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nicht stichhaltig, welche den Apol. früher ansetzen, wie die HESSELBERGS (vgl. dagegen HAUCK p. 57), EBERTS (Gesch. der christl. Litteratur p. 41) und GROTEMEYERS (Ueber Tertullian, Kempen 1863).

Interessant ist es zu verfolgen, wie T. im Apologeticus den Text der libri ad nationes modifiziert und korrigiert. Vgl. HAUCK p. 72 und die lehrreiche Zusammenstellung bei HARTEL, Patrist. Studien II 16; NOELDECHEN, Die Abfassungszeit p. 26.

Die Zeit der Abfassung. Die Bücher ad nationes sind vor dem Apologeticus geschrieben, den wir der zweiten Hälfte des Jahres 197 zuweisen werden. Aber aus den angeführten Stellen ersieht man, dass Tert., als er ad nationes schrieb, sich bereits mit dem Gedanken an den Apologeticus trug. Dass die libri ad nationes nicht etwa lange vor dem Apologeticus anzusetzen sind, zeigt 1, 17 adhuc Syriae cadaverum odoribus spirant, adhuc Galliae Rhodano suo non lavant; denn hier haben wir eine Anspielung auf die Schlacht bei Lugdunum (197).

663. Apologeticus. Die Schrift wendet sich an die Provinzialstatthalter, denen das Urteil in den Christenprozessen zusteht. Da eine mündliche Verteidigung des Christentums vor Gericht nicht gestattet ist, so soll wenigstens die stumme Schrift zur Kenntnis der Statthalter gelangen. Der Hauptbeschwerdepunkt, den die Christen erheben, ist der, dass sie ungekannt verurteilt werden. Es genügt der Christenname allein zu einer Verurteilung; eine Untersuchung, ob der Angeklagte auch die Verbrechen begangen, welche man den Christen gewöhnlich zur Last legt, findet nicht statt. Die Christen werden daher in dem Strafprozess ganz anders behandelt als die anderen Angeklagten. Die Folter wird bei jenen von dem Richter angewendet, nicht um ein Geständnis herauszupressen, sondern um einen Widerruf des Christentums zu erzwingen. Beruft man sich auf die Gesetze, welche das Christentum einfach verbieten, 1) so ist zu entgegnen, dass auch das Gesetz als Menschenwerk ungerecht und verfehlt sein kann. Warum werden denn fort und fort alte Gesetze durch neue ersetzt! Dass aber die Gesetze gegen die Christen unvernünftig sind, erhellt schon aus dem widersinnigen Prozessverfahren, das gegen sie zur Anwendung kommt. Auch waren es schlechte und grausame Kaiser, welche die Christen mit ihren Gesetzen verfolgten.

Nach dieser Einleitung nimmt die Apologie die gegen die Christen erhobenen Anschuldigungen vor, um sie zu widerlegen, und zwar zuerst die sogenannten geheimen Verbrechen. Es sind dies Kindermord, Thyestisches Mahl und Inzest. Allein diese Anschuldigungen beruhen auf leeren Gerüchten, noch niemals sind dieselben durch Thatsachen festgestellt worden. Bei den Heiden kommen allerdings solche Dinge vor. Doch diese Vorwürfe konnten natürlich nicht das Fundament für ein Vorgehen gegen die Christen abgeben; Tertullian macht daher dieselben kurz ab. Um so wichtiger waren die sogenannten offenkundigen Verbrechen der Christen, welche erst das gesetzliche Einschreiten gegen sie möglich machten; es waren dies die Anschuldigungen, dass die Christen die vaterländische Religion und den Kaiser missachten. Die Widerlegung dieser Vorwürfe bildet den Schwerpunkt der ganzen Apologie. Was den ersten Punkt anlangt, so gibt Tertullian zu, dass die Christen die heidnischen Götter nicht verehren; allein sie thun dies mit Recht, denn diese heidnischen Götter sind keine wahren Götter; selbst die Be

1) c. 4 non licet esse vos.

