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Das Recht der Uebersetzung vorbehalten.

OTHE

Vor- und Schlusswort des Verfassers.

Somit wäre es denn zum einstweiligen Abschlusse gebracht das Werk, dem ich seit etwa fünfzehn Jahren alle meine Musse gewidmet habe. Ob es dieses Opfers werth gewesen? — darüber können die Ansichten verschieden sein; aber zu dem Glauben halte ich mich doch berechtigt, dass die Nützlichkeit, ja Nothwendigkeit desselben nicht bestritten, vielmehr mit der Zeit immer mehr anerkannt werden wird.

Was ich gegeben habe, ist ein erster Versuch. Ich bin in der mir gestellten Aufgabe ohne Vorgänger gewesen. Es kann also nicht fehlen und ich selbst bin genugsam davon überzeugt, dass mein Unternehmen noch mit mancherlei Lücken und Mängeln behaftet ist. Aber ich hoffe doch einen guten Grund gelegt zu haben, auf dem fortgebaut werden kann, wenn das gesteigerte Interesse für die Geschichte der Wissenschaft und ihrer Priester ein umfangreicheres Werk zum Bedürfniss machen sollte.

Vor der Hand kam es nur darauf an, dieses Interesse zu wecken. Es war daher eine meiner Hauptsorgen, das Werk in möglichst engen Gränzen zu halten, damit es eine ausgedehnte Verbreitung finden und solchergestalt den Samen zu seiner weiteren Vervollkommnung ausstreuen möchte. Es hätte nicht an Material gefehlt, statt seiner ein viel bändereicheres Werk zu liefern. Aber was wäre damit gewonnen worden? Hätte ich es auch zu Ende gebracht und einen Verleger dafür gefunden, was beides noch sehr fraglich gewesen wäre, so würde ich damit doch nur ein Werk geschaffen haben, das, wie so manches ähnliche, aus welchem ich schöpfte, sein Grab in den öffentlichen Bibliotheken gefunden hätte und nur sehr sparsam in die Hand des rechten Publicums gekommen wäre.

Ich habe diesen Gesichtspunkt seiner Zeit schon in dem Prospectus zu diesem >>Handwörterbuch« hervorgehoben, und bringe ihn hier nochmals in Erinnerung, um die Folgerungen daraus näher zu entwickeln.

Die

Zuvörderst hat er mich bestimmt, alle mit der lebenden Natur sich beschäftigenden Forscher als solche von meinem Forum auszuschliessen. grosse Zahl derselben, so wie die bedeutende Kluft, welche sie von den sogenannten exacten Wissenschaften trennt, giebt reichlichen und wohl begränzten Stoff zu einem zweiten umfangreichen Werke ähnlicher Art, dessen Ausarbeitung indess anderen Händen überlassen bleiben muss. Nur wenn Naturhistoriker mit ihren Arbeiten auch in das mathematisch-physikalische Gebiet hinübergreifen, sind sie aufgeführt worden, wie aus gleichem Grunde Geistliche, Juristen, Historiker, Philologen, Aerzte, Techniker, Baumeister, Militärpersonen, ja selbst Dichter, Maler, Musiker und Männer aller Art aus anderen Kategorien. Von diesen Personen so wie überhaupt von allen, die aufgenommen wurden, sind auch nur diejenigen Leistungen ausführlicher angezogen, derentwegen sie Aufnahme fanden. Hat ein Mathematiker, Physiker, Chemiker u. s. w. ausserhalb seines Fachs sich auch noch auf anderen fremdartigen Gebieten versucht, so ist dieses nur angedeutet worden.

