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De obloquentibus bene operanti.

Non opus est catti pendere in gutture nolam,
Bella gerent mures protinus absque metu.
Detrahit insipiens iustis plerumque malignis
Ore ligans nolam gutture murilegi.

De comesantium obscenitate.

Vivendi ritus non est nunc gentibus unus
Omnibus equalis, mos quoque cuncta regit.
Nempe aliter Graii vivunt: aliterque Latini
Quam vival ritu Theutona terra suo.
Sauromatas alio victu nunc vivere dicunt,
Nunc aliter Turcas, Aethiopesque ferunt.
Sunt hominum mores varii, disparque voluntas,
Sunt varii victus: vita nec una viget.
(Schluss folgt.)

Bibliothekchronik und Miscellaneen.

In der Lübecker Stadtbibliothek ist am 9. Juni des vorigen Jahres dem berühmten Göttinger Historiker August Ludwig von Schlözer ein Denkmal von seinem Sohne, dem k. russ. Generalconsul Karl von Schlözer in Lübeck, errichtet worden, welches zugleich die vollständigste Sammlung seiner zahlreichen und zum Theil sehr selten gewordenen Schriften 67 Werke in 120 Bänden enthält. Es fehlen darin nur drei Schriften, welche er als Akademiker in St. Petersburg russisch drucken liess, nämlich eine russische Grammatik (1763), von der nur 11 Bogen gedruckt, aber nicht in's Publikum gekommen sind, eine russische Schrift über die polnische Königswahl (1764) und der 1. Theil der Russischen Annalen aus der Nikonischen Handschrift (1767).

Dieser Sammlung sind ferner eine Anzahl Manuscripte Schlözer's über Russische, Polnische und Ungarische Geschichte, über eine Reise nach dem Orient u. s. w. beigefügt.

S.

Verantwortlicher Redacteur: Dr. Robert Naumann. Verleger: T. O. Weigel. Druck von C. P. Melzer in Leipzig.

SERAPEUM.

Zeitschrift

für

Bibliothek wissenschaft, Handschriftenkunde und ältere Litteratur.

Im Vereine mit Bibliothekaren und Litteraturfreunden

herausgegeben

von

Dr. Robert Naumann.

No 4. Leipzig, den 28. Februar

1855.

Die Möglichkeit der Benutzung des HandschriftenSchatzes der Königlichen Hof- und Staats- Bibliothek zu München.

Bibliotheken haben nur dann Werth, wenn ihre Benutzung im Interesse der Wissenschaft ermöglicht ist; werthlos aber bleiben sie, wenn ihre Schätze den Wächtern selbst unbekannt sind, oder deren Benutzung bis in's Unendliche erschwert wird. So richtig auch nun diese Grundsätze in den Augen aller jener sind, welche Beruf und Neigung auf die Benutzung solcher Sammlungen hinweist, indem hierin eine allgemeine Uebereinstimmung aller Gelehrten herrscht, so verschieden und vielfach sind dagegen die Ansichten und Urtheile über die Art der Einrichtung solcher Anstalten, so wie über die Möglichkeit der Benutzung. Denn so wenig als der Grad der Bildung bei allen Besuchern und Benutzern dieser Anstalten derselbe sein kann, so wenig kann und darf hierin auch allen die wünschenswerthe Einsicht über das, was möglich, über das, was unmöglich ist, zugemuthet werden. Der wahre Gelehrte, dessen charakteristische Unterscheidungszeichen stets wahre Bescheidenheit und mit ihr innig verbundene Dankbarkeit sind, kennt nur zu gut das

"Quid valeant humeri"

und will auf Niemandes Schultern zu Schweres auflasten, sich selbst bewusst des

XVI. Jahrgang.

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,,Quid ferre recusent"

mit andern Worten, er versteht es, die Unmöglichkeit dessen zu beurtheilen, was der unverständige Laie als Mangel einer Anstalt betrachtet! Ist derselbe aber Bibliothekmann selbst, welcher nur zu gut weiss, dass keine Bibliothek in der Welt existirt, die allen Anforderungen, welche die Verschiedenheit der in den verschiedenen Köpfen existirenden Ideen und der Herzensgelüste zu machen pflegt, entsprechen kann; so wird er jedes harte Urtheil in sich selbst verschliessen, und jeder Anstalt die Berechtigung gerne zugestehen, welche sie unter allfallsigen Schwesteranstalten sich erworben hat.

