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Gilbert als brauchbar anerkannten (I 34, 7 vel Thaide für vel ab Iade, vgl. Wagner S. 126 f.; I 48, 3 audaci or für velocior). Der mit Benutzung allbekannter neuerer Hülfsmittel kompilirte, aber auch abgeschmackte Erklärungen der älteren berücksichtigende, unerträglich weitschweifige Commentar ist an Irrthümern und Missverständnissen nicht arm; namentlich passen die mit Vorliebe angeführten, auf's gedankenloseste ausgeschriebenen, Parallelstellen oft nicht im geringsten. Zu I 8, 1 ist Thrasea Pätus mit Căcina Pätus (I 13, 1) verwechselt; zu I 55, 14 wird Iuv. 1, 111 pedibus albis von weissen Hosen erklärt u. s. w. Eine Anmerkung zu I 9 lautet: Ad Cottam, vanum et nitidum ardelionem, ad quem I 23 VI 70 X 13; 49; 88 XII 87 missa (!) (die angeführten Epigramme beziehen sich auf sechs untereinander und von dem I 9 angeredeten verschiedene Personen; vgl. Giese De personis a M. commemoratis p. 13). Doch genug und schon zu viel. Dass Jemand sich an eine Aufgabe wagt, zu deren Lösung ihm nicht weniger als alle erforderlichen Eigenschaften fehlen, lässt sich nur aus einem Grade von Selbstvertrauen erklären, der sich hoffentlich nicht oft findet.

Selected epigrams of Martial edited with introduction, notes, and appendices by the rev. H. M. Stephenson m. a., head master of St. Peter's school, York; late fellow of Christ's college, Cambridge. London, Macmillan et Co. XXIV, 445 S. 8.

Die Einleitung handelt von dem Leben und den Gedichten Martial's, bei deren Würdigung Stephenson Lessing's »bewundernswürdige«< Theorie des Epigramms zu Grunde legt. Er hat bei seiner Auswahl aus dem liber spectaculorum (15 von 33 Epigrammen) und den ersten zwölf Büchern (30 Epigramme von 118 aus I, 28 von 93 aus II, 26 von 100 aus III u. s. w.) die Absicht gehabt, nicht nur die am meisten charakteristischen aufzunehmen, sondern auch alle, die erhebliche Schwierigkeiten bieten, und besonders diejenigen, welche zur Erklärung anderer beitragen, in denen sich ähnliche Schwierigkeiten finden. Er hat daher eine Anzahl der bekanntesten Epigramme weggelassen. Ein Theil der im Text fehlenden ist ganz oder theilweise in den Anmerkungen erklärt. Der Commentar ist für Anfänger und Dilettanten geschrieben. Auf die handschriftliche Ueberlieferung wird nirgends eingegangen; bei verdorbenen Stellen werden Besserungsvorschläge nur sparsam mitgetheilt. Die mit Benutzung von Becker's Gallus, Marquardt's Privatalterthümern, den Arbeiten des Referenten (welchen auch die beiden Anhänge entlehnt sind), Teuffel's Röm. Litteraturgeschichte, Mayor's Iuvenal u. a. gegebenen Erklärungen entsprechen dem angegebenen Zweck durchaus. Nur in einzelnen Fällen bin ich anderer Ansicht als Stephenson. So halte ich es Sp. 9, 4 für unmöglich mit T zu lesen: Quantus erat taurus cui pila taurus erat (die Mehrzahl der Handschriften hat cornu), wo nach Stephenson mit dem ersten taurus das Rhinoceros gemeint sein soll. I 26

Si plus quam deciens, Sextiliane, bibis versteht Stephenson deciens von einer Million Sesterzen, was der Absicht einer scherzhaften Uebertreibung schlecht entsprechen, ja albern sein würde; es heisst: zehnmal. Den I 61, 11 genannten Licinianus mit dem IV 55 angeredeten Landsmann des Dichters Lucius zu identificieren, ist sehr gewagt, und ebenso wenig kann man ihn auch nur mit einiger Sicherheit für den von Plin. epp. IV 11 genannten halten. Einen offenbaren Irrthum habe ich nur S. 173 bemerkt, wo Stephenson zu Sp. 24, 2 sacri muneris bemerkt: either as given by a divine emperor or because the amphitheatre was dedicated to more than one god. Bekanntlich ist sacrum munus nach damaligem Sprachgebrauch ein kaiserliches Schauspiel.

