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für Saß und fluchte gräulich dabei. Warf er einen Pasch, gleich warf Spielpeter auch einen, und immer zwei Augen höher. Da sezte er endlich die leßten fünf Gulden auf den Tisch und rief: „Noch einmal, und wenn ich auch den noch 5 verliere, so höre ich doch nicht auf, dann leihst Du mir von Deinem Gewinn, Peter, ein ehrlicher Kerl hilft dem Andern!"

So viel Du willst, und wenn es hundert Gulden sein sollten," sprach der Tanzkaiser, fröhlich über seinen Gewinn, 10 und der dicke Ezechiel schüttelte die Würfel und warf fünfzehn. „Pasch!" rief er „jest wollen wir sehen!" Peter aber warf achtzehn, und eine heisere bekannte Stimme hinter ihm sprach: „So, das war der leßte.“

Er sah sich um, und riesengroß stand der Holländer 15 Michel hinter ihm. Erschrocken ließ er das Geld fallen, das er schon eingezogen hatte. Aber der dicke Ezechiel sah den Waldmann nicht, sondern verlangte, der Spielpeter solle ihm zehn Gulden vorstrecken zum Spiel. Halb im Traum fuhr dieser mit der Hand in die Tasche, aber da war kein 20 Geld, er suchte in der andern Tasche, aber auch da fand sich nichts, er kehrte den Rock um, aber es fiel kein rother Heller heraus, und jezt erst gedachte er seines eigenen ersten Wunsches, immer so viel Geld zu haben, als der dicke Ezechiel. Wie Rauch war Alles verschwunden.

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Der Wirth und Ezechiel sahen ihn staunend an, als er immer suchte und sein Geld nicht finden konnte; sie wollten ihm nicht glauben, daß er keines mehr habe; aber als sie endlich selbst in seinen Taschen suchten, wurden sie zornig und schwuren, der Spielpeter sei ein böser Zauberer, und 30 habe all' das gewonnene Geld und sein eigenes nach Hause

gewünscht. Peter vertheidigte sich standhaft, aber der Schein

war gegen ihn. Ezechiel sagte, er wolle die schreckliche Geschichte allen Leuten im Schwarzwald erzählen, und der Wirth versprach ihm, morgen mit dem frühesten in die Stadt zu gehen, und Peter Munk als Zauberer anzuklagen, und er wolle es erleben, sezte er hinzu, daß man ihn verbrenne. 5 Dann fielen sie wüthend über ihn her, rissen ihm das Wamms vom Leib und warfen ihn zur Thüre hinaus.

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Kein Stern schien am Himmel, als Peter trübfelig feiner Wohnung zuschlich, aber dennoch konnte er eine dunkle Gestalt erkennen, die neben ihm herschritt und endlich sprach: 10 Mit Dir ist's aus, Peter Munk, all' Deine Herrlichkeit ist zu Ende, und das hätt’' ich Dir schon damals sagen können, als Du nichts von mir hören wolltest und zu dem dummen Glaszwerg liefst. Da siehst Du jezt, was man davon hat, wenn man meinen Rath verachtet. Aber versuch' es einmal 15 mit mir, ich habe Mitleiden mit Deinem Schicksal. Noch Keinen hat es gereut, der sich an mich wandte, und wenn Du den Weg nicht scheuft, morgen den ganzen Tag bin ich am Tannenbühl zu sprechen, wenn Du mich rufft." Peter merkte wohl, wer so zu ihm spreche, aber es kam ihm ein Grauen 20 an. Er antwortete nichts, sondern lief seinem Haus zu.

Bei diesen Worten wurde der Erzähler durch ein Geräusch vor der Schenke unterbrochen. Man hörte einen Wagen anfahren, mehrere Stimmen riefen nach Licht, es wurde heftig an das Hofthor gepocht, und dazwischen heulten meh- 25 rere Hunde. Die Kammer, die man dem Fuhrmann und den Handwerksburschen angewiesen hatte, ging nach der Straße hinaus; die vier Gäste sprangen auf und liefen dorthin, um zu sehen, was vorgefallen sei. So viel sie beim Schein einer

Laterne sehen konnten, stand ein großer Reisewagen vor der Schenke; so eben war ein großer Mann beschäftigt, zwei verschleierte Frauen aus dem Wagen zu heben, und einen Kutscher in Livrée sah man die Pferde abspannen, ein Be5 dienter aber schnallte den Koffer los. Diesen sei Gott gnä dig," seufzte der Fuhrmann. „Wenn diese mit heiler Haut aus dieser Schenke kommen, so ist mir für meinen Karren auch nicht mehr bange."

,,Stille!" flüsterte der Student. Mir ahnet, daß man 10 eigentlich nicht uns, sondern diesen Damen auflauert. Wahrscheinlich waren sie unten schon von ihrer Reise unterrichtet. Wenn man sie nur warnen könnte! Doch halt! Es ist im ganzen Wirthshaus kein anständiges Zimmer für die Damen, als das neben dem meinigen. Dorthin wird man sie führen. 15 Bleibet Ihr ruhig in dieser Kammer, ich will die Bedienten zu unterrichten suchen.“

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Der junge Mann schlich sich auf sein Zimmer, löschte die Kerzen aus und ließ nur das Licht brennen, das ihm die Wirthin gegeben. Dann lauschte er an der Thüre.

