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Jahrhunderte hindurch verschlossen blieben, ein Wissen für sich beanspruchen und bestimmte Sätze aufstellen. Allein diese Sätze, welche eine schaffende und fürsorgende Gottheit behaupten, erweisen sich als völlig unsicher, wenigstens vermag die Spekulation, wenn sie sich in diese dunkelen Gebiete begibt, Erklärungen zu geben, durch welche jene Sätze aufgehoben werden und durch die, falls nicht die Unmöglichkeit, die Wahrheit zu erkennen, gefolgert wird, nur die Annahme eines blind waltenden Zufalls übrig bleibt. Gegenüber dieser Erkenntnis wäre es Thorheit, den Glauben der Vorfahren aufzugeben und den Göttern die Verehrung zu versagen, zumal die Römer die Kulte aller Nationen in sich aufnahmen und sich dadurch der Weltherrschaft würdig erwiesen. Übrigens haben die Voreltern nicht ohne Grund die religiösen Institutionen aufs gewissenhafteste beobachtet, denn sie hatten das Eingreifen der Götter erfahren. Mögen daher die Ansichten über das Wesen der Götter noch soweit auseinandergehen, so herrscht doch bezüglich ihrer Existenz allgemeine Übereinstimmung und eine Auflehnung gegen diesen Glauben darf nicht geduldet werden, am wenigsten von dem lichtscheuen Christengesindel. Caecilius ergeht sich nun in einer gehässigen Schilderung des christlichen Lebens; er tadelt das der Öffentlichkeit abgekehrte, geheimnisvolle, unsittliche Treiben der Christen und ihren schädlichen Kultus; auch ihre absurden Lehren, wie die Annahme eines Untergangs der Welt durch Feuer, der Glaube an eine Auferstehung und an eine Vergeltung im Jenseits sind ihm ein Greuel. Wie irrig diese Hoffnungen auf ein ewiges seliges Leben sind, lehrt ein Blick auf das gegenwärtige Leben der Christen mit ihren Leiden und Qualen. Wenn Gott hier nicht hilft, warum sollte er dort helfen! Der Redner kehrt am Schluss zu dem Gedanken zurück, mit dem er begonnen hatte, zu dem Lob des Skeptizismus und der Zurückhaltung in den überirdischen Dingen (c. 13).

Nach einer kleinen Pause, welche durch eine Aufforderung des Minucius zur Vorsicht den Reden gegenüber und durch eine kurze Erwiderung des Caecilius ausgefüllt wird, ergreift Octavius das Wort zur Verteidigung des Christentums. Seine Entgegnung hält sich genau an die Rede des Caecilius. Mit einigen allgemeinen Einwürfen beginnt die Widerlegung. Octavius tadelt die schwankende Haltung des Gegners in der vorliegenden Frage und nimmt für alle Menschen, auch für die Armen und Ungebildeten, die Möglichkeit, die Wahrheit zu finden, in Anspruch. Dann führt er aus, dass für den Menschen die richtige Einsicht in das Weltganze absolut notwendig sei; eine Betrachtung desselben, zu welcher der Mensch von Natur die Bestimmung erhalten hat, führt aber zu der Annahme einer göttlichen Vorsehung (17, 4 bis 18, 3) und eines einzigen göttlichen Wesens, auf welches auch die gewöhnlichen Redeweisen des Volkes, die Aussprüche der Dichter und Philosophen führen. Gegenüber diesem Konsensus können die alten Götterfabeln nicht in Betracht kommen. Damit treten wir in den negativen Teil der Rede, welcher sich die Erklärung des nationalen Götterglaubens zum Ziele setzt. Die Götter werden zunächst mit Euhemerus als verstorbene Menschen erklärt, die wegen grosser Verdienste göttliche Ehren erhielten; besonders bei dem obersten

