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wir den göttlichen Zorn nicht verdienen. Hieronymus erteilt der Schrift grosses Lob. Er schreibt, sie zeichne sich ebenso durch Gelehrsamkeit als durch Formvollendung aus. Allein dieses Urteil kann vor einer unbefangenen Kritik nicht bestehen. Gewiss ist die Schrift anmutig geschrieben, allein scharfes Eindringen in das Wesen des Problems geht ihr ab. Ankündigung der Schrift. inst. 1. 2, 17, 5 quidam putant ne irasci quidem deum omnino, quod adfectibus, qui sunt perturbationes animi, subiectus non sit, quia fragile est omne animal quod adficitur et commovetur. Quae persuasio veritatem ac religionem funditus tollit. Sed seponatur interim nobis hic locus de ira dei disserendi, quod et uberior est materia et opere proprio latius exequenda.

Zeugnis des Hieronymus. In epist. ad Ephes. c. IV Firmianus noster librum de ira Dei docto pariter et eloquenti sermone conscripsit.

Die Ueberlieferung beruht auf dem codex Bononiensis 701 s. VI VII und dem codex Parisinus Puteani 1662 s. IX.

759. Das Fragment de motibus animi. Ein Codex der Ambrosiana, der sich früher in Bobbio befand (F 60 sup.) s. VIIIIX, enthält Excerpte aus verschiedenen Autoren, deren Namen an der Seite stehen. Auf f. 26 findet sich ein Excerpt, dem am Rande die Bemerkung beigeschrieben ist: Lactantius de motibus animi. Das Fragment zählt eine Anzahl Affekte auf und fügt bei, dass dieselben von Gott dem Menschen eingepflanzt worden, um denselben zur Übung der Tugenden anzuleiten; denn diese Affekte führen, in richtigen Grenzen gehalten, zu Tugenden und zum ewigen Leben, anderenfalls zu Lastern und zur ewigen Strafe. Weder sachliche noch formelle Bedenken bestehen, das Fragment dem Lactantius abzusprechen.

Es wird daher einer verlorenen Schrift des Lactantius entstammen. Zuerst publizierte das Fragment MURATORI, Antiquitates Ital. III (1740) p. 849; dann REIFFERSCHEID, Biblioth. Patr. Lat. Ital. II p. 36, endlich BRANDT in der Ausgabe des Lactantius, partis II fasc. I p. 157.

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Analysiert wurde das Fragment und dessen Text kritisch festgestellt von BRANDT in dem Heidelberger Gymnasialprogramm vom J. 1891: Ueber das in dem patristischen Excerptencodex F 60 sup. der Ambrosiana enthaltene Fragment des Lactantius de motibus animi“. Vgl. noch desselben Abhandlung über die Entstehungsverhältnisse p. 126.

8) Verlorene Schriften.

760. Die erste Gruppe der verlorenen Schriften. Wir unterscheiden unter den verlorenen Schriften zwei Gruppen; einmal die Briefbücher, dann die übrigen Schriften. Wir zählen zuerst die letzteren auf.

1. Symposion. Durch Plato war die Litteraturgattung des Symposion in die griechische Litteratur eingeführt worden; sie nahm in derselben eine hervorragende Stellung ein. Auch in der römischen Litteratur war diese Form der Darstellung eine beliebte. Den späteren Autoren war diese Gattung sehr willkommen, um in Form von Tischgesprächen gelehrte Untersuchungen anzubringen. Lactantius schrieb das Symposion in seiner Jugend und zwar in Afrika. Worüber es handelte, ist uns gänzlich unbekannt.

In seiner Ausgabe des Lactantius (1722) hat Heumann den Versuch gemacht, das Symposion in der Rätselsammlung des Symphosius zu finden. Schon der Palatino-Vaticanus hat bei den Rätseln die Randbemerkung incanus firmianus, was wohl als Lactantius Firmianus zu lesen ist (doch vgl. K. SCHENKL, Wien. Stud. 3, 147). Allein der Salmasianus gibt ausdrücklich Symphosius als Autor der Rätselsammlung an.

2. Das Hodoeporicum. Die poetischen Reisebeschreibungen waren

in der römischen Litteratur ziemlich verbreitet. Lactantius beschrieb in diesem Gedicht, das in Hexametern abgefasst war, seine Reise von Afrika nach Nikomedien. Es wird daher wohl in die erste Zeit seines

Aufenthalts in dieser Stadt fallen.

