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verschiedenen Jahreszeiten und der Einwirkung der Bodengestaltung (Richtung der Gebirgszüge) auf die Luftströmungen.

Christian Wolf sah die Ursache der Luftströmungen in der ungleichen Expansion derselben an verschiedenen Orten der Erdoberfläche. Ueber den Grund der verschiedenen Spannkraft der Luft stellte er keine bestimmte Hypothese auf.

Christian Freiherr von Wolf, geboren am 24. Januar 1679 zu Breslau, gestorben zu Halle am 9. April 1754, war erst Dozent und Adjunkt der philosophischen Facultät zu Leipzig, hierauf Professor der Mathematik und Physik zu Halle. Der Irreligiosität angeklagt, wurde er seiner Stelle enthoben und aus Preussen verbannt. Er ging nach Kassel und wurde Professor der Philosophie zu Marburg. Im Jahre 1740 von Friedrich dem Grossen zurückgerufen, wurde er Professor der Mathematik und des Natur- und Völkerrechts, später Kanzler der Universität Halle, Reichsfreiherr, Mitglied der Akademien von Berlin, London und Paris. Von seinen zahlreichen Schriften erwähnen wir bloss die folgenden: Elementa aërometriae etc., 4°, Lips. 1709. - Elementa matheseos universae, 5 vol., 4o, ib. 1713-1741. Experimenta physica etc. 3 Thle., 8°, Halle 1721 bis 1723. Cosmologia generalis etc. 4", Francof. et Lips. 1731. Ausserdem schrieb er vieles über Philosophie, Jurisprudenz u. s. f. Wolf beschreibt in seiner Schrift: Elementa aërometriae" ein Anemometer, welches die Stärke der Windstösse messen soll. Ueber die Menge des niederfallenden Regens finden wir Messungen mit einem Ombrometer bei Mariotte und Richard Townley, dem Schüler Boyle's. Dieser letztere liess das Regenwasser aus dem Ombrometertrichter in ein Glasgefäss fliessen und mass dessen Gewicht.

Richard Townley, dessen wir weiter oben *) als desjenigen gedachten, der das Boyle'sche Gesetz der umgekehrten Proportionalität zwischen Druck und Volumen eines Gases formulirte, war Gutsbesitzer zu Townley in Lancashire und schrieb einige Aufsätze über meteorologische Gegenstände, welche in den „Philosophical Transactions“ erschienen, z. B.: „On the quantity of falling rain" (Phil. Tr. 1693–1694) u. a. Ueber seine Lebensverhältnisse wissen wir nichts Näheres.

Schliesslich erwähnen wir hier noch Bernhard Varen (Varenius), von dem wir bloss wissen, dass er in England geboren worden, in Amsterdam als Arzt gelebt habe und 1660 gestorben sei. Derselbe hat unter dem Titel: Geographia generalis, in qua affectiones generales telluris explicantur etc." ein Werk geschrieben, das in Amsterdam 1664 erschien und noch nach seinem Tode sehr beliebt und verbreitet war, so dass es auch Newton seinen Vorlesungen zu Grunde legte und im Jahre 1674 in vermehrter Ausgabe in englischer Sprache erscheinen liess. Varenius

*) Pag. 171.

hat eine Theorie der Luftströmungen aufgestellt und sich auch mit anderen Fragen der tellurischen Physik beschäftigt.

Ueber die Ansichten betreffs des Nordlichtes, der Feuerkugeln, des Regenbogens und anderer Meteore haben wir an einigen Stellen des. vorliegenden I. Buches gesprochen, weshalb wir jetzt dieselben übergehen können.

Die Mechanik.

Die Geschichte der mechanischen Prinzipien eines Zeitalters bildet den Mittelpunkt der Entwicklungsgeschichte der physikalischen Wissenschaft desselben. Im Sinne dieses Grundsatzes wurde in unserer ganzen Darstellung der Schwerpunkt auf diesen Theil unserer Wissenschaft gelegt, so dass uns an dieser Stelle bloss eine Zusammenstellung zerstreuter Bemerkungen über Gegenstände der reinen und angewandten Mechanik übrig bleibt, sowie die Erwähnung einzelner Forscher, denen im Vorstehenden kein passender Platz angewiesen werden konnte.

