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und Theodotion, Diodor, Apollinaris, Victor, Kyrill, Gregor v. Nyssa und Chrysostomus. Hardt1) nennt irrtümlicher Weise den Diodor nicht. Allein das öfters vorkommende Siglum 4tó resp. 4to kann doch schlechterdings nur diesen hervorragenden Vertreter der antiochenischen Schule bezeichnen und nicht den Didymus, wie jener angenommen zu haben scheint. Auch sonst ist das Namenverzeichnis, welches Hardt giebt, nicht erschöpfend. Am häufigsten werden Evagrius, Origenes und Didymus citirt. Doch ist nicht allen Erklärungen der Name des Verfassers beigesetzt. Diese namenlosen Stücke werden wohl zum Teil den Procopius selbst zum Verfasser haben, der es überhaupt liebt, Eigenes mit Fremdem zu vereinigen. Aber bei allen kann dies schwerlich der Fall sein. Mit Recht ziehen Studemund und Cohn2) Olympiodor's Commentar zu den Proverbien zur Vergleichung heran. Wenigstens der Anfang stimmt in beiden Werken überein. Es ist also noch zu erforschen, ob nicht die Abschreiber der Catene oder Procopius selbst hie und da die Namen des benutzten Autors ausgelassen haben, und welches diese Namen sind 3). Eine Reihe der in der Handschrift kenntlich gemachten Citate, z. B. die Mehrzahl der dem Ori

mus halte, 1. weil das dazu gehörige Citat bei Mai, Nova patrum bibl. VII in den dort edirten Stücken aus dem Commentar des Didymus zu den Proverbien S. 57 ad c. 1 v. 3 diesem zugeschrieben wird; vgl. auch das Citat fol. 1922 Zeile 11 ff. v. o., und das bei Mai, a. a. O. S. 60 ad c. 4 v. 8. Noch andere Parallelen werden sich wahrscheinlich leicht nachweisen lassen; 2. weil das an angelehnte, wie g aussehende Zeichen offenbar nur eine Manier des Abschreibers ist, wie z. B. die von derselben Hand abgeschriebene Stelle fol. 189o Z. 11 v. u. [ɛ§ià] zeigt. Öfters steht für das deutlichere 44. Ob das fol. 1782 etwas anderes wie 4 Aisvuos bedeuten soll, vermag ich nicht festzustellen.

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1) A. a. O. S. 87 f.

2) A. a. O. S. 3 Nr. 7, 1.

3) Z. B. Olympiodor's Erklärung von Prov. c. 1, 3 (Migne, Patrol. gr. Tom. 93, 471-472) findet sich in der Hauptsache wieder im Münchener Codex fol. 174 u. 175. Vielleicht lässt sich also aus Procop's Catene der bisher nicht bekannte griechische Originaltext des Commentars des Olympiodor teilweise herstellen.

genes entlehnten, sind bereits durch den Druck 1) bekannt. Ein grosser Teil des Inhaltes der Catene ist aber neu. Selbst die auf fol. 1831 zu c. 1, 28, fol. 1851 zu c. 2, 8-9, fol. 1851 zu c. 2, 10-11 (?), fol. 1862 zu c. 2, 21, fol. 1902 zu c. 3, 20, fol. 1942 zu c. 5, 5, fol. 2081 zu c. 9, 11, fol. 2102 zu c. 10, 14, fol. 264 zu c. 28, 14 mitgeteilten Erläuterungen des Origenes finde ich nirgends griechisch 2) gedruckt. Das Fragment fol. 2172 zu c. 13, 13 findet sich nur lateinisch bei Migne, Patrol. graec. 87, 2. Sp. 1779. Die Catene bildet also ein Mittel für die Bereicherung unserer patristischen Litteraturkenntnis und ein um so wertvolleres, als selbst Männer, wie Diodor, von dessen bedeutender Schriftstellerei uns so spärliche Reste erhalten sind, darin vorkommen. Aber auch hinsichtlich der schon bekannten patristischen Excerpte kann sie von Nutzen sein, weil sie diejenigen Lesarten enthält, welche Procopius v. Gaza gebrauchte, dem direct oder indirect noch die Handschriftenschätze der vermutlich) erst von den Arabern zerstörten Bibliothek zu Caesarea zu Gebote gestanden haben werden, und der jedenfalls älter ist als die ältesten uns erhaltenen Handschriften der von ihm excerpirten Litteratur. In manchen Fällen bedarf es noch der Untersuchung, ob die Citate wirklich die daneben genannten Autoren zu ihren Verfassern haben. So wird fol. 1791 dem Diodor eine Erklärung beigelegt, welche sowohl nach Mai1) wie nach der von Pel

