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In der zweiten der genannten Schriften finden sich die ersten Anfänge einer rationellen Photometrie. Er construirte das erste Photometer, das auf diesen Namen Anspruch erheben kann. In demselben werden zwei durch die zu vergleichenden Lichtquellen beleuchtete transparente Schirme betreffs ihrer Helligkeit mit einander verglichen, wobei die eine der Lichtquellen so lange zu verrücken ist, bis die beiden Schirme gleich erleuchtet erscheinen. Eine ähnliche Methode wendete er an, Lichtstärke des reflectirten oder die des gebrochenen Lichtes mit jener der ursprünglichen Lichtquelle vergleichen zu können. — Bouguer hat noch zahlreiche andere Arbeiten verfasst, die sich auf astronomischgeodätische, auf nautische und ausserdem auf verschiedene physikalische Probleme beziehen, deren Titel wir hier jedoch übergehen wollen. Bouguer construirte ein Pyrometer, studirte die Deviation der Magnetnadel auf Seeschiffen und die Lothablenkung durch den Chimboraço. Auch einen Windmesser hat er entworfen und in seiner Abhandlung: Traité du navire etc." (Paris 1746) beschrieben.

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Ruggiero Giuseppe Boscovich, geboren am 18. Mai 1711 zu Ragusa, gestorben am 13. Februar 1787 zu Mailand. Er war Jesuit, Professor am Collegio romano“ in Rom, dann, nachdem er grössere Reisen ausgeführt hatte, Professor in Pavia und lebte hierauf in Paris und in Mailand. Boscovich hat eine lange Reihe von Abhandlungen, besonders optischen Inhaltes verfasst, von denen wir hier einige anführen wollen: De novo telescopii usu ad objecta coelestia determinanda. Roma 1739. De inaequalitate gravitatis in diversis terrae locis. Ib. 1741. De cometis. Ib. 1746. De aestu maris. Ib. 1746. De lumine. Ib. 1749. De lunae atmosphaera. Ib. 1753. De lege virium in natura existentium. Ib. 1755. - De lentibus et telescopiis dioptricis. 2 vol. Ib. 1755. - Philosophiae naturalis theoria, redacta ad unicam legem virium in natura existentem. Venet. 1758. Dissertationes ad Dioptricam. Viennae 1767. Opera pertinentia ad opticam et astronomiam. 5 vol. 4°. Bassano 1785. - Ausser seinen optischen Arbeiten sind seine Ansichten über die Constitution der Materie zu erwähnen. Er ist ein Gegner der Atomentheorie und stellt sich auf den „dynamistischen Standpunkt. Nach seiner Ansicht ist die Masse eine Constellation von Kräftecentren, von welchen ausgehend sich anziehende und abstossende, bloss von der Entfernung, nicht aber von der Zeit abhängende Kräfte in bestimmten Wirkungssphären bethätigen. Gegen diese Theorie kämpfen Maxwell, Lamé und Will. Thomson an.

Johann Nathaniel Lieberkühn, geboren am 5. September 1711 zu Berlin, gestorben am 7. Dezember 1756 ebendaselbst, war praktischer Arzt, Mitglied der Berliner Akademie, sowie der Leopoldinischen Akademie. In der Abhandlung: Description d'un microscope anatomique (Mém. Berl. 1745) beschreibt er das von ihm 1738 erfundene Sonnenmikroskop.

Johann Heinrich Lambert, geboren am 26. August 1728 zu Mülhausen im Elsass, gestorben am 25. September 1777 zu Berlin, war der Sohn eines armen Schneiders. Durch seine schöne Handschrift erwarb er sich eine Anstellung als Schreiber bei einem Eisenwerke bei Mömpelgard. Später war er Erzieher und suchte durch Selbststudium die Lücken des Unterrichtes auszufüllen. In seinem 31. Lebensjahre gab er die erste grössere Arbeit, seine: „Photometrie heraus, hierauf seine cosmologischen Briefe über die Einrichtung des Weltbaues" (8°, Zürich 1761) und sein Neues Organon" (8o, Ib. 1764). Lambert hat eine lange Reihe von Abhandlungen verfasst, deren Titel wir hier nicht anführen können; dieselben behandeln die Photometrie, Hygrometrie und Pyrometrie, sowie auch astronomische Probleme. Im Jahre 1764 wurde er von Friedrich dem Grossen zum Oberbaurath und zum Mitgliede der Berliner Akademie ernannt.