Eigentliche Biographien zu liefern, selbst kurze, lag nicht in meinem Plane. Es würde dies auch nur bei einer verhältnissmässig kleinen Zahl von Personen möglich gewesen sein, und, bei diesen ausgeführt, während bei anderen nicht, eine sehr störende Ungleichmässigkeit in das Werk gebracht haben. Was Einer gewesen ist oder noch ist, wann und wo er gelebt hat oder noch lebt, das anzugeben war in biographischer Hinsicht allein mein Zweck, und diesen hielt ich für erreicht durch eine kurze, wo möglich mit chronologischen Daten versehene Angabe der bekleideten Aemter und Stellungen, unter Hinzufügung der Zeit und des Orts der Geburt und eventuell des Todes, im Falle ungewöhnlicher Lebensmomente auch wohl mit kurzer Erwähnung dieser *. Mehr wäre im Allgemeinen auch von Lebenden nicht zu erlangen gewesen, denn die Meisten scheuen sich, nähere Umstände ihres Lebens an die Oeffentlichkeit zu bringen; ja es giebt sogar Einige, die aus Gleichgültigkeit und Saumseligkeit, aus missverstandener Bescheidenheit oder Aengstlichkeit selbst die wenigen Angaben verweigern, die eben bezeichnet worden sind. Ich habe daher auch gar nicht versucht, ausführlichere Nachrichten über Lebende einzuziehen.

Wo gedruckte Quellen vorlagen, was besonders in Betreff Verstorbener der Fall ist, sind sie vorzugsweise benutzt und auch immer sorgfältig angegeben, zum Theil durch kurze Chiffern ausgedrückt, deren Bedeutung am Ende des Werkes erklärt ist. In ihnen findet denn auch derjenige, welcher mehr über eine Person zu erfahren wünscht, Befriedigung seiner Wissbegierde, wenigstens in der Regel: denn allerdings giebt es auch Lob- und Gedächtnissreden, Nekrologe und Biographien, die wohl die wissenschaftlichen Verdienste eines Mannes genügend auseinander setzen, aber über seine Lebensverhältnisse ungemein wenig, mitunter kaum die oben bezeichneten Data darbieten.

Ich habe mich ferner im Allgemeinen darauf beschränkt, nur solche Personen aufzunehmen, über welche ich wenigstens einige der bezeichneten biographischen Notizen beibringen konnte. Es ist diess der alleinige Grund, weshalb man in dem Handwörterbuche viele Namen vergebens suchen wird, die nach ihren Leistungen sehr füglich eine Stelle darin verdient hätten. Ich darf versichern, dass sie mir fast ohne Ausnahme nicht unbekannt geblieben sind, und ihre Ausschliessung kann gewiss Niemand aufrichtiger und häufiger bedauert haben als ich selbst. Ich glaube nicht zu hoch zu greifen, wenn ich sage, dass ich Hunderte von denen, deren Entdeckungen und Erfindungen in wissenschaftlichen Werken, öfters sogar mit Auszeichnung, genannt werden, leider mit Stillschweigen habe übergehen müssen.

Dennoch hielt ich für nöthig, an dem aufgestellten Grundsatze fest zu halten. Denn, wenn ich von ihm abgewichen wäre, wenn ich alle zum Bereich meines Unternehmens gehörige Personen hätte aufnehmen wollen, auch die, von welchen weiter nichts als Namen, und Werke bekannt sind, so würde das »biographische Handwörterbuch schier in einen Bücherkatalog ausgeartet sein, und zugleich bei Anführung aller Schriften einen ausserordentlichen Umfang erhalten haben. Wem das nicht sogleich einleuchtend sein sollte, der möge bedenken, dass es in diesem Falle die vollständige Literatur von sechs sehr reichhaltigen Wissenschaften hätte umfassen müssen. Ein solches Repertorium über alle im Gebiete der Mathematik, Astronomie, Physik, Chemie, Mineralogie und Geologie vorhandenen selbständigen Werke, über das ganze Heer der in pe

* Dass ich dabei alle blossen Titel, Ordens - Inhaberschaften und anderweite Ehrenbezeigungen in der Regel von der Erwähnung ausschloss, wird man hoffentlich nicht missdeuten; denn wie ehrenvoll solche Auszeichnungen für deren Trager auch sein mögen, so haben sie doch für die Wissenschaft keine Bedeutung, nicht einmal in allen Ländern gleiche Gültigkeit. Es würde eines Commentars bedurft haben, um sie überall immer recht verstanden und gewürdigt zu sehen.

riodischen Schriften zerstreuten grösseren und kleineren Aufsätze, von Anbeginn der Wissenschaft bis auf den heutigen Tag fortgesetzt, wäre gewiss ein sehr nützliches Unternehmen, ja ich halte es, selbst nur auf die in den Denkschriften der Akademien und gelehrten Gesellschaften niedergelegten Abhandlungen beschränkt, für eins der grössten Bedürfnisse der Wissenschaft, dessen Abhülfe nothwendig über kurz oder lang einmal in Angriff genommen werden muss. Allein das ist nicht die Arbeit eines Einzelnen und am wenigsten habe ich mich dazu berufen gefühlt.

