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ursprünglich nur konkrete subjektive xadéxaora find, allmählich durch die Wiederholung und Zusammenfassung gleicher Objekte zu allgemeinen objektiven Begriffen, zu einem zadóλov, werden.

Die Identität der causa naturalis und der causa finalis vermögen wir uns nur in dem göttlichen Geist zu denken: so er spricht steht er da“ év ápzõ žv ó λόγος – καὶ θεὸς ἦν ὁ λόγος. Bir Menfden erfennen nur getrennt entweder induktiv die causa naturalis oder deduktiv die causa finalis, aber wir vermögen die eine durch die andre zu ergänzen, nur dürfen wir die eine nicht durch die andre unterdrücken.

Es war natürlich, daß die induktiven Studien heute mehr als früher eigener Schulen bedurften, die sich in verschiedenen Formen unter dem Namen von Realschulen bildeten, teils sich an die Bürgerschulen, teils an die Gymnasien anschlossen; doch konnten sich die sogenannten Realgymnasien gegen die klassischen Gymnasien nicht behaupten.

Wenn nun auch bei dem Gegensatz der beiden Methoden eine Versöhnung der beiden Wissenschaften zu erstreben ist, so werden wir doch anerkennen müssen, daß jede derselben ihren besonderen Höhepunkt im menschlichen Wissen hat, der sich für die induktiven Wissenschaften in dem Polytechnikum, für die deduktiven Wissenschaften in der Universität darstellt.

Werfen wir noch einen Blick auf den ethischen Charakter jeder der beiden Richtungen in ihrer Sonderung, so ergiebt sich noch entschiedener die höhere Stellung der deduktiven Wissenschaft. Während für die induktive Forschung (nicht für den Forscher) nur in der Notwendigkeit der Beweis der richtigen Erkenntnis liegt, muß sie das Vorhandensein eines freien Willens und somit aller Freiheit innerhalb des Bereichs ihrer Beobachtung und ihrer Schlüsse mit der Wissenschaft unvereinbar halten. Sie muß sich daher gegen die Ethik, gegen gut und schlecht, gegen gerecht und ungerecht, gegen Geist und Freiheit gänzlich neutral verhalten.

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Die deduktiven Humanitätsstudien, die klassische Bildung ist in diesem allen den induktiven Wissenschaften gerade entgegengeseßt. Der Humanismus hat es nicht mit der geistlosen Materie zu thun, sondern mit dem Menschen, mit dem freien Menschen, der sich der Herrschaft der Materie entzieht. Alles, was gut und gerecht, was schön, was edel, was fromm, was treu sich selbst ist und treu dem Vaterland, ist Gegenstand seiner Beobachtung, seiner Beurteilung, nicht nach dem Maß der Notwendigkeit, sondern nach dem Maß der Freiheit.

Und hiermit kommen wir zu dem hauptsächlichsten Gebrechen unserer ganzen Schulbildung und unseres ganzen Unterrichtswesens, für welches der große Menschen- und Natur-Kenner Alexander v. Humboldt einen sehr starken Ausdruck gebrauchte. Man hat in Folge der Besiegung des ersten Napoleon seit dem Erwachen des militärischen Geistes der frischen, fröhlichen, freien Jugend, statt der Freiheit, durch Reglements und Vorschriften, durch stets vermehrte Notwendigkeiten die tägliche und stündliche Zwangsjacke des schablonisierten Drillens zur Mittelmäßigkeit aufgelegt; und wie man den Schülern die Freudigkeit des Lernens

verkümmerte, so hat man den Lehrern die in ihrem schweren Beruf so notwendige Freudigkeit und Opferwilligkeit, die Selbständigkeit und Freiheit in ihrer Lehrthätigkeit durch Reglements, unnötige Eramina und Kontrolle verkümmert.

Wenn der Direktor und die Lehrer wieder mit gleicher Fähigkeit und Überzeugung die alte Methode befolgen, resp. wieder zur Geltung bringen, als Ziel des sprachlichen Unterrichts das Verständnis der beiden klassischen Sprachen in dem Maße, wie die alten Autoren selbst sie verstanden, betrachten (und erstreben), wenn die gesamte Lehrerkonferenz unter Leitung des Direktors ohne Examen, aber nach ihrem entschieden besseren Wissen über die Verseßungen der Schüler in eine höhere Klasse bestimmen, dann werden die Klagen wegen übertriebener Bebürdung mit Grammatik, Metrik, Auswendiglernen langer Pensa von selbst aufhören. Die Eltern verden auch bei der Frage über die Reife ihrer Söhne zur Universität ein viel sichereres Vertrauen zu der Richtigkeit der Beurteilung haben als jezt durch das Maturitätseramen unter dem Schulrat, der nie dieselbe Kenntnis von dem Wissen und der Befähigung des Abiturienten haben kann wie die seit Jahren mit dem Schüler beschäftigten Lehrer. Ist es doch ein Zeichen einer verkehrten Einrichtung, daß jezt durch ganz Deutschland Eltern und Schüler und deren Verwandte von einer Maturitäts-Eramen-Angst befallen werden, welche um so höher steigt, da immer die Möglichkeit vorliegt, daß ein Zufall bei dem an sich ungenügenden, dem Irrtum ausgefeßten Eramen die beabsichtigte Laufbahn, ja das Lebensglück des Examinanden zerstören kann. Man stelle die Wahl zwischen der alten Entscheidung nach einfacher Bestimmung durch die Lehrerkonferenz oder der Entscheidung durch das Maturitäts-Eramen zur Abstimmung. Für leßteres werden nicht 10% stimmen.

