Page images
PDF
EPUB

verwiesen, dann hingerichtet wurde, weil er dem Nero bei seinem Tode nicht rettend beigestanden hätte. Da uns das 3. Jahr Trajan's nicht mehr hinderlich ist, wollen wir noch ein Übriges thun und zeigen, wie frühe der Autor mit diesem Manne in freundlicher Weise bekannt wurde. Man weiss ja, wie Josephus, 26 Jahre alt, im Jahre 64 n. Chr. eine Reise nach Rom machte, um die Freilassung einiger um geringer Ursache willen dorthin abgeführter Priester zu erwirken, und wie er hier durch den jüdischen Schauspieler Aliturus mit der den Juden geneigten Kaiserin Poppäa bekannt, von dieser aufs wohlwollendste behandelt und sogar beschenkt wurde (Vita c. 3, Arch. 20, 8, 11). Sein Anliegen brachte ihn auch mit dem Epaphroditus a libellis1) zusammen. Da dessen Vorgänger Doryphorus, weil er gegen die Heirat Nero's mit Poppäa gewesen, im Jahre 62 mit Tod abgegangen war (Tacit. Ann. XIV, 65), so versteht sich von selbst, dass Epaphroditus der Poppäa angenehm war, also sich auch wie diese damals freundlich zu Josephus und dem Judentum stellte, und von dorther konnte somit seine Teilnahme für den Josephus und das Judentum, dessen Geschichte und Sitten datiren. Die Vermutung Dodwell's (6. Dissert. in Iren. p. 468), dass der nach Vita c. 76 auch von Domitian und dessen Gattin Domitia noch besonders geehrte und begünstigte Josephus in den Sturz des Epaphroditus Ende 95 hineingezogen worden, muss auf sich beruhen, aber das von Photius angegebene 3. Jahr Trajan's als Todesjahr des Agrippa erachten wir nun allseitig als so haltlos erwiesen, dass von Josephus kein Lebenszeichen aus dem Beginne des 2. Jahrhunderts übrig bleibt.

Das Jahr 86, welches die alte Weltchronik vom Jahre 334 auf Grund einer älteren Quelle, womöglich des Justus von Tiberias selbst, für das Todesjahr Agrippa's II. ergeben, hat seine Bestätigung gefunden sowohl an den Münzen desselben

1) Hierüber vgl. Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms, I, 1869, S. 93. 165 ff.

und jener Inschrift, deren keine auf ein späteres Jahr als 86 weist, als auch an den Andeutungen in des Josephus Archäologie und dem Verhältnis der Vita dazu, die im Jahre 93-95 den Agrippa bereits seit Jahren verstorben voraussetzen.

Hiergegen kann die erwähnte Angabe des späten Photius nicht mehr aufrecht gehalten werden, sondern höchstens noch veranlassen zur Frage, wie derselbe dazu gekommen ist, eine so irrige Notiz mit einem Geschichtswerk des freilich zeitgenössigen Justus von Tiberias in Verbindung zu bringen. Betrachten wir also noch, was Photius, Biblioth. cod. 33 eigentlich sagt: Ανεγνώσθη Ἰούστου Τιβεριέως χρονικόν, οὗ ἡ ἐπιγραφὴ Ἰούστου Τιβεριέως Ἰουδαίων βασιλέων τῶν ἐν τοῖς στέμμασιν. Οὗτος ἀπὸ πόλεως τῆς ἐν Γαλιλαίᾳ Τιβεριάδι ὡρμᾶτο. Ἄρχεται δὲ τῆς ἱστορίας ἀπὸ Μωυσέως, καταλήγει δὲ ἕως τελευτῆς ̓Αγρίππα τοῦ ἑβδόμου μὲν τῶν ἀπὸ τῆς οἰκίας Ηρώδου, ἱστάτου δὲ ἐν τοῖς Ἰουδαίων βασιλεῖσιν, ὃς παρέλαβε μὲν τὴν ἀρχὴν ἐπὶ Κλαυδίου, ηυξήθη δὲ ἐπὶ Νέρωνος καὶ ἔτι μᾶλλον ὑπὸ Οἰεσπασιανοῦ, τελευτᾷ δὲ ἔτει τρίτῳ Τραϊανοῦ, οὗ καὶ ἡ ἱστορία κατέληξεν. Ἔστι δὲ τὴν φράσιν συντομώτατός τε καὶ τὰ πλεῖστα τῶν ἀναγκαιοτάτων παρατρέχων κτλ. Zumal das 3. Jahr Trajan's als Todesjahr Agrippa's unhaltbar ist, vorher vom Ursprung des Justus die Rede, er im Satze mit ἄρχεται das Subject und im Nachfolgenden es wieder ist, so ist es grammatisch nicht unmöglich, in jenem 3. Jahre Trajan's mit Grätz (Monatsschr. für Gesch. und Wissensch. des Judent. 1877, S. 337 ff.) das Todesjahr vielmehr des Justus selbst angegeben zu sehen, bis zu dem denn auch seine Geschichtschreibung gegangen. Aber gut stilisirt wäre dann die Schreibart nicht. Ebenso leicht kann man mutmassen, der Patriarch habe aus der bis zum Jahre 100 fortgeführten Chronik den letzten König unwillkürlich bis dahin erstreckt, das frühere Todesjahr übersehend, was ja auch solchen Alten begegnen kann. Jedenfalls führt er aber das Datum nicht direct auf die fragliche Chronik des Justus zurück. Dabei