Le Foyer, Martial. IV 66, 14. Nouv. Revue de philol. V 3 (1881) p. 191.

L. F. hat am Rande einer editio variorum bei dem Verse Nec mersa est pelago nec fuit ulla ratis die Conjectur fluvio angeschrieben gefunden.

O. Hirschfeld, Antiquarisch-kritische Bemerkungen zu römischen Schriftstellern. Zu Martial. Wiener Studien I (1881) S. 113-115.

Hirschfeld bemerkt richtig, dass bei Martial. IV 31, 5 ff. wohl (auch mit Hinblick auf v. 6) die Person, deren in den Hexameter nicht passen. der Name mit Hippodame wiedergegeben wird, für eine Frau zu halten sei, und vermuthet einen Namen etwa wie Domitia Caballina; dann werde man auch v. 5 an der Lesart averso fonte sororum festzuhalten haben, womit die von Persius fons Caballinus genannte Hippocrene gemeint ist. V 16, 5 nam si falciferi defendere templa Tonantis (wo ich parentis, Haupt tenacis vermuthet hatte) ist Hirschfeld's Vorschlag togatus (d. h. als Advokat) sehr ansprechend. Minder überzeugend finde ich IX 47, 5 Nam quod et hircosis serum est et turpe pilosis Hirschfeld's Vorschlag tetrum. Dagegen stimme ich ihm ganz darin bei, dass IX 74 Curandum penem commisit Baccara Graecus ein eine andere, wahrscheinlich nordische (VI 59) Nationalität bezeichnendes Adjectiv erfordert wird, also wohl Raetus (C. Vetus O. Verus).

Anton Zingerle, Zu Lucan, Silius, Martial. Beiträge zur Geschichte der römischen Poesie. II. Heft. Zu späteren lateinischen Dichtern (1879). S. 12-40.

In dieser mit gewohnter Vorsicht, Umsicht und Sachkenntniss geführten und wohl erschöpfenden Untersuchung beantwortet Zingerle die Frage, ob und wie viel Martial von Lucan und Silius, die zugleich seine gefeierten Collegen in der Poesie und seine Gönner waren, entlehnt hat. Das Ergebniss ist (S. 31), dass schlagende, auf directe und bewusste Entlehnung oder Anspielung weisende Anklänge an beide bei Martial nicht häufig und jedenfalls viel seltener sind als man hätte denken können.

Am meisten machen einige Stellen Martial's den Eindruck bewusster Reminiscenz, wo er in der Berührung derselben Gegenstände mit jenen zusammentraf, namentlich geographische Bezeichnungen. Z. B. Martial. XIII 118 Tarraco Campano tantum cessura Lyaeo Sil. III 369 Tarraco Latio tantum cessura Lyaeo. Doch auch manche seltnere Hexameterschlüsse wie velarunt flammea voltus (Lucan. II 261 Martial. XII 42, 3) nomina fastis (M. XII 26, 5; XI 45 Lucan. II 465 nomine fastis) fascibus annum (M. VII 63, 9 Lucan. II 130 fascibus annus) und einige

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andere stimmen vielleicht nicht zufällig überein.

Ernestus Wagner, De M. Valerio Martiale poetarum Augusteae aetatis imitatore. Regimonti 1880. (Doctordissertation.) 48 S. 8. (Vgl die Anzeigen von Nohl, Philol. Rundschau I 632-634; Schenkl, Deutsche Litteraturzeitung II Sp. 848.)