handlung derselben von seiten ihrer Bekenner zeigt dies; die unwürdigen. Vorstellungen, welche in der Litteratur über die Götter und ihr Treiben verbreitet werden, sind mit dem göttlichen Wesen nicht in Einklang zu bringen. Naturgemäss stellt Tertullian dem Gottesbegriff der Heiden den christlichen gegenüber; zuvor muss er aber den verkehrten Vorstellungen, die über denselben im Umlauf sind, entgegentreten. Die Christen verehren nur einen Gott, welcher Schöpfer des Himmels und der Erde ist, und der sich uns durch die hl. Schrift geoffenbart hat. Nachdem sich der Apologet über das hohe Alter und die Erhabenheit der Schrift verbreitet hat, zeichnet er mit einigen Strichen das Walten der Gottheit, die Menschwerdung, Geburt, Leiden, Sterben und Auferstehung. Von der Gottheit sind zu trennen die Dämonen, die das Christentum ebenfalls annimmt. Tertullian spricht den Satz aus, dass die Dämonen mit den heidnischen Göttern zusammenfallen, und sucht denselben zu erweisen. Nach dieser Erörterung kann er das Resultat ziehen, dass, da die heidnischen Götter keine wahren Götter sind, die Christen nicht gezwungen werden können, sie zu verehren. Der Glaube, dass die Götter es waren, welche den Römern die Weltherrschaft verliehen haben, ist ein irriger, der eine Gott allein ist der Lenker des Alls. Die Schutzschrift geht zu dem in den Augen der Römer noch verdammungswürdigeren Verbrechen der laesa maiestas über. Auch hier gibt Tertullian zu, dass ein Christ nicht für den Kaiser den Göttern opfern könne. Allein dies ist leicht begreiflich, denn die Götter sind ja nichts; dagegen bezeugen die Christen in anderer Weise ihre Ehrfurcht für den Kaiser, indem sie für ihn, dem Gebot der Schrift gemäss, beten. Auch wenn sie den Kaiser nicht als göttliches Wesen verehren können, so lieben sie ihn doch und erklären sich sogar bereit, bei dem Wohl des Kaisers zu schwören; sie wünschen auch den Bestand des römischen Reichs. In dieser Weise bethätigen sie ihren Patriotismus besser als durch überschwengliche, sinnlose Ehrenbezeugungen. Es ist daher ein Unrecht, wenn man sagt, dass die Christen keine Römer sind. Die Anhänglichkeit der Christen an das Vaterland kann man besonders daraus ersehen, dass sie, obwohl so zahlreich, doch nicht Gewalt ihren Verfolgern entgegensetzen oder alle auswandern. Es ist unrichtig, die Christengemeinden als verbotene, den Staat schädigende Verbindungen anzusehen. Der Autor schaltet hier eine Schilderung des christlichen Gemeindelebens ein, welche ich als das Juwel seiner Apologie bezeichnen möchte; ein so erhebendes Bild der Bruderliebe ist hier gezeichnet. Es folgt die Bekämpfung des bekannten Vorwurfs, dass die Beiseiteschiebung der Götter, welche das Christentum mit sich bringe, an der allgemeinen Notlage schuld sei. Wenn man die Christen als unnütze Glieder der Gesamtheit bezeichnet, so ist auch dieser Tadel völlig unbegründet. Die Christen beschäftigen sich mit den weltlichen Dingen, soweit sie nicht gegen die Gebote der Religion und Sittlichkeit verstossen, sie nützen dem Gemeinwesen schon dadurch, dass sie die Furcht vor der ewigen Strafe abhalten muss, den Weg des Verbrechens zu beschreiten.

Damit glaubt Tertullian die Sache des Christentums genugsam gerechtfertigt zu haben. Zum Schluss legt er noch dar, dass das Christen

tum nicht etwa als ein philosophisches System zu betrachten sei. Kommen bei den Philosophen Anklänge an die christlichen Wahrheiten vor, so ist dies daraus zu erklären, dass die hl. Schriften älter sind als alle Litteratur, und dass daraus manches, wenn auch entstellt, zu den heidnischen Autoren gekommen ist. Dass die Philosophen anders behandelt werden als die Christen, wird wiederum als ein Unrecht charakterisiert. Die Christen stellt der Apologet den Philosophen gegenüber in ein weit helleres Licht; mit dem Preis des Martyrertums schliesst die Schrift.