3. Grammaticus. Dass in dieser Schrift grammatische Fragen behandelt waren, ist nicht zweifelhaft. Über Zeit und Ort der Entstehung der Schrift sind nicht einmal Vermutungen gestattet.

Dieser Schrift wird gewöhnlich das Fragment zugewiesen: Victorinus 6, 209, 11 K. nostra quoque memoria Lactantius de metris „pentameter inquit et tetrameter“. Allein wahrscheinlich stand die Stelle in den Briefen ad Probum. Eher wird man unserer Schrift beilegen Servius Aen. VII 543 dicit etiam Firmianus commentator non convexa“ sed „conrecta" legendum (BRANDT, Entstehungsverhältnisse etc. p. 127).

4. ad Asclepiadem libri II. Den Adressaten erwähnt Lactantius in den Institutionen 7, 4, 17. Er nennt ihn dort „Asclepiades noster" und sagt, dass derselbe ihm eine Schrift über die Vorsehung gewidmet habe. Es wird also das Werk des Lactantius eine Gegengabe auf jene Schrift sein und daher nach den Institutionen fallen. Über den Inhalt der Schrift ist nichts bekannt.

Inst. 7, 4, 17 wird ein Citat eingeführt mit den Worten: optime igitur Asclepiades noster de providentia summi dei disserens in eo libro quem scripsit ad me.

761. Die zweite Gruppe der verlorenen Schriften (Briefbücher). Von Lactantius lag eine ausgedehnte Briefsammlung vor, die nach den Personen, denen sie gewidmet war, in mehrere selbständige Teile zerfiel. Wir dürfen annehmen, dass die Briefe keine eigentlichen Briefe waren, sondern gelehrte Abhandlungen, die nur die Scheinform des Briefes angenommen hatten. Einzelne Briefe waren bis zu der Grösse von tausend Zeilen angeschwollen. Sie handelten über religiöse und weltliche Dinge, als Stoffe werden uns z. B. Metrisches, Geographisches und Philosophisches angegeben.

Ueber die Briefe sagt Damasus ep. ad Hieron., (Hieronymi epist. 35, 1) vgl. BRANDT, Ausg. II, 1 p. 163 fateor quippe tibi, eos quos mihi iam pridem Lactantii dederas libros ideo non libenter lego, quia et plurimae epistulae eius usque ad mille spatia versuum tenduntur et raro de nostro dogmate disputant, quo fit ut et legenti fastidium generet longitudo et si qua brevia sunt, scholasticis magis sint apta quam nobis, de metris et regionum situ et philosophis disputantia. Merkwürdig ist eine Notiz des Hadrianus Junius, nach der das Benediktinerkloster Egmond zwei Bücher Briefe des Lactantius besessen habe. Vgl. BRANDT, Ueber die Entstehungsverhältnisse etc. p. 128.

Die einzelnen Briefsammlungen sind folgende:

1. ad Probum epistularum libri IV. Der Miscellan-Charakter ist aus den Fragmenten, die sich von dieser Briefsammlung erhalten haben, deutlich erkennbar. Über die Zeit der Abfassung lässt sich ein sicheres Urteil nicht gewinnen.

Hieron. comm. in ep. ad Galat. II praef. Lactantii nostri quae in tertio ad Probum rolumine de hac gente opinatus sit verba ponemus. Vergl. noch ein Fragment bei Rufinus, Comment. in metra Terent. G L. 6, 564, 7-565, 2 K.

2. ad Demetrianum epistularum libri II. Der Adressat Demetrianus ist uns näher bekannt. Er ist ein Schüler des Lactantius und derselbe, dem er sein Werk de opificio dei gewidmet hatte (de op. 1, 1). Da er in dieser Widmung dieser Briefe nicht gedenkt, und andrerseits feststeht, dass in unserem Briefwechsel auch theologische Dinge behandelt waren,

so darf man wohl annehmen, dass die Briefe an Demetrianus später sind als das Werk de opificio dei.