Marino Ghetaldi, geboren 1566 zu Ragusa, gestorben 1609 in Konstantinopel, war ein ragusanischer Patricier, Gesandter der Republik Venedig in Rom und hierauf in Konstantinopel, wo er auch starb. Er war ein bedeutender Mathematiker und als solcher ein Vorläufer Descartes' in der Erfindung der analytischen Geometrie *). In seiner Schrift: Promotus Archimedes, seu de variis corporum generibus gravitate et magnitudine comparatis" (Romae 1603) finden sich die ältesten Bestimmungen des spezifischen Gewichtes der Metalle und zwar: Gold, Silber, Quecksilber, Blei, Kupfer, Eisen, Zinn, d. h. der sieben Metalle der Alten, ausserdem einiger Flüssigkeiten.

Luca Valerio, geboren um 1552 zu Neapel (oder Ferrara), gestorben 1618 zu Rom. Er war Professor der Mathematik und Physik am Gymnasium zu Rom, ferner Mitglied der Akademie „dei lincei“, aus welcher er im Jahre 1616 ausgestossen wurde, da er öffentlich gelehrt hatte, dass Galilei sich für das coppernicanische Weltsystem erklärt habe **). In seiner Schrift: De centro gravitatis solidorum" (4°, Romae 1604) handelt er von der Bestimmung des Schwerpunktes der Konoide, Sphäroide u. s. f.

Paul ***) Guldinus, geboren am 12. Juni 1577 zu St. Gallen, gestorben am 3. November 1643 zu Graz, war der Sohn protestantischer Eltern und hatte die Goldschmiedekunst erlernt, später ging er zum Katholicismus über und wurde Jesuit. Er war Professor der Mathematik

*) Siehe die ausführliche Monographie von Eugen Gelcich: „Eine Studie über die Entdeckung der analytischen Geometrie mit Berücksichtigung eines Werkes des Marino Ghetaldi, Patricier Ragusaer aus dem Jahre 1630.“ Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik. 4. Heft. Leipzig 1882.

**) So berichtet Colangelo in seiner „Storia dei filosofi e dei matematici Napolitani." 3 Vol. Napoli 1833-1834. 8°.

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zu Wien und zu Graz. Von seinen Schriften erwähnen wir die folgenden: Dissertatio physico-math. de motu terrae ex mutatione centri gravitatis ipsius proveniente, Viennae 1622. Centrobaryca seu de centro gravitatis trium specierum quantitatis continuae, liber I, fol. Ib. 1635, pars altera, lib. II-IV, quibus agitur de usu centri gravitatis etc., fol. Ib. 1641. In der letzten der angeführten Schriften findet sich das bekannte Guldin'sche Theorem, das jedoch schon bei Pappos vorkommt *).

Pierre Varignon, geboren 1654 zu Caen, gestorben am 22. Dezbr. 1722 zu Paris, war Professor der Mathematik am Collège Mazarin seit 1688, später am Collège royal zu Paris und Mitglied der Akademie. Varignon gebührt das Verdienst, die Zusammensetzung und Zerlegung von Kräften nach ihren statischen Beziehungen in ihrer prinzipiellen Bedeutung dargelegt zu haben. Es geschah dies in seiner Schrift: „Projet d'une nouvelle mécanique" (4°, Paris 1687). Allerdings erschienen in demselben Jahre die Newton'schen „Prinzipien", in welchen wir ebenfalls die Zusammensetzung der Kräfte, in ihrer statischen Wirkung bei der Lehre des Gleichgewichtes an Maschinen finden. Indess ist bei Newton die prinzipielle Bedeutung dieses Satzes nicht derart hervorgehoben. In einem zweiten Werke: „Nouvelle mécanique ou statique" (2 vol. 4o, Paris 1725), welches erst nach seinem Tode erschien, beschäftigt er sich ausschliesslich mit der Lösung aller jener Aufgaben, welche sich auf die Wirkung von Kräften an den einfachen mechanischen Potenzen und auf deren Gleichgewicht beziehen. Varignon hat ausser den angeführten zwei Werken noch eine überaus grosse Anzahl anderer Schriften verfasst, welche wir hier jedoch nicht erwähnen **).

