VORWORT. Die vorliegende Arbeit behandelt mehrere Fragen aus der Geschichte der Erdkunde in den ersten Decennien des XVI. Jahrhunderts, die bei der tief einschneidenden Bedeutung diefer Periode für die Entwickelung der geographifchen Wiffenfchaft eine eingehendere Besprechung wol verdienen.. Die Löfung des Problemes, das ich zum Ausgangspunkte meiner Unterfuchung gewählt, bot reichlich Gelegenheit, auch benachbarte Gebiete zu berühren, und es bildet die Beantwortung der eingangs geftellten Frage thatfächlich nur den Rahmen, der eine ganze Reihe von historisch-geographifchen Special - Unterfuchungen um schliefst. So werden u. A. für die nachfolgenden Themata neue, und wie ich hoffe, nicht ganz unwichtige Beiträge geboten: Die ältesten kartographischen Denkmäler mit dem Namen America (Cap.3.); das früheste Vorkommen des Namens Brafilien (Beilage I.); das allmälige Auftauchen eines 5ten Erdtheiles, und die Einführung der Bezeichnung Australis Terra" in die geographische ༥ Nomenclatur (Cap. 7.); der anonyme Reisebericht „Copia der Newen Zeytung aufs Presillg Landt" (Cap. 4. und Beilage I.); die Weltkarte des Lionardo da Vinci (Cap. 6.), und die des Orontius Finaeus (Cap. 7. u. 8.); mehrere bis jetzt unbekannt gebliebene geographische Arbeiten des Joh. Schöner (Cap. 3. u. 8.) etc. Die zahlreich eingestreuten bibliographischen Notizen stehen in engem Caufal-Zusammenhange mit der Eigenart des ganzen Forschungsgebietes. Denn Gutenberg's junge Kunft hat ja nicht wenig beigetragen zur raschen Verbreitung und Popularifierung fowol der transoceanischen Entdeckungsberichte, als auch der geometrischen und kartographifchen Doctrinen des neuerweckten Ptolemaeus. Wenn das literarische Material vielleicht nicht immer in der Vollständigkeit herangezogen fein follte, wie ich es wol gewünscht und angeftrebt, so hat das in der Mannigfaltigkeit und schweren Zugänglichkeit deffelben feinen Entschuldigungsgrund. Jeder, der selbst das Fortschreiten der geographischen Erkenntnis im Zeitalter der Entdeckungen zum Gegenstande specieller Untersuchungen gemacht, wird zur Genüge erfahren haben, wie sehr durch die Zerstreutheit und bibliographische Rarität der Literatur die Arbeit auf diesem Gebiete oft gehemmt und erfchwert wird. Macht fich diefer Umstand schon an grofsen Bibliotheken geltend, um wie vielmehr erft hier, wo es häufig genug felbft am Gewöhnlichften gebricht. Ich erfülle eine angenehme Pflicht, wenn ich allen Jenen, die mich in der Beschaffung der literarischen Behelfe für meine historisch-geographischen Studien unterstützten, auch bei dieser Gelegenheit meinen wärmnsten Dank ausfpreche, insbefondere den Herren: Hofrath C. Halm und Oberbibliothekar G. Laubmann in München, und Bibliothekar R. Koehler in Weimar. Mit wehmuthsvoller Empfindung gedenke ich hier noch meines theueren Lehrers und Freundes, Prof. Dr. J. E. Wappaeus, der der Wiffenfchaft und uns zu früh entriffen worden ist. Seit Jahren hatte er meinen geographifchen Studien liebevolle Theilnahme gewidmet; ihm verdankt auch die vorliegende Arbeit mannigfache Anregung und Förderung. Have pia anima! Innsbruck, August 1880. |