1) Siehe Smith und Wace, Dictionary of christian biography, IV, 109, und Preuschen, a. a. O. S. 404 u. S. 358. Doch ist die Angabe Preuschen's über Wendland's Buch nicht genau. Denn dieses enthält nur ein Fragment aus Orig. in Proverb.

2) Ob sie lateinisch in der von Peltanus edirten Catene zu den Proverbien vorkommen, weiss ich nicht, da mir dies Werk zur Zeit nicht zugänglich ist.

3) Siehe W. Möller in Herzog's Real-Encykl. 2. Aufl. Bd. XI S. 179. Ehrhardt in der „Röm. Quartalschrift" 1891, S. 221 ff. Preuschen, a. a. O. S. 544. A. Harnack in seinen Texten und Untersuchungen". Bd. XII Heft 1 Nr. 2 S. 17.

4) Nova patrum bibliotheca. Tom. VII, S. 58 oben.

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E. Bratke: Zu Procopius v. Gaza.

tanus1) (Antw. 1607) edirten Catene zu den Proverbien dem Didymus angehört. Wie leicht konnten Catenenabschreiber, welche die Namen gern abkürzen, diese beiden Männer verwechseln, deren Namen in den Anfangsbuchstaben übereinstimmen. Hier wird eine vollständige Handschriftenvergleichung hoffentlich Aufklärung geben.

Für dieselbe ist auch zu untersuchen, ob nicht die im Cod. gr. vatic. Reginae Suecorum Nr. 77 (bei Stevenson 1888, S. 61) enthaltene anonyme Catene zu den Proverbien mit derjenigen des Procopius identisch ist, da beide fast den gleichen Anfang haben. Von der fragmentarischen Catene zu den Proverbien im Münchener Codex Nr. 38 (Hardt, a. a. O. S. 201 f.) vermute ich, dass sie ein beträchtliches Stück derjenigen des Procopius ist. Denn obwohl die von Hardt angegebenen Namen der excerpirten Kirchenväter zum Teil anders lauten, so hat sie doch denselben Schluss wie jene. Wenn ich selbst zu einer umfassenden Bearbeitung der Catene des Procopius nicht bald kommen sollte, so habe ich wenigstens Anderen eine lohnende Aufgabe gestellt 2).

1) Für das oben Gesagte stütze ich mich auf die in der voranstehenden Anmerkung notirte Stelle aus Mai.

2) Seit der Vollendung obiger Arbeit bis zu ihrer Drucklegung ist einige Zeit vergangen. Inzwischen ist die Procopius-Forschung rüstig vorwärts geschritten. Besonders verdient haben sich um dieselbe gemacht: Russos (Drei Gazäer. Konstantinopel u. Leipzig 1893. Griech. Dissert.), E. Klostermann (Bd. XII, 3 der von v. Gebhardt und A. Harnack herausgegebenen „Texte und Untersuchungen“), Dräseke („Theol. Studien und Kritiken" herausgegeben von J. Köstlin und E. Kautzsch 1895. 3. Heft. S. 591 ff.) und Zöckler („Beweis des Glaubens". 1895. S. 363 f.). Auch verweise ich auf Bardenhewer's Patrologie 1894, S. 503-505 und die dort angegebenen Arbeiten von Seitz u. Kirsten. Ferner beziehen sich nach den von mir gemachten Notizen direct oder indirect auf Procopius: Legrand, Bibliothèque hellénique 2. Bd. 1894 S. 230. W. Meyer im „Hermes" XXX, 2. S. 299. 1895. R. Förster im „Rheinischen Museum" 1894 S. 481 ff. und im „Philologus“ Bd. 54, 1. 1895, endlich Cod. Paris. graec. (Omont I) 1038 fol. 191. Vgl. auch Opera Hieronymi (Migne, Patrol. lat). XXII, Sp. 1224.

XII.

Eine neue Recension zweier Apostelpassionen.

