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dem Valentianus s. IX, dem Leidensis (Vossianus 79) s. X und dem Parisinus (Sangermanensis) 1094 s. X.

Ausgabe von KEIL, GL. 6, 427.

Die übrigen Grammatiker.

1. Urbanus wird öfters von Servius angeführt (die Stellen bei LÄMERHIRT, De priscorum scriptorum locis a Servio allatis p. 325). Ueber ihn THILO, praef. Serv. p. XVI, 2: Urbanum Ribbeckius (prol. p. 167) Velio Longo, qui ipse a Gellio (XVIII, 9, 4) commemoratur, antiquiorem fuisse coniecit, quia illius ad Aen. V 517 adnotatio, quam Servius laudavit, Longi scholio, quod in Verenensi codice ad v. 488 extat, suppleretur. verum quidem est poetam a Cornuti vituperatione (cf. Schol. Veron.) multo prudentius a Longo quam ab Urbano defensum esse, neque tamen inde sequitur hunc ante illum scripsisse. immo cum ea quae Servius ex Urbani commentario excerpsit ab antiquiorum interpretum doctrina et iudicio pleraque aliena sint, rectius eum inferiore aetate, id est quarto fere saeculo, Vergilii carmina commentatum esse statuere videor.

2. P. Lavinius. Gellius citiert sein Buch de verbis sordidis (20, 11, 1).

3. Velius Celer stand in wissenschaftlichem Briefverkehr über grammatische Dinge mit dem Kaiser Hadrian (Prisc. GL. 2, 547). Vgl. p. 143.

4. Aelius Melissus (zu unterscheiden von dem Freigelassenen des Maecenas C. Melissus, vgl. § 277) schrieb ausser anderem de loquendi proprietate. Vgl. Gell. 18, 6, 1, der von ihm sagt: in nostra memoria fuit Romae summi quidem loci inter grammaticos id temporis; sed maiore in litteris erat iactantia et ooquoreia quam opera. Die Zuteilung der Fragmente ist wegen des Vorhandenseins eines Homonymus nicht ohne Schwierigkeiten.

5. Arruntius Celsus wird öfters angeführt von Priscian, Consentius und von Charisius d. h. Romanus, der fast nur Erklärungen des Celsus zu Vergils Aeneis 1. XI (200, 27; 214, 18; 222, 6) und zu dem Phormio des Terenz (207, 13; 212, 3; 213, 18; 214, 4; 222, 30; 223, 11) anführt. Wie es scheint, sind mehrere Werke anzunehmen, eine Grammatik, aus der Priscian, Consentius schöpften, und zwei Kommentare, einer zu Vergil und einer zu Terenz (FROEHDE, Fleckeis. Jahrb. Suppl. 18, 639). Die Zeit ist ganz unbestimmt, nur lebte der Grammatiker vor Romanus. Die Bestimmung der Vergilianischen Fragmente ist schwierig, weil in den Scholien Celsus und Cornelius Celsus erscheinen. RIBBECK, Proleg. Verg. p. 26.

6. Pollio. Fronto spricht von einem Pollio, dessen Name für ihn mit Horaz so verwachsen war, dass er schreiben konnte (p. 34): rogo ne Horatii memineris, qui mihi cum Polione est emortuus (die Phrase kommt auch vor p. 17). Wir haben es also offenbar mit einem Kommentator des Horaz zu thun. Es ist offenbar derselbe, den die script. h. aug. (I p. 45) unter den Lehrern des Marcus Aurelius nennen: usus praeterea grammaticis, Graeco Alexandro Cotiaensi, Latinis Trosio Apro et Polione (Ueberlieferung: et Polono) et Eutychio Proculo Siccensi. Diesen Polio hat man aber auch unter den Erklärern Vergils finden wollen; manche Erklärungen erachtet Ribbeck so absurd, dass er sie nicht dem berühmten Asinius Pollio zuzuschreiben wagt: es sind die Stellen Serv. Aen. 2, 7 (Asinius Pollio), 6, 554 (Pollio), 11, 183 (Asinius Pollio); Ribbeck nimmt an, dass Asinius" irrtümlich hinzugesetzt wurde (Proleg. p. 116).