Wir haben zwei Citate aus diesem Briefwechsel. Hieron. comm. in ep. ad Gal. II zu c. 4 multi per inperitiam Scripturarum, quod et Firmianus in octavo ad Demetrianum epistularum libro facit, adserunt spiritum sanctum saepe patrem, saepe filium nominari. Statt octavo schreibt Vallarsi altero. BRANDT, Entstehungsverh. etc. p. 123, vermutet sehr ansprechend, dass die Briefbücher des Lactantius auch durchgehends gezählt wurden und dass das 2. Buch an Demetrianus das 8. Buch der ganzen Sammlung war. Hieron. ep. 84, 7 Lactantius in libris suis et maxime in epistulis ad Demetrianum spiritus sancti omnino negat substantiam et errore Iudaico dicit eum vel ad patrem referri vel filium et sanctificationem utriusque personae sub eius nomine demonstrari.

3. ad Severum epistularum libri II. Der Adressat ist, wie wir aus Hieronymus de vir. inl. 111 ersehen, ein Verwandter des Spaniers Aquilius Severus. Es ist wahrscheinlich, dass sich die Beziehungen zwischen Severus und Lactantius erst in der Zeit entwickelt haben, in der Lactantius bereits in Gallien verweilte.

Hieron. de vir. inl. 111 Aquilius Severus in Hispania de genere illius Severi, ad quem Lactantii duo epistularum scribuntur libri. (SYCHOWSKI, Hieronymus als Litterarhistoriker, Kirchengesch. Stud. II 2 p. 187).

Angekündigte Schriften. Wir reihen hier zwei Schriften an, welche Lactantius angekündigt hat, die aber wahrscheinlich nicht erschienen sind; wenigstens fehlen alle Spuren: 1. Eine Schrift gegen alle Häresien; inst. 4, 30, 14 postea plenius et uberius contra omnes mendaciorum sectas proprio separatoque opere pugnabimus; de ira 2, 6 de tertio vero ii praecipitantur qui cum sciant legatum dei eundemque divini et inmortalis templi conditorem, tamen aut non accipiunt eum aut aliter accipiunt quam fides poscit: quos ex parte iam refutavimus in quarto supra dicti operis libro et refutabimus postea diligentius, cum respondere ad omnes sectas coeperimus, quae veritatem dum dissipant, perdiderunt. 2. Eine Schrift gegen die Juden; inst. 7, 1, 26 sed erit nobis contra Judaeos separata materia, in qua illos erroris et sceleris revincemus.

7) Angezweifelte Schriften des Lactantius.

762. De mortibus persecutorum. Als der Sieg des Christentums nach der diocletianischen Christenverfolgung nicht mehr zweifelhaft war, werden sich die Blicke vieler Christen auf das grossartige Drama zurückgelenkt haben. Da mochte ihnen besonders lebhaft das Walten der göttlichen Vorsehung vor Augen getreten sein. Wie wäre es möglich gewesen, dass die Christen so viele Trübsal siegreich bestanden, wenn sie nicht die Hand Gottes geführt hätte? Wo waren die Verfolger geblieben, welche das Christentum mit Gewalt auszurotten versuchten? Die meisten waren eines schmählichen Todes gestorben. Für ein frommes, christliches Gemüt lag es nahe, in dem Ende der Verfolger den Finger Gottes zu erblicken. Von dieser Idee war der Verfasser des Schriftchens de mortibus persecutorum beseelt, als er vor der Licinianischen Christenverfolgung daran ging, zu erzählen, dass alle Kaiser, welche gegen das Christentum wüteten, ein schreckliches Ende genommen haben. Vielleicht verfolgte das Schriftchen auch noch das Ziel, den Licinius, der schon Spuren eines veränderten Verhaltens gegen die Christen zeigte, von einer Christenverfolgung abzuschrecken. Nachdem der Autor kurz die Entstehung des Christentums dargelegt, behandelt er das traurige Ende der Christenverfolger, des Nero, Domitian, Decius, Valerian, Aurelian. Allein diese Erzählung bildet nur die Einleitung; das eigentliche Ziel des Autors ist vielmehr, die Christen

verfolgungen seiner Zeit zu schildern und an der Hand derselben das Walten der göttlichen Strafgerichte darzulegen. Zuerst kommen an die Reihe Diocletian und Maximian; in ihrer unfreiwilligen Abdankung erblickt der Verfasser den ersten göttlichen Strafakt. Alsdann wird die Christenverfolgung des Galerius und der entsetzliche Tod dieses Kaisers in allen Einzelheiten ausgemalt. Der Zeitfolge entsprechend wird hier das traurige Ende des Maximian eingeschaltet. Ein neuer Abschnitt beginnt mit der Erzählung der Christenverfolgung des Maximinus und der Vollziehung der göttlichen Strafe an ihm. Eingeschoben wird in die Darstellung das Ende des Diocletian. Zum Schluss erzählt der Verfasser den Untergang des ganzen Geschlechts der christenfeindlichen Kaiser.

