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Im Auftrage der Akademie bestimmte Dulong in Gemeinschaft mit Arago die Volumveränderung der Gase bei verschiedenem Drucke bis zu 27 Atmosphären. Trotzdem sich gewisse regelmässige Abweichungen zwischen dem berechneten und dem beobachteten Volumen der Gase bei verschiedenen Drücken zeigten, glaubten die Beobachter diese als Ungenauigkeiten der Messung ansehen zu müssen, da sie von der Ueberzeugung voreingenommen waren, der Zusammenhang zwischen den einzelnen messbaren Grössen der Erscheinungen müsse sich durch sehr einfache mathematische Relationen ausdrücken lassen. Die Versuche der beiden Physiker bezogen sich bloss auf atmosphärische Luft, da ihnen während des Verfolgens ihrer Untersuchungen die Benützung der Räumlichkeiten entzogen wurde, in denen sie ihre Apparate untergebracht hatten. Pouillet, besonders aber Regnault brachten diese Messungen zu einem befriedigenden Abschlusse. - Ebenfalls im Auftrage der Pariser Akademie geschahen jene Versuche, mittelst welcher Dulong und Arago die Spannkraft des gesättigten Wasserdampfes zwischen den Temperaturgrenzen 100 und 214 Grad, also von einer bis beiläufig 24 Atmosphären Dampfspannung, bestimmten *). Dulong beschäftigte sich auch mit der Messung der lichtbrechenden Kräfte von Gasgemischen und von zusammengesetzten Gasen, wobei er fand, dass 1) die brechenden Kräfte der Gase zu den Dichten derselben in keiner einfachen Beziehung stehen, dass 2) die brechenden Kräfte für zusammengesetzte Gase nicht der Summe der lichtbrechenden Kräfte der Bestandtheile gleich seien, wie Biot und Arago behauptet hatten **).

Nach Petit's Tode wendete sich Dulong wieder für einige Zeit der Chemie zu, er untersuchte mit Berzelius die Zusammensetzung des Wassers, mit Thénard zeigte er, dass nicht bloss der Platinschwamm wie dies Döbereiner in Jena gefunden hatte die. Fähigkeit besitze, Wasserstoff und Sauerstoff an seiner Oberfläche zu verdichten und hiedurch zu verbinden, sondern dass auch das Palladium, Rhodium und andere Substanzen diese Eigenschaft in geringerem Masse besässen.

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Zu den wichtigsten Untersuchungen unseres Gelehrten gehören seine calorimetrischen Arbeiten, welche er jedoch nicht vollständig beendigen konnte, da ihn mitten in dieser Arbeit der Tod überraschte. Posthum erschienen diese ersten, genauen calorimetrischen Untersuchungen, von seinem Assistenten Cabart herausgegeben unter dem Titel: Recherches sur la chaleur dégagée pendant la combustion de diverses substances simples ou composées, et description du calorimètre (Compt. rend. VII, 1838). Sein Apparat bestand aus einem Wassercalorimeter, in dessen Innerem

*) Exposé des recherches faites par ordre de l'académie, pour déterminer les forces élastiques de la vapeur d'eau à des hautes températures. (Ib. XLIII, 1830.)

**) Recherches sur les pouvoirs réfringents des fluides élastiques. (Ib. XXXI, 1826.)

eine Blechkapsel, durch welche ein Luftstrom strich, zur Anstellung der Verbrennungsversuche diente. Mittelst einer ähnlichen Vorrichtung bestimmte er die durch den Lebensprozess warmblütiger Thiere hervorgebrachte Wärmemenge.

Von den rein auf Chemie bezüglichen Untersuchungen Dulong's erwähnen wir bloss seine Entdeckung des Chlorstickstoffs, den er im Jahre 1811 zuerst darstellte, indem er in eine erwärmte Salmiaklösung Chlorgas leitete. Die hierauf folgende Explosion kostete ihm ein Auge und zwei Finger.