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Der sog. Apuleius minor. Unter dem Namen des Apuleius sind uns zwei Schriftchen de nota aspirationis und de diphthongis überliefert. Wann der Verfasser dieser mageren Schriftchen gelebt hat, wissen wir nicht; mit dem bekannten Apuleius haben sie nichts zu thun; sie stammen aus einer viel späteren Zeit, dagegen gehören sie noch dem Altertum an. Anders steht es mit den L. Caecilii Minutiani Apulei de orthographia fragmenta, welche Osann mit dem zuerst genannten Schriftchen herausgegeben hat (Darmstadt 1826). Aber diese Fragmente sind eine Fälschung des Caelius Rhodiginus, welcher von 15081512 als Professor in Ferrara wirkte. MADVIG, De L. Apuleii fragmentis, (Opusc. academica, Kopenhagen 1887 p. 1); O. CRUSIUS, Entstehungszeit und Verfasser von Ps. Apuleius, De orthographia (Philol. N. F. 1 Bd. [1889] p. 434).

12. Der Metriker Juba.

606. Das metrische Handbuch Jubas. Im Altertum machten sich auf dem Gebiet der Metrik zwei Richtungen geltend; 1) die einen stellten zwei Grundmetra auf, den Hexameter und den iambischen Trimeter und

1) LEO, Die beiden metrischen Systeme des Altertums (Hermes 24, 280).

leiteten daraus alle übrigen Metra ab. Dieses System wurde den Römern besonders durch Varro und Caesius Bassus nahe gebracht. Die zweite Richtung ging dagegen von einer Mehrheit grundlegender Rhythmen aus, welche metra prototypa oder physica hiessen. Die hervorragendsten griechischen Vertreter dieses Systems waren Heliodor und Hephaestion. Dem letzteren schlossen sich die Byzantiner, dem Heliodor dagegen Juba an, durch den die Lehre von den metra prototypa zu den Römern gelangte. Wer ist dieser Juba? Wir kennen einen gelehrten Schrifsteller dieses Namens, es war der Sohn des Königs von Numidien. Nach dem Fall des väterlichen Reichs kam er im Jahre 46 v. Ch. als Kriegsgefangener nach Rom und gab sich gelehrten Studien hin. Unter seinen vielen Schriften ragten besonders seine Quotóτrtes hervor, in denen die römischen Sitten mit denen anderer Völker verglichen waren. Allein mit diesem gelehrten Prinzen ist der Metriker keineswegs identisch; der Sohn des Königs von Numidien schrieb in griechischer Sprache, auch legt kein antiker Schriftsteller diesem Juba ein metrisches Werk bei. Auch die Zeit erhebt Widerspruch gegen eine Identifizierung. Der Prinz Juba ist Zeitgenosse des Augustus, der Metriker kennt den Dichter Annianus, einen Zeitgenossen des Gellius, er lebte also höchstens im letzten Viertel des zweiten Jahrhunderts. Aber dass auch der Metriker ein Afrikaner war, ist nach dem Namen nicht zweifelhaft. Das metrische Werk des Juba bestand aus mindestens acht Büchern, denn dieses Buch wird noch citiert. Es war im Grunde genommen eine Bearbeitung des Heliodor.') Die Lehren waren durch zahlreiche Beispiele erläutert, darunter waren viele, die der Metriker selbst gebildet hatte. Sein Handbuch wurde von den späteren Grammatikern viel benutzt; allein da der Citate, welche ausdrücklich auf Juba zurückgeführt werden, nur wenige sind, so ist die Rekonstruktion des verlorenen Werkes nicht ohne Schwierigkeiten.

