dort in seinen 67 Thesen gegen Faber angegriffen hatte. So sind denn seine Schriften mit einer Ausnahme polemischer Art und gegen den Züricher Reformator gerichtet. Wie sehr er diesen als den Hauptzerstörer seiner Kirche hasste, zeigen die Ehrentitel Herostratus und Catilina, mit denen er ihn belegt 4), sowie sein letztes Büchlein, das Zwingli als „,falschen Propheten und Verführer des christlichen Volkes" hinzustellen suchte. Der mündliche und schriftliche Eifer, den er in der Vertheidigung der Messe bewies, hat ihm

1) Die Angestellten in Freiburg wurden,,quatemberlich" bezahlt, und obwohl Buchstab erst nach dem 13. Februar eingetreten war, empfing er doch für die ersten drei Monate des Jahres 1528 ohne Abzug 15 Pfund. Während er ebensoviel für das zweite Vierteljahr erhielt, findet sich für das dritte ein Betrag von 25 Pfund in der Rechnung verzeichnet, indessen mit der Rand bemerkung, dass derselbe nur dann verabfolgt werden solle, wenn man (die Verwandten) das von Buchstab hinterlassene Kind abgeholt habe. (,,Nota dass diss belibt biss das Khindt genommen wurt.") In Betreff der Monate October. November und December enthält die Rechnung die Notiz: .,Dem Schulmeister... vacat." Hieraus ergibt sich der oben im Texte hinsichtlich seines Hinscheidens gezogene Schluss. · Diese lichtverbreitenden archivarischen Angaben verdanke ich der Güte des Herrn Staatsarchivars Jos. Schneuwly in Freiburg, dem ich hierfür meinen aufrichtigen Dank sage.

2) Handlung oder Acta Bl. CLXXVIIIb.

3) In der Schrift von dem Fegfeuer Bl. 9a.b.
4) Ebenda Bl. 9a.

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den satirischen Dank des Berner Malers, Dichters und Staatsmanns Niclaus Manuel eingebracht. In dessen ,,Ordnung und letzer Wille der Messe" nämlich, in welchem letztere, als Person gedacht, auf dem Todtenbette ihre namhaftesten Vertheidiger mit einem Vermächtnisse bedenkt, verordnet die Sterbende: „Sodann will ich auch zulassen, dass dém Hansen Buchstaben, Schulmeister zu Zofingen, meinem besonderen Liebhaber, das Tuch, so der Pfaff auf das Haupt legt, genannt der Hummler, gelange, dass er sein kunstreich Hirn damit bewahre 1)."

In Buchstab's Schriften findet sich weder ein Druckort noch ein Drucker angegeben. Die von ihm 1523 zur Vertheidigung der katholischen Glaubenssätze verfasste Schrift suchte er zuerst in Basel zu veröffentlichen er fand keinen Abnehmer; im folgenden Jahre wandte er sich nach Freiburg 2) und 1525 nach Konstanz, aber gleichfalls ohne Erfolg. Er theiltę nun das umfangreiche Buch, und hatte 1527 und 1528 die Freude, die zertrennten Glieder desselben einzeln erscheinen zu sehen 3). Seine Widmung an den ,,ehrsamen, weisen und frommen Johann Grieninger" 4) verräth uns den gefälligen Typographen und weist uns hinsichtlich des Druckortes nach Strassburg. Möglich ist, dass schon hier Träger den Vermittler spielte 5).

Ich gehe nun dazu über, die mir bekannt gewordenen Büchlein des Zofinger Schulmeisters zu verzeichnen. Ich weiss wohl, dass es nicht alle sind; aber ich konnte trotz aller Nachforschungen keiner weiteren habhaft werden. Und so sage ich denn mit Bürger:,,Was ich habe, will ich geben", und richte zugleich an diejenigen meiner Herren Kollegen, denen etwa hier nichtverzeichnete vor Augen kommen sollten, die freundliche Bitte, dieselben als Ergänzung meiner Arbeit im Anzeiger bekannt machen zu wollen.