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Die Prinzipien, von denen Lambert's Photometrie**) ausgeht, sind die folgenden: 1. Man erhält die gesehene Helligkeit eines Gegenstandes, wenn man die Lichtmenge durch die Grösse des Bildes auf der Netzhaut dividirt. 2. Unter sonst gleichen Verhältnissen ist die Erleuchtung eines Gegenstandes durch einen leuchtenden Punkt dem Quadrate der Entfernung von diesem Punkte verkehrt proportional. 3. Die Stärke der Erleuchtung eines kleinen Gegenstandes steht im geraden Verhältnisse mit dem Inhalte der leuchtenden Fläche. 4. Ist die zu erleuchtende Fläche in schiefer Lage zum Lichtstrahl, so ist die Stärke der Erleuchtung dem Producte der normalen Stärke in den Sinus jenes Winkels proportional, welchen die Strahlen mit der Fläche bilden. 5. Die unter einem Winkel ausströmende Lichtmenge ist in ihrer Beleuchtungswirkung dem Sinus des Ausflusswinkels proportional. Mit Hülfe dieser Fundamentalsätze behandelt nun Lambert eine Reihe von Problemen, von denen wir bloss eines anführen wollen: „Von der Absorption des Lichtes bei dem Durchgange durch die Atmosphäre und von der Erleuchtung der Planeten durch die Sonne."

Als Photometer benützte Lambert eine Vorrichtung, welche mit dem Rumford'schen Photometer ganz und gar identisch war.

Lambert hat sich mit der Frage über die Existenz eines Venusmondes eingehend beschäftigt und alles darauf Bezügliche zusammengestellt, auch berechnete er Tafeln für den vermeintlichen Weltkörper, nach welchen derselbe am 1. Juni 1777 vor der Sonnenscheibe stehen sollte. Bis jetzt hat man einen solchen Trabanten der Venus nicht wahrnehmen können.

In seiner Pyrometrie***) empfiehlt er den Gebrauch des Amon

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*) Photometria sive de mensura et gradibus luminis, colorum et umbrae. Aug. Vind. 1760.

**) Pyrometrie oder vom Mass des Feuers und der Wärme. 4o. Berlin 1779 (posthum.).

tons'schen Luftthermometers. Die Eintheilung ist nach Graden ausgeführt, wobei ein Grad dem tausendsten Theil der eingeschlossenen Luft bei der Temperatur des schmelzenden Eises entspricht. Bei gleichem Drucke findet er das Volumen der Luft bei der Siedetemperatur 1375, dasjenige der Gefriertemperatur 1000 gesetzt. Lambert stellt ferner die folgenden zwei Sätze auf: die Elasticitäten der Luft verhalten sich bei gleicher Dichte, wie die Wärme (soll heissen: wie die absoluten Temperaturen); ferner: die Wärme (absolute Temperatur) wächst im Verhältnisse des Raumes, wenn der Druck sich nicht ändert. Das sind nun aber die bekannten Gay-Lussac'schen Gesetze. Lambert beschäftigte sich ausserdem mit der Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft. Er gebrauchte zu diesem Zwecke ein Saitenhygrometer, an welchem ein Stück Darmsaite, das an einem Ende einen Zeiger trug, durch seine stärkere oder geringere Torsion den Feuchtigkeitsgehalt der Luft anzeigte*).

*) Essai d'hygrométrie etc. (Mém. Berlin 1769 u. 1772, deutsch 8o, Augsburg 1774-75.

III. Buch.

Die neueste Zeit.

Das neunzehnte Jahrhundert. Von der Entdeckung des Galvanismus bis zur Aufrichtung des Satzes von der Erhaltung der Energie

(1790-1843).

Mitten in jener Zeit, da in Frankreich der Sturm der grossen Revolution nicht bloss die alten verrotteten feudalen Institutionen, das Autoritätsprinzip und alles was daran hing, vernichtete, sondern selbst die gesammte Kunst und Wissenschaft, insofern letztere nicht unmittelbar staatlichen Zwecken dient, wegzufegen drohte, und als der gewaltige Krieg, der die staatlichen Verhältnisse von fast ganz Europa umgestalten sollte, schon in naher Aussicht war, da wurden jene Entdeckungen auf dem Gebiete der experimentellen Physik gemacht, welche diesem Zweige der Naturwissenschaft in unserem Jahrhunderte ein eigenartiges Gepräge verleihen sollten. Die Entdeckung des Galvanismus eröffnete plötzlich der Forschung ein unendliches Feld, das einen bedeutenden Theil der Physiker in Anspruch nahm. Es boten sich mit einem Male eine Fülle bisher ganz unbekannter Erscheinungen dar, deren Studium viel dankbarer war, als das irgend eines Zweiges der alten Physik. Mit dem Beginne unseres Zeitraumes beginnt auch die Zeit des genauen Messens der Erscheinungen, wodurch es möglich wurde, auch solche Gesetze der Vorgänge in der Natur zu entdecken, welche den ursächlichen Zusammenhang derartiger Grössen ausdrücken, die sich durch ihre Kleinheit der unbewaffneten Sinnesbeobachtung entziehen.