Das metrische Werk Jubas. Servius nennt Juba Verg. Aen. 5, 522 artigraphus. Daher kann man vermuten, dass sein Werk den Titel „Ars" führte. Eine Vermutung über einen Auszug, in den Juba sein grösseres Werk gebracht, siehe bei SCHULTZ, Quibus auctoribus Aelius Festus Aphthonius de re metrica usus sit, Breslau 1835 p. 39. Ueber seine Quelle sagt Aphthonius GL. 6, 94, 6 Juba noster, qui inter metricos auctoritatem primae eruditionis obtinuit, insistens Heliodori vestigiis, qui inter Graecos huiusce artis antistes aut primus aut solus est. Ueber die Zahl der Bücher vgl. Rufinus GL. 6, 561, 11 Juba in libro quarto; Priscian. GL. 3, 420, 24 idem in octavo. (Gegen die von BERGK, Rh. Mus. 1842 p. 379 angenommene Beziehung des idem auf Asmonius vgl. HENSE p. 16.) Ueber den Inhalt spricht sich WENTZEL, Symbolae p. 18 folgendermassen aus: Jubam ita egisse existimaverim, ut primum de litteris syllabisque, deinde de pedibus, tum de metris prototypis, quae per singula capita vel (ut cum Rufino loquar) per singulos libros tractasse videtur, denique morem grammaticorum secutus de metris conexis inter se atque inconexis sive asynartetis exponeret (vgl. SCHULTZ in seiner Dissertation über Aelius Festus Aphthonius p. 26). Dass Juba nicht die metra derivata dargestellt hat, ist in dieser Dissertation nachgewiesen (vgl. auch Hermes 22, 261).

Litteratur: KEIL, Quaest. gramm., Leipz. 1860; Ind. schol. von Halle 1873/4; GL. 6, 617; WENTZEL, Symbolae criticae ad scriptores metricos latinos, Breslau 1858 p. 15; De Juba metrico Progr. von Oppeln 1881; HENSE, De Juba artigrapho in den Acta soc. phil. Lips. 4 (1875); WESTPHAL, Griech. Metrik 12, 223.

Fragmenta Bobiensia. In der Wiener Handschrift 16, welche ehemals in Bobio

1) „(Juba) praeter Heliodorum nullo auctore usus esse videtur" SCHULTZ, Quibus auctoribus etc. p. 52.

sich befand, findet sich ein Traktat de versibus und zwar de iambico, de trochaico, de dactylico, de anapaestico (KEIL, GL. 6, 620-25, es sind Excerpte aus einer umfassenden Darstellung. Der Vindobonensis enthält an einer anderen Stelle noch Abhandlungen de finalibus syllabis, de structuris, de metris (KEIL p. 625-29). Was die erste Partie anlangt (de iambico etc.), so stammt dieselbe aus Juba. Vgl. WENTZEL, Symb. crit. p. 25, H. KEIL 1. c. p. 618.

Von dem fragmentum de structuris steht der erste Teil (2-14 vgl. KEIL 6, 627, 13 und p. 630) auch im Parisinus 7530 s. VIII (GL. 4 p. XLI).

Fragmentum Parisinum. Im Parisinus 7530 s. VIII steht ein Fragment de iambico metro, das ebenfalls aus Juba stammt (vgl. KEIL, GL. 6, 630). Hinzugefügt hat Keil aus demselben Codex ein an einer anderen Stelle stehendes Fragment de rhythmo, das grösstenteils aus dem 5. Buch von Augustins Schrift de musica stammt.

Hinzugefügt hat KEIL (GL. 6, 633) weiter noch Traktate aus dem Codex Berolinensis 66 s. VIII und dem Sangallensis 876 s. IX.

Litteratur: EICHENFELD und ENDLICHER, Analecta gramm. p. 516; KEIL, Index schol. Hal. 1873/4.')