Die Tendenz des Schriftchens liegt, wie man sieht, klar vor. Dem Verfasser ist es in erster Linie darum zu thun, Dinge aufzuzeigen, in denen sich die strafende Hand Gottes kundgibt. Auch verweilt er mit Vorliebe bei den grauenvollen Ereignissen und schreckt selbst nicht vor den ekelhaftesten Einzelheiten zurück, wenn sie dazu dienen, das Strafgericht Gottes ins hellste Licht zu setzen. Die Gefühle des Hasses und der Erbitterung lodern überall zu hellen Flammen empor. Auch fromme Mährchen werden in die Erzählung eingewoben. Allein im grossen und ganzen ist der historische Stoff, welcher der Tendenz dienstbar gemacht wird, wahrheitsgetreu niedergeschrieben. Der Schriftsteller hat nicht bloss als Zeitgenosse, sondern auch als Augenzeuge geschrieben; denn es ist nicht zweifelhaft, dass er während der Verfolgungen in Nikomedien lebte. Er war also in der Lage, Zuverlässiges zu berichten, und wollte er mit seiner Tendenz durchdringen, so durfte er die Wahrheit nicht gröblich verletzen. Unsere Schrift bleibt also immerhin eine wichtige Quelle zur Kenntnis der diocletianischen Zeit.

Ueber die Persönlichkeit des Donatus vgl. 16 Verum quid opus est illa narrare, praecipue tibi, Donate carissime, qui praeter ceteros tempestatem turbidae persecutionis expertus es? Nam cum incidisses in Flaccinum praefectum, non pusillum homicidam, deinde in Hieroclem ex vicario praesidem, qui auctor et consiliarius ad faciendam persecutionem fuit, postremo in Priscillianum, successorem eius, documentum omnibus invictae fortitudinis praebuisti.

Tendenz der Schrift. c. 1 Qui insultaverant Deo, iacent; qui templum sanctum everterant, ruina maiore ceciderunt; qui iustos excarnificaverant, caelestibus plagis et cruciatibus meritis nocentes animas profuderunt. Sero id quidem, sed graviter ac digne. Distulerat enim poenas eorum deus, ut ederet in eos magna et mirabilia exempla, quibus posteri discerent, et deum esse unum, et eundem iudicem digna videlicet supplicia impiis ac persecutoribus irrogare. De quo exitu eorum testificari placuit, ut omnes, qui procul remoti fuerunt, vel qui postea futuri sunt, scirent, quatenus virtutem ac maiestatem suam in exstinguendis delendisque nominis sui hostibus deus summus ostenderit. ab re tamen non est, si a principio, ex quo est ecclesia constituta, qui fuerint persecutores eius et quibus poenis in eos coelestis iudicis severitas vindicaverit, exponam.

Der Verfasser als Augenzeuge der Ereignisse. Am Schluss der Schrift heisst es 52, 1 quae omnia secundum fidem ita ut gesta sunt mandanda litteris credidi, ne aut memoria tantarum rerum interiret aut si quis historiam scribere voluisset, corrumperet veritatem vel peccata illorum adversum deum, vel iudicium dei adversus illos reticendo. Beweiskräftiger sind die Worte 1, 7; hier erklärt der Verfasser zu schreiben für die qui procul remoti fuerunt vel qui post nos futuri sunt; er selbst stellt sich also in Gegensatz zu denjenigen, welche von den Ereignissen lokal getrennt sind oder später leben; sonach muss er als Augenzeuge die Ereignisse mitbeobachtet haben. Dass dies in Nikomedien geschah, zeigen die Stellen 34, 4 idque cognitum Nicomediae und 48, 1, wonach das Mailänder Toleranzedikt dem Verfasser erst bekannt wurde, als es in Nikomedien veröffentlicht wurde (vgl. HUNZIKER in Büdingers Untersuchungen zur röm. Kaisergesch., 2. Bd.,

Leipz. 1868 p. 121, 1). Wenn weiter behauptet wird, dass der Verfasser sein Schriftchen auch in Nikomedien geschrieben, so wird zu viel behauptet; denn die Stelle, die z. B. P. MEYER anführt 7 Huc accedebat infinita quaedam cupiditas aedificandi, non minor provinciarum exactio in exhibendis operariis et artificibus et plaustris omnibusque quaecumque sint fabricandis operibus necessaria. Hic basilicae, hic circus, hic moneta, hic armorum fabrica, hic uxori domus, hic filiae kann das unmöglich beweisen.