Selbst bei denjenigen Personen, über welche ich biographische Nachrichten geben konnte und welche daher aufgenommen wurden, hielt ich für nöthig, hinsichtlich ihrer literarischen Arbeiten eine gewisse Beschränkung eintreten zu lassen. Von jeder derselben eine jede Schrift, jedes Hand- oder Lehrbuch anzuführen und zwar mit alle den Specialitäten, die man in Bücherkatalogen zu finden gewohnt ist, würde offenbar zu grosser Weitläufigkeit geführt und keinen sonderlichen Nutzen gebracht haben. Ich glaube genug gethan zu haben, wenn ich immer die hauptsächlicheren anführte, desto vollständiger, je bedeutender der Name ihrer Verfasser. Von wichtigeren Werken wird man hoffentlich nur ausnahmsweise eins oder das andere vermissen, dagegen immer noch viele antreffen, die ohne grossen Schaden für den Werth des Ganzen hätten fortgelassen werden können.

Besonders ist die Angabe der in periodischen Schriften enthaltenen Abhandlungen Gegenstand meiner Sorgfalt gewesen, da sie meistens von grösserer Wichtigkeit für die Wissenschaft sind als die selbständigen Werke, die häufig nur aus ihnen zusammengesetzt werden. Will ich auch nicht behaupten, absolute Vollständigkeit im Sinne gehabt oder gar erreicht zu haben, was hier noch weitläufiger geworden wäre, schon deshalb, weil man nicht selten eine und dieselbe Arbeit an drei oder mehren Orten unter etwas verändertem Titel abgedruckt findet, - so bin ich doch der Ueberzeugung, dass das Angeführte in der Regel mehr als hinreichen wird, sich von der wissenschaftlichen Thätigkeit eines Mannes ein richtiges Bild zu entwerfen. Da viele der benutzten und durch Chiffern bezeichneten Hülfsquellen, obwohl in biographischer Hinsicht genügend, doch in den literarischen Nachweisungen mangelhaft sind, so bedurften sie, nicht minder wie viele der Original-Mittheilungen, erst einer Ergänzung, um den hier dargebotenen Grad von Vollständigkeit zu erreichen. Es entsprang daraus für mich eine Arbeit, die durch den bereits erwähnten Mangel eines bis in die neueste Zeit fortgesetzten Repertoriums über die Denkschriften der Akademien und gelehrten Gesellschaften, so wie durch den nicht minder grossen Uebelstand, dass viele Journale ebenfalls mit keinen General-Registern versehen sind, oft zu einer sehr mühsamen und zeitraubenden sich gestaltet hat. Auch hat es erst der Anfertigung besonderer Tabellen bedurft, um überall die Zeit des Erscheinens einer Arbeit angeben zu können, da die vorhandenen Repertorien und Register dieses für die Geschichte der Wissenschaft wichtige Element in der Regel nicht beachten.

Dies wäre im Allgemeinen der Plan, den ich bei der Ausarbeitung des vorliegenden >>Handwörterbuchs« befolgt habe. Was die Ausführung desselben im Speciellen betrifft, so mögen hier nur einige Punkte berührt sein.

Personen von gleichem Familiennamen sind nicht nach ihren Vornamen in alphabetischer, sondern nach ihren Geburtsdaten in chronologischer Anordnung aufgeführt, weil es in einem geschichtlichen Werke wie das vorliegende den Vorzug zu verdienen schien, die älteren Namen den neueren voranzuschicken, den Sohn auf den Vater folgen zu lassen. Auch empfahl es sich für ein Namenbuch als zweckmässig, bei der für die deutschen Umlaute ä, ö, ü herrschenden Willkür der Schreibung, dieselben den Doppelvocalen ae, oe, ue durchaus als

gleichgeltend zu betrachten, ebenso i und j getrennt zu halten. Es wird dabei niemals zweifelhaft sein, an welcher Stelle man einen Namen zu suchen habe.