Vergleicht man den Apologeticus mit den Büchern an die Heiden, so ist vor allem ins Auge zu fassen, dass dadurch, dass die erste Schrift an die Statthalter gerichtet ist, eine andere Behandlung der Sache notwendig erscheint. In dem Apologeticus muss naturgemäss mehr das Juristisch-Politische in den Vordergrund treten. In den Büchern an die Heiden musste er sich eine grössere Wirkung von der Darlegung des heidnischen Aberglaubens erwarten, der den Gebildeten ja ferner lag. Der Ton der Bücher an die Heiden ist bedeutend schroffer und erbitterter als in dem Apologeticus. Die Gedankenanordnung ist im Apologeticus geordneter und straffer, auch der Ausdruck ist gewählter.

Die Disposition des Apologeticus. Der Schriftsteller deutet klar den Gang seiner Abhandlung an. Die Einleitung wird mit Schluss des c. 6 beendet, indem das Thema angekündigt wird mit den Worten: nunc ad illam occultorum facinorum infamiam respondebo, ut viam mihi ad manifestiora purgem. Diese Einleitung stellt sich uns in zwei Hälften dar; denn c. 4 sagt er gleich anfangs atque adeo quasi praefatus haec ad sugillandam odii erga nos publici iniquitatem iam de causa innocentiae consistam und wendet sich dann zu der auctoritas legum, welche gegen die Christen ins Feld geführt wird. Allein, dass dies noch zu der Einleitung gehört, deutet er in demselben Kapitel mit den Worten an: respondebimus ad singula quae in occulto admittere dicimur. Hier werden zugleich auch deutlich die zwei Teile des Themas angekündigt: a) Verteidigung gegen die sog. heimlichen Vergehen; 3) Verteidigung gegen die offenkundigen Verbrechen. Der erste Teil umfasst die Kap. 7-9, wo wir am Schluss lesen: nunc de manifestioribus dicam; der zweite, weit umfassendere, die Kap. 10-45; denn Kap. 46 besagt im Anfang, dass die Apologie zu Ende ist (constitimus, ut opinor, adversus omnium criminum intentationem, quae Christianorum sanguinem flagitat). Der Schluss wird von fünf Kapiteln gebildet (46-50). Den Kern des Apologeticus bilden also die Kap. 10-45. Auch hier finden wir die Zweiteilung; denn 10-27 weisen zurück das crimen laesae divinitatis (c. 27 satis haec adversus intentationem laesae divinitatis); c. 28–45 das crimen laesae maiestatis (c. 28 ventum est igitur ad secundum titulum laesae augustioris maiestatis); über diese Doppelanklage vgl. MOMMSEN, Histor. Zeitschrift 64 (28), 1890 S. 396.

Zeit der Abfassung. Der Apologeticus ist geschrieben nach Besiegung des Niger und Albinus, da Severus Alleinherrscher war. Vgl. die höhnische Frage c. 35 Unde Cassii et Nigri et Albini? Unde qui inter duas lauros obsident Caesarem? De Romanis, nisi fallor, id est de non Christianis. c. 4 vanissimas Papias leges Severus constantissimus principum exclusit. Daraus ergibt sich der terminus post quem, das Jahr 197, in welchem Albinus bei Lugdunum besiegt wurde. Der terminus ante quem ergibt sich daraus, dass Severus' Verbot des Uebertritts zum Christentum noch nicht publiziert war, denn es ist nirgends erwähnt, und dass der Apologet es verschwiegen, ist völlig unwahrscheinlich; er hätte dann gewiss nicht den Kaiser „constantissimus principum" genannt. Das Reskript gegen die Christen ist 201-202 entstanden.') Um das Intervallum genau zu bestimmen, dienen die Worte des c. 35: sed et qui nunc scelestarum partium socii aut plausores cotidie revelantur, post vindemiam racematio superstes, quam recentissimis et ramosissimis laureis postes praestruebant, quam elatissimis et clarissimis lucernis vestibula nebulabant, quam cultissimis et superbissimis toris forum sibi dividebant ! Es ist hier von gaudia publica die Rede, welche vor 202 in Rom stattgefunden haben und zwar nach dem Sieg über die Prätendenten. Sever verweilte in Rom von Sommer

') NEUMANN, Der röm. Staat 1. Bd. 161, 171.

bis Herbst 197; in diese Zeit fällt die Bestrafung der Anhänger jener Prätendenten (post rindemiam parricidarum racematio_superstes) cf. Spart. 14, 11. Vgl. BONWETSCH p. 13-17. Grundlegend war in dieser Frage MOSHEIM, Disquisitio chronologica de vera aetate Apologetici bei Oehler III 490.

