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discoctam thoracis vitia sanare; p. 138 scriptum a multis legitur; p. 143 quidam putant etiam ipsum tritum et inpositum plagis mederi.

3. C. Julius Solinus.

636. Collectanea rerum memorabilium. Ein vielgelesenes Buch war das Kompendium des C. Julius Solinus, das den Titel collectanea rerum memorabilium führte. Es ist eine Erdbeschreibung. Der Verfasser geht von Rom aus; in einem sehr wertvollen Abschnitt (1, 1-52) handelt er über den Namen Roms, über die mythische Vorgeschichte Roms, über die Gründung Roms durch Romulus, über die römischen Könige, über das Gründungsjahr, fügt einige Notizen über den Verlauf der römischen Geschichte bis zu Augustus bei, geht dann zu einer ausführlichen Darstellung des römischen Jahres über (1, 34-47), und schliesst daran eine Betrachtung über die Thaten des Augustus. Es folgt (1, 53) ein Traktat über den Menschen. Dann nimmt er den Faden des Werks wieder auf und handelt von Italien (c. 2-6), nach Italien kommt Griechenland an die Reihe (7-11); mit c. 12 beginnt die Schilderung des Hellespont und des Pontus. Von da wendet er sich nach Germanien (c. 20), nach Gallien (c. 21), nach Britannien (c. 22), nach Hispanien (c. 23). An Spanien reiht sich naturgemäss Afrika an, welches in den Kapiteln 24-32 durchgegangen wird. Zuletzt wird Asien geschildert, Arabien und Syrien (c. 33-37), Kleinasien (c. 38—45), Assyrien, Indien und das Partherreich (c. 46–56). Den Schluss bilden die insulae Gorgades und die Hesperidum insulae. Der Kompilator wollte eine unterhaltende Lektüre schaffen, er richtete daher sein Augenmerk auf Merkwürdigkeiten und Kuriositäten, Eigentümlichkeiten der Bewohner, der Tiere, Bäume, Mineralien streut er in seine Darstellung ein. Allein was er gibt, ist erborgtes Gut. Das Eigene reduziert sich auf ein Minimum. Sein Material entnimmt er grösstenteils aus der Naturgeschichte des Plinius. Da wir die Quelle Solins noch besitzen, so können wir, soweit uns der Autor Plinianisches gibt, sachlich nichts Neues aus ihm lernen, nur für die Kritik und Emendation der von ihm benützten plinianischen Bücher können und müssen wir ihn heranziehen.

Allein es steckt auch noch anderes in der Kompilation, und nur diese in das plinianische Gut eingewobenen Notizen fordern natürlich unsere Prüfung heraus. Es fragt sich vor allem, woher diese Notizen, die wir nicht auf einen der vorhandenen Autoren zurückleiten können, stammen. Mommsen denkt an eine Chronik des Bocchus, wir sind dagegen der Meinung, dass dieselben grösstenteils auf Sueton zurückgehen. Dass der Anfang der Kompilation aus der Roma Suetons stammt, ist kaum zweifelhaft. Weiterhin fragt sich, ob Solinus selbst diese Vereinigung der verschiedenen Bestandteile zu einem Ganzen vorgenommen hat. Mommsen ist der Meinung, dass bereits vor Solin von einem Unbekannten eine Geographie aus Plinius angefertigt und mit Zusätzen versehen wurde, und dass Solin diese Geographie nur in einen Auszug brachte. Allein diese Hypothese steht mit den Worten der Vorrede in Widerspruch, denn dort heisst es ausdrücklich, dass er seine Arbeit auf einige volumina ge

gründet habe. Wie konnte aber Solinus vor das Publikum und vor seinen Gönner treten, wenn er nichts als einen Auszug aus einem bekannten Werk, das noch dem Ammianus Marcellinus vorgelegen sein soll, brachte und doch darüber schwieg? Ich glaube daher, dass die Frage eine andere Lösung erheischt, und die Fälle, die von Mommsen herangezogen wurden, anders zu deuten sind. Meines Erachtens besteht kein durchschlagender Grund, die Redaktion des Ganzen dem Solinus abzusprechen. Die Thätigkeit, die Solinus hiebei zu entfalten hatte, war sehr gering, und auch diese geringe Thätigkeit hat Solinus nicht ohne lächerliche Missgriffe ausgeübt. Ein belehrendes Beispiel ist folgendes: er las bei Plinius IV 67: Paros cum oppido, ab Delo XXXVIII mil. marmore nobilis. Daraus machte der gedankenlose Mann c. 11, 26 Marmore Paros nobilis, Abdelo oppido frequentissima, also er las Abdelo und machte daraus eine Stadt. Auch in der Darstellung leistete der Kompilator nichts; denn sie ist geziert und geschmacklos. Gleichwohl fand seine Leistung Anklang. Wir finden sie herangezogen von Servius, Augustin, Capella, Priscian, Isidorus und anderen. 1) Auch im Mittelalter war das Kompendium ein beliebtes Buch. Merkwürdig ist die Umarbeitung, die mit demselben vorgenommen wurde. Der Ausdruck wurde vielfach verändert, auch Zusätze aus anderen Quellen kamen hinzu. Der Umarbeiter wollte sich den Schein geben, als rühre die Umarbeitung von Solin selbst her. Er machte daher eine neue Vorrede und griff hier zu der Fiktion, das Werk sei wider seinen Willen in unvollendetem Zustand in die Öffentlichkeit gedrungen'; er gebe daher das Buch in neuer Gestalt und habe deshalb auch den Titel Collectanea rerum memorabilium in Polyhistor geändert. Auch Excerpte wurden aus dem Kompendium gemacht. Endlich wurde Solinus sogar unter dem Namen eines Theodericus in Hexameter umgegossen.