Alexis-Thérèse Petit, geboren den 2. Oktober 1791 zu Vesoul, gestorben den 21. Juni 1820 zu Paris, war Schüler, später Professor der Physik an der „École polytechnique", ausserdem am Lycée Bonaparte. Er starb im Alter von kaum 28 Jahren an einem Lungenleiden. Die bedeutendsten seiner Arbeiten hat er in Gemeinschaft mit Dulong, einiges mit Arago ausgeführt.

Charles Cagniard-de-la Tour (auch Cagniard-Latour), geboren den 31. März 1777 zu Paris, gestorben ebendaselbst den 5. Juli 1859, war Ingénieur-Geographe, später Attaché im Ministerium des Innern und Mitglied der Pariser Akademie. Dieser Gelehrte stellte mit verschiedenen Flüssigkeiten Versuche bei höheren Temperaturen an und zeigte, dass dieselben über eine gewisse Temperaturgrenze hinaus, ganz unabhängig von dem auf ihnen lastenden Drucke sich in Dampf verwandelten, trotzdem die Dichtigkeit des letzteren eine fast so grosse war, wie die der Flüssigkeit selbst. Er schloss hieraus, dass es für jede Flüssigkeit einen gewissen Wärmegrad geben müsse, über den hinaus dieselbe in Flüssigkeitsform überhaupt nicht mehr bestehen könne*). Cagniard-Latour hat einen Apparat construirt, mit welchem man die absolute Tonhöhe bestimmen kann. Es ist dies seine Sirene **). Ferner beobachtete er die Töne, welche durch Flüssigkeitssäulen, die er durch longitudinal gerichtete Reibung der, dieselben einschliessenden Glasröhren in Schwingung versetzte, hervorgebracht wurden, wobei er fand, dass in diesem Falle wirklich die Flüssigkeit, nicht aber die Glasröhre einen hörbaren Ton hervorbringe. Auch gelang es ihm, eine Pfeife unter Wasser zum Tönen zu bringen ***). Schliesslich sind noch seine Versuche über die Elasticität der Körper zu erwähnen.

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*) Exposé de quelques résultats obtenus par l'action combinée de la chaleur et de la compression sur certains liquides, tels que l'eau, l'alcool, l'éther sulfurique et l'essence de pétrole. (Ann. chim. phys. XXI. 1822 et XXII, 1823.) Expériences faites à une haute pression avec quelques substances. (Ib. XXIII, 1823.)

**) Sur la Sirène. (Ib. XII, 1819.)

***) Considérations diverses sur la vibration sonore de liquides. (Ib. LVI, 1834.)

Johann Wolfgang Döbereiner, geboren den 15. Dezember 1780 auf dem Rittergute Bug bei Hof, gestorben den 24. März 1849 zu Jena, war erst Pharmaceut, dann Besitzer einer chemischen Fabrik, zum Schluss Professor der Chemie, Pharmacie und Technologie zu Jena. Er entdeckte die Eigenschaft des Platins, besonders im feinvertheilten Zustande (als. Schwamm oder Mohr) an seiner Oberfläche Sauerstoff und Wasserstoff in grossem Masse verdichten zu können. Durch diese Verdichtung erwärmt sich das Platin dermassen, dass es glühend wird und das Hydrogen entzündet. Auf dieser Eigenschaft des Platinschwammes beruht die Döbereiner'sche Zündmaschine. Döbereiner entdeckte die Diffusion der Gase und erfand die verbesserte Form des Daniell'schen Hygrometers,. die jetzt Regnault's Namen führt. Er war ausserdem ein sehr fruchtbarer chemischer Schriftsteller.

César-Mansuète Despretz, geboren zu Lessines in Belgien den 10. Mai 1792, gestorben den 15. März 1863 zu Paris, war Professor der Physik an der „Sorbonne“, früher an der „École polytechnique" und am ,Collège Henri IV." Despretz stellte eine Reihe von Versuchen über die Gültigkeit des Boyle-Mariotte'schen Gesetzes für Gase an und fand, dass dieses nur annähernd Gültigkeit habe *). Andere Versuche beziehen sich auf die Verbrennungswärme der Körper und die thierische Wärme**). Despretz untersuchte ferner die Ausdehnung und das Dichtigkeitsmaximum des Wassers ***), die latente Wärme der Dämpfe†), das Schmelzen der Körper durch den galvanischen Strom, die Wärmeleitung der Körper, die Grenzen der Hörbarkeit tiefer und hoher Töne††), u. s. f.