der Götter, dem Saturnus, ist der irdische Ursprung nicht zweifelhaft. Auf menschlichen Ursprung weisen auch die heiligen Gebräuche und Mysterien, ferner die äussere Darstellung der Götter. Die Dichter, besonders Homer, haben diese Göttergeschichten erfunden, und thörichterweise werden sie in der Schule der Jugend eingeprägt. Sonderbar ist auch die Verehrung der Götterstatuen, die doch von Menschen fabriziert und oft von Tieren verunehrt werden. Es ist ein Irrtum, zu glauben, die Religion habe den Grund zur Weltherrschaft der Römer gelegt; die Anfänge des Römerreiches zeigen Verbrechen auf Verbrechen; was die Römer sich erwarben, verdankten sie der Gewalt. Auch was Caecilius von dem Wert der Auspizien, Augurien und Orakeln gesagt, ist nicht stichhaltig, wie Beispiele darthun. Haben aber die Auspizien und Orakel einmal das Richtige getroffen, so war dies, wenn nicht hier der Zufall sein Spiel trieb, ein Werk der Dämonen, deren Treiben eingehend geschildert wird. Die Dämonen sind es auch, welche die Christenverfolgungen hervorrufen, die nur durch die Unbekanntschaft mit der christlichen Lehre möglich sind. Die Dämonen sind es endlich, welche die albernen Märchen vom Gottesdienst der Christen ausstreuen. Die Widerlegung dieser Märchen erfolgt in der Weise, dass die Dinge, welche den Christen vorgerückt werden, vielmehr bei den Heiden aufgezeigt werden. Dabei werden rührende Schilderungen christlichen Lebens eingestreut. Dem Vorwurf gegenüber, dass die Christen keine Tempel und Altäre hätten, wird die geistige Gottesverehrung stark betont und als das schönste Opfer ein reines Herz hingestellt. Gott, wenn wir ihn auch nicht sehen können, ist überall; in ihm leben und weben wir. Endlich kommt die Rede auf die Lehren von dem Untergang der Welt durch Feuer, die Auferstehung des Menschen und der Vergeltung in einem Jenseits. Zur Verteidigung dieser Lehren beruft sich Octavius darauf, dass auch die Philosophen die Zerstörung der Welt sehen, indem sie einen Schatten von der Weisheit der Propheten erfasst haben. Auch für die Auferstehung gibt es Zeugen unter den Philosophen; sie ist für Gott, der aus Nichts schaffen konnte, keine Unmöglichkeit, sie findet ihre Analogie in der Natur. Dass sich soviele. gegen die Auferstehung sträuben, hat darin seinen Grund, dass sie eine ewige Vergeltung fürchten. Und doch verkündete auch diese der Dichtermund. Dass aber den Heiden eher die ewige Höllenstrafe droht als den Christen, ist eine Folge ihrer mangelnden Gotteserkenntnis und ihres schlechteren Lebens. Der Gedanke, dass über uns alle das Fatum entscheide, ist ein unberechtigter. Um die Hoffnungen der Christen auf eine ewige Belohnung unwahrscheinlich erscheinen zu lassen, hatte Caecilius auch die Armut, die Krankheiten, die Martern, von denen die Christen in diesem Leben heimgesucht werden, angeführt, Octavius erörtert nun den Wert der Armut und der Krankheiten für den Christen und schildert mit lebhaften Farben die Freude, mit welcher der Christ als Streiter Gottes die Verfolgungen über sich ergehen lässt; denn sein Lohn ist das ewige Leben. Die äusseren Güter haben für die, welche Gott nicht kennen, keinen Wert. Gern verzichtet daher der Christ auf die heidnischen Vergnügungen, wie die Schauspiele, deren heidnisch-religiöser Ursprung und

deren sittliche Gefahren er kennt. Die Opfermahlzeiten verschmäht er als einen Huldigungsakt für die Dämonen; auch die Bekränzung erachtet er als unzulässig. Die Krone, die seiner wartet, ist die ewige. Und in dieser Hoffnung lebt er dahin, mögen die Philosophen ausspinnen, was sie wollen. Der Christ hat die Wahrheit, die jene nicht finden konnten. Und mit der Aufforderung, dieser Wahrheit zu dienen, schliesst Octavius seine Rede.

Als Octavius geendet hatte, herrschte eine Zeitlang tiefes Schweigen; da brach Caecilius in die Worte aus: Octavius hat über mich gesiegt, ich aber über den Irrtum. Damit bekannte sich Caecilius als im wesentlichen für das Christentum gewonnen, und Minucius war das Schiedsgericht erspart. Erfreut brach die Gesellschaft auf.

Eine Disposition des Gesprächs in Form einer Gegenüberstellung der sich entsprechenden Partien der beiden Redner geben LINDNER in seiner Ausgabe, Langensalza 1773, in der Einleitung, auch abgedruckt in der englischen Ausgabe von HOLDEN p. 29; EBERT a. a. O. p. 332–340.