Es erübrigen nun noch einige Notizen über die Erfindungsgeschichte einiger hydro- und aëromechanischer Apparate und Maschinen, als da sind: das Aräometer, das Barometer und die Luftpumpe.

Das Aräometer zur Vergleichung der Dichte von Flüssigkeiten kommt in diesem Zeitraum als Wasser-, Bier-, Wein- oder Solwaage vor und wird in zwei verschiedenen Formen gebraucht. Bei der einen Gattung wird ein durch Schrote beschwertes, verschlossenes Glasgefäss, das oben in eine Spitze endet, in die zu bestimmende Flüssigkeit gesetzt und mit ringförmigen Gewichten so lange beschwert, bis sie ganz an die Spitze in der Flüssigkeit untertaucht. Je leichter die Flüssigkeit, um so weniger Gewichte sind erforderlich, um dies Untertauchen zu erzielen. Die spezifischen Gewichte der Flüssigkeiten verhalten sich nun, wie die Gewichte, die man auf das Aräometergefäss setzen musste und somit haben wir eine leichte Methode, die Vergleichung der spezifischen

*) Vgl. Bd. I, pag. 138.

**) Siehe Poggendorff's Biogr.-literar. Handwörterbuch zur Geschichte der exakten Wissenschaften, II. Bd.

Gewichte verschiedener Flüssigkeiten durchzuführen. Zuerst wird dieser Apparat von dem französischen Arzt Monconys in Lyon beschrieben. Balthasar Monconys, geboren zu Lyon 1611, gestorben ebendaselbst am 28. April 1665, machte grosse Reisen im südlichen Europa und im Orient, deren Ergebnisse er in einem Werke niederlegte, das den Titel führt: Journal des voiages de luy faites en Portugal, Provence etc. ou les scavants trouveront un nombre infini de nouveautez et machines et mathematiques, expériences physiques, raisonnements de la belle philosophie, curiositez de chymie et conversations des illustres de ce siècle etc.“ 3 vol., 4o, Lyon 1665 et 1666.

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Die zweite Gattung von Aräometern ist die der Scalenaräometer, wie wir sie noch heute gebrauchen. Dieselben werden von Kircher in seinem Mundus subterraneus" (Tom. I, lib. V, Cap. V) und von Boyle in den Philosophical Transactions (n. 24, pag. 447) beschrieben.

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Bezüglich der Metall-Legirungen fand Glauber, ein deutscher Chemiker *), dass deren spezifisches Gewicht aus dem spezifischen Gewichte der Bestandtheile und deren Menge genau nicht bestimmt werden könne, da bei der Mischung, resp. Zusammenschmelzung eine Contraction stattfinde. Als er nämlich aus einer Kugelform Kugeln von Kupfer und von Zinn goss und zwei solcher Kupferkugeln mit zwei Zinnkugeln zusammenschmolz, da erhielt er eine Legirung, aus welcher er nicht einmal drei solcher Kugeln giessen konnte, als er zur Legierung verwendet hatte. Aehnliches finden wir bekanntlich bei der Mischung von Flüssigkeiten.

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Barometer.