Von grosser Bedeutung für die allgemeine Charakterisirung jener Periode unserer Wissenschaft, auf deren Schilderung wir nun eintreten wollen, ist die Rolle, welche die Mathematik und die Philosophie in derselben spielen. Die Mathematik, ein Werkzeug bloss, jedoch ein unentbehrliches Werkzeug für das exacte physikalische Denken, gewinnt

Von der Entdeckung des Galvanismus bis zur Aufrichtung etc. 569

in diesem Zeitraume einen überwiegenden Einfluss und führt zur Behandlung auch solcher Probleme, welche vom Standpunkte der Physik ziemlich bedeutungslos sind und bloss rein mathematisches Interesse bieten. Was nun die Philosophie betrifft, so hat diese in unserer Periode so ziemlich jene Führerrolle eingebüsst, welche ihr in den andern Zeiträumen der Entwicklung beschieden gewesen. Die Richtung, welche dieselbe zu Anfang des Jahrhunderts eingeschlagen hatte, machte sie wenig geeignet, die Methoden der Naturforschung anzugeben. Erst in der allerneuesten Zeit mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Philosophie nach kurzer Frist wieder den ihr gebührenden Einfluss auf die Gestaltung der Naturwissenschaft zurückgewinnen werde.

Mit der Aufstellung des Gesetzes von der Erhaltung der Energie hat sich einer der Ringe geschlossen, aus denen sich das Lehrgebäude unserer Physik aufbaut. Es gibt dieses Gesetz somit einen erwünschten Abschluss unserer ganzen Darstellung. Die Geschichte hat überall nur mit dem Gewordenen zu thun, das in sich abgeschlossen, sich als etwas Fertiges der historischen Untersuchung darbietet, während der jeweilige Zustand der Wissenschaft in ewiger Fluctuation befindlich, eine Nutzanwendung der Worte des Philosophen von Ephesos: Herakleitos gestattet, dem zufolge man nicht zweimal in denselben Fluss steigen könne.

Es ist jenes Gesetz von der Erhaltung der Energie, das sich in kurzer Zeit zu einem der wissenschaftlichen Schlagworte qualifizirt hat, das uns nunmehr in den verschiedensten Disciplinen, an geeigneter und an ungeeigneter Stelle begegnet, eine höchst erwünschte Formel, welche dem Generalisationsbedürfniss in ausgiebiger Weise Rechnung trägt. Als wenn sie die ganze Physik, ja die ganze Erscheinungswelt in sich einschlösse, erscheint sie als das allgemeinste Naturgesetz. Es wird späterhin unsere Aufgabe sein, die richtige Bedeutung dieses Gesetzes darzulegen, an dieser Stelle begnügen wir uns mit der Bemerkung, dass dem Gesetze von der Erhaltung der Energie eine dreifache Bedeutung zukomme: eine reine physikalische, eine metaphysische und eine mathematische. Was seine Bedeutung für die Physik betrifft, so erklärt es jede Erscheinung als mechanische und zeigt die Ueberführbarkeit der Erscheinungen in einander, von philosophischer Seite betrachtet ist es ein teleologisches, nicht ein causales Prinzip, von mathematischer Seite endlich ist es ein Satz, der uns in die Lage setzt, gewisse Probleme durch einfache Rechnung zu lösen. - Die Entdeckung dieses wichtigen Gesetzes konnte naturgemäss nicht ohne Rückwirkung auf die übrigen naturwissenschaftlichen Disciplinen bleiben, so konnten sich z. B. die Chemie und die Physiologie der neuerkannten Wahrheit nicht verschliessen.

Wir wollen nun, bevor wir an die eigentliche Darstellung der Entwicklung unserer Wissenschaft in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts gehen, einen kurzen Ueberblick der zu schildernden wissenschaftlichen Ereignisse in rohen Umrissen zu geben versuchen. Als allgemeiner

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