Je grösser und bedeutender eine Bibliothek nun ist, um so wichtiger ist ihr auch das Urtheil jener, die sie in Anspruch zu nehmen pflegen, um so wichtiger aber auch der Wunsch, dass das Urtheil ein gerechtes sei! Wenn unverständige Menschen unverständige Urtheile auszusprechen pflegen, so geht dieses Urtheil als werthlos auch spurlos vorüber; ist es ja doch ohnehin keiner Beachtung werth! Wenn aber Männer von wahrhaft literarischem Rufe, ja wenn selbst Männer, die den grössten Theil ihres Lebens dem Biliothek-Dienste widmeten, ähnliche Urtheile unterschreiben und hierdurch ihnen den Stempel der Wahrheit aufprägen, dann gewinnt die Sache eine andere Bedeutung.

Die wichtigste Bibliothek des teutschen Landes ist sonder Zweifel die Hof- und Staatsbibliothek zu München, die mit jeder Europäischen kühn in die Schranken eintreten darf. Das fühlt sich am sichersten, sobald man die grössten Europäischen Bibliotheken so im Einzelnen vergleicht, Nachfrage und Nachforschungen hält, wo sich das überraschende Resultat bietet, wie München fast immer den andern die Palme entwindet.

Ueber diese Bibliothek hat nun ein Mann teutschen Namens, teutschen Rufes, ein Urtheil gefällt, betreffend das Handschriftenmaterial", welches wirklich befremdend, und keineswegs geeignet ist, ein günstiges Licht auf die Möglichkeit, dasselbe auch benutzen zu können, überzutragen! Joh. Friedrich Böhmer ist es! Er sagt in seinem neuesten Werke: Wittelsbachische Regesten von der Erwerbung des Herzogthums Baiern 1180 bis zu dessen erster Wiedervereinigung 1340. Stuttgart, bei Cotta. 1854.“ in 4o S. X. ,,Das reichhaltigste handschriftenmaterial für die geschichtschreiber findet sich jetzt ohne zweifel auf der hof- und staatsbibliothek zu München, in welcher die bibliotheken der vielen aufgehobenen klöster vereinigt wurden. Hier besteht aber der grosse übelstand, dass nur von den griechischen handschriften, die mit der vaterlandskunde in keinem bezug stehen, ein gedrucktes verzeichniss existirt, welches bereits in den iahren 1806 bis 1812 erschien, während von den

übrigen handschriften ein solches fehlt, und so viel mir bekannt, nicht einmal geschrieben nach demselben plane alles umfassend in reinschrift vorhanden ist. Wie mochte man doch für die katalogisirung der handschriften, dort wo durch Scherer im übrigen alles so praktisch geordnet war, eine so unpraktische methode befolgen, wie diejenige, nach der zuletzt ein sonst höchst tüchtiger und fleissiger gelehrter über zwanzig jahre lang gearbeitet hat, ohne wie es scheint zu einem abschluss zu gelangen? Sollte man wirklich den unterschied zwischen einer literarischen bearbeitung eines handschriftenschatzes, die aufgabe der wissenschaft überhaupt ist, und den einer einfachen verzeichnung seines inhaltes verkannt haben, die allein bibliothekarische aufgabe ist, in mässiger zeit beschafft werden kann und der gelehrten forschung genügt. Nun haben die bibliotheken zu Erlangen und zu Giessen gleich der rathsbibliothek zu Leipzig ihre gedruckten kataloge, welche alle drei brauchbar, einer vortrefflich ist, während in München, wo er am nöthigsten wäre, ein solcher behelf fehlt, und nur dasienige, was Pertz vor mehr als zwanzig iahren aus unzureichenden hilfsmitteln flüchtig auszog und 1839 im Archiv der Ges. 7, 113-128 drucken liess, dem historiker spärliche führung gewährt. Nach der kenntniss der bisherigen vorarbeiten, so weit ich dieselbe erlangen konnte, wäre es vielleicht am besten, dieselben ganz auf sich erliegen zu lassen, und einen neuen katalog zu beginnen, denselben aber auch sofort wie er entsteht abdrucken zu lassen. Es würde genügen, wenn man sich nach massgabe der handschriftenkataloge des brittischen museums darauf beschränkte format stoff alter blattzahl (ob mehr als eine columne, ob mit miniaturen) und herkunft anzugeben, dann den inhalt, dergestalt, dass bei bekannten gegenständen nur der titel, bei minder bekannten auch anfang- und schlussworte, und was sich sonst unmittelbar als kennzeichen darbietet (w. z. bei Geschichtsbüchern anfangezeit und schlusszeit) mitgetheilt würde. Ein solches verzeichniss würde zugleich die controlle für die erhaltung des bestandes, und zwischen demselben und dem forscher, auch dem entfernten, die vermittlung iener erschöpfenden benutzung sein, wie sie die wissenschaft verlangt, wie sie ietzt aber ohne gedruckten catalog gar nicht möglich ist."

