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sophen, diese Feinde der Wahrheit, bekämpft werden sollen; er weist mit diesen Worten auf die divinae institutiones hin.

Charakteristisch ist für die Schrift, dass alles Christliche bei Seite gesetzt wird; nur an einer einzigen Stelle') kann man eine sehr versteckte Anspielung auf eine christliche Lehre finden. Offenbar wurde Lactantius zu dieser vorsichtigen Haltung durch die diocletianische Christenverfolgung, auf welche 1,7; 20, 1 angespielt wird, veranlasst. Das Werkchen hat daher einen vorwiegend philosophischen Charakter und führt sich selbst als eine Ergänzung zum IV. Buch der Republik Ciceros ein, die dem Autor auch deshalb geboten schien, weil Cicero jene Lücke auch im ersten Buch de legibus und im zweiten Buch de natura deorum nicht ausgefüllt habe.

Quellen. BRANDT, Ueber die Quellen von Lactanz' Schrift de opificio dei (Wiener Studien XIII 1891 p. 255). Brandt sucht nachzuweisen, dass in dem ersten Teile (c. 5 bis 13) des Buches so viele Stücke hermetischen Ursprungs enthalten sind, dass es nicht mehr möglich ist, Varro als einzige oder als Hauptquelle für denselben zu betrachten (p. 275). Bezüglich des zweiten Teils kommt BRANDT zu einem negativen Resultat; nur so viel glaubt er feststellen zu können, dass Varro hier nicht als direkte oder indirekte Quelle gedient haben kann, und dass doch Lactantius diesen Abschnitt aus irgend einer Vorlage entlehnt haben muss, die jedoch auch nicht die hermetische Schrift gewesen ist" (p. 285). Aus diesen beiden Quellen, von denen die erste teleologischen, die zweite nichtteleologischen Charakter hat, sei die Schrift von Lactantius zusammengesetzt. Nur die Kap. 3 u. 4, das Kap. 6 und Kap. 8, 12-14 wiesen auf eine andere Quelle hin. Hiezu kämen noch einige Stellen, welche sich an Cicero anlehnen (p. 289). Die Richtigkeit der Brandt'schen Resultate scheint mir zweifelhaft.

Zur Gliederung der Schrift. Im Eingang (1, 11) wird das Thema mit den Worten angekündigt: temptabo tamen, quoniam corporis et animi facta mentio est, utriusque rationem quantum pusillitas intellegentiae mea pervidet, explicare. Vom ersten zum zweiten Teil leiten die Worte über (13,9): explicasse videor omnia quorum ratio intellegi potest: nunc ad ea venio quae vel dubia vel obscura sunt. Am Schluss der sachlichen Einleitung wird das Thema nochmals genauer formuliert; es heisst dort: 4, 23 de cuius (providentiae) operibus universis si nunc libeat disputare per ordinem, infinita materia est. sed ego de uno corpore hominis tantum institui dicere, ut in eo divinae providentiae potestatem quanta fuerit ostendam, his dumtaxat in rebus, quae sunt conprehensibiles et apertae: nam illa quae sunt animi, nec subici oculis nec conprehendi queunt. nunc de ipso vase hominis loquimur, quod videmus. Eine ausführliche Analyse der Schrift gibt HARNACK, Texte u. Untersuch. (die griech. Uebers. des Apologeticus Tertullian's, Medicinisches aus der ält. Kirchengesch. 8. [1892] p. 89).

Ueber den in manchen Handschriften erscheinenden dualistischen Zusatz (19,8) vgl. BRANDT, Sitzungsber. der Wiener Ak., Bd. 118 Abh. VIII p. 20 f.

Zeit der Abfassung. Dass die Schrift nach Ausbruch der diocletianischen Verfolgung (24. Februar 303) geschrieben ist, beweisen die Stellen 1, 1 quam minime sim quietus in summis necessitatibus; 1,7 nam ille conluctator et adversarius noster scis quam sit astutus et idem saepe violentus sicuti nunc videmus; 20,1 haec ad te, Demetriane, interim paucis et obscurius fortasse, quam decuit, pro rerum ac temporis necessitate peroravi. Doch entstand die Schrift nicht unmittelbar nach dem Ausbruch der Verfolgung, sondern erst etwas später; denn als Lactantius das Werkchen schrieb, trug er sich bereits mit dem Plane der institutiones; die Anregung zu den letzteren gaben aber zwei Bestreitungen des Christentums, deren Erscheinen in die Anfangszeit der Verfolgung fällt; inst. V, 2, 2 sagt er: ego cum in Bithynia oratorias litteras accitus docerem contigissetque ut eodem tempore dei templum everteretur, duo extiterunt ibidem qui iacenti atque abiectae veritati nescio utrum superbius an inportunius insultarent. Mit den Worten templum everteretur muss auf ein in Bithynien allgemein bekanntes Ereignis angespielt sein; wie wir aus der Schrift de mort. persec. ersehen, wurde am 23. Februar 303 die christliche Kirche in Nikomedien zerstört (c. 12 templum illud editissimum paucis horis solo adaequarunt); diese Zerstörung der Kirche in Nikomedien bildet aber den Anfang der