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Ueber die Glaubwürdigkeit der Schrift gehen die Urteile der Historiker sehr auseinander. BURCKHARDT wendet sich in seinem berühmten Werk, die Zeit Constantins des Grossen, Leipz. 1880 an mehreren Stellen gegen die Glaubwürdigkeit und scheint sehr gering von dem Autor zu denken. Eine ähnliche Ansicht hat J. ROTHFUCHS, Qua historia fide Lactantius usus sit in libr. de mort. persec., Marb. 1862. Er sagt p. 39 Plurima ita comparata sunt, ut partium studio ductum Lactantium aut falsa finxisse aut vera narrando depravasse aut dissimulavisse appareat. Eine gerechtere Würdigung der Schrift bahnte HUNZIKER in Büdingers Untersuchungen zur röm. Kaisergesch., II. Bd., Leipz. 1868 an; er sagt p. 120: Es zeigt eine eingehende Vergleichung aller über diese Zeit berichtenden Quellen, dass der in die Darstellung verwobene geschichtliche Stoff selber im Ganzen zuverlässig ist und dadurch gewinnt das Buch als gleichzeitige und zugleich im Mittelpunkt des diocletianischen Reichs stehende umfassende Darstellung dieser Periode einen unschätzbaren Wert, da alle andern Darstellungen nicht hinreichen würden, ein lückenloses Bild dieser Zeit zu geben, ja uns oft an den wichtigsten Punkten im Stiche lassen". SEECK, Gesch. des Unterg. der antiken Welt, Bd. 1, Berlin 1895 p. 430 meint, dass der Verfasser nicht immer die Wahrheit sagen wolle, doch seien die Lügen ausnahmslos so naiv, dass jeder, der in historischer Kritik nicht ganz Neuling sei, sie ohne Mühe erkennen könne (vgl. noch das Saalfelder Programm von WEHNER vom Jahre 1885).

763. Über den Autor der Schrift. Seit Baluze die Schrift de mortibus persecutorum veröffentlicht, wogt der Streit hin und her, ob die Schrift dem Lactantius angehört oder nicht. In neuester Zeit schien durch Ebert die Frage zu Gunsten des Lactantius entschieden zu sein. Allein es dauerte nicht lange, und es erhoben sich wiederum gewichtige Stimmen gegen Lactantius als Verfasser; das Problem ist demnach so ungelöst wie zuvor. Wir glauben aufs Entschiedenste für die Autorschaft des Lactantius eintreten zu müssen. Für die Entscheidung der Frage ist es wesentlich, dass die äusseren und inneren Momente scharf voneinander geschieden werden. Die ersteren müssen vor allem festgestellt werden; sie haben die Grundlage in der vorliegenden Frage zu bilden. Sicher ist erstens, dass der Verfasser die Ereignisse, die sich in Nikomedien zugetragen, als Augenzeuge mit erlebt hat; zweitens, dass er seine Schrift vor dem Ausbruch des Krieges des Constantin mit Licinius veröffentlichte; drittens, dass er sie an einen Bekenner Namens Donatus richtete; viertens, dass diese Monographie in der Überlieferung die Überschrift trägt: Lucii Cecilii incipit liber ad Donatum confessorem de mortibus persecutorum. Nun kannte Hieronymus eine Schrift von Lactantius mit dem Titel de persecutione. Es ist also zweifellos, dass es zur Zeit dieses Kirchenvaters Handschriften gab, welche eine Schrift de persecutione dem Lactantius zuteilten. Der überlieferte Titel des Schriftchens ist zwar de mortibus persecutorum, aber jedermann wird zugeben, dass eine solche Schrift auch mit dem abgekürzten Titel de persecutione citiert werden kann.1) Der Verfasser unseres Schriftchens heisst weiter Lucius Cecilius. Lactantius hiess mit vollem Namen Lucius Cecilius Firmianus (und auch Lactantius). Es stimmen also zwei Namen überein, so dass es wahrscheinlich ist, dass der dritte Name in der Überlieferung unseres Schriftchens ausgefallen ist.

1) Hieronymus verändert nicht selten die Büchertitel vgl. SYCHOWSKI, H. als Litterarhistoriker (1894) p. 23.

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