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Doct. und Prof. der Theologie zu Halle,

Anweisung

zur Kenntniß der besten

allgemeinern Bücher

in allen

Theilen der Theologie.

Vierte
verbesserte und sehr vermehrte Auflage.

Leipzig,
inder Beyganeschen Buchhandlung.

Der ein Buch schreibt, sollte allezeit seine Vorgāns ger übertreffen, und das, wovon er schreibt, in its gend einiger Absicht besser machen wollen wofür schriebe Er sonst? Eben dieses müßte man dem Leser anzeigen oder merklich machen, damit er wüßte, ob und wie er bey diesem Buch seine Rechnung mehr fånde als bey einem andern, und nicht entweder mit unersek lichen Zeitverlust seine Erwartung getäuscht sähe, oder über ein schlechteres Buch ein besseres ungebraucht ließe. Die Nachläßigkeit eines Schriftstellers in diesem Stück kommt den Lesern oft so theuer zu stehen, daß ichs mir selbst nicht vergeben könnte, wenn ich nicht dafür sorg te, daß meine Leser nicht in eben der Ungewißheit wes gen des gegenwärtigen Buchs, gelaßen würden.

In einer Anweisung zur Bücherkenntniß muß nothwendig eine gewisse Wahl beobachtet werden. Nicht bloß die ungeheure Menge von Büchern, die von Jahr zu Jahr unübersehbarer wird, und woruns ter gewiß nur der kleinste Theil Kennens- und Lesense werth ist; nicht bloß die Absicht eines Compendiums, worin man nur das Merkwürdigste erwartet; sondern auch die Pflicht eines Schriftstellers erfordert es, der sich andern zum Wegweiser anbietet. Kenntniß der Bücher — ich meine nicht, ihrer Existenz, ihrer Tis tel, ober einiger Anekdoten von ihnen, sondern thres eigentlichen Inhalts und wahren Werches → ist, Ben der unermeßlichen Zahl der Bücher, ben der Kürzé des menschlichen Lebens, bet so vielen andern Beschäfs tigungen, womit es besekt ist, auch für ausserordents

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lichen Fleiß, überaus schwer zu erlangen, und eben daher ungemein selten. Es fann niemanden daran liegen, ob worüber? sondern was darüber gur ges schrieben ist? Wer also Gutes und Schlechtes durch einander wirft, ohne mir auch nur einen Wink zu ges ben, ob es dieses oder jenes seŋ, oder, welches einers len ist, wer so ins Allgemeine von Büchern urtheilt, daß man leicht sieht, um so zu urtheilen brauche man, nicht einmal das Buch geprüft zu haben: wie kann. der mir zumuthen, daß ich ihn zum Führer anneh men solle?

Allerdings hat der, welcher einen bloßen Ent wurf zu akademischen Vorlesungen niederschreibt, das, Recht, die Bücher ohne hinzugefügtes Urtheil anzus geben; weil er sich vorbehält, mündlich weitere Erläus terungen zu geben. Daher habe ich bey dem folgenden Entwurfe nur selten über Bücher geurtheilt, eis gentlich, so viel ich mich erinnere, nur alsdann, wenn entweder in einem gewissen Fache eigentlich noch nichts, auch durch alle bisherige Bücher nicht, geleistet, oder wenn ein Buch zu hoch geachtet oder zu sehr überses hen war, daß ich glaubte, ich müßte dieses hervorzies. hen, und die zu hohen Begriffe von jenem, die dem Aufkommen besserer Bücher und Kenntnisse nachtheilig: werden konnten, herunterstimmen helfen. Aber dem Leser muß man es doch wenigstens wissen lassen, daß man nur gute Bücher habe angeben wollen. Diese auszusuchen ist daher meine erste Sorge gewesen.

Da ich mich einmal einschränken mußte, so habe ich mich auf allgeme nere Bücher eingeschränkt, d. i. eigentlich nur solche angeben wollen, die eine ganze Disciplin oder deren Haupttheile abhandelten; ohne diejenigen zu berühren, die über ganz besondere Ges genstände Untersuchungen angestellt oder davon Nachricht gegeben haben; es sey denn, daß bey dem Mangel der erstern einige von der lehtern Art jener Stelle

vertreten musten, oder sie in threr Art einen ganzen Theil einer Wissenschaft, wie etwa Melanchthons Les ben von Camerarius, eine kurze Reformationsges schichte, enthielten. Damit läugne ich nicht, daß diefe lestern oft, und gemeiniglich besser wie die erstern sind. Ich läugne auch nicht, daß man in manchen viel zu wenig bekannten Büchern vortrefliche Nachrichten und Untersuchungen finde, die dem Titel nach niemand barin suchen wird, z. B. in Martin Schook's Buch de bonis Ecclef. et canonicis, von der Niederländi schen, in Gratians Büchern über das Leben des Cardinal Commendon's, von der Polnischen Reformationsgeschichte, in Anton Poffevini Notis divini verbi &c. von der Geschichte der Antitrinitarier in Polen und Siebenbürgen. Solche Schriften muß man alss dann empfehlen, wenn man Bücher empfehlen will, die über gewisse besondre Stücke einer Wissenschaft verglichen zu werden verdienen; in einer allgemeinern Anweisung zur theologischen Bücherkenntniß kann man sich darauf nicht einlaßen.

Bey der Wahl, die unter den allgemeinern Schriften angestellt werden mußte, war nicht Sels tenheit eines Buchs das, was mir es bemerkenswerth zu machen schien. Seltenheit kann keiner unnüßen Sache einen Werth geben; sie erhöht bloß den Werth dessen, was nukbar ist, weil uns alles theuer ist, was schwer erlangt werden kann und seinem Untergang nahe zu seyn scheint. Nußen, d. i. richtiges Verhälts niß als Mittel zum Zweck, bey Büchern also Brauchs barkeit zur Beförderung derjenigen Kenntnisse, die sie ausbreiten sollen, bleibt doch immer das, wornach der wahre Werth eines Buchs bestimmt werden muß. Nur alsdann führte ich seltne Bücher oder feltne Ausgaben derselben an, wenn sie wir ich nüßlich waren, oder sich durch merkwürdige Stellen und Umstånde, wenigstens in der Geschichte der theologischen Kennts

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