1) c. 10,11 ut sicut in ipso mundo summa rerum vel de simplici duplex vel de duplici simplex et gubernat et continet

totum, ita in corpore de duobus universa conpacta indissociabilem praetenderent uni

tatem.

diocletianischen Christenverfolgung. Eine bildliche Erklärung der Stelle templum dei im Sinn von Gläubigen der Kirche" wie HUNZIKER in Büdinger's Unters. II. (1868) p. 162 annimmt, erscheint unnatürlich. Die zwei Streitschriften können nach obiger Stelle höchstens einige Monate nach Ausbruch der Verfolgung erschienen sein, und folglich kann auch nicht viel später Lactantius den Plan zu den institutiones gefasst haben; ehe er aber diesen ausführte, schrieb er noch unsern Traktat de opificio. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird man sonach die Abfassung desselben Ende 303 oder anfangs 304 setzen können. Die vielfach mit grosser Sicherheit über die Abfassungszeit ausgesprochenen Ansichten, z. B. von BELSER, Theol. Quartalschrift 74 (1892) p. 348; BRANDT, Fleckeis. Jahrb. 147 (1893) p. 127 sind entweder schwach oder gar nicht fundamentiert. Vgl. über die Frage noch EBERT, Ber. über die Verh. der k. sächs. Gesellsch. der Wissensch., 22. Bd. (1870) p. 128.

Ueberlieferung der Schrift. Benutzt wurden von BRANDT besonders codex Bononiensis 701 s. VI/VII; fragmenta Floriacensia s. VI/VII_codicis Aurelianensis 169; Palatino-Vaticanus 161 s. VIII/IX; Montepessulanus 241 s. IX/X; Parisinus 1664 s. XII; Parisinus Puteani 1662 s. IX; Valentianensis 141 s. VIII/IX.

755. Äussere Geschichte der Institutionen. Als Lactantius in Nikomedien die lateinische Rhetorik dozierte, brach eine Verfolgung aus, unter der die Christen schwer zu leiden hatten. Aber nicht bloss die rohe Gewalt wütete gegen sie, auch mit geistigen Waffen ging man gegen sie vor. Es traten zwei Schriftsteller auf, welche gegen das Christentum schrieben. Lactantius nennt sie nicht, aber er charakterisiert so eingehend ihre Werke, dass wir uns ein bestimmtes Bild von den Persönlichkeiten machen können. Der eine war ein Philosoph. Allein zwischen seinen Lehren und seinem Leben bestand eine auffallende Disharmonie; er war einerseits habgierig, andrerseits ein Schlemmer; nach aussen hin freilich suchte er seine Laster zu verbergen. Er schrieb drei Bücher gegen das Christentum; in denselben wollte er durch die Philosophie die Christen zu dem Götterkultus zurückführen. Zugleich pries er in adulatorischer Weise die Kaiser wegen ihrer Fürsorge für die alte Religion. Allein der Bestreiter hatte keine sachlichen Kenntnisse, und Lactantius konnte daher seiner spotten. Viel gefährlicher war der zweite Gegner der Christen, er gehörte dem Richterstand an und war Haupturheber der Christenverfolgung. Er war ein überzeugter Feind des Christentums; deshalb suchte er auch auf litterarischem Wege die Christen von ihrem Irrtum abzubringen. Als das geeignetste Mittel hiefür erschien ihm ein Angriff auf das Centrum des christlichen Glaubens, auf die hl. Schrift, den er in zwei Büchern durchführte. Er wollte auffallende Widersprüche in derselben finden, er beschuldigte die Apostel, die falschen Lehren eingeführt zu haben, andrerseits spottete er über ihre Unbildung, er schmähte Christus als einen Räuberhauptmann und hielt denen, welche an die Wunder Christi glaubten, Apollonius entgegen, da derselbe ja noch grössere Wunder vollbracht habe. Lactantius musste zu seinem Schmerz einer Vorlesung dieser Schriften beiwohnen. Diese Angriffe gegen das Christentum bestimmten ihn zu dem Entschluss, eine Apologie des Christentums zu schreiben. Hiebei war es ihm nicht nur um Wiederlegung der zwei genannten Schriften zu thun, sondern er wollte überhaupt allen Bestreitungen des Christentums ein für allemal jeden Boden entziehen. Um dieses Ziel zu erreichen, durfte er nicht wie Cyprian in den testimonia die heilige Schrift zur Grundlage nehmen, sondern er musste von allgemeinen und philosophischen Beweisen ausgehen. Die Schrift verdankt also ihre Entstehung einer Christenverfolgung. Dass darunter die diocletianische, nicht