Diese mit grosser Sorgfalt und treffendem Urtheil ausgeführte Untersuchung gibt (zusammen mit den Arbeiten von Pauckstadt und Zingerle über Martial's Verhältniss zu Catull und Ovid) eine sehr erwünschte Uebersicht über die Reminiscenzen, Anklänge und Entlehnungen, die auch bei diesem originalsten Dichter der nachaugusteischen Zeit so zahlreich und mannichfaltig sind; wobei nicht zu vergessen ist, dass wir dieselben doch nur zum Theil kennen, da Martial ohne Zweifel auch aus Domitius Marsus, Gaetulicus, Calvus u. a. entlehnt haben wird, und vielleicht nicht wenig. Auch zu dem überaus sorgfältigen Verzeichniss der Ovidischen Stellen Martial's von Zingerle hat Wagner noch eine kleine Nachlese geliefert (S. 46-48). Nächst Ovid und Catull ist es in erster Linie Virgil, aus dem Martial Phrasen, Wendungen, Versschlüsse und -anfänge, theils absichtlich, theils unwillkürlich, entlehnt hat (S. 3-17), und ausserdem ganz besonders die Priapea (S. 35-42); ferner Horaz (S. 17-25); weniger Tibull und Properz (S. 25-35). In einem interessanten Anhange behandelt Wagner Martial's Verhältniss zu den beiden Elegieen auf den Tod Mäcens und der consolatio ad Liviam (S. 42-46). Auch hier zeigt sich die Verschiedenheit jener beiden Elegieen so gross, dass man sie nicht, wie noch immer geschieht (Teuffel RLG 229, 3), ein und demselben Verfasser zuschreiben kann. Die erste derselben (in obitum Maecenatis) ist voll von Entlehnungen aus Horaz, Properz, Ovid und hat auch mit Martial nicht wenig gemein; bei der zweiten (de Maecenate moribundo) ist weder dies noch jenes der Fall.

Iuvenalis.

Franz Rühl, Zum Codex Montepessulanus des Iuvenalis. O. Schade, Wissenschaftliche Monatsblätter 1879 No. 9 S. 139-141.

Rühl, der schon Philol. XXX 676 f. darauf aufmerksam gemacht hatte, dass eine neue Collation dieser Handschrift ein dringendes Be

dürfniss sei, weist dies an dem von ihm verglichenen Stück 1, 1-2, 133 nach, wo der Codex an einer verhältnissmässig grossen Anzahl von Stellen andere Lesarten hat als Jahn in seiner grösseren Ausgabe angibt.

Hans Wirz, Handschriftliches zu Iuvenal. Hermes XV (1880) S. 437-448.

Wirz hat in Aarau fünf Blätter aus einer (vermuthlich aus der Bibliothek der dortigen, in der Reformationszeit aufgehobenen Brüderschaft der Capläne stammenden) Iuvenalhandschrift (A) entdeckt, welche zu der durch PS repräsentirten Ueberlieferung gehört (Stücke aus Sat. 2, 3, 6, 7). Der Text (aus dem 10./11. Jahrhundert) zeigt die engste Verwandtschaft mit P, und ist auch, wie dieser, nach einer geringen Handschrift der anderen Klasse durchkorrigirt. A ist aber nicht aus P geflossen so wenig als P aus A, sondern wahrscheinlich aus einer Abschrift des Originals von P. Dies stellt sich noch deutlicher bei Betrachtung des Textes der Scholien in A heraus (in welchem etwa ein halbes Dutzend Lesarten gegen PS in's Gewicht fällt). Trotz dieser Abweichungen muss die Aarauer Handschrift S näher gestanden haben als P. Den ersten hat Wirz neu verglichen und fehlerhafter gefunden, als man nach Jahn's kritischem Apparat schliessen möchte. Er enthält vor dem Commentar einen Cento (worin 293 Iuvenalverse), dann Glossen zu einer Anzahl derselben und zu Persiusversen. Der Text der Iuvenalscholien ist im Ganzen der von P und S, die Iuvenalverse zeigen oft enge Beziehungen zu P, oft Anlehnung an die Vulgata; ihr Original war also wohl, wie P und A, kontaminirt. Von den wenigen Persiusscholien findet sich eins (zu 3, 37) unter den sogenannten Pithoeanischen Glossen. Schliesslich bemerkt Wirz noch, dass der Cod. Paris. lat. 7730, aus dem H. Keil 1876 Glossae in Iuvenalem herausgab (vergl. Jahresber. V [1877] S. 312 f.) nicht, wie Keil angibt, Iuv. 1, 139 bis 6, 195 enthält, sondern nur 1012 Verse aus verschiedenen Satiren Iuvenal's und drei aus Persius.