Lebenszeit des Solinus. Der Terminus post quem ist Sueton, da dieser in der Kompilation sicher benutzt ist (c. 1, 34-47). Der terminus ante quem ist die Regierungszeit des Theodosius II. (401–450), da die erste Klasse der Handschriften auf ein von ihm abgeschriebenes Exemplar zurückgeht. Ein genaueres Kriterium lässt sich schwer gewinnen, da wir es mit einem blossen Kompilator zu thun haben, der mit seinen eigenen Ansichten äusserst selten hervortritt. Wichtig ist c. 50, 3 hoc illud est sericum in usum publicum damno severitatis admissum et quo ostendere potius corpora quam vestire primo feminis, nunc etiam viris luxuriae persuasit libido. Da Lamprid. Heliog. c. 26 bezeugt wird: primus (Heliogabalus 218-222) Romanorum holoserica veste usus fertur, cum iam subsericae in usu essent, so werden wir die Abfassung der Schrift nicht vor Heliogabalus (218-222) ansetzen. Da das Buch einem Adventus gewidmet ist, und wir einen Consul ordinarius Oclatinius Adventus des Jahres 218 kennen, 2) und die Glosse im cod. Monac. 14429 s. X Julius Solinus sub octiviano fuit zu verbessern ist in: Julius Solinus sub Oclatinio, so werden wir mit grosser Wahrscheinlichkeit die Mitte des 3. Jahrhunderts als die Blütezeit des Solinus anzunehmen haben. Damit würde dann auch in Einklang stehen, dass Solinus nur von Byzanz spricht, nicht von Konstantinopel, und dass sich bei ihm von der durch Diocletian und Constantin durchgeführten Einteilung der Provinzen keine Spuren finden. Vgl. MoMMSEN p. VII.

Der Titel des Werkes ist collectanea rerum memorabilium. So citiert Aldhelm die Schrift, der Mönch Dicuil kürzer: in collectaneis. Auch Priscian gebraucht öfters diesen kürzeren Titel (GL. 2, 539; 16), einmal hat er in collectaneis vel polyhistore (2, 29, 2), öfters in memorabilibus (2, 80, 23; 151, 6; 270, 17; 3, 313, 10), einmal in admirabilibus (2, 233, 17). Im Parisinus 6831 collectio rerum memorabilium. Dass der wahre Titel collectanea rerum memorabilium war, erhellt besonders daraus, dass der Umarbeiter in seiner Vorrede ausdrücklich sagt, er habe jetzt statt des Titels collectanea rerum memorabilium den Titel

1) Vgl. MOMMSENS Ausgabe p. XXIX (XXV 2).

2) Gegen die Identität spricht sich allerdings MOMMSEN aus p. VI2.

Polyhistor gewählt (p. 217 M.2). Dieser Titel Polyhistor wurde dann der Titel der interpolierten Handschriftenklasse.

Das Ziel des Werks. In der Vorrede an Adventus gibt Solinus über sein Ziel Aufschluss, exquisitis aliquot voluminibus studuisse me inpendio fateor, ut et a notioribus referrem pedem et remotis largius inmorarer. Locorum commemoratio plurimum tenet, in quam partem ferme inclinatior est universa materies. quorum meminisse ita visum est, ut inclitos terrarum situs et insignes tractus maris, servata orbis distinctione, suo quaeque ordine redderemus. Inseruimus et pleraque differenter congruentia, ut si nihil aliud, saltem varietas ipsa legentium fastidio mederetur. Inter haec hominum et aliorum animalium naturas expressimus. Addita pauca de arboribus exoticis, de extimarum gentium formis, de ritu dissono abditarum nationum, nonnulla etiam digna memoratu, quae praetermittere incuriosum videbatur quorumque auctoritas de scriptoribus manat receptissimis. Quid enim proprium nostrum esse possit, cum nihil omiserit antiquitatis diligentia, quod intactum ad hoc usque aevi permaneret? opiniones universas eligere maluimus potius quam

innovare.