2. Die Antiquare.

1. A. Gellius.

607. Sein Leben. Zeitgenosse und Bekannter Frontos ist A. Gellius. Auch Gellius lebt und webt in den alten Büchern, allein ihn ziehen doch mehr als die Worte die Sachen an. Sein Lehrer in der Grammatik war Sulpicius Apollinaris; in der Rhetorik erfreute er sich der Anleitung des Antonius Julianus und des T. Castricius. Allein auch andere Gelehrte der damaligen Zeit spendeten ihm Anregungen, vielleicht keiner mehr als der Sophist Favorinus aus Arelate. Aus der Schulstube wurde Gellius zum Richteramt berufen. Da mochte ihm doch der Gedanke kommen, dass sein Wissen noch unfertig sei. Er entschloss sich daher, schon gereifteren Alters, seiner Bildung durch einen Aufenthalt in Athen die übliche Abrundung zu geben. Hier schloss er sich besonders an den platonischen Philosophen Calvisius Taurus an; aber auch andere berühmte Männer, wie den Cyniker Peregrinus Proteus und den Sophisten Herodes Atticus lernte er kennen. Aber in Athen legte er auch das Fundament zu seiner Schriftstellerei. Jahre hindurch hatte nämlich Gellius, was ihm bei seiner Lektüre interessant erschien, herausgehoben; diese Excerpte begann er in den langen Winterabenden in Athen auszuarbeiten, und er betitelte deshalb sein Buch „Noctes Atticae". Nach einem Jahre, wie es scheint, verliess er Athen und kehrte nach Rom zurück. Auch hier setzte er die Ausarbeitung der Excerpte fort, die er noch durch weitere Lektüre vermehrt haben wird. So brachte er es zu zwanzig Büchern; und noch wollte er, falls ihm die Sorge für seine Familie Zeit liess, neue Bücher mit solchen Sammlungen anreihen, allein er scheint nicht dazu gekommen zu sein. Wahrscheinlich wurde er durch den Tod an der Ausführung seiner Absicht gehindert.

Die Lehrer des Gellius. Als Lehrer der Grammatik erscheint Sulpicius Apollinaris. 7, 6, 12 adulescens ego Romae, cum etiamtum ad grammaticos itarem, audivi Apollinarem Sulpicium, quem imprimis sectabar. Vgl. 18, 4, 1. Nach der Darstellung des Gellius blieben die wissenschaftlichen Beziehungen zwischen ihm und Sulpicius Apollinaris

1) Den Metriker Aelius Festus Aphthonius, dessen Zeit ungewiss ist, behandeln wir im Anschluss an den Grammatiker Marius Victorinus, durch den uns das Werk des Aphthonius überliefert wurde. Ebenso

wird Aquila Romanus am besten mit Julius Rufinianus besprochen, der seinen liber de figuris sententiarum et elocutionis als eine Ergänzung zu dem gleichnamigen Büchlein des Aquila Romanus hinstellt.

immer rege.

Seine Lehrer der Rhetorik waren

Antonius Julianus (18, 5, 1 cum Antonio Juliano rhetore, viro hercle bono et facundiae florentis, complures adulescentuli, familiares eius, Puteolis aestivarum feriarum ludum et iocum in litteris amoenioribus et in voluptatibus pudicis honestisque agitabamus; vgl. 9, 15, 1; 15, 1, 1) und T. Castricius (13, 22, 1) T. Castricius, rhetoricae disciplinae doctor, qui habuit Romae locum principem declamandi ac docendi, summa vir auctoritate gravitateque et a divo Hadriano in mores atque litteras spectatus usus enim sum eo magistro). Ausserdem erfreute sich A. Gellius des anregenden Umgangs mit anderen Gelehrten der damaligen Zeit, z. B. mit Fronto (19, 8, 1; 16, 3, 1). In Athen hörte er den Philosophen Calvisius Taurus (12, 5, 1). Aber er kam natürlich auch mit anderen hervorragenden Gelehrten, wie mit dem Rhetor Herodes Atticus (1, 2, 1) und mit dem Cyniker Peregrinus Proteus (12, 11, 1) zu

sammen.