Zur Quellenfrage vgl. oben S. 235 und SCHMEKEL, Die Philosophie der mittleren Stoa, Berlin 1892, p. 109.

Die griechische Uebersetzung des Apologeticus. Bei Eusebius h. e. lesen wir 2, 2, 4 p. 48 DINDORF ταῦτα Τερτυλλιανός, τοὺς Ῥωμαίων νόμους ἠκριβωκως ἀνήρ, τά τε ἄλλα ἔνδοξος καὶ τῶν μάλιστα ἐπὶ Ῥώμης λαμπρῶν, ἐν τῇ γραφείσῃ μὲν αὐτῷ τῇ Ρωμαίων φωνῇ, μεταβληθείσῃ δὲ καὶ ἐπὶ τὴν Ἑλλάδα γλῶτταν ὑπὲρ Χριστιανῶν ἀπολογία τίθησι κατὰ λέξιν τοῦτον ἱστορῶν τὸν τρόπον_vgl. 3, 33, 3 p. 126 D. Aus diesen Stellen ergibt sich zugleich, dass die Uebersetzung nicht von Eusebios selbst herrührt. Ausser diesen beiden Stellen benutzt er noch die Uebersetzung 2, 25, 4 p. 81 D., 3, 20, 7 p. 107 D., 5, 5, 5 p. 202 D. Die Stellen 2, 2, 4; 2, 25, 4; 3, 20, 7; 5, 5, 6 geben zusammen fast das ganze 5. Kapitel des Apologeticus. Die Vergleichung des Textes mit der Uebersetzung thut dar, dass die Uebersetzung nicht von Tertullian selbst herrühren kann, denn es finden sich nicht genaue, ja missverständliche Uebertragungen und Abweichungen vor. Weiter zeigt die Sprache, dass der Uebersetzer ein Grieche war, der nicht aller Schwierigkeiten seines Autors Herr wurde (er verkennt z. B. die Bedeutung von cum maxime 3, 33, 3 Apol. 2). Höchst wahrscheinlich entstand diese Uebersetzung bald nach dem Erscheinen des Originals. Dass sie von dem Chronographen Julius Africanus herrühre, vermutet A. HARNACK, aber ohne durchschlagende Gründe (Die griechische Uebersetzung des Apologeticus Tertullians, Texte und Untersuchungen, VIII. Bd., Heft 4). MENDELSSOHN, Philol. 52, 556 f.

664. De testimonio animae (vom Zeugnis der Seele). Es gab eine Litteratur, welche dadurch für das Christentum Propaganda zu machen suchte, dass sie nachwies, dass selbst in der heidnischen Litteratur die christliche Weltanschauung hie und da durchbreche. Einen anderen Weg, auf dem Boden der natürlichen Erkenntnis die christliche Wahrheit aufzudecken, beschritt Tertullian in dieser Schrift; er rief die „ungebildete“ Volksseele zum Zeugnis auf. Im Munde des Volkes lebt eine Reihe von Redensarten, welche ein Bekenntnis christlicher Wahrheiten in sich schliessen. Der Glaube an den einen Gott, sowohl den gütigen als den strafenden, der Glaube an den bösen Dämon, endlich der Glaube an die Fortdauer nach dem Tode liegt in solchen unwillkürlich gebrauchten Formeln des täglichen Lebens. Sie sind Zeugnisse der Seele, damit der Natur, und damit Gottes. Wir können sie nicht auf einen lateinischen Ursprung zurückleiten, höchstens könnten sie ihre Quelle in den heiligen Schriften haben, womit sie sich als Ausdruck der göttlichen Offenbarung kennzeichnen. Selbstverständlich müssen die Redensarten nicht bloss für ein Volk, sondern für die ganze Menschheit in Anspruch genommen werden. Hier gibt aber der Verfasser nur Behauptungen statt der Beweise.

Das Schriftchen ist anziehend durch die Wärme der Darstellung, besonders die Apostrophe an die Seele gestaltet sich sehr wirksam.

Abfassungszeit. Das Schriftchen ist nach dem Apologeticus geschrieben, da auf denselben hingewiesen wird (c. 5). Dasselbe ist nur eine nähere Ausführung von einem Gedanken des Apologeticus (c. 17).