I. „Uon de Hochwir | digen Sacramēt des leibs vn | bluts Christi vnsers herre, wie das in d'zeit d'apostlē | vnd seid har, bis vff vnser zeit geglaubt ist wordē auch wie, das die aller eltisten vn heiligsten lerrer, einhelig | lich gehalte, geglaubt vnd beschriben habē, ein kurze | vnd'richtung; durch Joan. Buchstab võ Wintertur. | Ezecgielis. 13. | Wee den vaweisen prophete, die nachvolgen | irem geist vnd nit sehent." Schluss:,,Getruft

1) C. Grüneisen, Niclaus Manuel. Stuttg. u. Tüb., Cotta, 1837. gr. 8°. S. 434.

2) Ohne Zweifel Freiburg im Breisgau, weil im Schweizerischen Freiburg erst gegen das Jahr 1580 eine Druckerei errichtet wurde. (Zur-Lauben) Tableaux de la Suisse. Ile éd. Par., Lamy, 1784. 4°. Tome VII, p. 84. 3) S. in der Schrift vom Fegfeuer den ,,Beschluss über die zehen Vssgangnen Büechlin" Buchstab's: Bl. 8b-10a.

),,Dass die Biblischen geschrifften müssen eyn geystliche vsslegung han" Bl. 1b.

5) Eine mir zu Händen gekommene ,,Vermanung bruder Conradts Treger vor der Böhemschen ketzerey" etc. ist 1524 in Strassburg gedruckt.

vnnd volendet iß büdchlin, vff Sant Bartholomeus abent, als man zalt nach der geburt Christi. M.CCCCC. vnnd xxvij. iar." 4. 16 Bl. (Rückseite des Titels und letzte Seite leer.)

Auf den Stadtbibliotheken in Solothurn und Winterthur. Das Exemplar einer zweiten Ausgabe besitzt die Herzogliche Bibliothek in Gotha. Der Titel zeigt einzelne Abweichungen: „Uom Hochwir | dige Sacrament des leibs vñ | bluts Christi vnsers herren, wie dz in zeit der apostle | vnd seid har, glaubt ist worden, Auch wie das | es die aller eltisten vnnd heiligste lerrer, ein heliglich gehalten, vnnd beschri ben ha- | bē ein kurze vnderrichtūg. durch Joan. Büchstab von Win | tertur. schulmeister zu zofingen. | Ezecchielis. 13. | Wee den vnweisen propheten, die nachvolgen irem geist vnd nit sehent." Schluss: Getruckt vnnd volendet diß büchlin, vff Sanct | Niclas abent, als man zalt nach der geburt | Christi. M.CCCCC. vnnd | xxvij. iar." 4o. 16 Bll. (Wie oben gedruckt.)

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II. „Ein kurze vnder richtung vß dem altē vnd neüw testamet, Das die meß ein opffer ist | vnd uß kutschafft der aller elsten (so!) lerern, seit d'zeit har der appostlen, (so!) zu allen | zeite für ein opffer geglaubt, gehal | të vñ beschriben ist wordē, durch | Joanë Büchstab, schülmeister zů Zofingen. | Psal. 110. | Der her hat gesendet die erlösung seinem fold | vnd hat sein testamet in die ewikeit gebotten.“ Schluss: „Getruct vnd vollendet diß büchlin vff sant | Adelffuß abent. Jm. M.CCCCC.xxij. jar.“ 4o. 14 Bl. (Rückseite des Titels und letzte Seite leer.)

In Solothurn. Eine zweite ,,vff Sanct Martins abent M.CCCCC.XXVij" gedruckte Ausgabe verzeichnet Haller, Bibliothek der Schweizergeschichte, Thl. III. No. 287.

III. Uon becleidung der Priester liechter weiwas | ser, geweichte falz vnd eschen, meßfrüme (so ma nempt opffre) gesang, vnd bildnissen, so in d' | Christenlichen kilchen got zu lob vñ ze cer (1.eer) ge | brucht werde. Ein kurze vndrichtūg | vß götlicher geschrifft. Durch Jo | anne Büchstab Schulmeister in Zofingen. | .1. Eßdre. 7. | Alles das, so zů der ordnung oder gewonheit gott des | himels dienet, sol fleißenklich in de hußz gottes des hi | mels verbracht werde, vff das, mit villeichter got erzür | net werde, wid' das reich des künigs vñ seiner sünen." Schluss:,,Getruct vnd volendet diß büchlin vff vnser | Lieben Frawen abent der geburt, Im iar als man zalt nach der geburt Christi | .M.CCCCC. vnd xxvij." 4o. 15 Bll. (Rückseite des Titels und letzte Seite leer)