656. Tendenz und Zeit der Schrift. Jeder Leser, welcher der Inhaltsübersicht, wie wir sie gegeben haben, folgt, wird erstaunt sein, dass eine Schrift, welche man allgemein als eine Verteidigung des Christentums ansieht, so wenig spezifisch christliche Gedanken enthält. Wir finden in der Schrift keine Bibelcitate, der Name Christi ist ängstlich vermieden, die Offenbarung, der Hauptpfeiler des Christentums, wird nirgends als grundlegender Faktor vorgeführt. Man hat diese befremdende Erscheinung auf verschiedene Weise zu deuten versucht, man hat gesagt, dass Minucius Felix in seinem Octavius nur eine Vorbereitung für die christliche Lehre geben wollte, und deren eigentliche Darstellung späteren Schriften vorbehalten habe; andere sind zu der Ansicht gekommen, Minucius Felix gebe wirklich in der Schrift sein volles Wissen über das Christentnm, und haben ihn dementsprechend als einen Neubekehrten, der noch nicht völlig in die Geheimnisse des Christentums eingedrungen sei, oder als einen Philosophen betrachtet, der das Christentum nach seiner Art sich zurecht gelegt hätte. Beide Erklärungsversuche halten einer umsichtigen Prüfung nicht Stand. In ganz naturgemässer Weise erklärt sich die in Frage stehende befremdliche Erscheinung, wenn Minucius Felix seiner Apologie eine bestimmte Vorlage zu Grund legte; denn hier konnte er sich auf die Abwehr beschränken, sein Zweck war mit der Zurückweisung des Angriffs erfüllt. Auf eine solche Vorlage deutet der Autor selbst hin, indem er zweimal eine Rede des M. Cornelius Fronto erwähnt. Die Vermutung lag nahe, dass die Rede des Caecilius die wesentlichen Angriffspunkte des berühmten Rhetor reproduziere und dass ihre Zurückweisung das Ziel der Schrift sei. So einleuchtend diese Vermutung war, so konnte sie doch nicht durchdringen, so lange nicht ein fester Beweis für sie erbracht werden konnte. Diesen Beweis glauben wir gefunden zu haben; denselben liefert eine Stelle (14, 1), die an einer Interpolation leidet, indem das Wort „Octavius" irrtümlich eingeschoben wurde. Dadurch hat man sich das Verständnis der Stelle verschlossen. Allein es ist sonnenklar, dass dort in gar nicht misszuverstehender Weise M. Cor

nelius Fronto charakterisiert wird und zwar als Haupt der Plautiner, aber zugleich als ein einfältiger Mensch. Dass diese Eigenschaften völlig auf Fronto passen, ist klar. Fronto begründete eine Stilrichtung, welche ihren Wortschatz aus alten Autoren wie Plautus u. a. bereicherte; sein Briefwechsel lässt ihn als einen einfältigen, abgeschmackten Menschen erscheinen. Dieser Fronto wird an der Stelle mit den Worten: was wagt darauf Fronto, der grösste Plautiner, aber der letzte Philosoph? zu einem Wettkampf aufgefordert. Dieser Wettkampf kann sich nicht auf die Gedanken, sondern nur auf die Form beziehen. Diese Aufforderung wird nur verständlich, wenn wir annehmen, dass Minucius Felix zwar die Gedanken der Rede Frontos, deren Benützung ja ausdrücklich zugestanden wird, dem Caecilius in den Mund legte, aber sie in seinen Stil umsetzte. Die höhnische Aufforderung gestaltet sich daher zu einem Protest gegen den herrschenden Modestil Frontos. Jedermann wird zugeben, dass ein Angriff Frontos bei der hohen gesellschaftlichen Stellung, welche dieser Mann einnahm war er doch sogar Prinzenerzieher - für die Christen keine gleichgültige Sache war und eine Abwehr dringend notwendig machte. Jetzt begreifen wir leicht, warum sich der Autor auf die Negation einschränkte und so wenig Positives aus dem Christentum mitteilte. Bei Fronto und den Gebildeten der damaligen Zeit überhaupt konnte man sich sicherlich keine grosse Hoffnung auf Annahme des Christentums machen; man musste zufrieden sein, wenn man den furchtbaren Hass gegen das Christentum zurückdrängte; der wirksamste Erfolg konnte aber in dieser Beziehung nur dann erzielt werden, wenn man diese Leute mit ihren eigenen Waffen bekämpfte, d. h. keine anderen Voraussetzungen machte, als die nationale Bildung an die Hand gab, dies war aber der philosophische Monotheismus.