665. Ad martyras (Trostschrift an die Martyrer). Die wegen ihres Glaubens Eingekerkerten zu unterstützen und zu trösten, war Pflicht der Gläubigen. Auch Tertullian kommt dieser Pflicht in dem schönen, warm geschriebenen Schriftchen nach. Er erinnert sie daran, dass der hl. Geist sie bisher geleitet, und ermahnt sie, auch im Kerker ihm zugethan zu bleiben. Anderseits führt er ihnen zu Gemüte, dass selbst im

Kerker der böse Feind sein Spiel treibt und dass sie sich gegen ihn wappnen mögen. Der Kerker hat die Martyrer von der Welt geschieden, damit aber auch von allem weltlichen Tand. Selbst wenn der Kerker dem Dulder manche Freude der Welt entzogen hat, was thut's? Seiner warten dafür höhere Freuden im Himmel. Aber selbst die Leiden, welche der Kerker mit sich bringt, müssen geduldig ertragen werden. Das Christentum ist ja ein Kriegsdienst für den Herrn. Der Kampf, den der Martyrer auszufechten hat, ist ein guter. Der Kerker ist eine gute Übungsschule für den Kampf um die ewige Krone. Gegen die Schwachheit des Leibes hat der Geist tapfer anzukämpfen. Selbst das Heidentum bietet eine reiche Anzahl von Beispielen heroischer Todesverachtung. Nicht bloss das Streben nach Ruhm und andere edle Motive, sondern auch krankhaftes Wesen, Blasiertheit, führt Leute dazu, schwere Leiden und Gefahren auf sich zu nehmen. Und wie viele verlieren nicht durch Brand, wilde Tiere, Räuber, Feinde das Leben! Sollten wir zaudern für Gott das Gleiche zu erdulden?

Ueber die Materie vgl. E. LE BLANT, Les persécuteurs et les martyrs, Paris 1893, besonders ch. IX p. 99 (la préparation au martyre) und ch. XIV p. 159 (les martyrs en prison).

Die Zeit des Schriftchens wird durch die Schlussworte bestimmt: ad hoc quidem vel praesentia nobis tempora documenta sint, quantae qualesque personae inopinatos natalibus et dignitatibus et corporibus et aetatibus suis exitus referunt hominis causa, aut ab ipso, si contra eum fecerint, aut ab adversariis eius, si pro eo steterint, welche Worte man auf die Hinrichtungen nach der Schlacht bei Lyon (19. Febr. 197) bezieht.

666. De spectaculis (über die Schauspiele). Die Frage, ob es den Christen gestattet sei, die Spiele zu besuchen, scheint die Gemüter in der Zeit Tertullians stark bewegt zu haben. Selbst die Heiden suchten von christlicher Grundlage aus den Besuch zu rechtfertigen. Es wurde geltend gemacht, dass diese Äusserlichkeiten nichts mit dem innern religiösen Leben zu thun haben, und dass der Glaube, alles sei von Gott geschaffen, auch den Spielen zu gute kommen müsse. Die Christen, welche für den Besuch der Schauspiele waren, konnten sich darauf berufen, dass dieselben in der Schrift nicht verboten seien. Dieser laxen Haltung tritt Tertullian mit seiner Schrift entgegen, die er auch in griechischer Sprache erscheinen liess. Leicht war der erste Grund für den Besuch des Theaters zu widerlegen, denn jede Gottesgabe kann missbraucht werden. Schwieriger war es, aus einer biblischen Stelle ein Verbot des Besuchs der Spiele herauszudeuten. Allein das Schwergewicht seines Beweises ruht in dem Satz, dass die Spiele mit dem Götzendienst aufs innigste zusammenhängen. Der rigorose Autor hat hier insofern festen Boden unter den Füssen, als der Zusammenhang der Spiele mit dem Kultus im Altertum unbestreitbar ist. In einer historischen Darlegung, für die ihm Sueton Quelle war, sucht er diese religiösen Fäden darzulegen. Damit ist eigentlich der Zweck der Schrift erfüllt; das Verbot, die Schauspiele zu besuchen, ergibt sich für den Christen von selbst. Allein die Untersuchung vermag sich nicht bei den antiquarischen Notizen zu beruhigen; sie verlangt wärmere Töne; er zeigt daher, dass die Schauspiele mit ihren Aufregungen, mit ihren Unsittlichkeiten, mit ihren Grausamkeiten die christliche Seele gefährden. Die Freuden der Christen sind anderer Art als die der Heiden.

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