die licinianische zu verstehen sei, ist jetzt die allgemeine Annahme. Diese begann am 24. Februar 303. Da aber Lactantius erst de opificio dei schrieb, da ferner auch die erwähnten zwei Streitschriften geschrieben waren, so muss einige Zeit nach dem 24. Februar verflossen sein, ehe er die institutiones in Angriff nahm. Als er das sechste Buch verfasste, war das Edikt des Galerius (311) noch nicht publiziert. Wir werden sonach die Abfassungszeit des ganzen Werks in die Zeit von 304–311 verlegen dürfen.

Ueber die zwei Bestreiter des Christentums sind nur Vermutungen möglich. Bei dem ersten Bestreiter, dem Philosophen, hat man an Porphyrius gedacht (Baronius Annal. eccles. Il 853 ed. Pagius). Allein Porphyrius kann hier nicht gemeint sein, denn dessen antichristliche Schrift bestand aus 15 Büchern; auch wird Porphyrius damals kaum mehr am Leben gewesen sein (HARNACK, Gesch. der altchristl. Litt. 1, 873). Als den zweiten Bestreiter, den Richter, sieht man Hierokles an (vgl. auch de mortibus persecutorum 16 ex vicario praesidem, qui auctor et consiliarius ad faciendam persecutionem fuit), gegen den Eusebius in einer eigenen Schrift polemisiert hat (HARNACK p. 873, p. 564).

Ueber die diocletianische Verfolgung als Anlass zur Abfassung der Institutionen vgl. BRANDT, Sitzungsber. der Wien. Akad. 125 (1892), VI p. 12.

Ueber die Abfassungszeit der Institutionen handeln EBERT, Berichte der k. sächs. Gesellsch. der Wissensch. 22. Bd. (1870) p. 123; P. MEYER, Quaestionum Lactantianarum particula prima, Jülich 1878 (Gymn.-Progr.) p. 3; BRANDT, Ueber die Entstehungsverhältnisse der Prosaschriften des Lactantius, Wiener Sitzungsberichte 125, VI (1892), p. 11; BELSER, Ueber den Verfasser des Buches de mortibus persecutorum, Theol. Quartalschrift 74. Jahrgang (1892) p. 248; BRANDT, Ueber den Verfasser des Buches de mortibus persecutorum, Fleckeisens Jahrbücher 147 (1893) p. 126 (gegen Belser gerichtet). Da Lactantius in der Schrift de opificio c. 20 auf die Institutionen als auf ein intendiertes Werk hinweist, das Werkchen de opificio aber nicht vor 304 abgefasst sein kann (vgl. oben p. 366), so fällt der Anfang der Institutionen nicht vor 304. Begonnen wurde die Schrift in Nikomedien; als L. das 5. Buch schrieb, befand er sich nicht mehr in Bithynien vgl. Instit. V, 2, 2; V, 11, 15. Es fragt sich nun, wann etwa das Werk zum Abschluss kam. Hier lässt sich soviel sicher sagen, dass das VI. Buch geschrieben sein muss, bevor das im Jahr 310 abgefasste Toleranzedikt des Galerius erschien, was im Jahr 311 der Fall war; denn VI, 17, 6 heisst es: spectatae sunt enim semper spectanturque adhuc per orbem poenae cultorum dei. Da es nun kaum wahrscheinlich ist, dass das VII. Buch durch ein längeres Zeitintervall von dem VI. getrennt ist, so werden wir den Endtermin des ganzen Werks auf 311 ansetzen dürfen. Die Abfassungszeit liegt also zwischen 304-11. (Ueber die Abfassungszeit des 5. Buches handelt eingehender EBERT 1. c. p. 129.) Bestimmtere Angaben machen BRANDT, der zuerst (1892) 307 oder 308, später (1893) 309 das Werk abgeschlossen sein lässt, und BELSER, der den Abschluss auf Ende 310 oder Anfang 311 setzt und das Jahr 311 als das Jahr der Publikation in Anspruch nimmt; allein die Beweise sind nicht durchschlagend.

