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zuweisen; mit demselben Thema beschäftigt sich die Schrift de monogamia; de ieiunio verteidigt die strenge Fastendisziplin; de pudicitia die strenge Bussdisziplin. Während in der Schrift über den Philosophenmantel Anspielungen auf den Montanismus der Natur des Themas gemäss völlig fehlen, lassen die übrigen Schriften alle den Verfasser als Montanisten erkennen. Doch erscheint sein Montanismus in den zwei Schriften de virginibus velandis und de exhortatione castitatis in milderer Form, während in den drei übrigen Schriften die schärfste Trennung zwischen dem Montanismus und dem Katholizismus vorliegt.

Die Schriften de monogamia, de ieiunio und de pudicitia bilden eine zusammenhängende Gruppe; vgl. BONWETSCH p. 55.

685. De pallio (Schutzschrift für das Tragen des Philosophenmantels). Tertullian hatte die römische Toga abgelegt und das Pallium genommen. Tadelnden Äusserungen, welche ihm über diesen Wandel der Kleidung zu Ohren kamen, setzt er diese Flugschrift entgegen, die von bitterer Satire, aber auch wieder von Humor überfliesst. Im Eingang spricht er sein Erstaunen aus, dass die Karthager so viel Zeit übrig haben, um sich auch um solche Dinge zu kümmern; dies lässt darauf schliessen, dass die allgemeinen Verhältnisse sich jetzt recht glücklich gestaltet haben. Den Tadel seiner Landsleute muss er jedoch als unberechtigt zurückweisen. Die Toga, das sollten die Karthager niemals vergessen, ist das Zeichen ihrer Unterjochung; denn dieses Kleid wurde ihnen von den siegreichen Römern aufgedrängt. Inwiefern die Änderung des Gewands anstössig sein solle, vermag Tertullian in keiner Weise einzusehen. Der Wandel ist ja ein Naturgesetz, die Welt ändert sich, die Erde bleibt nicht immer dieselbe, auch die Völker lösen sich ab, selbst die Gegenwart unter den erlauchten Kaisern bietet uns Umgestaltungen in Hülle und Fülle. Auch die Tiere verändern ihr Äusseres, und die Kleidung hat einen langen Entwicklungsprozess durchgemacht, bis sie von der Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse bis zum Luxus sich erhob. Weiterhin erscheint dem Autor sonderbar, dass die Karthager, die doch sonst die Griechen so gern nachahmen und zwar auch in Dingen, die nicht nachahmungswürdig sind, jetzt gerade an dem griechischen Pallium so Anstoss nehmen. Jede Kleidung sei berechtigt, solange sie nicht gegen die Natur verstosse. Gegen die Natur aber verstosse es, wenn der Mann sich als Frau kleidet. Scharf werden daher Achilles, Herakles und Alexander gerügt, die in dieser Beziehung sich vergangen haben. Auch die Verschiebung der Unterschiede in der Kleidung findet in ihm einen scharfen Tadler. Es sei eine grosse Verirrung, wenn z. B. die Matrone sich wie eine Hure kleide und die Hure wie eine Matrone. Ja selbst in Bezug auf die Bequemlichkeit ist das Pallium der Toga vorzuziehen, denn die Toga legt ihrem Träger viel mehr Sorgfalt als das Pallium auf. Zuletzt lässt der Autor den Mantel selbst das Wort ergreifen. Offen bekennt dieser, dass er kein Staatskleid sei und daher dem öffentlichen Leben fern bleiben müsse. Er kümmert sich lediglich um sich selbst und hat ein Recht, zunächst für sich zu leben.') Allein trotzdem darf der Mantel be

1) Geistreich wird dies so ausgedrückt (c. 5): nemo alii nascitur moriturus sibi.

anspruchen, dass er für das allgemeine Wohl thätig ist. Er ist ein Protest gegen die Verweichlichung und Entartung, gegen den Ehrgeiz, gegen den Luxus. Nicht bloss die Philosophie hüllt sich in das Pallium, sondern auch der Grammatiker, der Rhetor, der Sophist, der Arzt, der Dichter, der Musiker, der Astrolog.1) Aber dem Pallium ist noch grössere Ehre widerfahren, es ist zum Christenkleid geworden. Daher kann ihm der Verfasser zurufen: Freue dich und frohlocke Mantel; eine höhere Weisheit hüllst du ein, seitdem du das Kleid der Christen geworden bist.

