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dafs wir wol auch hier die Hoffnung noch nicht völlig aufgeben dürfen.

Noch eine befonders charakteristische gemeinsame Eigenthümlichkeit der Weltkarte des Orontius Finaeus und des Schöner'schen Globus von 1533 möchte ich hier mit ein paar Worten berühren. Auf beiden erscheint die neue Welt im Festlands-Zusammenhange mit Asien, so dass Mexico einen Theil von China bildet 1). In Uebereinstimmung hiemit heifst es im Opusculum Geographicum” von Schöner:

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Americus tamen Vesputius, maritima loca Indiae superioris ex Hispaniis navigio ad occidentem palustrans, eam partem, que superioris Indiae est, credidit esse insulam, quam a suo nomine vocari instituit. Alii vero nunc recentiores Hydrographi eam terram ulterius ex alia parte invenerunt esse continentem Asiae, nam sic etiam ad Moluccas insulas superioris Indiae pervenerunt. Hanc continentem Asiae superioris portionem extra Ptolemaeum ante nostra tempora ab Marco Polo Veneto et aliis quamplurimis lustratam legimus” 2).

Die ganze Anschauung geht natürlich im Wesentlichen auf den alten Grund-Irrthum zurück, den der grofse Genuese mit ins Grab genommen3). Derfelbe war gerade damals durch die Entdeckungen des F. Cortez neuerdings heraufbeschworen worden. Joh. Schöner ftützte sich übrigens bezüglich dieses Herüberragens der alten Welt bis an die Atlantis auf die Ergebniffe der Magalhâes'fchen Expedition 4). Es ist bemerkenswerth, dass bereits in der

1) Diese feltfame Darstellung ist auch auf unserer Abbildung der beiden Süd-Hemisphären erkennbar, da der asiatische Hafenplatz des Ptolemaeus Cattigara» an die Weftküste von Süd-America verlegt erscheint.

2) 1. c. Pars II. cap. I.

8) Vergl. unten p. 90.

4) Opusculum Geographicum, Pars II. cap. 20:,,Post Ptolemaeum

Wieser, Magalhâes-Strasse.

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von Schöner so ausgiebig benützten «Copia der Newen Zeytung aus Presillg Landt" die Anficht vertreten erscheint, Brafilien fei ein Theil des füdöftlichen Afien 1).

Wenn auch in den massgebenden Kreisen bald schon die Ansicht sich Bahn brach, dass die neue Welt durch eine breite Wafferstrasse von Afien getrennt sei 2), fo erfreute fich doch auch die Wahnvorstellung von dem asiatisch - americanifchen Doppel - Continente durch geraume Zeit einer nicht geringen Popularität. Es wäre gewiss nicht ohne Interesse, genauer zu verfolgen, wie lange fich diese phantastische Idee noch gehalten hat, und die zahlreichen Karten mit einander zu vergleichen, welche diefelbe widerspiegeln.

vero ultra 180 gradum versus orientem multae regiones repertae per quemdam Marcum Polum Venetum, ac alios, sed nunc a Columbo Genuensi et Americo Vesputio, solum loca littoralia ex Hispaniis per Oceanum occidentalem illuc applicantes, lustratae sunt, eam partem terrae insulam existimantes vocarunt Americam, quartam orbis partem. Modo vero per novissimas navigationes, factas anno post Christum 1519 per Magellanum ducem navium invictissimi Caesaris divi Caroli etc. versus Moluccas insulas, quas alii Moluquas vocant, in supremo oriente positas, eam terram invenerunt esse continentem superioris Indiae, quae pars est Asiae“.

1) Vergl. unten p. 91 u. 107 n.

2) G. Mercator verzeichnete diese Strasse feine Vorlage, die Weltkarte des Or. Finaeus, corrigierend bereits auf der Karte von 1538. Hier und ebenso auf dem Globus von 1541 erscheint diefelbe noch ohne Namen; auf der grofsen Weltkarte von 1569 heifst fie bereits ,,el streto de anian". (Ueber das frühefte Vorkommen diefer Bezeichnung vergl. Pefchel, Gefch. d. Erdkunde 2te Aufl. p. 273 u. 816, S. Ruge,,Fretum Anian", Dresden 1873 p. 23, und Vivien de Saint-Martin, Histoire de la Géographie p. 360).

BEILAGEN.

I.

Die Flugfchrift:

,,Copia der Newen Zeytung auss Presillg Landt."

Wenn wir trotz der bereits zahlreich vorliegenden Interpretations-Verfuche es unternehmen, das in der Ueberschrift genannte Flugblatt noch einmal einer ausführlichen Besprechung zu unterziehen, so bestimmt uns dazu vor Allem die Erwägung, dafs die Zeytung aufs Presillg Landt" fpeciell für die vorliegende Arbeit von hervorragendstem Interesse ist, und dass die Bedeutung derfelben für die Geschichte der Erdkunde gerade durch die Resultate der obenstehenden Unterfuchungen nicht unwefentlich erhöht erscheint. Wir hoffen aufserdem noch verschiedene Punkte, wie namentlich die Frage nach dem Datum und der Herkunft der Flugschrift in ein etwas helleres Licht rücken zu können, als es bisher geschehen ist.

Als A. v. Humboldt die Copia der Newen Zeytung" zuerst eingehend analyfierte 1), war nur ein einziges Exemplar derfelben bekannt, das auf der Hof- Bibliothek in Dresden. Heute find 10 Abdrücke bibliographisch proto

1) Kritische Unterfuchungen III. p. 177-192.

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