756. Inhaltsübersicht der Institutiones. Vor allen Dingen ist es dem Autor darum zu thun, die religiösen Irrtümer der Menschen aufzudecken. Liegen diese offen vor, so ist damit das Haupthindernis in der Erkenntnis der christlichen Wahrheit hinweggeräumt. Der fundamentalste Irrtum ist aber der Polytheismus; Lactantius muss daher in erster Linie den Nachweis liefern, dass es nur einen Gott geben kann. Er geht zuerst auf dem Wege der logischen Argumentation vor; aus dem Begriff des göttlichen Wesens als der höchsten Vollkommenheit schliesst er, dass dasselbe ein zweites ausschliesst; denn in diesem Fall ist ja nicht mehr die höchste göttliche Vollkommenheit gegeben. Alsdann schlägt er das historische Argumentationsverfahren ein; er zeigt an der Hand der Propheten, der Dichter, der Philosophen, der sibyllinischen Orakelsprüche, dass hier klare Zeugnisse für den Monotheismus vorliegen. Von da schreitet Lactantius zur Offensive gegen den Polytheismus vor, indem er zu er

weisen sucht, dass die heidnischen Götter Menschen waren. Mit dem Begriff des wahren Gottes ist aber der Begriff der Ewigkeit unlösbar verbunden, folglich ist auch der Geschlechtsunterschied und die Zeugung hier ausgeschlossen. Es werden die einzelnen Gottheiten von diesem Gesichtspunkt aus eingehend besprochen, und der Apologet nimmt sein Material mit Vorliebe aus dem rationalistischen Werk des Euhemeros, das ihm in einer prosaischen Bearbeitung des Ennius vorlag. Den römischen Gottheiten wird ein eigener Abschnitt gewidmet; der Autor lässt sich natürlich nicht die Gelegenheit entgehen, die schändlichen Göttergeschichten heranzuziehen; auch die physische Erklärung der Götter verwirft er. Nach den Göttern behandelt er die Kulte. Zum Schluss versucht er den Nachweis der Geburtszeit des Saturnus, des Ahnherrn der ganzen Götterfamilie festzustellen, und glaubt offenbar damit einen Hauptschlag gegen den Polytheismus geführt zu haben. Dies ist der Inhalt des ersten Buchs, das die Überschrift de falsa religione führt.

Im zweiten Buch, das de origine erroris betitelt ist, will Lactantius den Ursachen des Polytheismus nachspüren. Er schickt aber auch Betrachtungen, welche das Widersinnige der heidnischen Gottesverehrung darthun, voraus; er spricht von der Bestimmung des Menschen, den schon sein aufrechter Gang nach oben zum Himmel weist; er zeigt in längerer Argumentation, wie sinnlos die Verehrung der Statuen sei, die, selbst ein Erzeugnis der Menschenhand, sicherlich dem Verfertiger nachstünden, welche, dem Stoffe nach Erde, allen irdischen Schicksalen ausgesetzt seien, also gestohlen, verbrannt und vernichtet werden könnten, und welche die ihnen dargebrachten Ehrungen nicht zu fühlen vermöchten. Dann bekämpft der Autor die Verehrung der Sterne als göttlicher Wesen; gerade in dem, was andere hiefür geltend machen, in der gesetzmässigen Bewegung, findet er ein Argument gegen die Göttlichkeit, welche die Freiheit für sich in Anspruch nimmt. Nach dieser Einleitung kommt er zum eigentlichen Gegenstand des Buchs und legt sich die Frage vor, wie es komme, dass die Götter ihre Majestät in Prodigien, Orakeln und Augurien dokumentieren: Das Faktum will Lactantius nicht leugnen, er gibt aber dafür eine andere Erklärung; er erblickt nämlich hier das Walten der Dämonen. Um den Ursprung derselben aufzudecken, muss er auf die Schöpfungsgeschichte eingehen, verschiedene Materien, welche mit der heidnischen Anschauung im Widerspruch stehen, die Schöpfung aus nichts, die Erschaffung des Menschen werden eingehender besprochen. Das für für die Entscheidung der vorliegenden Frage Wesentliche ist: Gott erzeugte vor der Erschaffung der Welt einen sich ähnlichen Geist, einen Sohn, der die Tugenden des Vaters besass; ein zweiter Geist, den er auch erschuf, blieb dem göttlichen Ursprung nicht treu; es ist der Teufel. Dieser sinnt auf das Verderben der Menschen. Zu ihrem Schutze sandte Gott die Engel, wobei er ihnen zugleich den Befehl erteilte, sich von menschlicher Befleckung frei zu halten. Allein der Teufel verleitete sie dazu, sich mit Frauen einzulassen. Diese Vermischung hatte zur Folge, dass sie vom Himmel auf die Erde verwiesen wurden und nun als Gehilfen des Teufels thätig sind. Die Sprossen dieser gefallenen Engel sind

