Ein süßer Silberton durchzitterte die Lüfte, Bis in des Ohres krummen Gang; Die Blumen brachen auf, und streuten Balsamdüfte; Heil dir! feftlicher Tag, der unsern Freund geboren. „Ein König, Schwestern, unser Freund! „Heil dir! uns neues Reich, zum Schauplatz ihm erkoren, „Dem frommen Krieger, Niemands Feind! ,,Laßt freudig um sein Bild, voll Majestät in Blicken, „Der Tänze Hieroglyphen ziehn! „Einst, Schwestern, tanzen wir, mit trunkenerm Entzücken, „Einst, freut euch, tanzen wir um ihn!“ Einst tanzen wir um ihn? Prophetin banger Schrecken! Nie mög' ein Morgenroth zu diesem Glück euch wecken! VIII. An seinen Bruder. Auch dich hat, da du warst geboren, Die Muse lächelnd angeblickt; Auch du hast dich dem Schwarm der Thoren Auf jungen Flügeln kühn entrückt! Ihm nach, dem Liebling des Mäcenen! Ihm nach, sein Name sporne dich! Er lehrte dich das Laster höhnen; Er mache dich ihm fürchterlich! O! schnitten wir mit gleichem Fluge O! schilderte mit Einem Zuge „Die zwei, so soll die Nachwelt sprechen, „Betaumelte kein Modewahn „Die Sprache schön zu radebrechen, Betritt der Alten sichre Wege! Doch lerne früh das Lob entbehren, Das hier die Scheelsucht vorenthält. G'nug, wann versetzt in höh're Sphären, Ein Nachkomm' uns in Helle stellt! IX. Der Eintritt des Jahres 1754 in Berlin. Wem tönt dießz kühnre Lied? dießz Lied, zu weffen Lobe Hier steh' ich, sinne nach, und glüh' und stampf' und tobe, Wer wird es seyn? Vielleicht im blut’gen Panzerkleide Um ihn tönt durch das Feld gedungner Krieger Freude, Wie, oder ist's vielmehr in fabellosen Zeiten Ein neuer, göttlicher Apoll, Der, schwer entbehrt, mit schnell zurückberufnen Saiten, Den Himmel wieder füllen soll ? Wo nicht, so werde der der Vorwurf meiner Lieder, Der sich als Themis Rächer wies, Und dessen frommes Schwert der gift'gen Zanksucht Hyder Doch ihn, Apoll und Mars, in Friedrichen vereinet, Wann einst ein junger Held bei seinem Grabe weinet, Fang an von jenem Tag - Doch, welch ein neues Feuer Neißt mich vom niedern Staub empor? Auch Könige find Staub! Seyd ihnen treu; dem treuer, Der sie zu befferm Staub erkor. Wer wird, voll seines Geist's, mir seinen Namen melden? Sein Nam' ist ihm allein bewußt. Er ist der Fürsten Fürst, er ist der Held der Helden; Er füllt die Welt und meine Brust. Er rief sie aus des Nichts nur ihm folgsamem Schlunde; Er ruft sie noch, daß sie besteht. Sie bebt, sie wankt, so oft ein Hauch aus seinem Munde Den Fluch in ihre Sphären weht. Der Sperling und die Feldmaus. Zur Feldmaus sprach ein Spaß: Sieh dort den Adler sizen! Sich, weil du ihn noch siehst! er wiegt den Körper schon; Bereit zum kühnen Flug, bekannt mit Sonn' und Blißen, Zielt er nach Jovis Thron. Toch wette, seh' ich schon nicht adlermäßig aus I flieg' ihm gleich. — Fleug, Prahler! rief die Maus. Toch kaum, daß ihr ungleicher Flug Sie beide bis zur Höh' gemeiner Bäume trug, As beide sich dem Blick der blöden Maus entzogen, Und beide, wie sie schloßz, gleich unermeßlich flogen. En unbiegsamer F* will kühn wie Milton fingen. II. Der Adler und die Eule. Der Adler Jupiters und Pallas Eule stritten. „Ibicheulich Nachtgespenst!" — Bescheidner, darf ich bitten. „Der Himmel heget mich und dich; „Was bist du also mehr als ich ?" Der Adler sprach: Wahr ist's, im Himmel find wir beide; Ich kam durch eignen Flug, Bohin dich deine Göttin trug. III. Der Tanzbär. Ein