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Die Komposition des Werkes. Es sind zuerst die Bestandteile desselben ins Auge zu fassen:

a) Pliniana. Zu Grunde gelegt sind die geographischen Bücher der naturalis historia 3-6, aus dem Buch 7 (über den Menschen) stammt der der Beschreibung von Rom angehängte Abschnitt über den Menschen. Eingestreut sind dann Notizen aus den Büchern über die Tiere (8—11), aus den Büchern über die ausländischen Bäume (12, 13), endlich aus den Büchern über die Edelsteine (37).

P) Die übrigen Bestandteile. Als solche nimmt MoммSEN an Auszüge aus Mela und aus einer verloren gegangenen Chronik, welche um 49 n. Ch. entstanden, dem Bocchus angehören soll (p. XIV 2). Allein da sicher ist, dass im Solin Suetons Roma (bes. das Buch über das römische Jahr) benutzt ist, entsteht die Vermutung, dass die zuletzt genannten Zusätze aus Sueton stammen. Dieser konnte in seiner Roma und seinem Pratum dem Solinus Stoff darbieten.

7) Anteil des Solinus. Die angebliche Chorographia Pliniana. MOMMSEN stellt folgende Hypothese auf (p. XXI, p. XVII 2): exstitit post Plinium, qui eius naturae historiam ad chorographiae formam redigeret et ita redactam excerptis aliorum auctorum chorographorum et chronographorum ampliaret (die sog. Chorographia Pliniana eines unbekannten Verfassers, der bald nach Hadrian lebte). Das Büchlein des Solinus ist nur eine Epitome dieser Chorographia (p. XXI; Hermes 16 (1881) p. 627). Diese Hypothese stützt sich darauf, dass Apuleius (Florida) und Solinus einerseits und Ammianus und Solinus andererseits Plinius gegenüber übereinstimmen, und dass diese Uebereinstimmung nicht dadurch erklärt werden kann, dass Apuleius und Ammianus den Solinus benutzten. Allein es fragt sich, ob diese Uebereinstimmung nicht auch so erklärt werden kann, dass beide aus einer dritten Quelle (Sueton?) schöpfen, die den Plinius benutzt hatte.

Die Ueberlieferung von Solinus. Da Solinus ein viel gelesener Schriftsteller war, so sind die Handschriften sehr zahlreich. MoмMSEN hat in einer sehr eingehenden, zugleich für die Methode der Recension sehr lehrreichen Untersuchung (p. LIX 2) drei Klassen von Handschriften unterschieden und seinem Apparat zu Grunde gelegt.

LÜDECKE, Ueber zwei wichtige Handschriften der Solinus, Bremen 1866; Macé, Un important ms. de Solin (Vatic. 3343) in den Mélanges d'archéol. 8 (1888) 506.

Ausgaben von J. CAMAS (1520), ELIAS VINETUS (1554), M. DEBRIO (1572). Epochemachend für Solinus ist Salmasius in seinen Plinianae exercitationes in Sol. Polyhist. Paris 1629, Utrecht 1689. Erste kritische Ausgabe von TH. MOMMSEN, Berl. 1864; 2. Aufl. 1895.

B. Die christliche Litteratur.

637. Einleitung. Dass die lateinischen christlichen Autoren in einer Geschichte der römischen Litteratur behandelt werden müssen, wird kein Einsichtiger leugnen; denn diese Autoren schreiben in derselben Sprache wie die nationalen, sie gebrauchen dieselben litterarischen Formen, welche die nationale Litteratur ausgebildet hat; sie nehmen auch teil an den Ideen, welche das Hellenentum und das Römertum erzeugt haben; ja sie wenden sich zum Teil an ihre heidnischen Mitbürger. Aber diese Autoren bilden doch eine Welt für sich und erfordern eine eigene Behandlung. Die christliche Litteratur hat ihre selbständige Entwicklung, sie ist aufs engste mit den Schicksalen des Christentums in der römischen Welt verwachsen; sie begleitet den Kampf, den die neue Religion um ihre Existenz zu führen hat. Dieser Kampf ist aber ein doppelter; einmal kam das Christentum mit der Regierungsgewalt in Konflikt, da es den nationalen Kultus und damit den Bestand des Staates negierte; dann trat es in scharfen Gegensatz zu den Anschauungen und Sitten der damaligen feineren Gesellschaft. Die Christen bildeten einen geschlossenen Lebenskreis; wie sie nicht an dem nationalen Kultus teil nahmen, so schlossen sie sich auch von sozialen Einrichtungen aus, wenn diese nur einigermassen mit der alten Religion in Verbindung standen; sie mieden die Schauspiele, sie verwarfen die Bekränzung, sie scheuten vor den Staatsämtern zurück. Sie hatten ihre Hoffnungen in einer anderen Welt und je mehr sie sich von ihren Mitbürgern absonderten, um so enger schlossen sie sich aneinander an. Ihr Kultus bethätigte sich in neuen ungewohnten Formen. Es ist daher kein Wunder, wenn die römisch-griechische Nationalität, wie bereits angedeutet, in doppelter Weise gegen diese neue Weltanschauung reagierte. Es geschah dies äusserlich und innerlich, äusserlich indem die römische Regierung vom Selbsterhaltungstrieb gezwungen wurde, gegen das Christentum mit Strafen vorzugehen; innerlich, indem die nationalen Schriftsteller gegen das Christentum Stellung nahmen. Diesen doppelten Kampf, der drei Jahrhunderte hindurch wütete, müssen wir kennen lernen, wenn wir zum Verständnis der christlichen Litteratur gelangen wollen. Den ersten Kampf schildert uns die Geschichte der sogenannten Christenverfolgungen; der zweite Kampf spielt sich vorwiegend in der griechischen Litteratur ab, doch greift auch die lateinische in denselben ein.