Bald kam die Wirthin mit den Damen die Treppe herauf und führte sie mit freundlichen, sanften Worten in das Zimmer nebenan. Sie redete ihren Gästen zu, sich bald niederzulegen, weil sie von der Reise erschöpft sein werden. Dann ging sie wieder hinab. Bald darauf hörte der Student 25 schwere männliche Tritte die Treppe herauf kommen. Er öffnete behutsam die Thüre und erblickte durch eine kleine Spalte den großen Mann, welcher die Damen aus dem Wagen gehoben. Er trug ein Jagdkleid, hatte einen Hirschfänger an der Seite und war wohl der Reisestallmeister oder 30 Begleiter der fremden Damen. Als der Student bemerkte,

daß dieser allein heraufgekommen war, öffnete er schnell die

Thüre und winkte dem Manne, zu ihm einzutreten. Verwundert trat dieser näher, und ehe er noch fragen konnte was man von ihm wolle, flüsterte ihm Jener zu: „Mein Herr! Sie sind heute Nacht in eine Räuberschenke gerathen."

Der Mann erschrak. Der Student zog ihn aber vollends in seine Thüre und erzählte ihm, wie verdächtig es in diesem Hause aussehe.

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Der Jäger wurde sehr besorgt, als er dies hörte. Er belehrte den jungen Mann, daß die Damen, eine Gräfin 10 und die Kammerfrau, anfänglich die ganze Nacht durch haben fahren wollen; aber etwa eine halbe Stunde von dieser Schenke sei ihnen ein Reiter begegnet, der sie angerufen und gefragt habe, wohin sie reisen wollten. Als er vernommen, daß sie gesonnen seien, die ganze Nacht durch den Spessart 15 zu reisen, habe er ihnen abgerathen, indem es gegenwärtig sehr unsicher sei. „Wenn Ihnen am Rathe eines redlichen Mannes etwas liegt," habe er hinzugesezt, „so stehen Sie ab von diesem Gedanken; es liegt nicht weit von hier eine Schenke; so schlecht und unbequem sie sein mag, so über- 20 nachten Sie lieber daselbst, als daß Sie sich in dieser dunkeln Nacht unnöthig der Gefahr preisgeben.“ Der Mann, der ihnen dies gerathen, habe sehr ehrlich und rechtlich ausgesehen, und die Gräfin habe in der Angst vor einem Räuberanfall befohlen, an dieser Schenke stille zu halten.

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Der Jäger hielt es für seine Pflicht, die Damen von der Gefahr, worin sie schwebten, zu unterrichten. Er ging in das andere Zimmer, und bald darauf öffnete er die Thüre, welche von dem Zimmer der Gräfin in das des Studenten führte. Die Gräfin, eine Dame von etwa vierzig 30. Jahren, trat vor Schrecken bleich zu dem Studenten heraus,

und ließ sich Alles noch einmal von ihm wiederholen. Dann berieth man sich, was in dieser mißlichen Lage zu thun sei, und beschloß, so behutsam als möglich die zwei Bedienten, den Fuhrmann and die Handwerksburschen herbeizuholen, um 5 im Fall eines Angriffs wenigstens gemeinsame Sache machen zu können.

Als dieses bald darauf geschehen war, wurde das Zimmer der Gräfin gegen die Hausflur hin verschlossen und mit Kommoden und Stühlen verrammelt. Sie sezte sich mit 10 ihrer Kammerfrau auf's Bette, und die zwei Bedienten hielten bei ihr Wache. Die früheren Gäste aber und der Jäger sezten sich im Zimmer des Studenten um den Tisch und beschlossen, die Gefahr zu erwarten. Es mochte jezt etwa zehn Uhr sein, im Hause war Alles ruhig, und noch machte man 15 keine Miene, die Gäste zu stören. Da sprach der Zirkelschmied: „Um wach zu bleiben, wäre es wohl das Beste, wir machten es wieder wie zuvor. Wir erzählten nämlich, was wir von allerlei Geschichten wissen, und wenn der Herr Jäger nichts dagegen hat, so könnten wir weiter fortfahren.“ 20 Der Jäger aber hatte nicht nur nichts dagegen einzuwenden, sondern um seine Bereitwilligkeit zu zeigen, versprach er, selbst etwas zu erzählen. Er hub an:

Said's Schicksale.

Zur Zeit Harun Al-Raschids, des Beherrschers von 25 Bagdad, lebte ein Mann in Balsora mit Namen Benezar. Er hatte gerade so viel Vermögen, um für sich bequem und ruhig leben zu können, ohne ein Geschäft oder einen Handel zu treiben. Auch als ihm ein Sohn geboren wurde, ging er von dieser Weise nicht ab. „Warum soll ich in meinem Alter 30 noch schachern und handeln," sprach er zu seinen Nachbarn,

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