Von

D. Emil Egli, o. Prof. an der Universität Zürich.

Im Staatsarchiv Zürich sind beim Ablösen alter Buchüberzüge Fragmente einer nach dem Kalender geordneten Sammlung von Heiligenleben, zur zweiten Hälfte October, zum Vorschein gekommen. Es sind zwei Doppelblätter Pergament in klein Folio, beschrieben von einer gewandten Hand etwa aus der Mitte oder zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Auf S. 1 bis 7 erste Zeile oben steht eine bisher unbekannte Recension der Vita s. Galli, auf S. 7 die Passio s. Lucae evangelistae, fast ganz erhalten, auf S. 8 der Anfang der Passio apostolorum Simonis et Judae. Der Staatsarchivar, Herr Professor Paul Schweizer, hat mir die Stücke zur näheren Untersuchung und zur Publication freundlichst überlassen. Die Vita s. Galli wird im „Neuen Archiv für ältere Deutsche Geschichtskunde" XXI, 2 erscheinen, wo einlässlicher über die Handschrift berichtet ist. Die Apostelpassionen, ebenfalls noch nicht publicirt, kommen hier zum Abdruck.

Beide Passionen sind in allem Wesentlichen bereits bekannt. Nachstehende Bemerkungen, zu denen mein verehrter College, Herr Professor P. Schmiedel in Zürich, das Beste beigetragen hat, mögen genügen.

Die Passio des Evangelisten Lucas schöpft in letzter Linie aus zwei Quellen. Die eine ist Hieronymus de viris illustribus c. 7. Hieraus sind, mit leichten Änderungen, entnommen: a) Zeile 2-5, von et (lies ut) ejus scripta indicent (lies indicant) bis: ecclesias est; b) Zeile 12-19, von Nam Lucas bis: sic ut (?) vidit scripsit. Die andere Quelle

sind die alten Prologe der Evangelien. Lipsius hat diese Litteratur zuerst eingehend gewürdigt, in den Apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden (3 Bände und ein Ergänzungsheft 1883-1890). Schon vor Hieronymus gab es, wie Lipsius nachweist (I. p. 6 ff. 52 ff. 61 ff. 445), Sammlungen kirchlicher „Geschichten" aller Apostel, und von diesen kehren die auf die Evangelisten bezüglichen wieder in den Prologen der Evangelien, die sich in Handschriften der Itala (Corbejensis bei Bianchini = Blanchinus, evangeliarium quadruplex II p. II., und Colbertinus bei Sabatier1), bibliorum latinae versiones antiquae III 253), sowie der Vulgata (Fuldensis ed. Ranke, Amiatinus ed. Tischendorf, aureus ed. Belsheim) finden, und die in unserem Fragment selbst, jedoch erst am Schluss, ausdrücklich citirt werden (de quo Luca in argumentis evangelii ita dictum est). Über die Lucaspassio und ihre Quellen giebt Lipsius, a. a. O. II, 2 p. 354 ff. Aufschluss; merkwürdigerweise zieht er jedoch die erwähnten Prologe nicht heran. Aus diesen Prologen sind, aber in abweichender Anordnung, mehrere Sätze aufgenommen, und zwar in einer dem Codex aureus und zumal dem Codex Colbertinus am nächsten stehenden Textgestalt. Ich füge den entsprechenden Teil, nicht ganz die erste Hälfte des Lucasprologs, aus dem Codex aureus zur Vergleichung am Fusse unseres Textes bei.

Zur Passio des Simon und Judas findet man Auskunft bei Lipsius, a. a. O. II, 2 p. 164 ff., wo für die historische Kritik auf A. von Gutschmid, Über die Königsnamen der apokryphen Apostelgeschichten, im Rheinischen Museum für Philologie, N. F. XIX p. 161-183 u. 380-401 (vgl. speciell letztere Stelle), verwiesen wird. Soviel ich sehe, setzen diese beiden Schriftsteller für Simon und Judas den sogenannten Abdiastext voraus. Unser Fragment, das übrigens nur den Eingang der ganzen Acten enthält, bietet

1) Nicht zugänglich waren mir die neue Ausgabe des Colbertinus von Belsheim (1888), sowie E. v. Dobschütz, Studien z. Textkritik der Vulgata (1894).

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