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Die Schlacht bei Reutlingen.
(Mai 1377)

Zu Achalm auf dem Felsen, da haust manch kühner Aar,
Graf Ulrich, Sohn des Greiners, mit seiner Ritterschaar ;
Wild rauschen ihre Flügel um Reutlingen, die Stadt,
Bald scheint sie zu erliegen, vom heißen Drange matt.

Doch plöglich einst erheben die Städter sich zu Nacht,
Ins Urachthal hinüber sind sie mit großer Macht,
Bald steigt von Dorf und Mühle die Flamme blutigroth,
Die Heerden weggetrieben, die Hirten liegen tødt.

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Herr Ulrich hat's vernommen, er ruft im grimmen Zorn :
„In eure Stadt soll kommen kein Huf und auch kein
Horn!"

Da sputen sich die Ritter, sie wappnen sich in Stahl,
Sie heischen ihre Roffe, sie reiten stracks zuthal.

ΙΟ

Ein Kirchlein stehet drunten, Sankt Leonhard geweiht,
Dabei ein grüner Anger, der scheint bequem zum Streit.
Sie springen von den Pferden, sie ziehen stolze Reih'n, 15
Die langen Spicße starren, wohlauf! wer wagt sich drein?
Schon ziehn vom Urachthale die Städter fern herbei,
Man hört der Männer Jauchzen, der Heerden wild Geschrei,
Man sieht sie fürder schreiten, ein wohlgerüstet Heer;
Wie flattern stolz die Banner! Wie blizen Schwert und
Speer!

Nun schließ dich fest zusammen, du ritterliche Schaar!
Wohl hast du nicht geahnet so dräuende Gefahr.

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Die übermächt'gen Rotten, sie stürmen an mit Schwall, Die Ritter stehn und starren wie Fels und Mauerwall.

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Zu Reutlingen am Zwinger, da ist ein altes Thor,
Längst wob mit dichten Ranken der Epheu sich davor,
Man hat es schier vergessen, nun kracht's mit einmal auf,
Und aus dem Zwinger stürzet, gedrängt, ein Bürgerhauf'.

Den Rittern in den Rücken fällt er mit grauser Wuth,
Heut will der Städter baden im heißen Ritterblut.
Wie haben da die Gerber so meisterlich gegerbt!
Wie haben da die Färber so purpurroth gefärbt!

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Heut nimmt man nicht gefangen, heut geht es auf den Tod,
Heut sprigt das Blut wie Regen, der Anger blümt sich roth.
Stets drängender umschlossen und wüthender bestürmt, 35
Ist rings von Bruderleichen die Ritterschaar umthürmt.

Das Fähnlein ist verloren, Herr Ulrich blutet stark,
Die noch am Leben blieben, sind müde bis ins Mark.
Da haschen sie nach Rossen und schwingen sich darauf,
Sie hauen durch, sie kommen zur festen Burg hinauf. 40
„Ach Alm”—stöhnt' einst ein Ritter, ihn traf des Mörders
Stoß-

Allmächt'ger! wollt' er rufen - man hieß davon das Schloß.
Herr Ulrich sinkt vom Sattel, halbtodt, voll Blut und Qualm,
Hätt nicht das Schloß den Namen, man hieß es jest:
Achalm.

Wohl kommt am andern Morgen zu Reutlingen ans Thor 45 Manch trauervoller Knappe, der seinen Herrn verlor. Dort auf dem Rathhaus liegen die Todten all gereiht, Man führt dahin die Knechte mit sicherem Geleit.

Dort liegen mehr denn sechzig, so blutig und so bleich,
Nicht jeder Knapp erkennet den todten Herrn sogleich. 50
Dann wird ein jeder Leichnam von treuen Dieners Hand
Gewaschen und gekleidet in weißes Grabgewand.

Auf Bahren und auf Wagen, getragen und geführt,
Mit Eichenlaub bekränzet, wie's Helden wohl gebühri,
So geht es nach dem Thore, die alte Stadt entlang, 55
Dumpf tönet von den Thürmen der Todtenglocken Klang.
Göz Weißenheim eröffnet den langen Leichenzug,

Er war es, der im Streite des Grafen Banner trug;
Er hatt es nicht gelassen, bis er erschlagen war,
Drum mag er würdig führen auch noch die todte Schaar. 60

Drei edle Grafen folgen, bewährt im Schildesamt,
Von Tübingen, von Zollern, von Schwarzenberg entstammt.
Zollern! deine Leiche umschwebt ein lichter Kranz:
Sahst du vielleicht noch sterbend dein Haus im künft’gen
Glanz?

Von Sachsenheim zween Ritter, der Vater und der Sohn, 65
Die liegen still beisammen in Lilien und in Mohn,
Auf ihrer Stammburg wandelt von Alters her ein Geist,
Der längst mit Klaggeberden auf schweres Unheil weist.

Einst war ein Herr von Lustnau vom Scheintod auferwacht,

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Er kehrt im Leichentuche zu seiner Frau bei Nacht,
Davon man sein Geschlechte die Todten hieß im Scherz;
Hier bringt man ihrer Einen, den traf der Tod ins Herz.

Das Lied, es folgt nicht weiter, des Jammers ist genug,
Will Jemand Alle wissen, die man von dannen trug,

Dort auf den Rathhausfenstern, in Farben bunt und klar, 75
Stellt jeden Ritters Name und Wappenschild sich dar.

Als nun von seinen Wunden Graf Ulrich ausgeheilt,
Da reitet er nach Stuttgart, er hat nicht sehr geeilt;
Er trifft den alten Vater allein am Mittagsmahl,
Ein frostiger Willkommen! kein Wort ertönt im Saal. 80

Dem Vater gegenüber fißt Ulrich an dem Tisch,

Er schlägt die Augen nieder, man bringt ihm Wein und Fisch;

Da faßt der Greis ein Messer, und spricht kein Wort dabei, Und schneidet zwischen Beiden das Tafeltuch entzwei.

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Preisend mit viel schönen Reden
Ihrer Länder Werth und Zahl,
Saßen viele deutsche Fürsten

Einst zu Worms im Kaisersaal.

„Herrlich,“ sprach der Fürst von Sachsen,
„Ist mein Land und seine Macht,
Silber hegen seine Berge
Wohl in manchem tiefen Schacht."

,,Seht mein Land in üpp'ger Fülle,"
Sprach der Pfalzgraf von dem Rhein,

"

Goldne Saaten in den Thälern,

Auf den Bergen edlen Wein."

Uhland.

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ΙΟ

,,Große Städte, reiche Klöster,"
Ludwig, Herr zu Baiern, sprach,

„Schaffen, daß mein Land den euren

Wohl nicht steht an Schäßen nach."

Eberhard, der mit dem Barte,
Würtembergs geliebter Herr,

Sprach: Mein Land hat kleine Städte,
Trägt nicht Berge silberschwer;

Doch ein Kleinod hält's verborgen :
Daß in Wäldern, noch so groß,
Ich mein Haupt kann kühnlich legen
Jedem Unterthan in Schooß.“

Und es rief der Herr von Sachsen,
Der von Baiern, der vom Rhein:
,,Graf im Bart! Ihr seid der reichste,
Euer Land trägt Edelstein!"

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Justinus Kerner.

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Kaiser Max zu Worms.

(1495)

Zur Gruft sank Kaiser Friedrich. Gott geb' ihm sanfte Ruh !
Mar faßt sein gülden Scepter; ei, Sonnenaar, Glück zu !
Zu Worms nun hielt er Reichstag; auf, Fürstenschaar,
herbei,

Zu rathen und zu fördern, daß Recht und Licht gedeih'!

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