Die richterliche Thätigkeit des Gellius. 14, 2, 1 quo primum tempore a praetoribus lectus in iudices sum, ut iudicia, quae appellantur privata, susciperem, libros utriusque linguae de officio iudicis scriptos conquisivi, ut homo adulescens, a poetarum fabulis et rhetorum epilogis ad iudicandas lites vocatus, rem iudiciariam cognoscerem.

1, 22, 6; 12, 13, 1; 13, 13, 1.

Aufenthalt in Athen. Als iuvenis (2, 21, 4) begab sich Gellius nach Athen zum Studium (2, 21, 1). Es geschah dies nach seiner richterlichen Thätigkeit, denn er hätte sonst nicht sagen können, er sei ut homo adulescens (14, 2, 1) a poëtarum fabulis et a rhetorum epilogis zum Richteramt berufen worden. Sein Aufenthalt scheint ein Jahr gedauert zu haben. Im Sommer trat er die Reise an (2, 21, 1); er spricht dann in seinem Werk vom Herbst (1, 2, 2), vom Winter (praef. 4, 10). Dass er nach Italien zurückkehrte, erhellt aus mehreren Stellen (wie 9, 4, 1).

608. Die noctes Atticae. Wie bereits gesagt, bestehen die noctes Atticae aus zwanzig Büchern. Allein das 8. Buch ist bis auf die Kapitelüberschriften verloren gegangen. Auch der Anfang und der Schluss ist nicht vollständig erhalten. Wie aus einer auf antike Überlieferung zurückgehenden Notiz des mittelalterlichen Schriftstellers Radulphus von Diceto erhellt, entstand das Werk um 169 n. Ch., also unter der Regierung des Marcus Aurelius. Doch ein solches Werk erforderte Jahre zum Abschluss, es kann also mit jenem Datum nur summarisch die Entstehungszeit bezeichnet sein. Dem Ganzen schickt er eine Vorrede voraus, in der er über seinen Plan Aufschluss erteilt. Zunächst bestimmte er das Werk für seine Kinder, damit sie sich durch die Lektüre erholen könnten. In Wahrheit ist es allen Gebildeten gewidmet. Auf eine bestimmte Ordnung der Materialien leistet er Verzicht; wie er seine Bücher excerpierte, wie sie ihm in die Hände kamen, so will er auch seine Excerpte darbieten, ohne Planmässigkeit. Sein Buch reiht sich also in die Miscellanlitteratur ein, eine bei den Griechen und Römern sehr verbreitete Gattung, wie die vielen Namen zeigen, welche zu ihrer Bezeichnung in Geltung waren; Gellius führt diese auf und setzt denselben den von ihm gewählten schlichten Titel noctes Atticae entgegen. Allein auch dieser Titel ist ein künstlich gemachter, der noch das gegen sich hat, dass er keinen direkten Hinweis auf den Inhalt des Werkes gibt. Seine Excerpte entnimmt er, um jedem Leser etwas zu bieten, den verschiedensten Gebieten des Wissens, der Grammatik, der Dialektik, der Philosophie, der Arithmetik, der Geometrie, den Antiquitäten, der Rechtswissenschaft, der Geschichte u. s. w. Aber in der Auswahl der Excerpte will Gellius seine eigenen Wege gehen; nur das was den Leser interessiert, anregt und belehrt, sei es für die Sache, sei es für den Stil, soll ausgehoben werden. Tiefer in eine Materie einzugehen vermeidet er; das würde ja den Leser ermüden. Das Material wird in Kapitel untergebracht, deren Überschriften