Nachdem sich diejenigen Experimentatoren, welche den Torricelli'schen Versuch anstellten, überzeugt hatten, dass die Höhe der Quecksilbersäule in der Torricelli'schen Röhre fortwährenden Veränderungen unterworfen sei, construirten sie Apparate, um diese Veränderungen messen zu können. Die erste Einrichtung, welche man diesen Barometer genannten Instrumenten gab, war die der Torricelli'schen Röhre mit einem weiten Quecksilbergefässe am offenen Ende. Da dasselbe schwer transportirbar und der grossen Menge des verwendeten Quecksilbers zufolge ziemlich kostspielig war, so verfiel man auf die Form des Heberbarometers und des gewöhnlichen Flaschenbarometers. Um die Veränderungen im Niveau des Quecksilbers merklicher zu machen, gab man dem Barometer verschiedene Einrichtungen. Descartes schlägt vor, an das obere Ende der offen gebliebenen Barometerröhre eine dünne Röhre anzufügen, welche oben zugeschmolzen werden soll. Das Quecksilber reicht höchstens bis zum obern Ende der dickern Röhre, über diesem befindet sich in der dünnern Röhre Wasser. Da nun das sich erhebende Quecksilber eine ebenso grosse Menge Wasser in das engere

*) Von Glauber wird noch weiter unten die Rede sein.

Gefäss schiebt, so muss das Wasser in der engen Röhre viel stärker ansteigen, als das Quecksilber in der weiteren Röhre. Der Vorschlag Descartes' befindet sich in einem Briefe Chanut's an den Schwager Pascal's: Périer *). Eine zweite derartige Einrichtung ist das Radbarometer von Hooke, das dieser im Jahre 1665 erfand und in seiner Micrographia" (Tab. 37, Fig. 4) beschrieb. Dasselbe ist ein Heberbarometer, auf dessen unterem Quecksilberspiegel ein eisernes Gewichtchen schwimmt, das mittelst einer Schnur an der Welle befestigt ist, welche einen Zeiger trägt. Da sich das Gewichtchen, das als Schwimmer dient, leicht an irgend einer Seite der Röhre reibt und der Bewegung der Quecksilbersäule nicht folgt, so ist dieser Apparat zu genaueren Beobachtungen untauglich. Eine dritte Modifikation des Barometers besteht darin, dass der obere Theil der Röhre geknickt und schief nach aufwärts gebogen ist, was zum Resultate hat, dass das Quecksilber bei geringen Veränderungen grosse Strecken zurücklegen muss. Diese Einrichtung wird dem englischen Diplomaten Sir Samuel Morland zugeschrieben, von dem noch weiter unten die Rede sein soll. Auch dem italienischen Arzte Ramazzini schreibt man die Erfindung dieses Barometers zu **). - Der Descartes'schen Einrichtung ähnlich ist die des Huygens'schen Doppelbarometers ***).

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Alle diese Vorrichtungen wiesen in der Praxis beträchtliche Mängel auf, weshalb sie heute sämmtlich der Vergessenheit anheimgefallen sind und bloss historisches Interesse haben. Die zu wünschende grosse Genauigkeit in der Bestimmung des Luftdruckes hat man durch die Verbesserung der Ablesevorrichtungen am Barometer erreicht.

Luftpumpe.

Die Erfindung der Luftpumpe eröffnete der Experimentalphysik ein ausgedehntes Gebiet der Forschung und so sehen wir denn in der ganzen zweiten Hälfte des 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zahlreiche Gelehrte mit den Versuchen beschäftigt, welche sich mit Hülfe dieses Apparates ausführen lassen, zugleich aber begegnen wir auf Tritt und Schritt den Bestrebungen, die Luftpumpe selbst zu verbessern und zu vervollkommnen, um den Zwecken der experimentellen Forschung in je vollständigerer Weise genügen zu können. Wir haben bei einer früheren Gelegenheit, als von der Erfindung des Apparates

*) Pascal's Traité de l'équilibre des liqueurs. Oeuvres III, pag. 83. **) Bernardo Ramazzini, geboren 1633 zu Carpi (Modena), gestorben 1714 zu Padua, war praktischer Arzt, dann Professor der Medizin in Modena und Padua. Von ihm stammen die ersten Nachrichten über artesische Brunnen, welche in seiner Heimat seit alten Zeiten gebohrt wurden.

***) Siehe oben pag. 200.

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