Das Schriftchen ist barock, aber durchaus geistreich und originell. Auch die entlegensten Dinge weiss der Autor mit seinem Stoff in Verbindung zu bringen. Auch der Stil bietet die kühnsten Neuerungen dar, eine prägnante, gesuchte Redeweise wird angestrebt. Die Broschüre bietet dem Leser viele Dunkelheiten dar und ist schwer zu verstehen; aber in dem Gestrüpp stecken oft tiefe Wahrheiten.

Wann hat Tertullian diese Schrift geschrieben? In den Jahren 208 bis 211. Sie fällt also in seine montanistische Periode und zwar in die Zeit, in der er sich von der Kirche getrennt hatte. Es ist eine ansprechende Vermutung, dass Tertullian auch äusserlich durch die Annahme des Pallium seinen Bruch mit der allgemeinen Kirche kund gab.2)

Abfassungszeit. c. 2 Sed vanum iam antiquitas, quando curricula nostra coram. quantum reformavit orbis saeculum istud. quantum urbium aut produxit aut auxit aut reddidit praesentis imperii triplex virtus: Deo tot Augustis in unum favente quot census transcripti, quot populi repugnati, quot ordines illustrati, quot barbari exclusi! Revera orbis cultissimum huius imperii rus est, eradicato omni aconito hostilitatis et cacto et rubo subdolae familiaritatis convulso etc. Die Zeitbestimmung geben uns die Worte imperii triplex virtus an die Hand. Von 208-211 (dem Todesjahr des Severus) waren drei Augusti vorhanden, Geta und Caracalla und Severus, von 198-208 zwei Augusti, Caracalla und Severus. Die Schrift fällt also in die Zeit von 208-211. Und da der Friede im Reiche erwähnt wird, wahrscheinlich ins Jahr 208 vor Ausbruch des batavischen Krieges, der in demselben Jahr erfolgt ist (HAUCK, Tertullian p. 381 Anm. 1).

Von Montanismus finden sich keine Spuren, obwohl die Schrift in die montanistische Epoche des Autors fällt. Zu einem Eingehen auf montanistische Streitfragen bot eben das Thema keinen Anlass.

Eine ausführliche Analyse gibt BOISSIER, La fin du Paganisme, T. I, Paris 1891 p. 259-304. Vgl. ferner KELLNER, Ueber Tertullians Abhandlung De pallio und das Jahr seines Uebertritts zum Christentum (Theol. Quartalschr. Bd. 52 [1870] S. 547-566).

686. De virginibus velandis. Die zu beweisende Thesis, die Tertullian gleich im Eingang der Schrift aufstellt, ist, dass die Jungfrauen mit dem Zeitpunkt, da sie aus der Kindheit treten, verschleiert werden. Den Gegenstand hatte er schon vorher in einer griechischen Schrift behandelt, jetzt führt er das Thema in lateinischer Sprache durch. Er hebt mit sehr beachtenswerten Worten das fortdauernde Walten des Parakleten in Bezug auf das kirchliche Leben hervor. Wer diesen Parakleten hört, verschleiert die Jungfrauen. Ganz abgesehen davon, dass die Verschleierung dem jungfräulichen Wesen besser ansteht, verlangt die Wahrheit, d. h. die hl. Schrift dieselbe. Er geht nun daran, diesen Nachweis zu führen, wie er bereits de or. 20 gethan. Wenn ferner die kirchliche Zucht die Ver

1) Barock sagt Tertullian (c. 6): omnis liberalitas studiorum quattuor meis angulis tegitur.