Seit Einführung des Drillsystems durch Reglements und Eramina und seit der damit zusammenhängenden Beschränkung der Selbständigkeit und Freiheit der Direktoren und Lehrer in ihrer die Individualitäten berücksichtigenden Lehrthätigkeit war eine Kontrolle notwendig erschienen. Es wurde das System der Schulräte erfunden, die Gymnasien zu einer ihrer unwürdigen Unterwürfigkeit herabgedrückt und zugleich die ethische Tugend der jüngeren wissenschaftlich vorwärts strebenden Lehrer gefährdet. Da die Schulräte naturgemäß aus den besten Gymnasialdirektoren gewählt werden müssen, so schädigt man durch jede solche Wahl notwendig das betreffende Gymnasium und vermehrt die erwähnten Unzuträglichkeiten. Kein Gymnasium, welches seiner Tüchtigkeit und Würdigkeit bewußt ist, kann bei einer freien Abstimmung anders beschließen als Beseitigung des Instituts der Schulräte.

Für einzelne Aufgaben, z. B. für Vorschläge an die Regierung zur Beseßung vakanter Direktorstellen wäre vielleicht zweckmäßig aus einer Anzahl bewährtester Direktoren der Provinz ein oberes Schulkollegium unter dem Borsiz der Regierung der Provinz zu bilden.

Was man über die Reform des Gymnasialwesens beschließen mag, zur Erzielung höherer Leistungen der Schüler ist die wachsende Vermehrung der Forderungen, Bedingungen, Einrichtungen nicht der Weg, am wenigsten wenn

man die freie Selbständigkeit der mit Liebe und Hingebung ihres Amtes wartenden Lehrer in der bisherigen Weise beschränkt.

Die schwierigste Aufgabe für den Staat ist die Beschaffung der Lehrer der künftigen Lehrer der Gymnasien. Hier hört die Bedeutung der Einrichtungen völlig auf. Hier heißt es men, not measures! Zum rechten Mann muß sich ein solcher selbst bilden unter der Choregie des Staats und der Vaterlandsliebe. So dachte auch Jakob Grimm, als er sprach: „ja, wir haben noch Keime in uns zu ungeahnter Entwickelung."

Kiel.

Kriegswissenschaft.

P. W. Forchhammer.

v. Verdy's Studien über den Krieg auf Grund des deutsch-franzöfifchen Krieges von 1870/711).

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Das erste Heft der mit Spannung erwarteten „Studien Generals von Verdy über den Krieg, auf Grundlage des deutsch-französischen Krieges von 1870/71," liegt vor uns. Die bereits seit dem Erscheinen der Studien über die Truppenführung" feststehende Ansicht über die hervorragende Begabung des früheren Kriegsministers zur litterarischen Thätigkeit wird auch durch das neue Werk_desselben glänzend bestätigt. General von Verdy beabsichtigt mit seinen Studien die Ausbildung für den Krieg zu ergänzen und zu fördern. Diese Absicht ist ihm in Anbetracht des enthusiasmierten und zahlreichen Leserkreises, den dieselben zweifellos finden werden, vollkommen gelungen.

Der General verweist auf die hohe Bedeutung der Erfahrung der letzten Kriege und auf die Notwendigkeit, zur Fortbildung des eigenen Urteils auf diese Erfahrungen zurückzugreifen. „Die aus den Einzelheiten des Krieges zu schöpfenden Kenntnisse und Lehren sind, bemerkt derselbe, für die Weiterbildung von großem Wert," und seine „neuen Studien“ verfolgen den Zweck, unter Zugrundelegung des Krieges von 1870/71 nach dieser Richtung hin Beiträge zu liefern.