Dagegen war es nicht möglich, die Zweifel, welche in dieser Beziehung bei dem mit einem Artikel verbundenen ausländischen, namentlich französischen Namen vorkommen, durch eine consequente Regel zu heben, da in der Schreibung solcher viele Unsicherheit herrscht. So findet man geschrieben: Descartes und Des Cartes, Delisle und De l'Isle, Delamétherie, De Lamétherie und De La Métherie u. s. w. und darnach wären solche Namen eben sowohl unter D, als respective unter C, I, L oder M zu stellen gewesen. Gleiches gilt von zusammengesetzten Namen wie Riche de Prony, Le JeuneDirichlet, Sainte Claire-Deville, die gewöhnlich auf Prony, Dirichlet, Deville abgekürzt werden. Häufig ist im »Handwörterbuch auf diese Synonyme hingewiesen worden; in Fällen, wo es unterlassen sein sollte, hätte man einen Namen erst unter den verschiedenen Buchstaben, unter welche er möglicherweise gestellt sein könnte, aufzusuchen, bevor man den Schluss zöge, dass er übergangen wäre.

Der Raumersparniss wegen sind sowohl im biographischen als im literarischen Theile des Werkes durchgehends Abkürzungen gebraucht; man wird. dies nicht tadelnswerth finden, da die Deutlichkeit wohl nicht darunter gelitten haben wird. Die Quellen-Chiffern sind, wie schon erwähnt, durch einen besonderen >>Schlüssel am Ende des zweiten Bandes erläutert, und was die Bezeichnung A. St. und N. St. bei den Geburtsdaten betrifft, so ist deren Bedeutung (Alten und Neuen Stils, d. h. Julianischen und Gregorianischen Kalenders) ja allgemein bekannt. In dieser Beziehung mag noch bemerkt sein, dass die Geburtsdaten, nach einer unter den Historikern allgemein gültigen Regel, immer so gegeben wurden, wie sie sich in den Quellenwerken vorfinden, dass daher diejenigen, welche in die Zeit vor der Einführung des neuen Kalenders in einen Staat fallen, nach altem Kalender zu verstehen sind. Es gilt dies namentlich von Grossbrittannien, wo man noch bis 1752, wie früher in einigen Theilen von Italien, das Jahr mit dem 25. März anfing und daher nicht allein um 40 bis 14 Tage, sondern in der Zeit vom 1. Januar bis zum 25. März auch noch um ein ganzes Jahr gegen den jetzigen verbesserten Kalender zurückstand, weshalb es unter den neueren Geschichtsforschern Englands üblich ist, dergleichen Daten, wie z. B. den Todestag von Newton, als erfolgt anzugehen am 20. März 1726-7, d. b. also am 31. März 1727 nach unserer heutigen Zeitrechnung.

Trotz allen Beschränkungen, die das »Handwörterbuch« sonach erfahren hat, bin ich doch überzeugt, dass der Leserkreis, für welchen ich es bestimmte, mehr darin finden wird, als in irgend einem ähnlichen Werke. Die bändereichen Encyclopädien und biographischen Lexika, welche wir besitzen, geben wohl über die Koryphäen der Wissenschaft genügende Nachrichten, aber über die grosse Zahl der, wenn auch nicht so hervorragenden, doch um den Ausbau der Wissenschaft immer noch höchst verdienten Männer gehen sie meistens mit Stillschweigen hinweg. Sie sind zu allgemeiner Natur, als dass sie den exacten Wissenschaften eine bevorzugte Stellung einräumen könnten, und haben auch stets in erster Linie die Anforderungen des grossen Publicums vor Augen. Der Mathematiker, Astronom, Physiker, Chemiker oder Mineralog, der sie zur Hand nimmt, um über die Männer seiner Wissenschaft Auskunft zu erlangen, wird sich in der Mehrheit von Fällen getäuscht sehen; ja er wird häufig die Erfahrung machen, dass seine Fachgenossen zurückgesetzt sind gegen Personen aus anderen Kreisen, denen er von seinem Standpunkte aus nur ein geringes und vergängliches Verdienst heimessen kann. Eben diese Erfahrung, die sich mir selbst zur Genüge darbot, hat mich zu dem Versuche angetrieben, die meinem eigenen Studienkreise angehörigen Mathematiker und Naturforscher

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