Fredrik Rudberg, geboren den 30. August 1800 zu Norrköping,. gestorben den 14. Juni 1839 zu Upsala, war Professor an der Universität dieser Stadt. Er mass die Ausdehnung der Luft zwischen 0 und 100o †††) und griff die Richtigkeit des Gay-Lussac'schen Resultates an. Er bestimmte ferner die latente Schmelzwärme verschiedener. Substanzen, die Abhängigkeit des Siedepunktes von Flüssigkeiten von der Beschaffenheit des Gefässes; bezüglich der aus Salzlösungen entweichenden Dämpfe fand er, dass deren Temperatur dieselbe sei, wie diejenige der aus reinem Wasser entweichenden. Diese Ansicht wurde aber von Regnault später bestritten.

*) Sur la compression des gaz. (Ann. chim. phys. XXXIV, 1827). **) Sur la chaleur developpée par la combustion. (Ib. XXXVII, 1828.) Rech. expér. sur les causes de la chaleur animale (Paris 1824).

***) Sur le maximum de densité de l'eau pure et des dissolutions aqueuses. (Ib. LXX, 1839 et LXXIII, 1840.)

+) Sur les chaleurs latentes de diverses vapeurs. (Ib. XXIV, 1823). ††) Observations sur la limite des sons graves et aigus. (Compt. rend. XX, 1845.)

+++) Ueber die Ausdehnung der trockenen Luft u. s. w. (Pogg. Ann. XLI, 1837 und XLVI, 1838.)

Julius Robert Mayer.

In der Reihe der grösstentheils zünftigen Gelehrten, denen wir die Fortschritte unserer Kenntnisse von den physischen Verhältnissen der Naturdinge verdanken, haben wir nun von einem Forscher zu sprechen, welcher nicht den gewöhnlichen Gang der geistigen Entwicklung durchgemacht hat, der nicht die Sprache der Schule gebrauchte und der in Folge dessen auch nicht allsogleich verstanden wurde. Es hat allerdings zu jeder Zeit Männer gegeben, die auf anderer, als der gewöhnlichen Gelehrtenlaufbahn, sich der Wissenschaft genähert haben. Der Buchhändlergehülfe Faraday, der Ingenieur Fresnel, nebst vielen anderen sind nicht den gewöhnlichen Weg der akademischen Gelehrten gewandelt und haben die Anerkennung ihres wissenschaftlichen Strebens erst nach kürzerer oder längerer Zeit erworben. Der Mann, von dem wir nun zu sprechen haben werden, hat einen schwereren Kampf als jene mit der Missgunst der Verhältnisse durchstritten, bis das, was dann allmählig auch von anderen entdeckt worden war, allgemein als bedeutungsvoll und richtig anerkannt wurde, bis er die Hindernisse beseitigt hatte, die der Verbreitung seiner Ansichten im Wege standen. Er ist aus diesem Kampfe nicht ungeschädigt hervorgegangen. Ein höchst empfindliches, reizbares Gemüth liess ihn jeden Misserfolg besonders herb empfinden, dazu gesellten sich noch Familienzwistigkeiten, Aufregungen und Unglücksfälle in seiner Familie, die zu einer schweren Krankheit und einer psychischen Störung führten, welche zwar behoben wurde, jedoch für das Seelenleben des Gelehrten von oft wiederkehrendem, schlechtem Einflusse war.