2) HAUCK, Tertullian p. 381. Unrichtig

SALMASIUS, der in seiner Ausgabe der Schrift de pallio, Leyden 1656 p. 63 statuiert, Tertullian habe das Pallium zugleich mit dem Presbyterat angenommen.

schleierung der Frauen verlangt, so sind auch die Jungfrauen mit inbegriffen. Weiterhin hebt er hervor, dass ja auch im männlichen Geschlecht nicht zwei Kategorien durch ein äusseres Zeichen unterschieden werden. Nachträglich macht er noch eine Bemerkung über den Zeitpunkt, in dem die Verschleierung einzutreten habe; es habe; es ist die Zeit der Reife. Manche Jungfrauen, fährt der Autor fort, gehen verschleiert auf den Strassen, sind aber unverschleiert in den Kirchen. Dies rügt er als eine Inkonsequenz. Auch als Ermunterung, die Jungfräulichkeit zu bewahren, lässt er die Verschleierung nicht gelten. Die Jungfrau soll nicht als solche hervortreten. Kurz, Schrift, Natur und kirchliche Disziplin stimmen darin überein, dass sich die Jungfrauen verschleiern sollen. Mit einer eindringlichen Mahnung an die Jungfrauen und Frauen, sich zu verschleiern, schliesst die Schrift.

Ueber den Inhalt der Schrift vgl. ROLFFS, Urkunden aus dem antimontanistischen Kampfe, Leipz. 1895 p. 75 u. p. 80. (Texte und Untersuch. XII. Bd. 4. H.)

Montanismus. c. 1 propterea paracletum (misit) dominus, ut, quoniam humana mediocritas omnia semel capere non poterat, paulatim dirigeretur et ordinaretur et ad perfectum perduceretur disciplina ab illo vicario domini, spiritu sancto; vgl. Joh. 16, 12 quae est ergo paracleti administratio, nisi haec, quod disciplina dirigitur, quod scripturae recelantur, quod intellectus reformatur, quod ad meliora proficitur?

Abfassungszeit. Hier kann nur so viel gesagt werden, dass eine Ausscheidung der Montanisten aus der Kirche noch nicht stattgefunden hat; denn nirgends tritt in dem Schriftchen die Trennung in zwei Kirchen hervor (für die Abfassung nach dem Bruch RITSCHL, Altkath. Kirche 2 p. 548).

war

687. De exhortatione castitatis (Ermahnung zur Züchtigkeit). Schon in den Büchern an seine Frau hatte Tertullian sich mit dem Problem beschäftigt, ob eine zweite Ehe gestattet sei. Damals hatte er zwar derselben den Rat gegeben, eine zweite Ehe nach seinem Tod zu unterlassen, allein zu einem Verbot er noch nicht vorgedrungen. Dies geschah in der Schrift, welche den Titel führt: „de exhortatione castitatis". Ein äusserer Anlass führte die Entstehung dieser Broschüre herbei. Ein Freund Tertullians hatte seine Frau durch den Tod verloren; Tertullian sucht den Witwer durch die genannte Schrift zu bestimmen, keine zweite Ehe einzugehen. Der Beweis, dass die Wiederverheiratung christlichen Grundsätzen widerspreche, konnte nicht gelingen. Besonders der deutliche Ausspruch des Apostels Paulus (1 Cor. 7, 39) bildet eine unübersteigliche Grenze. Der Autor stösst uns daher mit seinen Deduktionen, welche eine im voraus verlorene Sache stützen wollen, in hohem Grade ab, zumal er den Charakter des ehelichen Instituts in seiner Bedeutung herabsetzen muss.

Die Abfassungszeit. Die Schrift de exhortatione ging der Schrift de monog. voraus; denn die letztere zeigt einen Fortschritt in der Behandlung des Themas vgl. BoNWETSCH p. 57, wo eine Vergleichung derselben Gedankenreihe, wie sie in den drei Schriften ad uxorem, de exhort., de monog. erscheint, gegeben ist. In de monog. ist auch der Ton schärfer. ROLFFS nimmt 1. c. p. 87 an, dass die Schrift nicht vor 213 geschrieben sei.

Der Montanismus liegt klar vor in folgender Stelle, die sich nur im Agobardinus findet (c. 10): Item per sanctam prophetidem Priscam ita evangelizatur, quod sanctus minister sanctimoniam noverit ministrare. Purificantia enim concordat, ait, et visiones vident et ponentes faciem deorsum etiam voces audiunt manifestas, tam salutares quam et occultas. Aber sonst finden sich nur leise Spuren des Montanismus. Sie gehört wohl in die Zeit vor der förmlichen Trennung.