Tanzbär war der Kett' entrissen, „Seht, schrie er, das ist Kunst; das lernt man in der Welt. „Thut mir es nach, wenn's euch gefällt, „Und wenn ihr könnt!" Geh, brummt ein alter Bär, Dergleichen Kunst, sie sey so schwer, Sie sey so rar sie sey, Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei. Ein großer Hofmann seyn, Ein Mann, dem Schmeichelei und List Der durch Kabalen steigt, des Fürsten Gunst erstiehlt, IV. Der Hirsch und der Fuchs. „Hirsch, wahrlich, das begreif' ich nicht,“ Hört' ich den Fuchs zum Hirsche sagen, ,,Wie dir der Muth so sehr gebricht; „Der kleinste Windhund kann dich jagen. ,,Besich dich doch, wie groß du bist! „Und sollt' es dir an Stärke fehlen? „Den größten Hund, so stark er ist, „Kann dein Geweih mit Einem Stoß' entseelen. Fabeln und Erzählungen. „Uns Füchsen muß man wohl die Schwachheit übersehn; ,,Wir sind zu schwach zum widerstehn. „Doch daß ein Hirsch nicht weichen muß, „Ist sonnenklar. Hör' meinen Schlußz. „Ist jemand stärker, als sein Feind, „Der braucht sich nicht vor ihm zurück zu ziehen; „Du bist den Hunden nun weit überlegen, Freund: " ‚Und folglich darfst du niemals fliehen.“ Gewiß, ich hab' es nie so reiflich überlegt. Von nun an, sprach der Hirsch, sieht man mich unbewegt, Wenn Hund' und Jäger auf mich fallen; Nun widersteh' ich allen. Zum Unglück, daß Dianens Schaar So nah mit ihren Hunden war. Sie bellen, und sobald der Wald Fliehn schnell der schwache Fuchs und starke Hirsch davon. Natur thut allzeit mehr als Demonstration. V. Die Sonne. Der Stern, durch den es bei uns tagt „Und uns mit albern Fabeln quälst, „Sich denkend noch den Kopf zerbrechen?“ Nun gut! die Sonne ward gefragt: Ob sie es nicht verdrösse, Daß ihre unermeßne Größe Die durch den Schein betrogne Welt Im Durchschnitt' größer kaum, als eine Spanne, hält? Mich, spricht sie, sollte dieses kränken? Wer ist die Welt? wer sind sie, die so denken? Ein blind Gewürm! Genug, wenn jene Geifter nur, Ihr Dichter, welche Feu'r und Geist Lernt, will euch mißgeschätzt des Lesers Kaltsinn kränken, VI. Das Muster der Ehen. Ein rares Beispiel will ich singen, Wobei die Welt erstaunen wird. Daß alle Ehen Zwietracht bringen, Glaubt jeder, aber jeder irrt. Ich sah das Muster aller Ehen, Und gleichwohl war die Frau kein Engel, Es hatte jedes seine Mängel. Doch sollte mich ein Spötter fragen, Wie diese Wunder möglich sind ? Der Mann war taub, die Frau war blind. VII. Das Geheimniß. Hans war zum Pater hingetreten, Hans war noch jung, doch ohne Nuhm, So jung er war, von Herzen dumm. Der Pater hört ihn an. Hans beichtete nicht viel. Was sollte Hans auch beichten ? Von Sünden wußt' er nichts, und desto mehr vom Spiel. „Fällt, sprach der Pater, dir sonst nichts zu beichten ein ?“ „Gar nichts, bei meiner Ehr!“ „Sonst weißt du nichts? Das wäre schlecht! " ,So wenig Sünden? Hans besinn dich recht.“ „Ach Herr, mit seinem scharfen Fragen.. Ich wüßte wohl noch was." „Nu? Nur heraus!“ . . „Ja das, "Herr Pater, tann ich ihm bei meiner Treu nicht „Dich fenn' Maria nicht, auch nicht Mariens Sohn!“ Hier wär' dem armen Bauerjungen Ber Angst beinah das Herz zersprungen. Er weint' und sprach voll Reu: „Ich weiß“.. Das weiß ich schon, „Daß du was weißt; doch was ?“ .. Was sich nicht sagen läßt".. „Noch zauderst du?“ Ich weiß“. . „Was denn?