Aus der eingehenden Darlegung und Besprechung einzelner Fälle und dem Zusammenfassen der aus der Betrachtung mehrerer Ereignisse sich ergebenden gemeinschaftlichen Erscheinungen entwickelt der Autor in der ihm eigenen mustergültigen Weise eine umfassende Kenntnis für bestimmte Gebiete des Krieges, begründet darin das Entstehen der heute maßgebenden Anschauungen und fördert zugleich deren weitere Entwickelung.

Die Studien bieten stofflich zuerst eine allgemeine Übersicht der Ereignisse vom 15. Juli bis zum 2. August, welche die Einleitung der beiderseitigen Operationen schildert und das völlig entgegengeseßte Verfahren der beiden Heeresleitungen in bezug auf die Durchführung der Mobilmachung treffend charakterisiert und in das gebührende Licht seßt. Beide Gegner beabsichtigten den Angriff, und die französische Heeresleitung glaubte, indem sie sich den Vorsprung in der Mobil

1) Berlin 1891. Mittler u. Sohn.

machung und Versammlung der Truppen dadurch wahrte, daß sie dieselben das Eintreffen ihrer Reserven nicht abwarten und ihre Mobilmachung nicht vollenden ließ, sich befähigt, dem Gegner auch im Angriff zuvorzukommen, und hoffte durch ein überraschendes Ueberschreiten des oberen Rheins eine Trennung von Südund Norddeutschland herbeizuführen. Diesem Verfahren gegenüber, bemerkt der Autor, ging die deutsche Heeresleitung von einer anderen Anschauung aus. Auch fie beabsichtigte den Angriff, aber auf der Grundlage einer vollständig planmäßig durchgeführten Mobilmachung und einer geordneten Versammlung der Streitfräfte.

Nachdem der Autor den Aufmarsch der beiderseitigen Heere und die deutscherseits zum Schuße der Grenze getroffenen Anordnungen geschildert hat, schließt er dieser Übersicht der Ereignisse Bemeckungen an, welche darin gipfeln, daß bei Ausbruch eines zukünftigen Krieges die an den Grenzen sich abspielenden Ereignisse einen größeren Umfang annehmen können und alsdann an Bedeutung gewinnen werden, daß ferner das Vorwerfen der gesamten Streitkräfte eines Landes an die Grenzen in völlig unfertigem Zustande nur als ein ganz ausnahmsweises Verfahren sich wiederholen dürfte.

Die Bedeutung der heutigen Anhäufung von Truppen in den bei Ausbruch eines Krieges besonders wichtigen Bezirken gehe über die Erfordernisse bloßer Beobachtungen im gegebenen Falle hinaus; die Anhäufung zeige das Bestreben, sich in ausreichender Weise gegen Störungen und kleinere Einfälle zu sichern, und biete in der Masse der Truppen gleichzeitig die Mittel zu Offensivunternehmungen, wenn solche unter den sonst obwaltenden Verhältnissen angezeigt erscheinen sollten.

Der Autor betrachtet darauf auf Grund der Vorgänge im Juli 1870 die Aufgaben der deutschen Grenzdetachements Trier und Saarbrücken, sowie der Besaßung von Saarlouis, der Detachements in der Pfalz und der Truppen im Großherzogtum Baden und knüpft an dieselben kritische Bemerkungen an, aus welchen allgemeine, jedoch ganz im Verdy'schen Sinne, stets den jeweiligen Umständen anzupassende Regeln abgeleitet und begründet werden. Er schildert hierauf die Durchführung der Aufgaben der Grenzdetachements und der Besatzung von Saarlouis und läßt dieser Schilderung kritische Bemerkungen über diese Durchführung in ähnlicher Richtung wie die vorerwähnten Betrachtungen folgen.

Bei dieser Schilderung entrollt uns der Autor das Bild der einzelnen Vorgänge, Nachrichten und Meldungen an und von der Grenze, welche auf die Entschlüsse der Führer der dort postierten Detachements wie auf diejenigen der Heeresleitung von Einfluß waren, und weist auf die unter Umständen hohe Bedeutung dieser Vorgänge und ihre zweckentsprechende Behandlung hin.

Eine Ordre de Bataille der französischen Armee vom Juli 1870 sowie eine Übersichtsskizze und eine Karte des in Betracht kommenden Grenz-Gebiets bilden die erwünschte und unerläßliche Zugabe des 1. Bandes der Studien über den Krieg."

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Das Werk ist auf das Selbststudium der Offiziere berechnet, es ist ebenfalls wie bereits die Verdy'schen „Studien über die Truppenführung“ keine „Sopha

lektüre", sondern eine solche, die auf Grund guter Karten und der einschlagenden kriegsgeschichtlichen Werke aufs sorgfältigste betrieben sein will. Es kann nicht verfehlen, in hohem Maße anregend zum Studium sowohl des Feldzuges von 1870/71 wie der Kriegsgeschichte überhaupt zu wirken, und wird damit der Zweck des Autors, dem Königlichen Dienste auch noch ferner nüßlich zu sein, in dankenswertester Weise erfüllt.