Den Einfluss griechischer Ideen und Gebräuche auf die christliche Kirche zeigt HATCH, Griechentum und Christentum. Deutsch von ERWIN PREUSCHEN, Freiburg i. B. 1892; ANRICH, Das antike Mysterienwesen in seinem Einfluss auf das Christentum, Göttingen 1894; über den römischen Einfluss auf die Kirche handelt HARNACK in seiner Dogmengeschichte I3 (Freib. und Leipz. 1894) p. 439.

«) Der Kampf des Christentums mit der Staatsgewalt.

638. Die rechtliche Stellung des Christentums. Religion und Staat waren bei den Römern unzertrennliche Begriffe. Die vaterländischen Götter verachten hiess daher nichts anderes als das Vaterland selbst verachten. Eine Religion also, welche diese Götter negierte, musste als unverträglich mit dem Gemeinwesen betrachtet werden. Solche Religionen waren aber das Judentum und das Christentum; streng monotheistisch konnten sie die nationalen Götter nicht anerkennen und mussten sich von dem nationalen Kult fernhalten. Hiedurch unterschieden sie sich von anderen ausländischen Religionen, welche die nationalen Götter nicht verneinten und daher geduldet werden konnten. Eine solche Duldung konnte man prinzipiell weder dem Judentum noch dem Christentum einräumen. Wenn trotzdem die römische Regierung sich dem Judentum gegenüber anders verhielt als dem Christentum gegenüber, so rührt dies daher, dass das Judentum auf vorwiegend nationaler Grundlage ruhte und daher in seiner Ausbreitung gehemmt war. Ganz anders lag die Sache beim Christentum mit seiner kosmopolitischen Tendenz. Je mehr Anhänger es im Laufe der Zeit gewann, desto mehr musste es die Aufmerksamkeit der regierenden Organe erregen. Es trat daher die Frage an sie heran, wie man der von dem Christentume drohenden Gefahr begegnen könne. Da stand einmal der kriminelle Weg offen. Hier handelte es sich also darum, einen der gegebenen kriminellen Begriffe zu finden, unter dem das Christentum subsumiert werden konnte. Als ein solcher Begriff bot sich die maiestas dar. Das Christentum, das die vaterländischen Götter leugnete und denselben den Kultus verweigerte, beging damit so konnte juristisch konstruiert werden ein Attentat auf die maiestas populi Romani und seinen nationalen Götterkreis. Es war noch eine andere Konstruktion möglich; man konnte die Person des Kaisers in den Vordergrund stellen und die Christen, welche demselben die göttlichen Ehren verweigerten, als Majestätsverbrecher ansehen. Dass man weiterhin auch auf Grund anderer Verbrechen, welche man mit dem Christentum in Verbindung brachte, wie Blutschande, Thyestisches Mahl, vorgehen konnte, ist klar. Allein der kriminelle Weg war nicht der gewöhnliche; es bot sich eine viel einfachere Handhabe zur Repression des Christentums in dem behördlichen Koercitionsrecht dar. Die coercitio ist das Recht der Oberbeamten, Ordnung zu schaffen und das Gemeinwesen vor Störungen und Eingriffen zu schützen. Ein Vergehen gegen die öffentliche Ordnung war aber ohne Zweifel die Negierung der Staatsgottheiten, wie solche dem Christentum eigen war. Besonders bei dem römischen Bürger, welcher den nationalen Göttern die Huldigung versagte, machte sich die Notwendigkeit der Ahndung geltend. Aber nicht minder musste der Provinziale, welcher die Reichsgötter leugnete, einer Bestrafung unterliegen,

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