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L. Paul: Ein praktischer Standpunkt.

Gemüt einstrahlen, und ist ihm das schöne Loos des geistlichen Berufs gefallen, auch wieder ausstrahlen zu lassen in die Seele des andachtsvoll lauschenden Hörers. Wer den Gang durch die geweiheten Räume des humanistischen Gymnasiums gemacht hat, dem muss also so viel Dichtergefühl angebildet sein, als der Beruf des Predigers verlangt.

Das ist auch der Grund, warum unsere Theologen die Vorbildung des Gymnasiums haben müssen und nicht die der Realschule. Mit den naturwissenschaftlich-mathematischen Denkformen, die diese ausprägt, kann kein Beruf, der auf dem Grunde der Geisteswissenschaften sich aufbaut, und der eigenes Denken und Können, also ein Erfinden verlangt, geistvoll und tüchtig verwaltet werden, am wenigsten der theologische. Brauchen wir aber für unser Volksleben, wenn es nicht verwildern und in Barbarei stürzen soll, eine Kirche, so brauchen wir auch einen theologischen Stand, und wenn diesen, so brauchen wir auch, wenigstens wir evangelische Protestanten, für die die Predigt auch fortan die Seele des Gottesdienstes bleiben muss, zur Heranbildung solchen Standes die Schule, die da versteht, wie die Alten sagen, die Seele enthusiastisch zu machen, vyàs Evdovoiαστικὰς ποιεῖν. Diese Schule aber ist unser Gymnasium mit seinem Studium der Klassiker. Jedes Zuviel der naturwissenschaftlich-mathematischen Studien- und unser Gymnasium hat heutzutage leider schon davon zu viel ist für die harmonische Ausbildung des jugendlichen Geistes nur vom Übel. Diese Studien machen, weil nur eine ganz geringe Zahl der Schüler mit der Anlage für sie begabt sind, die Geister, die sich unnütz mit ihnen abplagen müssen, stumpf und unproductiv. Schon Goethe klagte über die Überschätzung der Mathematik, die doch nichts von allem Sittlichen vermöge und kein Vorurteil hebe. Bei der Frage über die Gestaltung unserer Gymnasien verdient das Goethesche Wort in die Erinnerung zurückgerufen zu werden: Das ist eine von den alten Sünden,

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Sie meinen, Rechnen das sei Erfinden."

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Wenn das Gymnasium so viel von Mathematik giebt, als für das Naturkennen und für das Rechnen im geschäftlichen Verkehr nötig ist, so giebt es genug. Darum sollte von Secunda an die Mathematik ein facultatives Fach sein. Dann ist für die weitere Ausbildung derer auch gesorgt, die für das Fach besonders veranlagt sind und damit wäre nach allen Seiten hin den berechtigten Forderungen, die an das humanistische Gymnasium gestellt werden können, ein volles Genüge geschehen.

XIV.

Die Apostelgeschichte nach ihren Quellenschriften untersucht

von

A. Hilgenfeld.

Siebenter Artikel.

Die dritte Bekehrungsreise des Paulus hängt unzertrennlich zusammen mit seiner letzten Reise nach Jerusalem, wo er seine Freiheit verlor. Es ist daher zusammenzufassen Apg. 18, 23-21, 26, oder von dem Anfange der dritten Bekehrungsreise fortzuschreiten bis unmittelbar vor seine Gefangennehmung.

Zu der echten Lucas-Schrift, d. h. zu der ursprünglichen Apostelgeschichte, rechnet Sorof (S. 18-23) 19, 1-10. 19, 21-20, 3. 20, 17-38. 21, 20-24. Als Zusätze des Überarbeiters (Timotheus) betrachtet er 18, 24-19, 1a. 19, 11-20. 20, 4-16 (Wir-Stück). 21, 1-20 (Wir-Stück). Van Manen lässt den schon 16, 10-12 anerkannten WirBericht auch 20, 5 (?). 6. 13—15. 21, 1—4a. 6a. 7. 9 den