Breslau.

Rogalla von Bieberstein.

Litterarische Berichte.

Die deutsche Nationallitteratur des neun zehnten Jahrhunderts Litterarhistorisch und kritisch dargestellt von Rudolf von Gottschall. Sechste vermehrte und verbesserte Auflage. Band 1 u. 2. Breslau 1891. Verlag von Eduard Trewendt.

Die deutschen Litterarhistoriker find drei verschiedene Wege gegangen. Die Einen geben große Zeitbilder, in welchen zwar auch der Dichter und Schriftsteller gedacht wird, ohne daß sie jedoch mehr in den Vordergrund treten als andere Faktoren der Kulturentwickelung. Andere begnügen sich lediglich mit den Daten des Lebensganges der Dichter und Schrift. steller und mit einer Aufzählung ihrer Werke, ohne sie im Zusammenhang mit ihrer Zeit zu betrachten und eingehend zu beurteilen. Den ersteren Weg hat Hettner und seine Nachfolger, den zweiten Gervinus und seine Anhänger eingeschlagen. Beide sind verfehlt. Der erstere führt dazu, daß die Entwickelung des Dichters und Schriftstellers, seine Eigenart und Bedeutung nicht eingehend genug gewürdigt werden, daß seinen Werken keine tiefgreifende Analyse zu Teil werden kann. Der zweite führt dazu, Litteraturgeschichte und Bibliographie zu ver wechseln. Den dritten und allein richtigen Weg ist Rudolf von Gottschall in seiner oben gedachten Geschichte der deutschen Nationallitteratur im neunzehnten Jahrhundert gegangen. Gottschall giebt auch ein Bild der Zeitperiode, in welcher der Held der Feder, den er der Betrachtung unterwirft, gewirkt hat. Er schildert in geistvoller Weise, wie die Zeit auf die litterarischen Geister und wie diese hinwiederum auf ihre Zeit gewirkt haben. Denn so wenig sich der Genius von den Einwirkungen seiner Zeit ganz zu befreien mag, so sehr ist er es doch, der dieser Zeit den Stempel seiner Macht aufdrückt. Daß von Gottschall's Litteratur. geschichte die sechste Auflage notwendig wurde, ist ein ehrendes Zeugnis für das

| deutsche Volk und zeigt zugleich, daß es Gottschall meisterlich verstanden hat, bei aller wissenschaftlichen Gründlichkeit doch den pedantischen, doktrinären Ton zu vermeiden und eine Darstellung voll Frische und Ursprünglichkeit zu bieten, die anregend und befruchtend wirkt. Seine Litteraturgeschichte ist ein Volksbuch im besten Sinne des Wortes geworden. Und worin besteht das Geheimnis ihrer Wirkung? Daß Gottschall nicht den bequemen Standpunkt der vornehmen Gelehrtenkritik einnimmt, welche nach Schiller und Goethe nur ein trostloses Epigonentum kennen will. Nein, mit dem Brustton der Ueberzeugung predigt er die Lehre, daß unsere Litteratur auch nach Goethe und Schiller eine aufsteigende Entwickelung genommen hat. Mit freudiger Begeisteruug fritt er für die Talente des neunzehnten Jahrhunderts in die Schranken und wirft der nächternen Kritik, die nicht an eine freudige Fortentwickelung unserer Litteratur glauben will, den Fehdehandschuh hin. Von diesem Stand punkte aus durfte der Verfasser auch die Wirksamkeit des „jüngsten Deutschlands“ nicht geringschäßig übersehen. Man durfte gespannt sein, wie sich Gottschall in dieser neuen Auflage mit den modernen „Realisten,“ oder besser gesagt „Naturalisten," die in Zola und Ibsen den Inbegriff aller _Kunst anbeten, abfinden werde. Und er hat sich in glänzender Weise mit ihnen abgefunden. Man braucht nur den Abschnitt: die litterarische Entwickelung seit 1840 in ihren Grundzügen“ (Band II. Seite 331 ff.) zu lesen, um einen Beweis der Objektivität, der lauteren Gerechtigkeitsliebe der Gottschall'schen Geschichtsschreibung zu erhalten. So unsympathisch ihm persönlich die Revolu tionäre, die in Bleibtreu ihren Robespierre ver ehren, sind und bei der Richtung, die er selbst als Dichter vertritt, sein müssen, hat er doch ihren Werken die größte Aufmerksamkeit geschenkt, mehr Aufmerksamkeit, als sie die „Modernen" ihren Gegnern schenken. Aus der Dar

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