Mit der Darlegung der Tendenz des Dialogs haben wir zugleich die Zeitbestimmung desselben gewonnen. Jene höhnische Aufforderung, deren Tragweite wir zum erstenmal festgestellt haben, ist nur bei Lebzeiten Frontos denkbar. Also muss der Dialog auch zu Lebzeiten Frontos geschrieben sein. Leider sind wir über das Todesjahr Frontos nicht unterrichtet. Soviel können wir aber sagen, dass über Marcus' Tod hinaus (180) Fronto nicht leicht gelebt hat. Etwas weiter zurück führt uns eine Argumentation des Dialogs. Um den einen Gott zu erweisen, nimmt er auf die analogen Erscheinungen des Erdenlebens Bezug und fragt (18,5), ob jemals eine gemeinschaftliche Regierung mit Treue begann oder ohne Blutvergiessen beendet wurde. Wann konnte ein Zeitgenosse Frontos dies schreiben? Doch wohl nur, wenn er den Kondominat des Kaisers Mark Aurel und des L. Verus noch nicht erlebt hatte, also vor 161. Danach fiele unser Dialog entweder in die Zeit des Antoninus Pius oder in die Hadrians.

Fronto bei Minucius Felix. 9, 6 et de convivio notum est; passim omnes locuntur, id etiam Cirtensis nostri testatur oratio. 31, 2 sic de isto (incesto convivio) et tuus Fronto non ut adfirmator testimonium fecit, sed convicium ut orator adspersit. 14, 1 Sic Caecilius et renidens (nam indignationis eius tumorem effusae orationis impetus relaxaverat): Ecquid ad haec, ait, audet [Octavius] homo Plautinae prosapiae, ut pistorum praecipuus, ita postremus philosophorum? Fronto benützte in seiner Rede besonders Cicero de natura

deorum. Die von KEIM aufgestellte Behauptung (Celsus' wahres Wort p. 156), dass in der Rede des Caecilius Celsus', Wahres Wort" benützt sei, welcher DoмBART p. IX beipflichtet, dagegen BÄHRENS (p. VIII) und KÜHN (Der Octavius des M. F. p. 67) opponieren, ist chronologisch unmöglich.

Verhältnis des Minucius Felix zu anderen Autoren. In Bezug auf die Sprache kommt hier auch die Rede des Caecilius in Betracht (über Anklänge an verschiedene Autoren vgl. Küнn p. 11); in Bezug auf die Quellen ist für M. F. nur die Rede des Octavius beizuziehen.

a) Lateinische Autoren:

1. Cicero de natura deorum. Vgl. BEHR, Der Octavius des M. M. F. in seinem Verhältnis zu Ciceros Büchern d. n. d., Jenaer Diss. 1870. Eine Uebersicht der benutzten Stellen gibt WILHELM p. 4 (ergänzend K. J. NEUMANN, Rhein. Mus. 36 [1881] p. 155. Auch de div. ist an einigen Stellen herangezogen.

2. Seneca. Nächst Cicero liefert ihm besonders Seneca manchen erwünschten Gedanken in klassischer Form". DOMBART Ausg. p. 135, der eine Reihe von Stellen vergleicht (vgl. KÜнN p. 20, WILHELM p. 29).

3. Ueber die angenommene gemeinsame Quelle des Tertullian und Minucius Felix vgl. unten. Eine solche ist ganz unwahrscheinlich.

4. Die Abhängigkeit des Minucius Felix von Tertullians Apologeticus ist unmöglich.

3) Griechische Autoren. Die Abhängigkeit des Minucius Felix von griechischen Apologeten ist von vornherein sehr unwahrscheinlich.

1. Athenagoras. Die Abhängigkeit des M. F. von Athenagoras sucht nachzuweisen LOESCHE, Jahrb. f. protest. Theol. 1882 p. 168. Dagegen KÜHN p. 12; SCHWENKE, Jahrb. für protest. Theol. 1883 p. 279; K. J. NEUMANN, Gött. Gel. Anz. 1884 p. 358. Nach dem Zeitansatz, den wir für den Octavius gewonnen haben, ist eine Benützung des Athenagoras von Seite des M. F. eine Unmöglichkeit.