Julius Robert Mayer wurde den 25. November 1814 zu Heilbronn als der jüngste Sohn eines Apothekers geboren. Sein Vater hatte sich Jahre lang an verschiedenen Orten als Provisor aufgehalten, bis er im Stande war, sich eine eigene Apotheke zu erwerben, was ihm in Heilbronn gelang. Der ältere Mayer interessirte sich neben seiner Berufsbeschäftigung in hohem Masse für die neuen Fortschritte der Chemie und so wurden denn seine heranwachsenden Söhne, die ihm häufig bei seinen Versuchen behülflich waren, in den praktischen Theil dieser Wissenschaft eingeführt. Besonders war es der ältere der beiden Brüder, der 6 Jahre ältere Bruder Fritz, der seiner Zeit auch die Apotheke des Vaters übernahm, der eine reiche Menge von chemischen Kenntnissen innehatte und dem jüngeren Bruder oftmals mit seinen Erfahrungen auf diesem Gebiete hülfreich zur Seite stand. Robert Mayer besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, wo er jedoch keine besonderen Fortschritte machte, da er für das Studium der classischen Philologie, das alle anderen Studien im Gymnasialunterrichte jener Zeit gänzlich in den Hintergrund drängte, durchaus keine Neigung besass. Bevor er auf die Universität Tübingen ging, setzte er seine Mittelschulstudien an dem theologischen

Seminar zu Schönthal fort, wo er im Jahre 1832 die Abiturientenprüfung mit gutem Erfolge bestand. Mayer entschied sich für das Studium der Medizin, dem er beiläufig acht Semester hindurch oblag. Er vermochte jedoch sein Studium nicht an der Universität seiner Heimat zu beenden, da er wegen einiger unbedeutender Disciplinarvergehen zur Karzerstrafe verurtheilt wurde und für ein Jahr das,Consilium abeundi" erhielt. Aus dem Universitätsgefängnisse befreite sich Mayer durch consequente Nahrungsverweigerung, sein Studium setzte er in München und in Wien fort. Im Jahre 1838 bestand er in Stuttgart das Examen als Arzt mit gutem Erfolge.

Er liess sich in seiner Vaterstadt nieder. Sein Vater wünschte, er möge sich in der Welt umsehen und rieth ihm als Schiffsarzt auf einem holländischen Kauffarteischiffe Dienste zu nehmen. Mayer begab sich nach Paris und nachdem er sich für seine Expedition ausgerüstet und sich in der dortigen gelehrten Welt gründlich umgesehen hatte, trat er nach einigen Monaten in der erwähnten Eigenschaft von Rotterdam eine Reise nach Java an. Diese ganze Reise war an äussern Ereignissen überaus arm, es gab auch keine Kranken an Bord. Da er mit dem Kapitän nicht sympathisirte und mit den Matrosen nicht sprechen konnte, so war er ganz auf sich und seine ihm gänzlich neue, grossartige Umgebung angewiesen. Um sich vor den Qualen der Langeweile zu schützen, hatte er verschiedene physikalische und einfache astronomische Instrumente mitgenommen und war während der ganzen Fahrt bemüht, die Erscheinungen der ihn umgebenden Natur zu beobachten. Die ganze Reise hin und zurück sammt dem Aufenthalte auf Java nahm eben ein Jahr in Anspruch. Gleich nach seiner Ankunft auf Java machte er eine merkwürdige Erfahrung, deren allgemeine Geltung ihm von andern europäischen Aerzten auf jener Insel ebenfalls bestätigt wurde. Er fand nämlich bei Gelegenheit von Aderlässen an frischangelangten Europäern, dass deren Venenblut eine ungewöhnlich lebhaft rothe Färbung besitze und sich von dem arteriellen Blute kaum unterscheide. Eine andere Bemerkung, welche ihm von dem Steuermanne des Schiffes während der Fahrt mitgetheilt wurde, der zufolge das Wasser des sturmgepeitschten Meeres stets wahrnehmbar wärmer sei, als das des ruhigen Ozeans, gab ihm ebenfalls zu tiefem Nachdenken Veranlassung. Diese beiden Thatsachen, besonders jedoch die erstangeführte in Verbindung mit der unserem Forscher geläufigen Lavoisier 'schen Verbrennungstheorie gaben dem Denken desselben jene Richtung, welche ihn zur Entdeckung der Aequivalenz zwischen Wärme und mechanischer Arbeit leiteten. Diese wichtige Entdeckung machte er, wie er dies in einem an die Pariser Akademie gerichteten Briefe angibt *), zu Surabaya im Jahre 1840.

*) Compte rendu vom 16. Okt. 1848. Heller, Geschichte der Physik. II.

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