er selbst in der Vorrede mitteilt. Allein dem Autor war es darum zu thun, noch mehr den Leser für seine Schätze einzunehmen. Zu diesem Zwecke wählte er oft ein Mittel, die Inscenierung. Statt seine Bücher sprechen zu lassen, lässt er lieber Menschen sprechen. Wie viel anmutiger war es doch, statt zuerst die Ansicht dieses Grammatikers vorzubringen, denn die eines anderen, eine Begegnung der beiden an einem beschriebenen Ort zu statuieren und sie disputierend darzustellen? Und so konnte Gellius noch in anderer Weise seine Excerpte ins Leben umsetzen, der Vortrag eines berühmten Gelehrten, ein Gespräch mit einem Philosophen, kurz irgend ein Vorkommnis des Lebens konnte zur Anknüpfung dienen. Eines der schlagendsten Beispiele ist 9, 4. Hier erzählt Gellius, dass er, als er aus Griechenland nach Italien zurückkehrte, fünf griechische Bücher, deren Autoren er namhaft macht, in abgenutzter Gestalt ausgestellt gefunden; er habe sie um ein Geringes erstanden und bei der Lektüre wunderbare Dinge in denselben gefunden; er teilt solche Wundergeschichten mit, es handelt sich um fünf sonderbare Menschenrassen, allein diese fünf Menschenrassen werden in derselben Reihenfolge und oft auch mit denselben Worten von Plinius beschrieben (n. h. 7, 9-12). Gellius fügt zwar noch der Beschreibung bei, er habe diese Wundergeschichten später auch bei Plinius gefunden. Allein dies ist eine pure Unmöglichkeit, zumal da es sich um eine Mehrheit von Autoren als Quelle handelt. Und was noch sonderbarer, wir finden jene fünf Autoren, die er in Brundisium gefunden haben will, auch bei Plinius.1) In anderen Kapiteln zeigen die mitgeteilten Stellen, dass sie nicht aus dem Gedächtnis, sondern nur aus den Schriften reproduziert sein konnten. Es kann ja sein, dass hie und da eine wirkliche Begebenheit mit unterläuft, allein in der Regel werden die Scenen nur eine Erfindung des Autors sein. In den noctes Atticae werden ausserordentlich viele Schriftsteller citiert und verwertet. Wir würden uns jedoch einer Täuschung hingeben, wollten wir annehmen, dass Gellius alle diese Autoren gelesen. Das Epitomatorengeschlecht schmückt sich gern mit fremden Federn; sehr oft haben sie nur eine Quelle vor sich liegen, führen aber die Autoren, die in der Quelle benutzt sind, so an, dass man meinen kann, sie seien von ihnen selbst eingesehen worden. Dass auch Gellius oft so gehandelt, ist zweifellos. 2)

Abfassungszeit der noctes Atticae. Die Notiz des Radulphus de Diceto lautet: Agellius scribit anno CLXIX. Vgl. RÜHL, die Verbreitung des Justin im Mittelalter, Leipz. 1871 p. 33. Dass das Werk nach 146 geschrieben ist, erhellt daraus, dass auf des Erucius Clarus zweites Konsulat (146 n. Ch.) hingewiesen wird (13, 18, 2). In der Vorrede sagt Gellius, nachdem er zuerst von seinen Excerpten gesprochen (§ 3): facta igitur est in his quoque commentariis (im Gegensatz zu den Excerpten) eadem rerum disparilitas, quae fuit in illis annotationibus pristinis, quas breviter et indigeste et incondite ex auditionibus lectionibusque variis feceramus. Sed quoniam longinquis per hiemem noctibus in agro, sicuti dixi, terrae Atticae commentationes hasce ludere ac facere exorsi sumus, idcirco eas inscripsimus noctium esse Atticarum. Dass das Werk lange Zeit unter den Händen des Gellius war, zeigt 14, 6. FRIEDLÄNDER, De A. G. vitae temporibus, Königsb. 1869 Sittengesch. 36, 401; STEUP, De Probis p. 72; BECK, Sulpic. Apoll. p. 5. Ueber die Komposition der noctes. Vgl. TH. VOGEL in den Philol. Abh.

1) 7, 10, 12, 27, 23, 28, 207.

2) DIRKSEN, Hinterl. Schriften 1, 37 zeigt zu 4, 1, dass die Citate aus Q. Mucius

Scaevola und Servius Sulpicius Rufus auf
Masurius Sabinus zurückgehen.

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