2. Theophilus. Eine Benutzung des Theophilus durch M. F. behauptet DOMBART Ausg. p. 133. Dagegen SCHWENKE, Jahrb. f. protest. Theol. 1883 p. 283, WILHELM p. 68. Die Benutzung ist chronologisch unmöglich.

3. Tatian. Ueber das Verhältnis des Minucius Felix zu Tatian handeln SCHWENKE, Jahrb. für protest. Theol. 1883 p. 278; WILHELM p. 67. An ein Abhängigkeitsverhältnis ist nicht zu denken. HARNACK, Geschichte der altchristl. Litt. 1, 486 fügt, nachdem er vorausgeschickt, dass M. F. den Tatian weder erwähnt noch benutzt, folgendes bei: „M. F. scheint für die Verhöhnung der alten Götter dieselbe heidnische Schrift wie Tatian gebraucht zu haben, vielleicht die yontwr good des Oenomaus (Texte und Unters. 1, 218)". 4. Justinus. Die Abhängigkeit des M. F. von Justin sucht zu erweisen SCHWENKE, Jahrb. f. protest. Theol. 1883 p. 277. Allein WILHELM p. 60 bezweifelt die Richtigkeit des Ergebnisses. Auch HARNACK behauptet, dass eine solche Abhängigkeit nicht erwiesen werden könne (Gesch. der altchristl. L. 1, 100; Texte und Unters. 1, 132). Chronologisch ist eine Abhängigkeit des M. F. möglich, sie ist aber innerlich nicht wahrscheinlich.

Geschichte der Frage über die Zeit des Octavius. Seit der Loslösung des Minucius Felix von Arnobius (1560) erhob sich auch die Frage nach der Zeit des Autors. Sie trat aber meist in der Form auf, dass man den neuen Autor im Verhältnis zu dem längst bekannten Tertullian in Betracht zog und daher den Octavius mit dem Apologeticus verglich. Lange Zeit war die Meinung die herrschende, dass Tertullian früher als Minucius Felix sei. Zuerst trat Daniel van Hoven Campensia (Campio 1766) für die Priorität des Minucius ein, ihm folgten in unserem Jahrhundert NIEBUHR, der (Kl. hist. Schr. 2, 56) den Autor in die Zeit des Antoninus setzt, RussWURM (Ausg. Hamb. 1824), MEIER (Comment. de Min. Fel., Zürich 1824), MURALT (Ausg. Zürich 1836), der eine eingehendere, freilich nicht durchschlagende, Beweisführung angetreten hat (vgl. EBERT p. 323). Diesen Mangel sucht EBERT in seinem Aufsatz,Tertullians Verhältnis zu M. F." (zuerst erschienen 1868, dann in den Abh. der phil.hist. Kl. der sächs. Gesellsch. 5 [1870] p. 320) abzuhelfen; eine genaue Vergleichung der beiden Autoren führt ihn zu dem seiner Ansicht nach festen Resultat, dass der Octavius von Tertullian im Apologeticus benutzt ist. Dieser Ansicht trat HARTEL (Zeitschr. f. österr. Gymn. 20 [1869] p. 348) entgegen und stellte den Satz auf (p. 367), dass weder der Apologeticus (des Tertullian) aus dem Octavius noch dieser aus jenem geflossen sein könne, diese vielmehr beide aus einer und derselben Quelle, einer in lateinischer Sprache abgefassten Apologie, schöpften. Allein Hartel überzeugte den von ihm bekämpften EBERT (vgl. dessen Gesch. der Litteratur des Mittelalt. 1, 26), ebensowenig wie dieser HARTEL (Patr. Stud. II [Separatabdr. aus den Sitzungsber. der Wiener Akad. Bd. 121] p. 18). Hartel pflichtete dagegen bei WILHELM (De Minucii Felicis Octavio et Tertulliani apologetico, Breslau 1887, II. Bd. der Bresl. Philol. Abh.) und P. DE LAGARDE, welcher sogar ein Stück dieses gemeinsamen Originals nachgewiesen zu haben glaubt (Abh. der Gött.

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