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. VIII. 3. Teil,

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weder Engel noch Menschen und konnten weder in den Himmel noch in die Hölle aufgenommen werden. Es existieren also zwei Gattungen von Dämonen, himmlische und irdische. Die von dem Teufel geleiteten Dämonen schweifen überall auf der Erde herum, verderben die Menschen und bringen sie von dem wahren Gott ab. Sie können den Menschen Krankheiten bringen, sie durch Träume schrecken und sie in Raserei versetzen, sie sind es, welche die Astrologie, die Haruspicin, die Auguratio, die Orakel, die Necromantia und die Zauberei erfunden haben, sie sind es, welche die Menschen veranlassen, Statuen zu bilden und sie (die Dämonen) unter der Maske verstorbener Könige zu verehren, sie sind es, welche die Wunder zu Stande brachten und in Orakeln die Zukunft verkündigten und sich göttliche Ehren erweisen liessen. Die heidnische Gottesverehrung ist in dreifacher Hinsicht verwerflich: erstens weil sie Verstorbene verehrt, zweitens weil sie tote Bilder verehrt, drittens weil sie sich von den unreinen Geistern beherrschen lässt.

Die zwei vorausgegangenen Bücher steckten sich das Ziel, die Irrtümer der heidnischen Religionen aufzudecken; das dritte Buch (de falsa sapientia) will nun auch die Irrgänge der Philosophie aufschliessen. Dies geschieht in der Weise, dass Lactantius zuerst aus dem Wesen der Philosophie heraus ihre Nichtigkeit aufzeigt. Sie ist kein Wissen, denn dieses kann nur bei Gott sein, andrerseits kann sie auch nicht ein blosses Meinen sein, wie mit Recht die Stoiker eingewendet haben. Das Richtige ist, dass der Mensch weder wie Gott ein vollkommenes Wissen noch wie ein Tier ein vollkommenes Nichtwissen haben kann. Auch wird gegen die Philosophie geltend gemacht, dass sie sich in zahllose Sekten zersplittert und sich so gleichsam selbst aufreibt. Besonders schlimm ist dies in der Ethik, da man hier nicht weiss, wen man sich als Führer erwählen soll. Der Autor führt die verschiedenen Ansichten über das höchste Gut vor, allein sämtliche sind verfehlt, weil die Kriterien des höchsten Gutes ausser acht gelassen sind. Dieser sind aber drei. Das höchste Gut darf nur der Mensch, nicht zugleich das Tier besitzen; es darf nur geistig, nicht körperlich sein; es kann nur durch Wissen und Tugend errungen werden. Nach der Ansicht des Lactantius ist dieses höchste Gut nur die Unsterblichkeit, denn bei ihr treffen die drei Merkmale ein. Sie wird nur dem Menschen, nicht dem Tier zu Teil, sie erstreckt sich nur auf die Seele, nicht auf den Körper, sie hat zur Voraussetzung das Wissen und die Tugend, das Wissen, um den Weg, der zur Unsterblichkeit führt, kennen zu lernen, die Tugend, um die Hindernisse zu überwinden. Dieser Angriff gegen die Philosophie genügt ihm aber noch nicht; nochmals eröffnet er einen Kampf gegen sie; jetzt sucht er das Widersinnige der verschiedenen philosophischen Systeme darzuthun; an Schmähungen gegen die Weltweisen fehlt es nicht. Die einzige Hoffnung, das einzige Heil ruht in der wahren Erkenntnis Gottes. Damit ist auf das Thema des vierten Buchs (de vera sapientia et religione) hingewiesen. Zuerst handelt der Schriftsteller über die unzertrennliche Verbindung der Religion und der Wahrheit; dann geht er das Erlösungswerk durch, indem er zuerst das Wesen des Erlösers feststellt, dann seine Geburt, seine Wunderthaten und sein Leiden

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