Actis Pauli zu Grunde gelegt sein. Spitta verteilt an seine Quelle A 18, 23-28. 19, 1. 2. 6. 9. 12. 15. 16. 18. 19. 22-30, bzw. 41. 20, 1—17. 36-38. 21, 1–9. 12—20a, an seine Quelle B 19, 1-7. 10-20. 24-41. 21, 10. 11. 20-26. Clemen rechnet zu der H(istoria) Pa(uli) 18, 23. 19, 1-3. 5. 8b. c-10. 20, 1-17. 36-38. 21, 1-20 a. b. schreibt seinem neutralen R(edactor) zu 18, 24. 26, 27. 19, 1a. 11–13. 15-41. 20, 1a. 17—19a. 20-24. 36. 37. 381. 21, 8 ortos in tŵv έntá (?), seinem R(edactor j(udaicus) 18, 25. 26-28. 19, 8a. 21, 20-26, seinem R(edactor) a(ntijudaicus) 19, 4. 6. 14. 20, 19, 25-35. 38. Jüngst rechnet zu seinem A 18, 23. 24. 26-27 лαραуεvóμεvos. 18, 28 τοὺς Ἰουδαίους bis 19, 1 Ἔφεσον. 19, 8-10. 21. 22. 20, 1 μετὰ δὲ ταῦτα τοὺς μαθητὲς ἀσπασάμενος bis 20, 19 ταπεινοφροσύνης. 20, 20-22. 31. 32. 36. 37. 38 -21, 10 πλείους. 21, 11 von πρὸς ἡμᾶς an bis 21, 20a, zu seinem B 18, 25. 27 ovveßáhero bis 28 evtórws γάρ. 19, 1 καὶ εὑρεῖν bis 7. 10. 20. 2341. 20, 1 τὸ παύσασθαι bis Παῦλος und καὶ παρακαλέσας. 20, 19 καὶ δακρύων bis Ἰουδαίων. 23-30. 32 καὶ τῷ bis αὐτοῦ. 33-35. 38.b. 21, 10 xarñdev bis 11 29áv. 20-26. Das Übrige habe der Redactor hinzugefügt.

Apg. 18, 23: Καὶ ποιήσας χρόνον τινὰ ἐξῆλθεν (Paulus von Antiochien) διερχόμενος καθεξῆς τὴν Γαλατικὴν χώραν καὶ Φρυγίαν καὶ στηρίζων πάντας τοὺς μαθητάς. Wie die zweite (15, 36 f.), so beginnt auch die dritte Bekehrungsreise des Paulus mit einem Besuche schon bestehender Jüngerschaften. Paulus durchzieht das galatische Land und Phrygien, umgekehrt wie 16, 6. Wenn Paulus also von Antiochien aus durch das galatische Land nach Phrygien zieht, alle Jünger bestärkend, so kann auf den ersten Blick die Ansicht bestätigt zu werden scheinen, dass das galatische Land" Neu Galatier bezeichne, wo Paulus in Derbe und Lystra, Ikonion und Antiochia ad Pisid. Jünger gewonnen hatte. Aber ebenso wenig als Phrygien kann auch „das galatische

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Land" provinziell verstanden werden 1). Und da Paulus bei seiner zweiten Anwesenheit in Galatien eine judenchristliche Bearbeitung abzuwehren hatte (Gal. 1, 9. 3, 1. 4, 13. 5, 3), macht es gar keine Schwierigkeit, dass Paulus zuerst nach seiner Pflanzung in Galatien reiste, deren Gefährdung die vorwiegend auf die äussere Ausbreitung des Christentums gerichtete Vorlage C ebenso, wie den Auftritt in Antiochien Gal. 2, 11-21, rücksichtsvoll überging, wie sie ja schon 16, 6 die Bildung einer Jüngerschaft in dem galatischen Lande nicht erzählt, aber auch nicht ausgeschlossen hatte.