688. De monogamia (über die Einehe). Es ist das die dritte Schrift, in der das Thema der Einehe oder das Verbot der Wiederverheiratung für Verwitwete behandelt wird. In derselben tritt der montanistische Standpunkt stark hervor. Gleich im Eingang wird in scharfer Antithese die Mittelstellung des Montanismus zwischen den Häretikern, welche die Ehe überhaupt verdammen, und den Psychikern, welche die wiederholte Ehe gestatten, hervorgehoben. Auch in dieser Abhandlung kehren die sophistischen Argumente und die haarsträubenden Interpretationen von Bibelstellen wieder, allein die Argumentation findet jetzt eine Stütze in dem Parakleten, der gegen die Wiederverheiratung ist (c. 14). Eine Analyse der Schrift liefert ROLFFS, Urkunden aus dem antimontanistischen Kampfe, Leipz. 1895 p. 50. Er will den Nachweis liefern, dass Tertullian die Quellenschrift des Epiphan. (Haer. 48, 1-13) bekämpfe, und dass diese Quellenschrift auf Hippolyt zurückgehe.

Die Abfassungszeit. Eine chronologische Angabe will Tertullian machen c. 3, indem er sagt, dass von der gegenwärtigen Zeit noch mehr gelte als von der Zeit des ersten Korintherbriefs: tempus in collecto factum est annis circiter CLX exinde productis. Also er rechnet von dem ersten Korintherbrief bis auf die Zeit, in der er diese Schrift schrieb, c. 160 Jahre. Nimmt man als Entstehungsjahr für den ersten Korintherbrief 57 an, so würde sich beiläufig für unsere Schrift 217 ergeben. Der Zusammenhang, in dem diese Schrift mit de pudicitia und de ieiunio steht, bestätigt diese Berechnung (vgl. HarNACK, Zeitschr. f. Kirchengesch. 2, 581).

Der Montanismus ist ein stark ausgesprochener, er nennt die Katholiken psychici (c. 1. 11) und stellt sich in Gegensatz zu denselben: c. 1 penes nos, quos spiritales merito dici facit agnitio spiritalium charismatum Sed psychicis non recipientibus spiritum ea quae sunt spiritus non placent. c. 2 monogamiae disciplinam in haeresim exprobrant nec ulla magis ex causa paracletum negare coguntur, quam dum existimant norae disciplinae institutionem c. 14 cur non et paracletus abstulerit quod Paulus indulsit nova prophetia (abstulit) secundum matrimonium.

689. De ieiunio adversus psychicos (über das Fasten). Ausser der zweiten Heirat, welche die Montanisten verwarfen, die Psychiker d. h. die Anhänger der alten Richtung gestatteten, war auch noch das Fasten ein Zankapfel zwischen den Gemässigten und den Rigoristen in der Kirche. Man warf den Montanisten vor, dass sie ein obligatorisches Fasten einführten, wo es in der Grosskirche dem individuellen Bedürfnis anheim gegeben war, dass sie die Stationstage über die regelmässige Zeit bis zum Abend ausdehnten und dass sie Xerophagie und Enthaltsamkeit vom Bade in die Fastendisziplin aufnahmen. In dieser montanistischen Praxis erblickte man eine Neuerung, welche unter die Häresie oder unter die Pseudoprophetie falle.1) Diesen Vorwürfen gegenüber sucht Tertullian nachzuweisen, dass das Fasten durch das Essen Adams vom verbotenen Baum notwendig geworden sei, dass aber auch das Fasten nützlich sei, an und für sich und als Abwehr göttlicher Strafen. Weiterhin wahrt er sich gegen den Vorwurf, als seien die Xerophagien eine Neuerung; er findet sie schon in der hl. Schrift angedeutet. Dann wendet er sich zu dem Differenzpunkt bezüglich der Stationstage, der darin bestand, dass die Psychiker das Fasten mit der neunten Stunde, d. h. mit drei Uhr nachmittags beendigt wissen wollten, während die Montanisten dasselbe bis zum Abend erstreckten. Endlich

1) c. 1 novitatem obiectant, de cuius inlicito praescribant aut haeresin iudicandam, si humana praesumtio est, aut pseudopro

phetiam pronuntiandam, si spiritalis indictio est.

erörtert er noch, dass die streng geregelte Fastendisziplin der Montanisten weder auf Häresie noch auf Pseudoprophetie beruhe, sondern völlig rechtmässig sei.

Eine Analyse der Schrift gibt ROLFFS, Urkunden aus dem antimontanistischen Kampfe, Leipzig 1895.