432

C. Erbes: Das Todesjahr Agrippa's II.

verdient noch Beachtung, wie Photius in dem von uns nicht mitgeteilten weiteren Räsonnement vorbringt, was er über Justus aus Josephus und sonsther weiss und hinnimmt. Wer kann daher sagen, woher er jenes Datum haben mag? Die angebliche Chronik des Justus mit der schwierigen Überschrift ist nach Name und Charakteristik offenbar zu unterscheiden von dem Werke über den jüdischen Krieg, welches durch seine Einzelheiten dem Josephus wieder die Feder in die Hand drückte1). Wenn er die Erzählung mit Moses begonnen, wie konnte er sie dann „Chronik der jüdischen Könige" nennen? Es war vielleicht eins der vielen späteren Machwerke unter alten Namen, dem der Name des Justus beigelegt worden, weil darin dessen Geschichtswerk ausgezogen war. Doch mag es sich damit so oder anders verhalten: das Ergebnis unserer Untersuchung bleibt davon unberührt.

1) Vgl. darüber Schürer, a. a. O. I, S. 47 ff., auch Schlatter, a. a. O. S. 42 ff. Dass der von Euseb zum Regierungsjahr des Nerva a. 1 m. 4 geschriebene Ansatz des Justus bei Georgius Syncellus (8. Jahrhundert) zum Anfang des Trajan, also 1 Jahr später notirt ist, beruht nicht darauf, dass die angebliche Chronik des Justus bis ins 3. Jahr Trajans gereicht, sondern ist eine der vielen kleinen Verschiebungen, wie sie bei späteren Chronographen und Abschreibern sich so häufig mehr oder minder schematisch, planlos und willkürlich finden.

XVII.

Ein christlicher Astrolog des
Altertumes.

Von

Prof. Dr. A. Häbler in Leipzig.

Im Jahre 1895 ist von Kroll und Viereck bei B. G. Teubner ein griechischer Tractat über Astrologie herausgegeben worden unter dem Titel Anonymi Christiani Hermippus De Astrologia dialogus, der in mehrfacher Hinsicht auch die besondere Aufmerksamkeit der Theologen verdienen dürfte. Die Ausgabe von Kroll-Viereck ist keine eigentliche editio princeps, denn die Schrift ist bereits von Bloch 1830 in Kopenhagen herausgegeben worden, allein diese Ausgabe scheint ganz selten zu sein, weshalb der Inhalt der Schrift bisher so wenig bekannt geworden ist (vgl. F. Boll, 21. Supplementbd. der Jahrb. für class. Philol. S. 142). Der unbekannte Verfasser ist Christ und dennoch der Astrologie bis zu einem gewissen Grade ergeben, insbesondere will er im 9. Capitel des 1. Buches ausführlich beweisen, dass von allen Arten, die Zukunft im voraus zu erkennen, die Astrologie die einzig berechtigte oder doch wenigstens die vornehmste sei. Das könne man vor allem daraus erkennen, dass die Geburt und der Tod des Heilandes allein durch ungewöhnliche siderische Erscheinungen der Menschheit verkündet worden seien. Da drängt sich nun jedem sofort die Frage auf, wie kann ein Christ eine solche Behauptung aufstellen gegenüber Lucas Cap. 2, 9 ff. und Matthäus Cap. 27, 51 ff.; ich habe auf die hierbei entstehende Schwierigkeit bereits hingewiesen in meiner Besprechung der neuen Aus(XXXIX (N. F. IV], 3.)