So das harte Urtheil des Frankfurter Bibliothekars Böhmer, durch welche nicht nur der Stab über die seitherige Bearbeitung der Manuscripte gebrochen, sondern auch ein Schatten auf den Mann geworfen ist, der 20 Jahre lang in einer so unpraktischen Methode gearbeitet hat, dass es am besten wäre, die Arbeiten desselben ganz bei Seite zu schaffen, und einen neuen Katalog zu beginnen.

Dieser Mann, der einer so unpraktischen Richtung gefolgt sein soll, ist kein andrer, als der berühmte selige Schmeller,

derselbe, dessen Böhmer wenige Zeilen früher mit den Worten erwähnt: „Von einzelaufgaben die zur erforschung Baierns gehören sind gediegen bearbeitet: das bairische wörterbuch durch Schmeller" indessen er in der Anmerkung beifügt: „Das wörterbuch eines ieden volksstammes, wenn nicht unbedingt die nationalste wissenschaftsaufgabe für denselben, steht doch wenigstens keiner andern nach. Aber wie schwer ist es, den mann für eine solche aufgabe zu finden! Welche vorkenntnisse, welche befähigung, welche ausdauer setzt die lösung derselben voraus! In Baiern braucht sie nicht weiter gesucht zu werden: sie ist in Schmellers Bairischem Wörterbuch (Stuttgart 1827-1837. 8". 1-4) gegeben, in einer trefflichkeit wie sie kein anderer deutscher volksstamm für seine mundart besitzt."

Der Schreiber dieser Zeilen kennt das Schmellersche Wörterbuch eben so genau wie die Schmellerschen KatalogArbeiten, deren er sich früher bei der Lebzeit Schmellers und unter seiner Anleitung bediente; und wer die Vorarbeiten und Nachträge dieses Wörterbuchs sah, sich auskannte und sie zu schätzen versteht, der muss als unbefangener Mann dasselbe Urtheil auch über die grandiosen Schmellerschen Katalogarbeiten fällen, Arbeiten, die ein dem hochgeachteten Böhmer wohl ebenbürtiger Gelehrter ganz anders fand und beurtheilte, nemlich der k. k. Oesterreichische Regierungsrath Chmel, dessen Reise-Bericht über seine in den Monaten April, Mai, Juni und Juli 1850 unternommenen literarischen Forschungen in dem „Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, Band V., Wien 1850." S. 361 u. f. zu finden ist. Dort stimmt Chmel bezüglich der Wichtigkeit der Sammlungen ganz mit Böhmer überein: München, sagt er, ist unerschöpflich, besonders für einen Einzelnen; ein Dutzend österreichischer Geschichtsforscher, würden jahrelange Arbeit haben; und die dortigen Vorräthe auch nur zu verzeichnen wäre eine langwierige Aufgabe." Aber nicht überein stimmt er mit Böhmer über die Katalogisirung, im Gegentheile fällt er, der, wie Schreiber dieses Augenzeuge war, äusserst fleissig die Kataloge durchsah und excerpirte, das Urtheil: „Die in der Münchner Hofbibliothek aufgespeicherten Handschriften, deren Zahl über 22000 steigt, sind von gelehrten und unermüdlich-fleissigen Bibliotheks-Beamten katalogisirt worden, leider liegt bis jetzt nur der Katalog der griechischen Handschriften im Drucke vor zur Benutzung der Philologen. Handschriftliche Kataloge über die vielen Handschriften anderer Fächer sind allerdings bereits vorhanden, insbesondere aber wurden die historischen Handschriften von dem gelehrten und biedern Akademiker und Unter-Bibliothekar Schmeller mit dem mühsamsten und gewissenhaftesten Fleisse bearbeitet. Myriaden von grösseren

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