Das Wesen der Xerophagien ergibt sich aus den Vorwürfen der Psychiker (c. 1): arguunt nos, quod ieiunia propria custodiamus, quod stationes plerumque in vesperam producamus, quod etiam xerophagias observemus siccantes cibum ab omni carne et omni iurulentia et uvidioribus quibusdam pomis nec quid vinositatis vel edamus vel potemus; lavacri quoque abstinentiam, congruentem arido victui.

Die Stationes sind Fasttage am Mittwoch und am Freitag. c. 2 stationum, quae et ipsae suos quidem dies habeant quartae feriae et sextae (c. 14) c. 10 aeque stationes nostras ut indictas, quasdam vero et in serum constitutas novitatis nomine incusant, hoc quoque munus et ex arbitrio obeundum esse dicentes et non ultra nonam detinendum. Die Einrichtung dieser Fasttage wurde damit begründet, dass Christus am Mittwoch verraten wurde und am Freitag starb. Die Beweisstellen bei FUNK in Kraus' Realencyklopädie II 282; vgl. auch ROLFfs 1. c. p. 39.

Die Abfassung der Schrift fällt nach de monogamia c. 1 de modo quidem nubendi iam edidimus monogamiae defensionem.

Quelle. Die Vorwürfe gegen die Mont. Fasten sind hier so bestimmt gefasst, nicht minder die positiven Aufstellungen der Katholiken, dass die Vorlage eines gegnerischen Werkes vollkommen wahrscheinlich wird. Möglich ist, dass T. bei seiner in diesen montanistischen Hauptschriften eingehaltenen Methode, die hl. Schrift in der Reihenfolge: Gesetz, Evangelium und Apostel durchzugehen, den kleinasiatischen antimontanistischen Schriften folgt. BONWETSCH, Die Schriften T., p. 65. ROLFFS sucht 1. c. nachzuweisen, dass Tertullian eine antimontanistische Schrift vor Augen habe, und dass diese von dem römischen Bischof Kallistus verfasst worden sei. Allein der Beweis erscheint nicht als gelungen.

Der Montanismus zeigt sich in schroffer Form. Die Katholiken heissen Psychiker c. 1, er tritt ihnen c. 1 aufs heftigste entgegen: piget iam cum talibus congredi, pudet etiam de eis altercari, quorum nec defensio verecunda est. c. 12 plane vestrum est in carceribus popinas exhibere martyribus incertis. c. 16 deus tibi venter est et pulmo templum etc.

690. De pudicitia (über die Keuschheit). Auch diese Abhandlung ist eine Streitschrift. Ein Ausspruch des obersten Bischofs hatte Anlass dazu gegeben. Bisher wurden die drei Sünden, Götzendienst, Ehebruch, Mord als solche angesehen, welche von der Kirche nicht vergeben wurden. Der römische Bischof Kallistus hatte diese Trias durchbrochen, indem er ein Edikt erliess des Inhalts, dass die Sünden der Hurerei und des Ehebruchs denen, welche Busse gethan, vergeben werden können. Gegen diese Verfügung1) kämpft Tertullian aufs heftigste an; er tadelt es scharf als eine Inkonsequenz, die Unzucht aus der Trias loszulösen und sie milder als die beiden anderen Sünden zu beurteilen. Die Basis der Widerlegung findet er in der hl. Schrift; hier liegt ihm aber eine doppelte Aufgabe ob, einmal Stellen beizubringen, welche geeignet sind, seine rigorose Ansicht zu stützen, dann einer Stelle, auf welche die Gegner rekurrieren, ihre Beweiskraft zu benehmen. Dies geschieht oft in sehr gezwungener Weise. Seine Theorie in Bezug auf die Sündenvergebung ist folgende: Die Sünden, die vor der Taufe begangen wurden, kann die Kirche vergeben, von den Sünden nach der Taufe nur die geringeren; die

') Eine Rekonstruktion derselben versucht E. PREUSCHEN, Tertullians Schriften de poenitentia und de pudicitia mit Rücksicht auf die Bussdisziplin unters. Giessen 1890

p. 48 und ROLFFS, Das Indulgenzedikt d. röm. Bisch. Kallistus in Texte u. Untersuchungen XI 3, 1893; vgl. ferner HARNACK, Geschichte der altchristl. Litt. 1, 603.

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