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Armand Gasté, Notes critiques sur un manuscrit de Iuvenal ayant appartenu au cardinal Richelieu. Extrait des Annales de la Faculté des lettres de Bordeaux No. 3, 2e année (1880) 12 S.

Dies noch nie beschriebene, jetzt in der Bibliothek zu le Mans befindliche Manuscript, ein Band in kleinoctav von 48 Pergamentblättern (39/40 Zeilen auf der Seite) in feiner, leserlicher, gothischer Schrift aus dem Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts, gehört zu der Masse der schlechteren Iuvenalhandschriften; wie Gasté durch Anführung sehr zahlreicher Lesarten nachweist, indem er den Text der »klassischen << Ausgabe von C. F. Hermann zu Grunde legt. Die wenigen der Handschrift eigenthümlichen Lesarten sind, wo nicht Versehen (wie vielleicht ocior statt ocius VI 148), offenbar willkürliche Aenderungen: so VI 88

*

in magnis domibus statt opibus, 185 deterius statt rancidius, 365 Numquam respiciunt quanti sua gaudia constent statt Non umquam reputant, quanti sibi g. c., 446 succidere statt succingere, 448 vincta statt iuncta, 486 Sicula non mitior agna statt aula, 543 mendicat in aram statt aurem; VIII 68 ut mirentur statt miremur; 208 se iactet spira galero statt iactetur sp. g.; XII pulchrior haec lux statt dulcior h. 1. Von den wenigen Rand- und Interlinearglossen, welche Gasté mittheilt, stimmen einige mit den Scholien (123 delator: Eliodorus, 116 concordia: ciconia), andere verrathen eine mittelalterliche Unwissenheit (III 137 hospes: Euander, 138 qui: Eneas).

W. de Jonge, Adnotationes in Saturas D. Iunii Iuvenalis. Groningae 1879. gr. 8. 100 pp. (Doctordissertation.)

Der Verfasser unterstützt theils, theils bekämpft er die Erklärungen Anderer (Heinrich, Scholte, Kiär), darunter allerdings auch manche, die keiner Widerlegung bedürfen, was besonders von sämmtlichen hier behandelten Weidner's gilt, dessen Name überhaupt in der Iuvenalischen Litteratur nicht mehr genannt werden sollte. Der Verfasser tritt ferner einigen Athetesen Ribbeck's und Anderer bei, wie 1, 37 f. (S. 17); 4, 78 (S. 27); bei den schon von Jahn eingeklammerten Versen 3, 281 (S. 24 f.), 5, 140 (S. 28 f.) hätte er sich (wie in vielen andern Fällen) kürzer fassen können. Er sucht ferner Athetesen, die noch nicht vorgeschlagen sind, zu begründen, wie 6, 312 f. (S. 59); 7, 198 (S. 68); 8, 65 f. (S. 72); 15, 69-72 (S. 95): Referent kann nirgends beistimmen. Dagegen nimmt er einige von Scholte verworfene Verse in Schutz, wie 3, 200 (S. 23); 6, 97 (S. 38); 6, 338 f. (S. 60). Die von ihm versuchten Emendationen sind durchweg verfehlt: so, um nur einige anzuführen 1, 66 statt de Maecenate supino Signator falso: sigillo; 1, 95 Nunc sportula primo limine parva sedet turbae rapienda togatae (sed et); 1, 115 Ut colitur Pax atque Fides, Victoria, Virtus: cana F.; 2, 167 nam si mora longior urbem Indulsit pueris: ansam Indiderit p.; 3, 38 conducunt foricas, et cur non omnia? cum sint, Quales etc.: olfaciant hi; 6, 192 modo sub lodice relictis Uteris in turba: relatis (mit einer ganz unmöglichen Erklärung); 6, 378 iamque Tondendum eunucho Bromium committere noli: cum illo (ebenso) u. s. w.

Bücheler, Conjectanea X (Iuv. 10, 54 f.). N. Rhein. Mus. XXXIV (1879) S. 355 f.

Joseph B. Mayor, Iuv. 10, 54. 55. Journal of philology VIII (1879) S. 272.

Bücheler schlägt vor, die beiden vielfach behandelten Verse so

zu lesen:

Ergo supervacua aut quae perniciosa petuntur?
Propter quae fas est genua incerare deorum?

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