“ „Ein Vogelnest. „Tech wo es ist, fragt nicht; ich fürchte drum zu kommen. Borm Jahre hat mir Mat wohl zehne weggenommen." „Eeh Narr, ein Vogelnest war nicht der Mühe werth, „Daß du es mir gesagt, und ich's von dir begehrt.“ I kenn' ein drolligt Volk 1, mit mir kennt es die Welt, Die Neugier auf der Folter hält, Und dennoch kann sie nichts erfahren. Hör auf, leichtgläub’ge Schaar, sie forschend zu umschlingen! Ber kein Geheimniß hat, kann leicht den Mund verschließen. VIII. Faustin. Faustin, der ganze funfzehn Jahr Entfernt von Haus und Hof und Weib und Kindern war, Ward, von dem Wucher reich gemacht, Auf seinem Schiffe heimgebracht. „Gott," seufzt der redliche Faustin, Als ihm die Vaterstadt in dunkler Fern erschien, ,,Gott, strafe mich nicht meiner Sünden, ,,Und gieb mir nicht verdienten Lohn! „Laß, weil du gnädig bist, mich Tochter, Weib und Sohn „Gesund und fröhlich wieder finden.“ So seufzt Faustin, und Gott erhört den Sünder. Er kam und fand sein Haus in Ueberfluß und Nuh. Und Segen Gottes! zwei dazu. Den Bären glückt es nun schon seit geraumer Zeit, O wären sie's! Welch Glück für Tugend, Witz und Sitten! Ich kann mich dießmal nicht bei der Moral verweilen; XI. Der Löwe und die Mücke. Ein junger Held vom muntern Heere, Auf ihren Kreuz- und Ritterzügen Seht, Schwestern, dort den Löwen schlafen, Sie eilt, und mit verwegnem Sprunge Sie sticht, und flieht mit schnellem Schwunge, Stolz auf den sauern Lorbeerkranz. Der Löwe will sich nicht bewegen? Wie? ist er todt? Das heiß ich Wuth! Zu mördrisch war der Mücke Degen! Doch sagt, ob er nicht Wunder thut ? „Ich bin es, die den Wald befreiet, ,,Wo seine Mordsucht sonst getobt. „Seht, Schwestern, den der Tiger scheuet, „Der stirbt! Mein Stachel sey gelobt!" Die Schwestern jauchzen, voll Vergnügen, Um ihre laute Siegerin. Wie? Löwen, Löwen zu besiegen! Wie, Schwester, kam dir das in Sinn? „Ja, Schwestern, wagen muß man! wagen! ,,Auf! laffet uns mehr Feinde schlagen. Und eilt erquickt dem Naube nach. XII. Das Kruzifir. Hans, spricht der Pater, bu mußt laufen, Uns in der nächsten Stadt ein Krucifix zu kaufen. Hans kömmt mit Mazén nach der Stadt. „So laß Er uns doch eins zum heil'gen Osterfeste.“ Der Künstler war ein schalkscher Mann, Der gern der Einfalt lachte, Und Dumme gern noch dümmer machte, Und fing im Scherz zu fragen an: " Was wollt ihr denn für eines ?“ „Je nun, spricht Matz, ein wacker feines. „Wir werden seh'n, was ihr uns gebt." " Fabeln und Erzählungen. Das glaub' ich wohl, allein das frag' ich nicht. Ein todtes, oder eins das lebt?" Hans guckte Maßen und Maßz Hansen ins Gesicht. Sie öffneten das Maul, allein es redte nicht. „Nun gebt mir doch Bericht. Habt ihr den Pater nicht gefragt?" „Mein Blut! spricht endlich Hans, der aus dem Traum erwachte, „Mein Blut! er hat uns nichts gesagt. „Wenn du's nicht weißt; wie soll ich's wissen ?“ „So werdet ihr den Weg noch einmal gehen müssen.“ „Das wollen wir wohl bleiben laffen. „Ja, wenn es nicht zur Frohne wär'." Sie denken lange hin und her, Und wissen keinen Rath zu fassen. ,,Je! Hans, sollt's nicht am besten seyn, Ift's ihm nicht recht, so macht's ja wenig Müh', „Wär's auch ein Ochs, es todt zu schlagen.“ „Nu ja, spricht Hans, das wollt' ich eben sagen: ,,So haben wir nicht viel zu wagen.“ " ‚Berlin? Ja, ja, das sieht man bald; Hier, nahe bei Kerapolis, Des Tags, des Nachts, und spät und früh. Er aß kein Fleisch, er trank nicht Wein, Liefz Wurzeln seine Nahrung seyn, |