Freilich den Apollos, welcher in Korinth die Pflanzung des Paulus begoss (1 Kor. 3, 6) und daselbst einen eigenen Anhang fand (1 Kor. 1, 12. 3, 4 f.), welcher vorher und nachher auch in Ephesus wirkte (1 Kor. 16, 12), übergeht diese Darstellung nicht. Aber war Apollos schon als ein selbständigerer Mitarbeiter des Paulus der Erwähnung wert, so erklärt sich seine besondere Erwähnung auch aus Rücksicht auf die Stätten seiner Wirksamkeit. Korinth, wo Paulus über 12 Jahre, Ephesus, wo er über 2 Jahre wirkte (Apg. 18, 11. 19, 10), sind ja auch nach dieser Darstellung die beiden Waffenplätze für die Heidenbekehrung, welche Paulus zu Antiochien als dem ursprünglichen Ausgangspunkte hinzufügte, bis er in der Welthauptstadt sein Ziel fand. Für Ephesus, wo Paulus sich nur flüchtig gezeigt hatte (18, 19-21), musste ein neuer Kämpfer, zunächst gerade in der Synagoge, wo Paulus begonnen hatte, erwähnt werden, auch für Korinth, wo Paulus seine Pflanzung verlassen hatte. Dass er zu dieser Zeit gar nicht daran dachte, seine Wirksamkeit in Ephesus, vollends in Korinth fortzusetzen, bestätigt 19, 1ß

1) W. M. Ramsay (The Church in the Roman empire before A. D. 70, ed. III, London 1894, p. 10 sq.) findet in „dem galatischen Lande“ einen ähnlichen Gegensatz, wie etwa in „dem französischen Lande" gegen französische Besitzungen. Aber den Gegensatz bilden eben die Erweiterungen des Königreichs Galatien unter Amyntas, welche auf die römische Provinz Galatien übergingen, d. h. Neu-Galatien.

(XXXIX [N. F. IV], 3.)

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durch seine eigene Absicht, vielmehr nach Jerusalem zu reisen. Der Vorzug des B-Textes vor dem a-Texte hat sich bisher so bewährt, dass ich ihn von nun an zu Grunde lege.

ων

Apg. 18, 24-28: Ἰουδαῖος δέ τις ὀνόματι Απολλώνιος, γένει Αλεξανδρεύς (Απολλῶς ὀνόματι, Αλεξανδρεὺς τῷ γένει α), ἀνὴρ λίγιος, κατήντησεν εἰς Ἔφεσον, δυνατὸς ὢν ἐν ταῖς γραφαῖς· 25 ὃς ἦν κατηχημένος ἐν τῇ πατρίδι (οὗτος ἦν κατηχημένος α) τὴν ὁδὸν τοῦ κυρίου καὶ ζέων τῷ πνεύματι ἐλάλει καὶ ἐδίδασκεν ἀκριβῶς τὰ περὶ Ἰησοῦ, ἐπιστάμενος μόνον τὸ βάπτισμα Ἰωάνου. 26 οὗτός τε ἤρξατο παρρησιάζεσθαι ἐν τῇ συναγωγῇ· ἀκούσαντες δὲ αὐτοῦ Πρίσκιλλα καὶ ̓Ακύλας προσελάβοντο αὐτὸν καὶ ἀκριβέστερον

β. αὐτῷ ἐξέθεντο τὴν ὁδὸν τοῦ θεοῦ. 2' ἐν δὲ τῇ Ἐφέσῳ ἐπιδημοῦντές τινες Κορίνθιοι καὶ ἀκούσαντες αὐτοῦ παρεκάλουν διελθεῖν σὺν αὐτοῖς εἰς τὴν πατρίδα αὐτῶν. συγκατανεύσαντος δὲ αὐτοῦ οἱ Ἐφέσιοι ἔγραψαν τοῖς ἐν Κορίνθῳ μαθηταῖς, ὅπως ἀποδέξωνται τὸν άνδρα. ὃς ἐπιδημήσας εἰς τὴν ̓Αχαΐαν πολὺ συνεβάλετο ταῖς ἐκκλησίαις. 28 εὐτόνως γὰρ τοῖς Ἰουδαίοις διακατηλέγχετο δημοσίᾳ διαλεγόμενος καὶ ἐπιδεικνὺς διὰ τῶν γραφῶν εἶναι τὸν Χριστὸν Ἰησοῦν.

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das dem Paulus befreundete „dem Wege“ Gottes (ganz

Apollos lehrte, ehe er durch Ehepaar Priscilla und Aquila in der Ausdruck von C, wie schon zu 9, 2 bemerkt ist) genauer unterwiesen ward, zwar das, was Jesum betrifft, genau, wusste aber nur die Johannes-Taufe. Als er von Alexandrien nach Ephesus kam, floss ihm die christliche Taufe noch zusammen mit der auf essäischer Grundlage von Johannes ein

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