28

gabe, die sich findet in der Wochenchrift für classische Philologie 1896, Nr. 13 (Sp. 339 f.).

Das Capitel lautet in der neuen Ausgabe folgendermassen: Οὐ μὴν ἀλλ ̓, ὅπερ ἐξ ἀρχῆς ὑπεθέμην, ὡς ἡ τῶν μελλόντων γνῶσις ἐκ τῆς περὶ τοὺς ἀστέρας ἐπιστήμης μόνης ἢ πρώτης ἡμῖν περιγίνεται καὶ οἰκεία τις αὕτη καὶ σύμφυτος τὴν ἀρχὴν τοῖς ἀνθρώποις ἀπονενέμηται, τοῦτ ̓ ἐνταῦθα καὶ μάλ ̓ ἐναργῶς καταφαίνεται. τῇ γὰρ γενέσει ταύτῃ ῥᾴδιον μὲν ἦν καὶ τὸν οὐρανὸν ἄνωθεν ὡς εἰπεῖν συγκαταβῆναι καὶ τὴν γῆν ἀνομολογῆσαι ἔκ τινος οὐρανομήκους καὶ θεσπεσίας φωνῆς ἢ παμπληθεῖς ἀγγέλων ὁμίλους κατὰ συστάσεις φανέντας ἀνακηρᾶξαι πρὸς τὰ τῆς γῆς πέρατα. οὐδὲν δὲ τοιοῦτον τερατώδες ἐκαινοτομήθη τῇ φύσει, ἀλλὰ τῇ συνήθει κανταῦθα πρὸς τὸ μέλλον γνώσει ὁ τῶν θαυμασίων θεὸς τοῖς ἀνθρώποις ἐγνώρισεν, ἀστέρα τινὰ ξένον οἶμαι τοῦ συνήθους ἐπιστήσας τῇ Βηθλεέμ, ὅπως κτέ. Hier wird man allenfalls sagen können, der Schriftsteller wolle nicht überhaupt das Erscheinen von Engeln bei der Geburt des Herrn leugnen, sondern nur erklären, dass das wichtige Ereignis von Engeln nicht sofort bis ans Ende der Welt verkündet worden sei (ἀνακηρύξαι πρὸς τὰ τῆς γῆς πέρατα). Auffallig bliebe dann aber doch immer die Kürze des Schriftstellers, da er ja — sollte man denken den Bericht von Lucas Cap. 2, 9 ff. kennen musste, der doch eine solche καινοτομία für die Stätte der Geburt selbst meldet. Im zweiten Teile des Capitels heisst es nun weiter: κὰν τῷ σωτηρίῳ δὲ πάθει σκοπητέον, ὅπως οἱ διά τινος πάλιν καινοτομίας τὸ γινόμενον δει νὸν ἀπεσήμανεν, ἀλλὰ διὰ τῆς τοῦ ἡλίου ἐκλείψεως. κανταῦθα γὰρ οἷόν τ ̓ ἦν γῆν μὲν ῥῆξαι καθάπαξ καὶ οὐρανὸν φωνὴν ἐκ προστάξεως ἀφιέναι καὶ βροντὰς καὶ λαίλαπας καὶ κλόνον ἐπικρατῆσαι πανταχῆς γῆς. τὸ δ ̓ οὐ τοιοῦτον ἐγένετο κτέ. Wenn auch hier wieder in πανταχὴ γῆς eine locale Verallgemeinerung enthalten ist, so kann man doch, sollte ich denken, hier unmöglich den Widerspruch zwischen unserem Schriftsteller und Matthäus

-

« PreviousContinue »