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In Solothurn und auf der Kantonsbibliothek in Aarau. Eine zweite Ausgabe (in Gotha) weicht im Titel ziemlich ab: ,,lon becleidunge | der priester. gesang and bild | nüssen in d'Christliche tilhen, so got zu lob vn er gebrucht werde Wywaßer, geweicht salß vnd eschen Meßfrümen das man nent opfferen. Ein kurze vnderrichtung vf götlicher geschrifft. Durch Johanne buchstab | Schulmeister in Zofingen. | 1. Eßdre. 7. | Alles das, so“ u. s. w.') Schluss: „Getruckt vnd volendet

1) Wie oben, nur ist „vileichter"

statt,,villeichter" gedruckt.

diß büchlin vff sant | Katharinen abent, | Im iar als man zalt | nach der geburt Christi. M.CCCCC. vnd xxvij." 4o. 15 Bll. (Rückseite des Titels leer, letzte Seite bedruckt.)

IV.,,Das nit alle Christ | glöbige menschen gleich priester seyend, Das nieman gezime dañ den prieste: | ren zepredigen, das ein vnderscheid zwischen | den Bischoffen, priestren vnd Diaco seye | Vnd dz ma die priester mit eererbietung sol halte Ein kurze vnder. | richtūg durch Johanne Buchstab. V. M. Schülmeister | Zofingen. | Roman. 13. | Es ist kein gewalt dann von gott. Der gewalt aber | der allenthalben ist, der ist von gott verordnet, also, | das wer sich wider den gewalt seßet, der widerstrebt | Gottes ordnung." Schluss: „Getruckt vnd volendet diß büchlin vff Vnser | lieben Frame abent der geburt. 3m iar als ma zalt. M.CCCCC.xxvij. 4o. 8 Bl. (Rückseite des Titels bedruckt, letzte Seite leer.)

Die in Solothurn und Gotha befindlichen Exemplare stimmen bis auf einige unwesentliche Abweichungen im Titel überein; ausserdem ist im Gothaischen Exemplar der Druckfehler" V. M." in ,,V. W." (von Winterthur) verbessert.

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V.,,Daß die Biblischen ge- | schrifften müssen eyn geystliche vßle | gung han, daß vns vil ding (die | mit vßgetruckten worten nit | in der Bibli geschriben | standent) not seind | zûglauben, daß | man die sa- | ßungen der | Apostlen auch schuldig ist | zuhalten. Vnd daß die heylig Christlich firch in denen dingen, so zů de waren glaube notwē | dig seind, nit jrret, eyn kurze vnderrich | tug, durch Joan. bchůstab (so!) vo Winterthür. Pfal. xviij. O Herr die erklärung oder vßlegung deiner worten erleuchtet, vnd gibt den ver- | standt den kleynmütigen." Schluss: „Anno Domini. M.D.xxix.“ 4o. 21 Bll. (Rückseite des Titels bedruckt, letzte Seite leer; Holzschnittinitiale auf Bl. 2 b.)

(Schluss folgt.)

[276.] Im Interesse der Corvinischen Bibliothek in Ofen. Das fortwährende Auftauchen verschiedener Nachrichten über die Ofener Corvinische Bibliothek beweist genügend, wie nothwendig es wäre, mit einem umfassenden Werke vor das Lesepublikum zu treten, und so vom heutigen Standpunkte der Bibliographie aus einen sicheren Leitfaden Denen in die Hand zu geben, die sich für die so berühmt gewordene Büchersammlung interessiren.

Seit dem Jahre 1861, wo ich so glücklich war, in der Bibliothek des Raaber Domkapitels einen Blondus Foroliviensis, Romae instauratae libri III, zu entdecken und in dem,,Györi törtenélmi és régészeti füzetek," I. Band, S. 8... zu beschreiben, habe ich. mich nicht allein mit allen mir zugänglichen Quellen eifrigst beschäftigt, bin ich nicht al'ein in den Besitz eines sehr werth vollen Materials durch den Ungarischen Reichstagsdeputirten Ernst von Simonyi gelangt, sondern habe auch beinahe alle Bibliotheken Europas aufgesucht, in denen ich Ueberreste der alten Königsbücherei zu finden hoffte.

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